Protocol of the Session on December 7, 2010

Meine Damen und Herren, in der Anhörung wurden viele Gesichtspunkte angesprochen, u. a. einen, zu dem uns viele Zuschriften erreicht haben, nämlich die Frage, warum, wenn das vorgelegte Gesetz von der tatsächlich vorhandenen Gleichberechtigung der Geschlechter ausgeht und nur noch die Gleichstellung angestrebt wird, Gleichstellungsbeauftragte weiblich sein müssen. - Das ist eine offene Frage. Sie wird uns beschäftigen, weil sie im Evaluationsauftrag auch angesprochen ist. Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, warum in diesem Sinne die Gleichberechtigung einzig und allein eine weibliche Aufgabe sein soll.

Strittig war und bleibt - das ist hier heute von diesem Pult aus schon gesagt worden -, ob tatsächlich angestrebt werden soll, dass in einem Bereich einer Dienststelle beide Geschlechter zu exakt 50 % vertreten sein müssen. Meine Damen und Herren, ein Bereich ist eine Vergütungsgruppe oder eine Besoldungsgruppe. Wenn so etwas innerhalb einer Dienststelle stattfindet, können wir durchaus zu Kopfzahlen von 19 oder 33 gelangen. Bei solchen ungeraden Kopfzahlen lassen sich 50 % schlechterdings nicht darstellen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.

(Zuruf von der SPD: Danke!)

Es geht um das Gesellschaftsbild, das wir miteinander haben. Das Gesellschaftsbild, das wir haben, geht davon aus - ich hoffe, dass mir da niemand widerspricht -, dass es tatsächlich keinen rechtlichen und Werteunterschied zwischen Männern und Frauen gibt.

(Oh nein! bei der SPD)

Wenn das so ist, dann müssen die Entwicklungen, die wir in der Gegenwart erkennen, nämlich dass sich Männer heute viel stärker für Familienarbeit interessieren, als sie es vor einer Generation oder zwei Generationen noch getan haben, begleitet werden. Dazu leistet dieser Gesetzentwurf seinen Beitrag. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, bevor ich jetzt der Kollegin Frau Twesten das Wort zu einer Kurzintervention gebe, möchte ich noch einmal an Sie appellieren, die Gespräche einzustellen. Das gilt sowohl für die linke als auch für die rechte Seite des Hauses. - Ich sehe, es ist ruhiger geworden.

Dann hat Frau Kollegin Twesten wie vereinbart für 90 Sekunden das Wort.

Herr Riese, Sie haben mich soeben quasi herausgefordert.

(Was? bei der CDU)

Von daher gestatten Sie mir, dass ich zumindest einen Punkt Ihres Beitrages widerlege.

Ich kann Ihre ständigen Verweise auf bereits vorliegende gesetzliche Regelungen nicht mehr ertragen.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP)

Es ist doch ganz einfach. Ich habe es während der Ausschussberatungen mehrfach deutlich gemacht. Wir wollen uns für Regelungen im nächstliegenden Gesetz aussprechen. Dafür bietet uns § 5 des AGG wirksame Instrumente. Dort heißt es nämlich: Es ist zulässig, für benachteiligte Personengruppen Fördermaßnahmen zu ergreifen.

Ihr Blick auf benachteiligte Gruppen - gestatten Sie mir das an dieser Stelle - ist immer noch der falsche; denn die Lebensrealität von Frauen sieht längst nicht so aus, dass die Gleichstellung - dieses Wort haben Sie während der Ausschussberatungen wie die Pest vermieden - schon verwirklicht ist. Gleichstellung haben wir noch lange nicht.

Wir haben es mit diesem Gesetz in der Hand, die Zielrichtung zu bestimmen. Deswegen möchten wir die Fördermaßnahmen im Gesetz genau verankern. Das aber haben Sie nicht getan. Wir haben darauf mehrfach hingewiesen. Darauf sind Sie nicht eingegangen. Wenn das Gesetz jetzt so verabschiedet wird, haben wir weiterhin einen Flickenteppich aus NGG und AGG und werden Sie weiterhin darauf verweisen, dass wir schon alle Regelungen haben, obwohl genau das alles Dinge sind, die noch längst nicht geregelt sind.

Frau Twesten, die 90 Sekunden sind vorüber. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Herr Riese möchte erwidern. Bitte schön!

(Oh nein! bei der SPD und bei den GRÜNEN - Gegenruf von Ingrid Klopp [CDU]: Lasst ihn doch!)

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Es stimmt mich natürlich etwas unruhig, wenn ich von einer Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages, die von diesem Pult aus spricht, hören muss, dass sie den Hinweis auf geltendes Recht nicht ertragen kann. Ich kann den Hinweis sehr wohl ertragen.

Das geltende Recht, das in Niedersachsen unmittelbar gilt, besteht aus europäischen Richtlinien, aus Bundesgesetzen und aus dem Recht, das wir selbst erlassen. Zum Thema Diskriminierungsverbot, u. a. unter den Geschlechtern, gibt es unmittelbar geltende europäische Richtlinien. Wir haben ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, das für den entsprechenden rechtlichen Rahmen sorgt.

