Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Landesregierung ist die Berufsausbildung im dualen System eine tragende Säule der ökonomischen Stärke unseres Landes. Sie sichert für die Mehrheit der Jugendlichen die berufliche, die persönliche Startposition für ein eigenständiges, für ein wirtschaftliches unabhängiges Leben. Gerade auch angesichts der demografischen Entwicklung können wir es uns nicht leisten, dass Jugendliche den Einstieg in Ausbildung und Arbeit verpassen. Die Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung ist erfolgreich darauf ausgerichtet, Jugendliche dabei zu unterstützen, diesen Schritt zu tun und auf eigenen Beinen zu stehen. Dabei setzen wir uns gemeinsam mit unseren Partnern im Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs und auch in der Qualifizierungsoffensive Niedersachsen ein.
Diese Zusammenarbeit ist sehr erfolgreich. Das haben wir heute Morgen ebenfalls bereits diskutiert. Die Partner haben gemeinsam dazu beigetragen, ausbildungswilligen und -fähigen jungen Menschen den Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen. Aufgrund der gemeinsamen Anstrengungen aller Partner konnte die Zahl der neu ab
geschlossenen Ausbildungsverträge kontinuierlich gesteigert werden. Im Ausbildungsjahr 2009/2010 wurden mehr als 58 300 neue Ausbildungsverträge geschlossen. Niedersachsen setzt sich damit positiv vom bundesweiten Trend ab. Ich habe heute Morgen schon darauf hingewiesen, dass wir auf Bundesebene einen Rückgang der Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 0,8 % haben, in Niedersachsen hingegen einen Zuwachs von 1,6 % und damit zum dritten Mal in Folge mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als unversorgte Bewerber. Das ist ein toller Erfolg.
Die duale Ausbildung bietet dabei die Gewähr, einen sehr hohen Anteil junger Menschen zu qualifizierten Fachkräften ausbilden zu können. Durch die Partnerschaft von Schule und Betrieb vermittelt die duale Berufsausbildung die volle Berufsfähigkeit. Das ist für die Zukunftssicherung der jungen Generation von elementarer Bedeutung und ein Eckpfeiler für unsere internationale Konkurrenzfähigkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen: International hat das duale Berufsausbildungssystem, wie wir es hier in Deutschland haben, Vorbildcharakter und genießt große Anerkennung.
Wir sollten auch im Landtag öfter betonen, welches Pfund wir in der Historie erarbeitet haben, mit dem wir tatsächlich wuchern können. Gerade mit Blick auf die Jugendarbeitslosenquoten unserer europäischen Nachbarländer - ich habe sie vorhin skizziert; in der Europäischen Union im Schnitt 21 % - beneidet man uns international um diese Startchance durch das duale Berufsausbildungssystem.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb sind alle Maßnahmen der Landesregierung darauf ausgerichtet, die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen sicherzustellen. Sie müssen das duale Ausbildungssystem stützen und unterstützen. Die berufsbildenden Schulen flankieren diese Bemühungen. Die Anforderungen an eine berufliche Erstausbildung im dualen System sind aufgrund der technologischen Entwicklungen und auch der Veränderungen in den Arbeitsprozessen stetig angestiegen. Diese erhöhten Anforderungen müssen
Nicht allen Schülerinnen und Schülern gelingt es, direkt an die Schule eine Ausbildung anschließen zu lassen. Besonders schwierig ist der direkte Übergang von der Schule in das Erwerbsleben für junge Menschen, die benachteiligt sind und ohne Unterstützung nicht in der Lage wären, eine Ausbildung zu absolvieren. Hier können viele Gründe zusammenkommen: Problematische Schulverläufe, fehlende oder schlechte Schulabschlüsse, familiäre Probleme, Defizite in den Basiskompetenzen, ungünstige soziale Einbindung, aber manchmal auch unrealistische Vorstellungen vom Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sind einige Gründe.
Wir machen das danach. Ich beantworte erst die eine Frage. Im Anschluss kann Herr Hagenah die nächste Frage stellen. Er hat ja noch genug Redezeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Jugendlichen benötigen unsere Hilfestellung, damit sie vorankommen. Diese Hilfestellung kann das Übergangssystem gewähren.
Es ist falsch, das als Warteschleife zu bezeichnen bzw. auch durch die Sprache hier im Plenum zu diskreditieren. Denn, im Gegenteil, genau dieses System erfüllt wichtige Funktionen. Es dient dazu, Jugendliche, die noch nicht die erforderlichen Voraussetzungen für die Aufnahme einer Berufsausbildung haben, zur Ausbildungsreife zu führen. Es bietet Jugendlichen aber auch die Möglichkeit, einen höherwertigen Schulabschluss zu erlangen und ist auch für ausbildungsreife Jugendliche, die
aufgrund einer schwierigen Ausbildungsmarktsituation keine Lehrstelle bekommen haben, eine sinnvolle und zielführende Überbrückung in die Berufsausbildung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen hat einen Übergang mit System für Jugendliche geschaffen, die aufgrund ihrer individuellen Persönlichkeitsentwicklung und der momentanen Leistungsfähigkeit die Anforderungen der dualen Berufsausbildung noch nicht erfüllen. Zum Beginn des Schuljahres 2009/2010 wurde die berufliche Grundbildung in Niedersachsen inhaltlich und auch strukturell neu ausgerichtet. Wir haben dabei für Jugendliche, die die wesentlichen Voraussetzungen für die Aufnahme einer dualen Ausbildung noch nicht erfüllen, die Schulform der Berufseinstiegsschule geschaffen, zu der das Berufsvorbereitungsjahr und die Berufseinstiegsklasse gehören. Hier werden Schülerinnen und Schüler durch eine besondere Förderung auf eine Berufsausbildung vorbereitet und können die fehlenden allgemeinbildenden Schulabschlüsse nachholen.
