Protocol of the Session on November 12, 2010

Die deutsche Einlagensicherung, meine Damen und Herren, hat sich allenfalls aus Bankenperspektive bewährt, aber sicherlich nicht aus Sicht des Steuerzahlers.

(Zustimmung von Enno Hagenah [GRÜNE])

Deswegen gilt, glaube ich, nach dieser Krise das Motto der Nichtregierungsorganisationen: Hört auf die Menschen und nicht auf die Banken!

Meine Damen und Herren, auch die Sparkassen sind doch nicht aus dem Schneider. Ihre Institutssicherung zielt doch vor allen Dingen auf einzelne managementbedingte Versager. Bei systemischen Belastungen können auch hier schnell die Grenzen erreicht sein. Ihrer regionalen Stabilität stehen Risiken einer fragilen Landesbanksituation gegenüber. Denken Sie doch einmal an die geplatzte Fusion von BayernLB und WestLB. Bei der WestLB wird es inzwischen zeitlich ganz schön knapp für eine werterhaltende Lösung, und noch keine der NRW-Sparkassen hat ihre Landesbankanteile entsprechend wertberichtigt. Das heißt, das kann noch ganz schön fatal werden.

Der dritte Punkt, den wir kritisieren: Der Antrag setzt zu spät ein. Ich finde, bevor wir darüber nachdenken, wie immer höhere Risiken abgesichert werden können, müssen wir die Risiken doch so begrenzen, dass Sicherungssysteme verursachernah und wirtschaftlich gestaltet werden können. An erster Stelle stehen der Schutz des Sparers vor Zockerei und die Frage, wie das Phänomen „too big to fail“ verhindert werden kann. Das sind die Fragen, die erst gelöst werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei, meine Damen und Herren, steht die Bundesregierung echt auf der Bremse. Bisher hat sie außer ihrem symbolischen Beitrag zu den Leerverkäufen nichts beitragen können. Die Begründung ist immer dieselbe: zu teuer, belastet Kunden und Wirtschaft. - Aber dazu sage ich Ihnen: Ja, meine

Damen und Herren, Sicherheit im Bankenwesen kostet Geld. Dann darf man aber nicht immer nur an die Kunden denken, sondern mir fallen dabei auch Banker-Boni oder der Verzicht auf Standardkapitalrenditen von 25 % ein. Da können wir ansetzen.

Ein letzter Satz!

Ein letzter Satz, meine Damen und Herren: Die Bundesregierung muss ein Modell vorlegen, das mit den europäischen Anforderungen kompatibel ist und das die befürchteten Doppelbelastungen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken vermeidet. Eine politische Verständigung ist erforderlich, keine isolierende Abwehrhaltung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Der Herr Kollege Schönecke hat sich zu einer Kurzintervention von anderthalb Minuten gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Lieber Herr Klein, das ist eben der Unterschied zwischen Opposition und Regierung: Nur Nein zu sagen und nur aufzuzählen, wo die Fehler sind, reicht nicht.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wir ha- ben vorhin so schön für Sie ge- klatscht!)

Man muss dann auch sagen, wie man es machen soll.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe doch sehr deutlich darauf hingewiesen, dass wir über Jahrzehnte zumindest in zwei Säulen unseres Modells einen absoluten Kundenschutz hatten. Volksbanken und Sparkassen haben über Jahrzehnte bewiesen, wie dieses Einlagensicherungssystem funktioniert. Das ist doch völlig unstrittig.

Wenn die EU jetzt etwas draufsatteln will, dann sagen wir in unserem Antrag doch ganz deutlich, was wir möchten.

Die Antwort vonseiten der Opposition kann doch nicht lauten, sich zu enthalten, sondern hier heißt es doch ganz deutlich: Wir wollen dieses System,

wie wir es über Jahrzehnte gehabt haben, behalten. Wenn die EU etwas anderes will, dann muss etwas draufgesetzt werden, was zu unserem System passt.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Wir wollten doch direkt überweisen!)

Deshalb ist Enthaltung der falsche Weg.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Klein, Sie haben die Möglichkeit, zu antworten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schönecke, Ihr Vorwurf trifft nicht; denn es ist genau umgekehrt.

