Protocol of the Session on January 19, 2011

(Angelika Jahns [CDU]: Das zeigt den wahren Charakter!)

Ich habe damit ein Problem; das muss ich wirklich sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der CDU und bei der FDP)

Gleichwohl finde ich das, was Herr Dr. Sohn hier gesagt hat, ein Stück weit richtig. Es ist manchmal ein bisschen ermüdend und ermattet ein wenig, wenn eine überforderte Parteivorsitzende in einem kleinen unwichtigen marxistischen Blättchen einen dämlichen Satz sagt und dann die gesamte deutsche Erregungsindustrie

(Heiterkeit)

erst einmal wieder loslegt: obligate Talkshows, Kommentare, die es schon immer gewusst haben. Man tut dann ein bisschen so, als ob die Rote Armee wieder vor der Haustür steht und dass die Apokalypse ganz nah ist. Ich finde, dies wird dem Thema nicht ganz gerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Stefan Schostok [SPD])

Als die ganze Debatte schon wieder abzuflauen beginnt, was meiner Ansicht nach richtig ist, fällt der innovativen FDP in Niedersachsen nichts Besseres ein, als diesem Gespenst hinterherzurennen. Ich finde, liebe FDP, Herr Dürr hat auf dem IHKEmpfang einiges Richtiges gesagt: Wir brauchen in dieser Situation eine Debatte über mehr Transparenz, mehr Offenheit und mehr Bürgerfreundlichkeit.

(Christian Dürr [FDP]: Das war unser Neujahrsempfang!)

Liebe FDP, auch das möchte ich euch einmal sagen: Seid doch endlich einmal für Informationsfreiheit in Niedersachsen! Warum habt ihr denn das abgelehnt? Seid doch einmal für mehr Bürgerbeteiligung! Die Themen liegen doch auf der Straße. Seid doch einmal für mehr Bürgerbeteiligung in der Endlagerfrage!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben so viele schöne und interessante Themen zu diskutieren.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ihr legt dann nach. Aber das Gespenst ist tot, der Klassenkampf ist out, und die Linke fährt schon längst Porsche.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächster hat sich Herr Jüttner von der SPDFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Jüttner!

(Bernhard Busemann [CDU]: Was für ein Auto fahren Sie eigentlich?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war keine Montagsrede von Herrn Dürr bei der IHK, sondern eine Sonntagsrede - wahrscheinlich im doppelten Sinne des Wortes.

Eigentlich ist das Thema überflüssig, aber Herr Sohn bringt es immer wieder auf den Punkt, dass es für Sie interessant wird. Deshalb drei historische Anmerkungen dazu:

Erstens. Herr Sohn, der Indianer sagt: Wenn das Pferd tot ist, soll man absteigen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Kommunismus ist mausetot, meine Damen und Herren, weil er sich in der Praxis vollständig diskreditiert hat, weil Millionen Menschen unter dem Verdikt des Kommunismus umgebracht worden sind.

Es war im Übrigen kein Problem, dass Kriminelle die Theorie des Kommunismus nicht verstanden haben. Vielmehr haben die Haupttheoretiker des Kommunismus - Lenin, Stalin, Ho Chi Minh und Mao Tse-tung - ein theoretische Gebilde entwickelt, das beinhaltete, dass eine Partei im Besitz der Weisheit ist, dass von daher Meinungsfreiheit nicht geboten ist und unterdrückt wird und dass Freizügigkeit und Freiheit nicht stattfinden, meine Damen und Herren.

Das ist das Thema - nicht die Fehlentwicklung, sondern die Theorie des Kommunismus, die darauf basiert, dass aus dem Wertekanon ausschließlich auf Gleichheit gesetzt wird und dass Freiheit, Demokratie und Individualität im Zweifel unterdrückt werden dürfen. Das ist das Problem!

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜ- NEN)

Deshalb kann ich nur sagen: Frau Lötzsch, es wird ein langer, beschwerlicher Weg für Sie. Nur wenige Weggefährten werden mitgehen, im Zweifel Herr Sohn und einige andere. Und wir rufen Ihnen nach: Und Tschüss! - So viel zu diesem Thema.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Zweitens. Herr Dürr, sagen Sie das Ihrem NochParteivorsitzenden, weil er an dem Sonntag erzählt hat, den demokratischen Sozialismus könne es gar nicht geben.