Die neu gestalteten Berufsfachschulen zählen nicht mehr zum Übergangssystem, weil der Unterricht in allen Fachrichtungen so strukturiert ist, dass die Schülerinnen und Schüler dem ersten Ausbildungsjahr entsprechend gleichwertig ausgebildet werden, um dann auch ohne Zeitverzug in das zweite Ausbildungsjahr einer dualen Berufsausbildung wechseln zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben den Bildungsgängen, die dem schulischen Übergangssystem zugerechnet werden, gibt es mit den Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BVB) und der Einstiegsqualifizierung (EQ) der Bundesagentur für Arbeit sowie mit dem Landesprogramm Jugendwerkstätten weitere Maßnahmen, die dem außerschulischen Übergangssystem zugerechnet werden. Mit den berufsvorbereitenden Maßnahmen bietet die Bundesagentur für Arbeit ein wichtiges Qualifizierungselement an, um Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Darüber hinaus fördern die Agenturen für Arbeit die betriebliche Einstiegsqualifizierung von Jugendlichen als Brücke in die Berufsausbildung. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden an BVB-Maßnahmen wechselte anschließend in eine Ausbildung.
Besonders erfreulich ist die betriebliche Einstiegsqualifizierung. Zwei Drittel der niedersächsischen Jugendlichen, die an einer Einstiegsqualifizierung teilgenommen haben, waren anschließend sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das ist ein gelungener Erfolg.
Niedersachsen fördert insgesamt 104 Jugendwerkstätten, in denen Jugendliche durch berufliche und soziale Qualifizierungsangebote bei der Integration in Ausbildung und Beruf unterstützt werden. Dabei werden in einer Kombination aus Arbeiten und Lernen berufliche Grundkenntnisse sowie allgemein- und berufsbildende Inhalte vermittelt. Durch eine sozialpädagogische Begleitung erfolgen zusätzlich eine individuelle Förderung, persönliche Qualifizierung und auch soziale Integration.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Politik hat in diesem Feld gute Erfolge vorzuweisen. Sie können den Antworten detailliert entnehmen, dass eine Mehrheit der Jugendlichen, die das Übergangssystem in den vergangenen Jahren genutzt hat, unmittelbar im Anschluss daran eine Ausbildung im dualen System oder an einer berufsqualifizierenden Berufsfachschule aufgenommen hat oder aber einen höherwertigen Schulabschluss erlangen konnte.
Ungeachtet dessen unternimmt die Niedersächsische Landesregierung alles, um die Notwendigkeit eines Übergangssystems zu vermindern - das muss ja unser erstes Ziel sein -, damit die Jugendlichen möglichst nahtlos in eine betriebliche Ausbildung wechseln können. Dazu haben wir den Pakt für Ausbildung und Fachkräftesicherung mit vielen neuen Maßnahmen verabredet. Die sollen Schülerinnen und Schüler natürlich frühzeitig erreichen. Gleichzeitig werben wir mit den Partnern des Paktes bei den Unternehmen zahlreiche neue Ausbildungsplätze ein. Hervorheben möchte ich hier die Stärkung der Berufsorientierung und der Berufsausbildungsvorbereitung in Haupt- und Realschulen, die erst kürzlich umgesetzt worden ist.
Auch die Arbeit der Pro-Aktiv-Centren setzt erfolgreich bereits in den Schulen ein. Im Rahmen von präventiver Jugendsozialarbeit werden insbesondere an Haupt- und Förderschulen Angebote zur Berufsorientierung und zur Entwicklung von Schlüsselqualifikationen gemacht.
Das Übergangssystem sieht sich also zu Unrecht einer ständigen negativen Kritik ausgesetzt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, beispielsweise wird angeführt, dass beim Einsatz von finanziellen Mitteln und Personal im Übergangssystem die
Effektivität nicht gegeben ist und zahlreiche unterschiedliche Maßnahmen und Bildungsgänge schwer zu überblicken sind.