In Ihrem Antrag und auch im Handeln der Bundesregierung sehen wir genau die Verweigerung, den Verzicht, irgendeine Lösungsmöglichkeit zu nennen. Die Subsidiaritätsrüge war nichts anderes, als zu sagen: Wir lassen alles beim Alten, und man hat uns da nicht reinzureden. - Das war ein Riesenfehler.

Auch Ihr Antrag beschreibt nicht, wie denn ein System konkret aussehen soll, das einen europaweiten Einlegerschutz gewährleistet, der eine entsprechende Wettbewerbsgleichheit sichert und der trotzdem zu keinen Doppelbelastungen etwa bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken führt.

Einen solchen Vorschlag gibt es nicht. Es gibt ihn nicht, weil sich CDU und FDP in diesem Fall schlicht und einfach nicht einigen konnten. Deswegen haben Sie sich auf den Standpunkt gestellt: Dann verweigern wir uns eben ganz. - Das ist genau das, was wir an diesem Antrag kritisieren.

Lassen Sie uns diesen Antrag in den Ausschuss bringen! Lassen Sie uns darüber nachdenken, wie man das zusammenbringen könnte! Darüber denkt im Moment die ganze Republik nach. Dann können wir vielleicht zu einer gemeinsamen Lösung kommen.

Aber Sie können uns beim besten Willen nicht zumuten, solchen halbfertigen Dingen, wie Sie sie jetzt vorgelegt haben, zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Dr. Sohn gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schönecke, da haben Sie aber Glück gehabt! Sie haben deshalb Glück gehabt, weil wir überlegt haben, ob wir auf der Grundlage unserer Presseerklärung vom 30. September, also drei Wochen vor Ihrer Antragstellung, einen Antrag stellen. Dieser Antrag hätte zu vier Fünfteln genauso geklungen wie Ihr Antrag, und dann hätten Sie den wegen Ihrer Unvereinbarkeitsbeschlüsse ablehnen müssen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Tja!)

Ich lese Ihnen aus der Presseerklärung vom 30. September 2010 vor:

„DIE LINKE im Landtag hat davor gewarnt, dass ein neues Vorhaben der Europäischen Kommission die Sparkassen gegenüber den Privatbanken benachteiligt. Die beiden Vorsitzenden der Linksfraktion“

- also Frau Flauger und ich -

„haben die Kommission jetzt in einem Brief darum gebeten, von ihrer geplanten Erneuerung des Einlagesicherungssystems Abstand zu nehmen.“

Dann folgt die Argumentation, die mit der von Ihnen vorgetragenen fast deckungsgleich ist. Wir sagen dann allerdings auch:

„Das Vorhaben der Kommission zeige,“

- das würden Sie vielleicht nicht so ganz teilen -

„wie sehr eine konservativ-liberale Politik auf Europaebene vorherrsche - eine Politik, die private Banken schütze und den Sparkassen Steine in den Weg lege. ‚Werden diese Pläne umgesetzt, werden die Sparkassen ihr Sponsoring zurückfahren müssen und weniger Steuern zahlen können’“.

Das haben wir damals erklärt.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun haben Sie auch deshalb Glück gehabt, weil wir natürlich einige weitergehende Forderungen haben. Das weiß auch die Landesregierung. Herr

Schünemann hat es sogar in seinem kleinen Büchlein aufgeschrieben. Er hat netterweise aus einem Aufsatz in einem Buch, das ich mit Sahra Wagenknecht und ein paar anderen zusammen geschrieben habe, zitiert, nämlich zur Frage der weiteren Perspektive.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Wo kann man das Buch denn kaufen?)

Die Frage der weiteren Perspektive klammern Sie hier aus. Wenn man sich den Antrag anguckt, dann sieht man, dass Sie ein bisschen über ein Problem hinweghobeln. Ich zitiere einmal aus dem Antrag:

„Durch das Neben- und Miteinander von Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Instituten und Genossenschaftsbanken hat Deutschland gerade auch in der Krise einen stabilisierenden Einfluss erfahren.“

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

So weit, so richtig. Aber dann muss man doch einmal hingucken, wer in der Krise eigentlich stabilisiert hat und wer destabilisiert hat. Stabilisiert haben die Genossenschaftsbanken und Sparkassen, und destabilisiert haben die Privatbanken.