Protocol of the Session on October 7, 2010

Grundsätzlich gilt natürlich: Ich würde auch diesen Initiativen raten, alle denkbaren Alternativen - im Übrigen auch zur Gesamtschule - noch einmal durchzuspielen. Ich meine nämlich durchaus, dass aus einer Zusammenfassung von Hauptschule und Realschule und über die Möglichkeiten, die sich aus dieser Zusammenarbeit ergeben, mit Blick auf eine berufliche Orientierung ein sehr gutes Schulmodell entstehen kann.

Ich würde diesen Gesamtschulinitiativen empfehlen, noch einmal zu überdenken, ob die Integrierte Gesamtschule wirklich die allein glückselig machende Schulform ist oder ob nicht auch andere Schulformen ihre Schülerinnen und Schüler zu

einem guten Bildungserfolg bringen. Ich habe gerade ja schon gesagt, welche Möglichkeiten es in Niedersachsen gibt, den Bildungsweg an anderer Stelle fortzusetzen, um am Ende den höchstmöglichen Bildungsabschluss zu erreichen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Frage stellt Herr Adler für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gleich zwei Fragen stellen.

Die eine Frage schließt an das an, Herr Kultusminister, was Sie eben gesagt haben. Wenn das so ist, dann frage ich mich, warum in Varel-Obenstrohe der Schulversuch einer Sekundarschule von Ihrer Landesregierung wieder beendet worden ist.

Die andere Frage, die ich stellen will, lautet: Haben Sie Verständnis dafür, dass angesichts der positiven Erfahrungen z. B. in Oldenburg mit zwei gut laufenden vierzügigen Integrierten Gesamtschulen die künstlich eingeführte Mindestgröße von fünf Zügen nur als eine Schikane empfunden werden kann und sich nur deshalb die Diskussion an dieser Frage immer wieder zuspitzt?

Herr Minister, Sie haben das Wort zur Beantwortung. Bitte schön!

Erstens. Der Schulversuch wurde beendet, weil die neuen Erlasse zur Hauptschule, zur Realschule und zu den berufsbildenden Schulen sämtliche Möglichkeiten zulassen, die im Rahmen des Schulversuches erprobt werden sollten. Deshalb bedurfte es keines Schulversuches mehr.

Zweitens. Ich meine, ich habe jetzt bestimmt drei- oder viermal die Gesamtproblematik „vier- oder fünfzügig?“ dargestellt. Darf ich darauf verzichten, das noch einmal darzustellen?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Wenzel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. - Herr Wenzel zieht zurück.

Herr Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie sind der nächste Fragesteller. Bitte schön!

Ich möchte meine Frage konkretisieren: Was machen Sie, wenn ein Schulträger jetzt, in dieser Schwebesituation, einen Antrag auf Errichtung einer Gesamtschule stellt, obwohl die Elternbefragung ganz knapp an der 14-Jahres-Prognose gescheitert ist?

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Ur- sula Helmhold [GRÜNE]: Das interes- siert auch mich sehr!)

Herr Minister, Sie haben das Wort!

Es ist relativ einfach: Da wir davon ausgehen, dass die Einrichtung einer neuen Schulform organisatorisch überhaupt erst zum neuen Schuljahr, d. h. zum 1. August 2011, umgesetzt werden kann, ergibt sich aus meiner Sicht weder ein zeitliches noch ein organisatorisches Problem, die Voraussetzungen zu schaffen, wenn es notwendig ist, eine neue Schulform einzuführen.

Im Übrigen teilen wir den Trägern - ich denke da an Schaumburg,

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: An Ein- beck!)

ich denke da an den Kollegen Lies und andere - zurzeit mit, dass sie zwar Anträge stellen können, dass wir über sie aber bis zu einer endgültigen Entscheidung der Landesregierung bzw. der Arbeitsgruppe Schulstruktur nicht entscheiden werden. Die Schulträger haben sich mit diesem Verfahren in der Regel einverstanden erklärt, weil sie ab Oktober oder November tatsächlich ausreichend Zeit haben, sich auf die Möglichkeiten einzurichten, die sich für das kommende Schuljahr ergeben. Ich halte das für ein faires Verfahren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier liegen keine weiteren Wortmeldungen auf dem Tisch.