Liebe Frau Twesten, verehrte Kollegin, Sie erinnern sich sicherlich - wenn nicht, lesen Sie bitte in der Vorlage 17 noch einmal nach -: Wir haben umfassende Diskussionen mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst über die Frage führen müssen, ob wir angesichts der Tatsache, dass die genannte europäische Richtlinie gilt, und angesichts der Tatsache, dass das genannte Bundesgesetz gilt, überhaupt noch einen Regelungsraum für ein Gleichstellungsgesetz im Lande Niedersachsen haben, wo wir uns dazwischen einsortieren müssen und wie wir besondere Rechtsverhältnisse, die nur innerhalb der niedersächsischen Verwaltung gelten können, regeln können. Diese Frage ist durchaus strittig gewesen.

Von daher ist Ihre Einwendung an dieser Stelle eine, die Sie besser unterlassen hätten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt der zuständigen Ministerin das Wort. Frau Özkan, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der dem Landtag im Januar 2010 vorgelegte dritte Bericht der Landesregierung über die Durchführung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes hat gezeigt - er ist auch heute wieder zitiert worden -, dass die Gleichberechtigung im öffentlichen Dienst des Landes und der Kommunen in Niedersachsen noch nicht in allen Bereichen erreicht ist. Zwar stellen die Frauen mehr als die Hälfte der Beschäftigten, in Führungsämtern sind sie aber nach wie vor unterrepräsentiert; auch da sind wir uns einig. So beträgt

der Anteil der Frauen in den B-Besoldungsgruppen zwischen 12 und 16 %. Ohne Lehrkräfte beträgt der Frauenanteil in der Besoldungsgruppe A 12 21,3 %. Frauen stellen aber über 90 % der Teilzeitbeschäftigten und der Beurlaubten. Ich meine, dass wir bei dieser Zahl etwas hellhörig werden sollten.

(Elke Twesten [GRÜNE]: Das stimmt!)

Die Familienarbeit der Frauen ist also einer der wesentlichen Gründe für deren geringere Repräsentanz in Führungsämtern. Jeder, der in seinem Umfeld einmal schaut, wird feststellen, was Führungsfrauen daran hindert, auf der Karriereleiter, auch im öffentlichen Dienst, weiterzukommen. Oftmals ist die Entscheidung zu treffen zwischen der Familie und dem Beruf, zwischen einem Teilzeitjob und einer Führungsaufgabe. Andererseits sind Männer in den Berufen des Erziehungs- und Pflegebereiches - auch das beklagen wir hier häufiger - stark unterrepräsentiert.

Es gibt daher nach wie vor Handlungsbedarf, um im öffentlichen Dienst die beruflichen Chancen für Frauen und Männer anzugleichen und eine echte Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen. Der Ihnen heute vorliegende Gesetzentwurf soll die Bestimmungen des jetzt 16 Jahre alten Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes modernisieren und verbessern im Sinne der Gleichberechtigung. Lassen Sie mich einige Punkte herausgreifen.

Die Vorschriften über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhalten in der Tat - darüber sind wir auch nicht traurig, sondern wir sind stolz, wenn wir die Zahlen hören - einen neuen Stellenwert. Das Gesetz greift zahlreiche erfolgreiche Aspekte der Fortbildung von Teilzeitbeschäftigten und Beurlaubten auf.

Zu dauerhaft gleichen Chancen im öffentlichen Dienst für beide Geschlechter wird man nur gelangen, wenn sich neben den Frauenrollen auch die Männerrollen ändern.

(Roland Riese [FDP]: Jawohl!)

Deshalb verpflichtet das Gesetz die Dienststellen auch, auf den Abbau der Unterrepräsentanz von Männern hinzuwirken.

Die Vorschriften über den Gleichstellungsplan verwirklichen das moderne Führungskonzept des Führens mit Zielvereinbarung. Auch das ist ein nach vorne gewandtes, modernes Instrument. Wenn Sie mit den Personalräten sprechen, werden

auch die Ihnen sagen, wie viel mehr Flexibilität und mehr Akzeptanz solche Zielvereinbarungen bringen. Die Dienststelle selbst setzt sich das Ziel, zu dem sie innerhalb der dreijährigen Geltungsdauer des Plans gelangen wird.

Außerdem freue ich mich, dass als weiterer Schritt die paritätische Besetzung von Ausbildungsplätzen noch ihren Weg in das Gesetz gefunden hat.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Da sind die 50 % okay!)

Mit der Neufassung des Gesetzes werden Regelungen geschaffen, die es erleichtern werden, die Gleichstellung im öffentlichen Dienst weiter voranzubringen. Das ist mir auch deshalb wichtig - und deswegen auch das Signal von hier aus -, weil der öffentliche Dienst hier eine Vorbildfunktion für die Privatwirtschaft hat. Das Gesetz ist deshalb ein wichtiger Schritt, wenn wir Gleichberechtigung in anderen Bereichen einfordern wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen jetzt zur Einzelberatung zu Nr. 1 der Beschlussempfehlung. Ich rufe auf:

Erster Teil. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Es ist so beschlossen.

Zweiter Teil. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Auch das ist so beschlossen.

Dritter Teil. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt mit Nein? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit.

Vierter Teil. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist auch so beschlossen.

Fünfter Teil. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.