Protocol of the Session on November 9, 2010

Das ist kein schwieriger Auftrag; er erfordert keine großen Investitionen, sondern erst eimmal nur die Bereitschaft, das Problem als solches anzuerkennen und sich der Suche nach einer Lösung nicht zu verschließen. Dieser Auftrag erfordert allerdings ein wenig Nachdenken im Interesse der Kommunen, mehr aber auch nicht. Und er kostet kaum etwas, etwas Mühe sicherlich. Aber mit den hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien müsste ein solcher Auftrag doch wohl zu bewältigen sein.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Kommen Sie Herrn Wiswe und den vielen anderen betroffenen Landräten und Bürgermeis

tern entgegen, und stimmen Sie im Interesse aller Kommunen unserem Antrag zu!

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Danke schön, Frau Rakow. - Für die CDU-Fraktion haben Sie, Frau Kollegin Klopp, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Altlasten, Altlastenrevitalisierung und Altlastenfonds sind seit vielen Jahren hier im Landtag ein Thema. In diesem Zusammenhang gehören Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nun einmal zu einer Problemlösung. Deshalb für die Kolleginnen und Kollegen, die sich mit diesem Thema nicht so auseinandergesetzt haben, Folgendes:

Hätte man 1990 die Gesellschaft zur Finanzierung der Altlastenbehandlung weiterverfolgt, wäre dieses Kooperationsmodell sicherlich ein Erfolgsmodell geworden. Leider wurde nach dem Regierungswechsel 1990 dieses fest vereinbarte Kooperationsmodell nicht weiterverfolgt.

(Zuruf von der CDU: So ist es! - Zuruf von der SPD)

Stattdessen hat die SPD-geführte Landesregierung entgegen dem Votum der Fachleute eine Abfallabgabe eingeführt,

(Zuruf von der SPD: Wie alle anderen auch! - Zuruf von der CDU: Die jäm- merlich gescheitert ist!)

die vom Bundesverfassungsgericht prompt kassiert wurde. Damit ist in den 90er-Jahren die Chance auf einen kooperativen Ansatz für einen Altlastenfonds völlig verspielt worden.

(Beifall bei der CDU)

Aus diesem Grund müssen wir uns jetzt, 2010, mit dem Thema Altlastenfonds und der Lösungssuche noch immer auseinandersetzen.

Die geltende Rechtslage zur Verantwortlichkeit für die Beseitigung von Altlasten ist eindeutig. Hieran könnte, liebe Frau Rakow, auch die von der SPD gewünschte Arbeitsgruppe nichts ändern, und die Fehler der Vergangenheit könnte sie nicht rückgängig machen.

Ich zitiere Ihren Parteigenossen, den ehemaligen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, zu einer

Anfrage der Grünen im Deutschen Bundestag, Drs. 16/11547, am 5. Januar 2009:

„Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Praxis der Altlastensanierung in Deutschland eines Altlastenfonds nicht bedarf.“

Ich denke, dass das, was Herr Gabriel hier gesagt hat, für Sie, liebe SPD-Kolleginnen und -Kollegen, eine überdimensionale fachliche Qualität hat und keiner weiteren Worte bedarf.

(Beifall bei der CDU)

Nun zum Antrag der Fraktion der Linken. Nur so viel zu Ihren Vorwürfen der Sanierungsverschleppung und zu weiteren Unterstellungen: Ich weise hier noch einmal auf die bereits genannte Bundestagsdrucksache hin und darauf, dass Altlastensanierung eine Daueraufgabe der Umweltverwaltung ist, auch in ständiger Kooperation mit den Landkreisen. Dafür, wie diese Aufgabe wahrzunehmen ist, gibt es klare rechtliche Verpflichtungen.

Liebe Frau Reichwaldt, wollen Sie wirklich mal eben 1 Million Euro außerplanmäßig aus dem Haushalt nehmen, um Altlastensanierung an einem Ort zu finanzieren? - Sie haben in Ihrem Antrag doch viele Standorte beziffert. Wenn wir das umsetzen, was Sie hier fordern, würden alle 80 000, 100 000 Sanierungsfälle eine Gleichbehandlung von uns erwarten. Alle Landkreise und Städte in Niedersachsen stünden sofort bereit, die Forderung auf Finanzierung durch das Land zu stellen.

