Protocol of the Session on December 9, 2010

Der Kollege Wenzel stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Frage an die Landesregierung zum Thema Nachqualifikation: Warum sollen beispielsweise die Sonderlehrgänge für Spätaussiedler und jüdische Migranten, wie es sie z. B. im Grenzdurchgangslager Friedland gibt, wo man eine Hochschulzugangsberechtigung nachträglich erwerben kann, gestrichen werden oder nach Auslaufen der jetzt noch stattfindenden Kurse künftig nicht mehr finanziert werden?

Frau Ministerin Özkan, bitte! - Oder? - Die Landesregierung antwortet.

(Zuruf von der SPD: Einer muss es!)

Die Spätaussiedler sind in der Zuständigkeit des MI. Insofern müssen wir die Beantwortung später zu Protokoll geben. Ich kann es jetzt nicht beantworten.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: So etwas gibt es hier nicht! Das wird ja immer doller!)

- Ich kann es jetzt nicht beantworten. Oder wir müssen es zurückstellen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir sind doch nicht im Bundesrat!)

Wir reichen es nach.

(Zuruf von der SPD: Ein Minister fehlt! Die Landesregierung ist sprachlos! - Weitere Zurufe von der SPD - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wo ist der Minis- ter denn?)

Ich kann es im Moment nicht beantworten.

Die Landesregierung kann im Moment nicht antworten. Frau Ministerin Özkan ist für den Teilbereich nicht zuständig. Das müsste durch das MI beantwortet werden.

Zur Geschäftsordnung Herr Kollege Jüttner, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, dass der Innenminister sofort hier erscheint.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Bode, bitte!

Sehr geehrter Herr Jüttner, wir haben das selbstverständlich sofort veranlasst, nachdem wir festgestellt haben, dass wir auf die Frage nicht sofort antworten können. Wir werden die Antwort nachreichen. Bei der ersten Dringlichen Anfrage hatten wir es ja auch so, dass ein Themenbereich aus dem Bereich des Finanzministers angesprochen worden ist, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Der Finanzminister kam dann sofort ins Plenum und hat Ihnen die Antwort gegeben.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie müssen aber damit rechnen!)

- Wir rechnen bei Ihnen selbstverständlich mit allem.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das rate ich Ihnen auch!)

Herr Minister Schünemann ist jetzt im Plenarsaal anwesend. Wenn ihm die Frage noch einmal vorgetragen wird, gehe ich davon aus, dass er sie auch beantworten kann. - Herr Kollege Wenzel, ich bitte, die Frage noch einmal vorzutragen. Dann wird es zu einer Beantwortung durch die Landesregierung, durch Herrn Minister Schünemann, kommen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich hatte eine Frage zum Thema Weiterbildung bzw. Nachqualifikation gestellt. Ich wollte wissen, warum von der Landesregierung die Sonderlehrgänge für Spätaussiedler und jüdische Migranten, die u. a. im Grenzdurchgangslager Friedland seit vielen Jahren durchgeführt werden, künftig nicht verlängert werden sollen, obwohl man dort die Hochschulzugangsberechtigung erwerben kann. Zur Erläuterung: Jetzt laufen meines Wissens noch zwei Kurse. Danach sollten die Mittel nicht mehr bereitgestellt werden.

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass diese Kurse auslaufen sollen. Die begonnenen Kurse werden natürlich noch weiter durchfinanziert.

Es ist so, dass das eine durchaus erfolgreiche Weiterqualifizierung ist, aber eine Sonderprivilegierung insbesondere für diesen Bereich. Meiner Ansicht nach ist es durchaus hinnehmbar, dass die Betroffenen die anderen Weiterbildungsmöglichkeiten im gesamten Land über Volkshochschulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen genauso nutzen sollen, wie das andere Migranten auch tun müssen. Insofern und auch aufgrund der finanziellen Situation werden wir in der Zukunft diese Sonderbehandlung der Spätaussiedler nicht mehr finanzieren können.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Hagenah stellt eine nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich versuche es noch einmal, ein bisschen anders formuliert: Welche quantifizierbaren Folgen hat die mangelhafte Anerkennung ausländischer Abschlüsse aus Sicht der Landesregierung für den niedersächsischen Arbeitsmarkt, für die niedersächsischen Arbeitgeber und für die Betroffenen mit den Abschlüssen? Ist das ermittelt? Ist das quantifizierbar?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Minister Bode, bitte!

Sehr geehrter Herr Hagenah, ich versuche es noch einmal: Wir haben keine Zahlen darüber, wie viele Bildungsabschlüsse in welchem Bereich, wo Nachfrage bestand, nicht anerkannt worden sind und wie viele von denjenigen, die nicht anerkannt worden sind, einen Arbeitsplatz in diesem Bereich bekommen hätten. Wir wissen nicht, wie sich das konkret auf das Wirtschaftswachstum und auf Sozialleistungen im Einzelfall auswirken würde. Eine derartige Statistik und eine derartige Berechnung gibt es nicht. Es ist nicht so quantifizierbar, wie Sie es hier erwarten, dass wir das in Euro und Cent für Wirtschaftswachstum, für Beiträge in Sozialkassen oder für Steuereinnahmen berechnen können.