Wenn Sie aber die aktuelle Befragung der Experten durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und die Bertelsmann-Stiftung sehen, dann kommen Sie zu dem Ergebnis, dass das Übergangssystem grundsätzlich unverzichtbar ist und auch in Zukunft Maßnahmen und Aktivitäten erforderlich sein werden, damit Jugendliche beim Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung unterstützt werden. Ein wesentliches Ergebnis dieser Befragung ist auch, dass die Jugendlichen gerade die vielfältigen Auswahlmöglichkeiten in dem Übergangssystem schätzen und als positiv einstufen. Das müssen wir natürlich bei allen zu überlegenden Reformen beim Übergangssystem immer berücksichtigen. Man muss hier also mit Fingerspitzengefühl vorgehen und nicht mit platten pauschalierenden Äußerungen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass für viele Jugendliche eine wichtige Ergänzung, ein wichtiger notwendiger Baustein im Übergangssystem besteht, damit sie auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt Fuß fassen können. Daher müssen wir alles tun, die Zahl der Jugendlichen, die diese Hilfe brauchen, so niedrig wie möglich zu halten und die Schnittstellen so gut wie möglich zu organisieren. Wir sind hier auf einem guten Weg; das sieht man auch. In der Expertenbefragung sind Aufgaben formuliert worden, denen wir uns in Niedersachsen bereits frühzeitig angenommen haben. Wir haben nach der Neuordnung der beruflichen Grundbildung zum Schuljahr 2009/2010 ein Übergangssystem in Niedersachsen, sodass es zu keinem unübersichtlichen Übergangssystem mit zu vielen verschiedenen Maßnahmen und Bildungsgängen kommt.
Nach Auffassung der Experten würden die Übergänge von der Schule in die Berufsausbildung erfolgreicher verlaufen, wenn, ausgehend von der allgemeinbildenden Schule, eine intensive Vorbereitung und Begleitung des Übergangs erfolgen würde. Auch diese zentrale Forderung aus der Expertenbefragung wird bzw. wurde in Niedersachsen nicht zuletzt aufgrund der Vereinbarungen im Ausbildungspakt mit der Stärkung der Berufsorientierung und der Verbesserung der Ausbildungsreife bereits in Angriff genommen und umgesetzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese gemeinsame Arbeit trägt Früchte. Bei uns ist die Zahl der Schulabgänger, die in eine Maßnahme des Übergangssystems einmündeten, im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich gesunken.
Es ist wichtig, dass wir allen Jugendlichen eine Chance bieten. Es ist nicht so, wie immer wieder dargestellt wird, dass man nach dem Übergangssystem in irgendwelchen Statistiken versickert, wie Herr Hagenah oder Frau Korter es heute Morgen hier dargestellt haben. Schauen wir uns die Zahlen einmal an: Im Jahr 2009 sind 57 395 Ausbildungsverträge abgeschlossen worden. Wie viele davon kamen tatsächlich aus dem Bereich der allgemeinbildenden Schulen? - Das waren nur 26 200 Ausbildungsverträge. Die große Differenz zeigt, dass die jungen Menschen den Weg von einem anderen Startpunkt aus eingeschlagen haben.
Wenn Sie uns dann noch vorhalten, es sei nicht richtig, dass man das erste Ausbildungsjahr in unserem neuen System verkürzen könnte, dann muss ich Ihnen sagen, dass das falsch ist. Die Zahl der verkürzten Ausbildungsverträge aus der aktuellen Statistik 2010 beläuft sich auf 11 175.
Unsere Maßnahmen wirken. Sie sind maßgeschneidert und passgenau. Wir sorgen dafür, dass junge Menschen in Niedersachsen auf eigenen Beinen stehen können.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Dieses Thema hatten wir schon heute Morgen. Wir haben in Deutschland und auch in Niedersachsen mit dem dualen Ausbildungssystem eine der besten Berufsqualifizierungen der Welt.
Sie ist die Grundlage für unseren wirtschaftlichen Erfolg und bietet den Jugendlichen einen guten Start in das Erwerbsleben. Hierfür gilt unser Dank
Leider bietet das System seit Jahren nicht genügend Ausbildungsplätze, um allen suchenden Jugendlichen eine Chance zu bieten. Auch in diesem Jahr erleben wir wieder das gleiche Schauspiel: Landes- und Bundesregierung sowie die Kammern singen das Lied der überzähligen Ausbildungsplätze. Seit 2006 soll es immer mehr Stellen als Bewerber gegeben haben. Aber solange jeder noch jemanden kennt, der vergeblich einen Ausbildungsplatz sucht und sich von Maßnahme zu Maßnahme hangelt, können Sie den Menschen doch nicht ernsthaft erzählen, dass auf dem Ausbildungsmarkt alles in Ordnung sei, sehr verehrte Damen und Herren.
Egal, welche Statistiken Sie auch heranziehen, die Realität ist eine andere. Sich die Welt schönzureden, Herr Bode, hilft den jungen Menschen überhaupt nicht weiter.
Noch immer gibt es eine strukturelle Lücke beim betrieblichen Ausbildungsangebot. Diese Feststellung gehört zur ganzen Wahrheit dazu. Die offizielle Ausbildungsstatistik, bei der am Ende des Jahres mehr freie Plätze als unversorgte Bewerberinnen und Bewerber übrig bleiben, ist unehrlich.