Ich weiß, dass Einzelfälle wie hier in Hannover zum Teil schwerwiegend sind. Dennoch rechtfertigt das nicht, dass wir die Altlastensanierung als Land komplett eigenverantwortlich übernehmen und aus Landesgeldern finanzieren. Es kann nicht Aufgabe des Landes sein, die nach dem BundesBodenschutzgesetz verpflichteten Personen bzw. Kommunen von ihrer Verantwortung zu entlasten. Dennoch hat sich das Land hier eingebracht.

Durch die Förderung aus Landes- und aus EU-Mitteln konnten seit 2007 bis 2009 bereits mehr als 7 Millionen Euro für die Unterstützung konkreter Sanierungsprojekte bewilligt werden. Strukturfördergelder wie z. B. aus dem EFRE-Programm unterstützen die Altlastensanierung mit 50 % bis 75 % z. B. im Raum Lüneburg, Frau SchröderEhlers.

(Zuruf von den GRÜNEN: Aber wie lange noch?)

Dafür standen in 2008 und in 2009 Kofinanzierungsmittel des Landes in Höhe von je 1 Million Euro zur Verfügung. Im Rahmen des Konjunkturpakets II hat das Land mit dem Schwerpunkt der Altlastensanierung Tätigkeiten der Kommunen in diesem Bereich mit Fördermitteln in Höhe von 5,6 Millionen Euro bezuschusst; bei 80-prozentiger Förderung. So viel zur Verantwortung des Landes.

Dies alles vorausgeschickt, denke ich, wir hatten und haben ein gemeinsames Ziel, aber grundsätzlich unterschiedliche Rechtsauffassungen. Wünsche sind das eine, klare Rechtsvorgaben und Zuständigkeiten sind das andere. Das müssen auch Sie akzeptieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Frau Kollegin Klopp. - Für die FDPFraktion hat sich Herr Dr. Hocker zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass sich an der Forderung nach einem Altlastenfonds die grundsätzlich verschiedenen Staatsverständnisse zwischen der Opposition und uns Regierungsfraktionen herauskristallisieren.

Einig sind wir uns wohl alle noch darüber, dass im Idealfall der Verursacher einer Altlast für seine Beseitigung herangezogen werden müsste. Dies ist bei der Firma de Haën, wie wir alle wissen, nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 24. November 2009 leider nicht mehr möglich. Die Richter haben entschieden, dass die Firma Honeywell Specialty Chemicals in Seelze nicht als Gesamtrechtsnachfolgerin von de Haën betrachtet werden kann. Spätestens mit diesem Urteil ist klar geworden, dass diejenige Firma, die die Altlast verursacht hat, leider nicht mehr herangezogen werden kann.

An dieser Stelle treten die Unterschiede, von denen ich gesprochen habe, zwischen Ihnen und uns zu Tage. Sie fordern einen Altlastenfonds, der aus Landesmitteln und damit aus Steuergeldern gespeist wird. Diese Forderung folgt einem Prinzip, das Sie an anderen Stellen und in anderen politischen Fragen vehement von sich weisen, nämlich dem Prinzip, Gewinne zu privatisieren und Kosten zu sozialisieren und damit der Gemeinschaft auf

zubürden. Über 100 Jahre, nachdem etwa die Firma de Haën ihren Betrieb eingestellt hat, fordern Sie, dass die Allgemeinheit und damit jeder Rentner, jeder Hartz-IV-Empfänger - denn der Steuerzahler ist ja nicht nur eine anonyme Masse, sondern es sind auch Menschen, die nicht für diese Kosten herangezogen werden sollten - und jeder Student mit ihren Steuern für die Kosten der Sanierung aufkommt. Wenn Sie dem Prinzip der Sozialisierung von Kosten wirklich folgen und es auch in anderen Bereichen anwenden wollten, dann müssten Sie auch fordern, dass die Kosten für die Beseitigung von Umweltschäden einzig und allein durch die Steuerzahler aufgebracht werden, dass Betriebe in Niedersachsen künftig keine Umweltauflagen mehr erfüllen müssen und der Steuerzahler - auch jeder Rentner und jede alleinerziehende Mutter - für die Beseitigung von Schäden aufkommen muss. Wenn Sie konsequent wären, müssten Sie sich auch dafür einsetzen, dass z. B. im Fall einer Ölkatastrophe der Steuerzahler und nicht die verantwortlichen Konzerne für die Kosten der Sanierung von Stränden und Flüssen aufzukommen hat.

