Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich auf den Vorschlag von Herrn Dr. Sohn eingehen. Mich würde wirklich einmal interessieren, wo Sie beim Finanzierungsanteil des Bundes eigentlich kürzen wollen, wenn wir die Pyramide, die Sie hier vorgestellt haben, umdrehen.
Ich bin gespannt, ob Sie beispielsweise bei der Arbeitslosenunterstützung oder bei der Rente kürzen wollen. Das sind ja die großen Positionen im Sozialhaushalt. Da bin ich sehr gespannt auf Ihre Vorschläge.
Zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen: Die Überschrift, die Sie für Ihren Antrag wählen, liebe Kolleginnen und Kollegen, leitet aus meiner Sicht in die Irre. Hier wird keine Reform der Gemeindefinanzen vorgeschlagen, sondern es geht ausschließlich darum, ein brüchiges Fundament sozusagen weiterzuentwickeln und mit Steuererhöhungen ein vorhandenes Haus auf einem brüchigen Fundament noch zu vergrößern. Das geht ausdrücklich in die falsche Richtung. Wir brauchen ein neues, ein solides Fundament, und das kann nur durch eine grundlegende Reform erreicht werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir lehnen die in dem Antrag beschriebene Orgie von Steuererhöhungen schlicht ab, weil man damit eindeutig die Mitte der Gesellschaft treffen würde.
Ich darf anhand eines kleinen Auszugs aus dem Antrag darlegen, welche Steuererhöhungen vorgeschlagen werden. Bei der Gewerbesteuer geht es Ihnen z. B. darum, die Gruppe der Steuerzahler zu verbreitern und den Steuerfreibetrag zu senken, sowie um eine stärkere Einbeziehung von gewinnunabhängigen Elementen. Das jedoch würde krisenverschärfend wirken: Unternehmen, die ohnehin schon wirtschaftliche Schwierigkeiten haben, bekämen zusätzlich Probleme, weil die Substanzbesteuerung ja trotzdem greift. - Des Weiteren geht es Ihnen um die Beschränkung der Anrechnungsmöglichkeiten von Verlusten aus Vorjahren.
Beim Punkt Grundsteuer wird es allerdings etwas verräterisch, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Hier geht es Ihnen darum - ich zitiere -, „die Grundsteuer mit dem Ziel zu reformieren, das Steueraufkommen sozialverträglich deutlich zu steigern.“ Da frage ich mich: Wie will man das Steueraufkommen sozialverträglich deutlich steigern? - Am Ende treffen Sie damit die Grundeigentümer und damit auch die Mieter in unserem Land.
Ferner wollen Sie das Ehegattensplitting streichen und den Spitzensteuersatz auf 45 % anheben. Wenn Sie ausschließlich den Spitzensteuersatz auf 45 % erhöhen, treffen Sie damit aber auch kleine und mittlere Einkommen. - Außerdem schla
gen Sie vor, sinnvolle verminderte Mehrwertsteuersätze wieder rückgängig zu machen. Auch damit würden Sie wieder dem Mittelstand schaden.
All das lehnen wir ab, meine Damen und Herren, weil es eine zusätzliche Belastung für den Mittelstand und für die Mittelschicht in unserem Land bedeutet und Arbeitsplätze vernichtet. Um es einmal in der Sprache der Grünen zu sagen: Grün wirkt - aber ausdrücklich mit bösartigen Nebenwirkungen.
In der Tat haben wir bei der Finanzierung der Kommunen Probleme. Das bestreitet auch niemand. Aber man muss in dem Zusammenhang auch auf die Eigenverantwortung der Kommunen hinweisen, mit dem Geld der Steuerzahler vernünftig umzugehen.
Dabei darf man auch nicht verschweigen, dass die Kommunen während der guten wirtschaftlichen Situation in den Jahren 2006 bis 2008 Rekordeinnahmen erzielt haben, und zwar von 1,4 Milliarden Euro.
Die Krise hat gezeigt, dass die Gemeindefinanzen grundsätzlich reformiert werden müssen, und zwar mit dem Ziel, die Einnahmen zu stabilisieren. Wir haben erlebt, wie die Einnahmen aus der Gewerbesteuer zum Teil um 30 % bis 40 % zurückgegangen sind. Dort gibt es eindeutig Handlungsbedarf. Wir schlagen eine Abschaffung der Gewerbesteuer mit einer entsprechenden Kompensation bei der Einkommen- und Umsatzsteuer vor.