Die Theorie des demokratischen Sozialismus ist auch in Konfrontation zu den kommunistischen Theorien und Praktiken entstanden. Sie basiert auf der Logik der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, den Erfolgen der Französischen Revolution sowie der Unabhängigkeitserklärung in den USA und ist im 19. Jahrhundert durch die Theorien und Forderungen der sozialen Bewegungen, übrigens auch der Freiheitsbewegungen im 20. Jahrhundert, angereichert und im 20. Jahrhundert durch die ökologische und Geschlechterherausforderung unserer Gesellschaft abgerundet worden.

Das ist demokratischer Sozialismus, meine Damen und Herren. Dabei ist Demokratie nicht instrumentalisierbar, sondern sie gilt auch dann, wenn sie gegen unsere politischen Positionen ist. Das macht ihre Qualität erst aus, sage ich Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie kennt nicht nur Freiheit für private und gesellschaftliche Entfaltung. Zur Freiheit gehören für uns vielmehr auch Freiheit von Armut und Freiheit von Unterdrückung, meine Damen und Herren. Gerechtigkeit in diesem Wertekanon heißt Chancengleichheit und vor allem Verteilungsgerechtigkeit bei den Themen Einkommen, Vermögen und Arbeit.

Der demokratische Sozialismus hat 147 Jahre lang Gelegenheit gehabt, praktisch gelebt zu werden. Daran sind Millionen beteiligt gewesen. Sie waren nicht fehlerfrei; selbstgefällig sind wir nicht.

Aber, meine Damen und Herren, dieser demokratische und soziale Rechtsstaat in Deutschland ist ohne das, was die SPD darin eingebracht hat, gar nicht vorstellbar, und darauf sind wir stolz.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Noch ein Schlusssatz - leider kommt die CDU aus Zeitgründen nicht mehr vor; das tut mir wirklich weh -, weil die FDP das eingebracht hat und damit das hier nicht so friedlich abläuft:

Von Liberalen, die im 19. Jahrhundert beim Kampf um die Freiheit ihren Frieden geschlossen haben, als die Gewerbefreiheit durchgesetzt war, die im März 1933 keinerlei Bauchschmerzen hatten, dem Ermächtigungsgesetz zuzustimmen, und die im 21. Jahrhundert nicht mehr zu tun haben, als das Prinzip des Gemeinwohls durch wirklich gnadenlose und grenzenlose individuelle Selbstverwirklichung zu opfern, nehmen wir keine Vorschläge zu den Themen Freiheit und Demokratie an, meine Damen und Herren.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat sich Herr Nacke für die CDUFraktion zu Wort gemeldet.

(Oh! bei der SPD - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das wird ja noch mal ein Höhepunkt!)

- Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten vor Kurzem eine wirklich sehr konstruktive Ältestenratssitzung. Dort haben wir über politische Hygiene gesprochen. Frau Dr. Andretta, wenn ein - ich sage einmal - andersdenkender

(Heiterkeit)

Abgeordneter aufgerufen wird, dann muss man sich nicht gleich darüber beschweren, dass er hier einen Wortbeitrag abliefert. Ich möchte Sie in der Auseinandersetzung hier um Anstand bitten. So etwas ist nicht in Ordnung.

Herr Kollege Nacke, Sie haben jetzt das Wort.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Freiheit des Andersdenkenden!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kommunismus ist eine Ideologie - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ideologien wollen die Welt beeinflussen, sie verändern - um jeden Preis, notfalls gewaltsam. Ideologien sind gefährlich. Ideologen sind gefährlich. Sie sehen sich im Besitz der absoluten Wahrheit; dabei ist es egal, aus welchem Gedankengut sich ihre Ideologie speist.

Im vergangenen Jahr, meine Damen und Herren, habe ich Briefe von Ideologen erhalten, deren Weltbild darauf basierte, der Mensch sei ein Tier. Das Muster ist immer das gleiche. Ideologen wollen nämlich nicht nur die Welt beeinflussen, sondern auch die Menschen. Sie wollen sie verändern - um jeden Preis, notfalls gewaltsam. Dafür gibt es in der Geschichte viel zu viele Beweise.

(Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Ideologen sind menschenverachtend. Kommunisten sind menschenverachtend.

(Clemens Große Macke [CDU]: So ist es!)

Kommunismus und Meinungsvielfalt sind unvereinbar. Kommunismus und Minderheitenrechte sind unvereinbar. Kommunismus und Demokratie sind unvereinbar. Kommunismus und Freiheit sind unvereinbar. Und, meine Damen und Herren, Kommunismus ist auch mit einer sozialen Gesellschaft unvereinbar. Kommunismus und Menschenrechte sind unvereinbar. Kommunisten sind Verfassungsfeinde.