Ich erspare es Ihnen, darauf hinzuweisen, dass bereits vor 20 Jahren eine vertragliche und nicht gesetzlich geregelte Kooperation zwischen dem Land Niedersachsen und der niedersächsischen Wirtschaft unterschriftsreif in der Schublade der Staatskanzlei gelegen hat. Die Schröder-Regierung hat - darauf hat Frau Klopp hingewiesen - nach 1990 diese Kooperation leider nicht weiterverfolgen wollen. Stattdessen sollte eine Zwangsabgabe eingeführt werden, die politisch schließlich nicht durchsetzbar war.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen kann es sich nicht erlauben, seinen mittelständischen Betrieben im Alleingang eine zusätzliche Abgabenlast aufzuerlegen. Die betroffenen Eigentümer werden von uns trotzdem nicht allein gelassen. Sofern eine Kommune oder eine planende Stadt bei der Ausweisung von Baugebieten auf einer Altlastenfläche Fehler begangen hat, bestehen grundsätzlich Ansprüche aus Amtshaftung gegenüber der Kommune. Das Land unterstützt die Eigentümer zusätzlich durch eine Reihe von Maßnahmen und Mitteln aus dem EFRE-Fonds. Diese Förderung ermöglicht Zuwendungen in Höhe von maximal 50 %, wenn der Verursacher nicht mehr für die Kosten herangezogen werden kann. Außerdem fördert das Land auf der Basis der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Konjunkturpakets II das Tätigwerden der Kommunen in diesem

Bereich. Auch wenn damit nicht eine vollständige Kostendeckung erreicht werden kann, handelt es sich dabei um ein deutliches Signal, dass das Land die Eigentümer in dieser wichtigen Frage nicht ihrem Schicksal überlässt.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Hocker. - Nun hat sich für die Landesregierung Herr Minister Sander zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entschließungsanträge zu diesem Themenfeld sind ja nicht neu. In den letzten Jahren haben wir, glaube ich, dreimal und, wenn man die erste und zweite Beratung nimmt, sogar sechsmal darüber beraten. Man muss aber feststellen - auch das haben Sie nicht gesagt -: Die Rechtslage hat sich in der Zwischenzeit nicht geändert.

Was soll ein solcher Arbeitskreis? - Das erinnert an das Prinzip „Wenn du nicht mehr weiter weißt, bilde einen Arbeitskreis“. Um Leute aus den unterschiedlichsten Bereichen zu beschäftigen, ist das nicht zielführend. Dann müssten wir Ziele vorgeben.

Meine Damen und Herren, Frau Klopp und Herr Dr. Hocker haben es gerade noch einmal deutlich gesagt: Wir haben in den 90er-Jahren etwas verpasst. Das haben Sie einseitig von der SPD verursacht!

(Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Darüber müssen wir immer wieder reden. Das bringt uns zwar nicht weiter. Aber die Landesregierung hat in den letzten drei Jahren nicht gesagt - das haben sowohl Frau Klopp als auch Herr Hocker gesagt - „Dieses Problem packen wir gar nicht an“, sondern wir packen es im Gegensatz zu meinen Vorgängern an!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In den letzten drei Jahren haben wir 15 Millionen Euro für die Altlastensanierung aufgebracht. Das Land, die EU und der Bund haben jeweils ein Drittel gefördert.

Was soll eine Arbeitsgruppe übrigens noch erreichen? - Meine Fachleute im Ministerium beraten die Kommunen bei all den Sanierungen, die

durchgeführt werden. Wir werden diese Aufgabe auch weiterhin mit den Möglichkeiten, die wir haben, wahrnehmen.

Wenn jemand der Meinung ist, er müsse sich zu diesem Themenbereich noch einmal treffen, dann kann er das tun. Aber verpflichtend halte ich das nicht für sinnvoll.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut!)

Danke schön, Herr Minister Sander. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Kollege Wenzel das Wort.