Auf den Beitrag von Herrn Grascha hat sich Herr Klein zu einer Kurzintervention gemeldet. Herr Klein, Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Grascha, wenn ich Ihr Bild aufnehmen darf, dann muss ich natürlich sagen: Wenn das, was sich im Moment auf Bundesebene zwischen CDU und FDP abzeichnet, das neue Fundament einer Gemeindefinanzierung sein soll, dann würde ich in Zukunft vorziehen, auf Sumpfland zu bauen; denn das ist wahrscheinlich sicherer.
Es ist doch so, dass alles, was Sie hier in Bezug auf eine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer kritisiert haben, exakt dem entspricht, was nicht nur die gesamte kommunale Ebene fordert, sondern was auch im wissenschaftlichen Bereich inzwischen sehr deutlich unterstützt und gefördert wird.
Wenn Sie bei jeder zusätzlichen Belastung der Wirtschaft - in vielen Fällen ist es aber auch gar keine Belastung, weil nur eine Verrechnung mit Bundessteuern vorgenommen wird - gleich die große Krise an die Wand malen, frage ich mich: Wann kann man mit dieser Wirtschaft rechnen, wann kann man darauf zählen, dass diese Wirtschaft ihren Beitrag zur Lösung der gesellschaftlichen Probleme und zur kommunalen Leistungsfähigkeit erbringt, wenn nicht gerade in dieser Situation, in der es ihr doch angeblich so gut geht und sie so viel verdient, dass sie kaum weiß, wohin sie mit dem Geld soll? - So ist doch die Situation im Moment.
In der Tat. Sie haben vorhin die Redezeit schon reichlich überzogen. Deshalb machen wir jetzt einmal pünktlich Schluss. - Jetzt hat Herr Grascha das Wort, um Ihnen zu antworten. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Klein, Sie haben ja zu Recht darauf hingewiesen, dass der Arbeitsprozess der Gemeindefinanzreformkommission in Berlin langwierig ist. Das ist durchaus richtig. Die Bundesregierung ist aber nicht die einzige Stelle, die sich dieses Thema vorgenommen hat.
Wir als FDP sind aber weiterhin zuversichtlich, und wir werden - was unseren Bereich angeht - auch weiter daran arbeiten, damit wir zu guten Ergebnissen kommen.
Das, was ich gerade zur Abschaffung der Gewerbesteuer und zur Kompensation über die Einkommen- und die Umsatzsteuer gesagt habe, vertritt ja nicht nur die FDP, sondern wird auch von vielen anderen geteilt.
Zu den Themen Gewinnbesteuerung und Beteiligung der Wirtschaft: Wir haben in Deutschland einen ziemlich sozial gerechten Einkommensteuertarif. Wenn ein Unternehmen große Gewinne erzielt, muss es in der Regel hohe Steuerbeiträge leisten. Dieses Prinzip ist aus unserer Sicht gerecht. Wenn man das Steuersystem aber immer stärker hin zu einer Substanzbesteuerung entwickeln will, wie Sie es z. B. mit Blick auf die Gewerbesteuer vorschlagen, dann passt das überhaupt nicht zu unseren steuerpolitischen Überlegungen und Konzepten, weil eine solche Entwicklung dazu führen würde, dass Unternehmen, die in der Krise sowieso schon Schwierigkeiten haben, zusätzlich belastet würden. Das lehnen wir eindeutig ab.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemeindefinanzen solide reformieren - das wollen wir alle, auch wenn Herr Klein uns das eben abgesprochen hat. Dies ist ein wichtiges Thema. Es lohnt sich, darüber auch hier im Landtag zu diskutieren.
Ich kann nur sagen: Das Vertrauen der kommunalen Spitzenverbände in diese Landesregierung ist groß, auch wenn Herr Klein das eben anders darstellen wollte. Unser Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung im Juli ausdrücklich betont, dass die Kommunen Unterstützung durch das Land benötigen und auch erhalten werden.