Ich kann Ihnen nur Folgendes sagen: Jeder Arbeitsplatz, der in einem Unternehmen nicht besetzt werden kann, führt natürlich dazu, dass eine Leistung, die man eigentlich verkaufen könnte oder auch im Export erbringen könnte, nicht erbracht werden kann oder nicht in dem entsprechenden Umfang erbracht werden kann. Das führt dazu, dass wir weniger Wirtschaftswachstum haben, als wir es haben könnten. Es führt aber auch dazu, dass jemand, der ein erfülltes Leben in Arbeit haben könnte und auf eigenen Beinen stehen könnte, dies nicht kann. Beides sind Folgen, die schlimm sind. In Bezug auf beide Folgen müssen wir daran arbeiten, dass sie nicht eintreten.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Dr. Andretta stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Bode, das Setzen auf Zuwanderung ist das eine. Das Setzen darauf, das Qualifikationspotenzial derjenigen zu nutzen, die bereits hier sind, wäre in meinen Augen die erste, näher liegende Strategie.

Vor dem Hintergrund, dass - Frau Ministerin Özkan nannte uns die Zahl - 500 000 Akademiker hier bei uns in Deutschland leben, deren Qualifikation nicht anerkannt wird und die unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten bzw. von denen viele erwerbslos sind,

frage ich die Landesregierung: Wie sind diese Zahlen für Niedersachsen? Wie viele Akademiker und Akademikerinnen sind nach Niedersachsen zugewandert, die hier unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten und leben? Und wie will sie dieses Potenzial konkret ansprechen?

(Zustimmung bei der SPD)

Frau Ministerin Özkan, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist traurig, aber man muss leider sagen: Wir haben diese Zahlen nicht, weil nicht erfasst wird, wie viele Fälle es sind.

Es sind übrigens nicht nur Akademikerinnen, die wir im Auge haben, wenn wir über die Anerkennung von im Ausland erworbene Berufsabschlüsse reden, sondern es geht oftmals auch um Berufsabschlüsse, die den Antritt eines qualifizierten Jobs ermöglichen.

Wir wissen lediglich aus dem Mikrozensus 2007, dass 300 000 Menschen mit Migrationshintergrund nicht in dem Job beschäftigt sind, den sie erlernt haben.

Das liegt ein Stück weit daran, dass bis Ende des Jahres die Agentur für Arbeit dieses Merkmal in ihrer Statistik nicht erfasst hatte. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurde dieses Merkmal nicht erfasst und ausgewertet. Daher konnten die im Ausland erworbenen Abschlüsse mit den vorhandenen Datenerfassungsmasken überhaupt nicht erfasst werden. Jetzt hat man sich nach langen Diskussionen wohl darauf geeinigt, dass man auch dieses Merkmal erfassen kann. Daraus versprechen wir uns natürlich Datenmaterial.

Wir wissen aber, dass die Hürden - die vielen Anlaufstellen und die diffuse Lage, wer zuständig ist - viele Menschen davon abhalten, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen. Insofern müssen wir zunächst einmal ein Verfahren und danach Transparenz und Vertrauen schaffen, um die Leute dazu zu bewegen, dass sie diesen Schritt gehen. Dafür sind natürlich auch die Agenturen für Arbeit elementar wichtig, weil sie in ihren Beratungsgesprächen zunächst erkunden müssen, ob ein ausländischer Abschluss vorhanden ist, und dann systematisch erfassen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kollege Bachmann von der SPD-Fraktion stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, warum es bei einer Gruppe hier schon tätiger Migrantinnen und Migranten, die als heimatsprachliche Lehrkräfte in unseren Schulen tätig sind, so schwer fällt, deren mitgebrachtes Potenzial dadurch anzuerkennen, dass sie als vollwertige Lehrkräfte eingesetzt, qualifiziert und bezahlt werden, um nicht nur heimatsprachlichen Unterricht erteilen zu können, sondern auch ihre Kompetenz für fremdsprachlichen Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler zu nutzen.

Wir sind in diesen Tagen und Wochen mit diesen Lehrkräften intensiv im Gespräch. Sie sind schon Mitarbeiter des Landes und beklagen sich darüber, dass sie nicht gleichgestellt und nicht gleich bezahlt werden.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Dr. Althusmann.

Herr Präsident! Herr Bachmann, ich muss Sie korrigieren. Bei allen im Ausland erworbenen Lehramtsbefähigungen wird in der Regel von der Schule in enger Abstimmung mit der Landesschulbehörde überprüft, ob die im Ausland erworbene Lehrbefähigung einer ähnlichen Lehramtsbefähigung in Niedersachsen entspricht.