Der Gesetzentwurf der CDU und der FDP geht also von der völlig irrigen Annahme aus, dass Frauen und Männer gleichermaßen benachteiligt sind. Das stimmt aber nicht.
Ihr Gesetzentwurf stellt die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit an die erste Stelle. Erst danach kommt die Zielsetzung „Gleichstellung von Frauen und Männern“. Sie reduzieren damit das komplexe Problem der Benachteiligung von Frauen auf eine Mütter-Politik. Da kann ich bei aller Liebe zu Kindern nur sagen: Thema verfehlt; setzen!
In der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs wurde seitens der FDP-Fraktion zutreffend ausgeführt, dass die Vorschriften im NGG nicht ausreichend seien. Wenn aber diese Vorschriften nicht ausreichend waren, ist es doch völlig unlogisch, dass Sie jetzt an verschiedenen Stellen die Vorschriften abschwächen. Sie können niemandem erklären, wie verquer Sie da denken. Frau Pieper, um bei Ihrem Bild zu bleiben: Ihr Zug fährt nicht nur in die falsche Richtung; er fährt sogar rückwärts.
schen Grundkenntnissen weiß, wie wenig das wert ist. Sie nehmen Eigenbetriebe der öffentlichen Hand aus dem Gesetz heraus. Dafür gibt es keinen sachlichen Grund. Sie verzichten ausdrücklich auf eine Vorbildfunktion für die Privatwirtschaft. In Ihrem Entwurf gibt es keine Einklagbarkeit oder Sanktionierung.
Sie schwächen die Möglichkeiten der Gleichstellungsbeauftragten, z. B. durch die Reduzierung bisheriger Rechte auf ein wirkungsloses Beanstandungsrecht. Sie senken die 50-%-Quotenregelung. Den § 11 zu sexueller Belästigung haben Sie gleich ganz herausgenommen.
Ich frage mich: Wovor hat die Landesregierung eigentlich Angst? Was treibt sie, ein bewährtes Instrument durch ein weitgehend wirkungsloses Alibi-Gesetz zu ersetzen, statt ihre Verantwortung wahrzunehmen?
Meine Damen und Herren auf der rechten Seite dieses Hauses, trauen Sie sich, nach vorn zu gehen! Trauen Sie sich, Frauen nicht nur als Mütter zu sehen, sondern als Menschen, die die gleichen Möglichkeiten und die gleichen Chancen haben müssen wie Männer!
Ihnen liegt ein alternativer Gesetzentwurf aller drei Oppositionsfraktionen vor, der sich an diesem Anspruch orientiert. Frau Groskurt hat das im Detail dargestellt. Dieser Entwurf berücksichtigt auch die Stellungnahmen des DGB, der LAG kommunaler Frauenbüros und des Landesfrauenrats aus der Anhörung. Sie sollten diesem Entwurf zustimmen. Das ist eindeutig der beste.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz, das wir gleich mehrheitlich im Niedersächsischen Landtag beschließen werden, hat eine etwa fünfjährige Entwicklungsgeschichte. Es ist sehr bedauerlich, dass der zukunftsorientierte Ansatz, der von Frau Pieper zutreffender dargestellt wurde als von den anderen drei Rednerinnen, so lange in den Beratungen gewesen ist und sogar im Frühjahr 2008 der Diskontinuität anheimgefallen ist.
Meine verehrten Damen und Herren, die Ziele des Gesetzes sind die Vereinbarung von Erwerbs- und Familienarbeit für Männer und Frauen und die Verschaffung einer gleichen Stellung für Frauen und Männer in der öffentlichen Verwaltung.
Nach den seltsamen Reden, die ich hier gerade anhören durfte, kann ich nicht erkennen, was an diesen Zielen falsch sein soll. Auch die Instrumente, die im Gesetz niedergelegt sind, sind sehr ausreichend und sehr abgewogen, um diesen Zielen tatsächlich nahezukommen.
Man darf noch einmal in Erinnerung rufen, dass das derzeit noch geltende Gesetz aus dem Jahre 1994 als Ziel ausweist, „den Frauen eine gleichberechtigte Stellung in den öffentlichen Verwaltungen zu verschaffen“.
Meine Damen und Herren, den Frauen eine gleichberechtigte Stellung zu verschaffen! Das ist wirklich eine einseitige Sichtweise, bei der man es tatsächlich so darstellt, wie wir das schon im Alten Testament im Ersten Buch Moses nachlesen können, als seien die Frauen eine Ausnahme und die Männer die Regel. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass eine solche rückwärtsgewandte Sicht hier heute noch verteidigt wird!
Meine Damen und Herren, nachdem wir viel Polemik gehört haben, sollten wir uns noch einmal ein wenig mit den Zahlen beschäftigen,
und zwar mit denen, die aus dem dritten Bericht der Landesregierung über die Durchführung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes vom 14. Januar 2010 zu entnehmen sind.