Wir sind ein verlässlicher Partner der Kommunen. Ich sage: Dieses Thema ist wichtig. - Ich sage auch: Die kommunalen Haushalte sind durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise stark beeinträchtigt und betroffen. Noch mehr aber werden sie durch ständig steigende Kosten im Bereich der sozialen Sicherung belastet. Es gibt natürlich einen entsprechenden Handlungsbedarf. Wenn jeder nachweisen muss, dass er auch die Denkschrift des Städtetages gelesen hat, bringe ich sie noch einmal mit. Herr Scholz ist hier anwesend. Der kann dann gleich zur Kenntnis nehmen, dass wir uns damit gründlich auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren, weder beim Bund noch auf kommunaler Seite, noch auf Landesseite ist strittig, dass hier Handlungsbedarf besteht. In diesem Zusammenhang darf ich allerdings darauf hinweisen, dass die Gemeindefinanzreformkommission in Berlin ihre Ergebnisse auch dann nicht schneller vorlegen wird, wenn wir hier in kurzen Abständen immer wieder das gleiche Thema aufrufen.
Wir stehen mit den Überlegungen zur Gemeindefinanzreform aber nicht am Anfang, sondern wir erwarten in Kürze entsprechende Vorschläge. Ich gehe davon aus - dann kann ich mir ersparen, auszuführen, was dort detailliert besprochen werden soll -, dass der Herr Minister - er hat sich ja eben schon gemeldet - das nachher ausführlich erläutern wird.
Meine Damen und Herren, die Ergebnisse der Gemeindefinanzreformkommission sind wichtig und ganz entscheidend, um über die weiteren Schritte reden und beschließen zu können.
Unbestritten ist im Bereich der Gemeindefinanzen viel zu tun. Wir haben in diesem Bereich verschiedene Felder zu bearbeiten. Ich nenne Ihnen jetzt nur einige wichtige Aspekte.
Ganz wichtig ist es, eine Verstetigung der Einnahmen für die Kommunen zu erreichen. Dabei geht es um die Frage der zukünftigen Gestaltung der Grundsteuer, der Einkommensteuer oder auch der Gewerbesteuer, wobei wir alle wissen, dass die Gewerbesteuer starken Schwankungen unterliegt. Aber auch ein Gemeindewirtschaftssteuermodell muss selbstverständlich unvoreingenommen geprüft werden.
Hiermit beschäftigt sich sehr intensiv die Gemeindefinanzreformkommission. Darüber hinaus befassen sich drei Arbeitsgruppen mit den Kommunalsteuern, mit den Standards und auch mit der
Rechtsetzung. Wir müssen ganz eindeutig feststellen: Wir können uns nicht nur mit der Einnahmeseite beschäftigen, sondern wir müssen uns auch mit den Standards und der Kostenseite befassen. Niedersachsen wird in dieser Kommission durch unseren Innenminister und den Wirtschaftsminister gut vertreten.
Zur Gründlichkeit der Beratung - das sage ich hier allerdings auch - gehört ebenfalls, die unterschiedlichen Auswirkungen der Modelle auf die ganz konkrete Situation unserer Gemeinden zu prüfen. Es darf anschließend keine bösen Überraschungen geben.
Es ist wichtig, die zum Teil miserable Finanzsituation der Gemeinden in den Griff zu bekommen. Dazu haben wir als Land einen wichtigen Beitrag geleistet. Hier gibt es für Gemeindefusionen erhebliche Entschuldungshilfen. Erst im Dezember hat die Landesregierung eine Verordnung auf den Weg gebracht, die bei Fusionen das Problem der unterschiedlichen Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer löst. Damit ist ein weiterer Hemmschuh für Fusionen aus dem Weg geräumt worden.
Ich muss schon sagen: Diese Landesregierung hat sehr viel mehr konkrete Verbesserungen auf den Weg gebracht als die Landesregierungen in vorangegangenen Legislaturperioden. Wir müssen nur einmal an das Konnexitätsprinzip denken, das verabschiedet worden ist. Nunmehr muss bei Gesetzgebungsvorhaben des Landes sehr wohl und sehr gründlich darüber nachgedacht werden, welche Auswirkungen diese Vorhaben auf die Kommunen haben, weil diese Vorhaben nämlich Folgen haben.
Ich kann dem Bund nur raten, auch dieser Frage einmal näherzutreten; denn auch bei Leistungsgesetzen des Bundes, die die kommunalen Haushalte belasten, müsste das Konnexitätsprinzip genauso angewendet werden wie bei entsprechenden Landesgesetzen. Natürlich wird der Bund das Geld nicht auf die kommunale Ebene transferieren können. Wir werden aber dafür sorgen müssen, dass ein entsprechender Kostenausgleich - wir sehen es ja bei der sozialen Sicherung - vorgenommen wird.