Meine Damen und Herren, der Beschäftigungsanteil von Frauen in den öffentlichen Verwaltungen des Landes und der Kommunen in Niedersachsen ist zwischen 1998 und 2007 - - -
Herr Kollege Riese, vielleicht warten Sie jetzt doch einen Moment. Es werden so viele Gespräche geführt, dass man Sie kaum noch hören kann.
(Zuruf von den GRÜNEN: Manchmal ist das auch besser! - Ulrich Water- mann [SPD]: Verstehen können wir ihn sowieso nicht!)
Meine Damen und Herren, wenn Sie weiter zuhören wollen, dann gebe ich Ihnen jetzt die Gelegenheit. Ansonsten kann ich auch noch einen Moment warten. - Herr Riese, bitte schön!
Das sind die Zahlen. Wir finden im Besoldungsbereich im höheren Dienst und im einfachen Dienst eine erhebliche Unterrepräsentanz von Frauen.
Ein differenziertes Bild erhält nur der, der sich in die Einzelheiten der Tabelle A 8 im Anhang des dritten Berichts vertieft. Diese Tabelle weist u. a. einen 60-prozentigen Anteil der Frauen im Ausbildungsbereich für den höheren Dienst aus. Insoweit sind da für die Zukunft die Weichen durchaus gestellt. In der Tabelle A 9 des genannten Berichts erfährt man die kumulierten Daten der Angestellten. Da finden sich bei den Tarifgruppen im höheren Dienst auch Gruppen, bei denen die Frauenquote 100 % beträgt, nämlich z. B. bei BAT IIa, BAT IIb und BAT II auf der Ebene der Landesregierung.
Das sind nur Beispiele, aus denen man erkennt, dass man nicht generalisierende Aussagen treffen darf, sondern sich in die Situation des einen oder anderen Geschlechts im Detail vertiefen muss.
Meine Damen und Herren, weil das so ist, führt es nicht weiter, wenn man wie die ehemalige Kollegin aus dem Niedersächsischen Landtag Frau Hemme - sie gehörte der SPD an - in der öffentlichen Beratung des Gesetzentwurfs am 15. November
2006 anregt, den Abbau der Unterrepräsentanz der Männer im Putzgeschwader zum Ziel zu erheben. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg.
Richtigerweise hat damals Frau Groskurt darauf hingewiesen, dass wir im gesetzlichen Rahmen gesellschaftliche Entwicklungen nicht komplett regeln können, sondern dass sich in der Gesellschaft vieles im Rahmen der Gesetze in die richtige Richtung entwickeln muss. Darin stimme ich Ihnen, Frau Groskurt, ausdrücklich zu.
(Elke Twesten [GRÜNE]: Aber die Po- litik hat doch eine Vorbildfunktion, Herr Riese! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Man kann es aber fördern!)
Meine Damen und Herren, die Arbeitswelt lässt sich von der sonstigen Lebenswelt nicht trennen. Diese Erkenntnis sollten wir mittlerweile miteinander teilen. Diese Erkenntnis führt dazu, dass die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit zu den zentralen Zielen dieses Gesetzes zählt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor einer Woche haben uns die gesammelten Oppositionsfraktionen mit einem Gesetzentwurf überrascht, der neue Gesichtspunkte enthält, die weder in der Anhörung noch in den sehr sorgfältigen Ausschussberatungen eine Rolle gespielt haben.
Ich nenne als Beispiele die neu aufgenommenen besonderen Belange Behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen sowie das Einspruchsrecht der Gleichstellungsbeauftragten. - Sie, meine Damen und Herren, legen nicht dar, welche Folgen sich aus diesem Recht für die Dauer von Verfahren und vor allem für die Finanzen ergeben sollen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Wir haben weitere rechtliche Vorschriften, die gelten, u. a. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz des Bundes, das explizit ausdrückt, dass die Diskriminierung aus anderen Gründen als denen des Geschlechts, beispielsweise aus denen von Behinderung, untersagt ist. Wir würden die Klarheit und Stringenz dieses Gesetzes durcheinanderbringen, wenn wir diese Gesichtspunkte plötzlich bei einzelnen Punkten mit einflechten würden.
Meine Damen und Herren, in der Anhörung wurden viele Gesichtspunkte angesprochen, u. a. einen, zu dem uns viele Zuschriften erreicht haben, nämlich die Frage, warum, wenn das vorgelegte Gesetz von der tatsächlich vorhandenen Gleichberechtigung der Geschlechter ausgeht und nur noch die Gleichstellung angestrebt wird, Gleichstellungsbeauftragte weiblich sein müssen. - Das ist eine offene Frage. Sie wird uns beschäftigen, weil sie im Evaluationsauftrag auch angesprochen ist. Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, warum in diesem Sinne die Gleichberechtigung einzig und allein eine weibliche Aufgabe sein soll.