(Zurufe: Schade!)

Ich stelle fest: Wir haben mit der Fragestunde um 14.30 Uhr begonnen. Die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt ist beendet.

Die Antworten der Landesregierung auf die Anfragen, die jetzt nicht mehr aufgerufen werden konnten, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben.

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass zumindest die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion der SPD übereingekommen sind, die Tagesordnungspunkte 35 und 37 direkt zu überweisen. Ich gebe gerne die Bitte an die anderen Fraktionen weiter, sich an dieser vorzüglichen Maßnahme in irgendeiner Form zu beteiligen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 und 30 auf:

Erste Beratung: Gleiche Zugangschancen für doppelte AbiJahrgänge auch für Medizinstudienplätze - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2863

Erste Beratung: Medizinstudiengang an der Oldenburger Universität einrichten! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2864

Einbringen wird die Anträge der Kollege Wulf von der SPD-Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schlagzeilen sind eindeutig: „Bundesweit fehlen 3 620 niedergelassene Ärzte“, so die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Januar dieses Jahres. Wieder einmal ist Niedersachsen bei den Negativrekorden Spitze. In Niedersachsen sind 678 Arztsitze frei. Das heißt, jede sechste freie Arztstelle in der Bundesrepublik Deutschland findet man in Niedersachsen. Das ist ein trauriger Rekord.

(Beifall bei der SPD)

Doch das ist nur der Iststand. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen hat im April dieses Jahres veröffentlicht: „In den kommenden zehn Jahren werden in Niedersachsen mehr als 4 200 Ärzte … in den Ruhestand gehen.“ Die Zahl der fehlenden Hausärzte wird bis 2020 auf rund 1 100 steigen, und das natürlich vor allem in den ländlichen Regionen.

Da wir im kommenden Jahr auch noch den doppelten Abiturjahrgang haben werden, würde es unserem Bundesland gut tun, hier Maßnahmen zu ergreifen. Im Grunde genommen hilft dabei nur eines: Die Zahl der Studienplätze in der Medizin muss erhöht werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, deswegen haben wir heute einen Antrag zur Beteiligung Niedersachsens an dem Sonderprogramm - oder wie Sie, Frau Ministerin Wanka, heute Morgen gesagt haben: an den Gesprächen der KMK - für mehr Medizinstudienplätze eingebracht. Wir bedauern, dass Sie, Frau Ministerin, heute Morgen erklärt haben, Niedersachsen werde sich an diesem Programm nicht beteiligen. Wir halten die Teilnahme dennoch für richtig, weil damit die Aufnahmekapazitäten in der Humanmedizin in den Jahren 2011 bis 2016 um 10 % erhöht werden können. Das ist unserer Ansicht nach deswegen nötig, weil Niedersachsen sich diesen Ärztemangel einfach nicht leisten kann und wir Studierende im eigenen Land brauchen, die auch hier bleiben.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir treten aber nicht nur für eine quantitative, sondern auch für eine qualitative Verbesserung des Medizinstudiums ein. Wir wollen das Medizinstudium reformieren und die Bachelor/Master-Struktur auch in die Medizinstudiengänge einführen.

Ein positives Beispiel für Innovation in diesem Sinne haben wir im eigenen Land: die Initiative der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, die in Kooperation mit der Rijksuniversität Groningen als erste deutsche Universität einen europäischen Studiengang Humanmedizin einrichten möchte, der uns mehr Studienplätze in Niedersachsen bringt und zugleich die Reform des Medizinstudiums vorantreibt.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Deswegen haben wir einen zweiten Antrag vorgelegt, der sich für die Unterstützung des Studiengangs Medizin an der Carl-von-Ossietzky-Universität ausspricht.

(Beifall bei der SPD)

Das Projekt „European Medical School OldenburgGroningen“ hat das Ziel, den ersten gestuften Studiengang mit den Abschlüssen Bachelor und Master of Science in Humanmedizin in Deutschland einzuführen. Pro Jahr sind 40 Studienplätze vor

gesehen. Der darin enthaltene Masterstudiengang Humanmedizin soll dabei in Kooperation mit der Universität Groningen als europäischer Studiengang eingerichtet werden.

Wie Sie wissen, regelt die Approbationsordnung die traditionelle medizinische Ausbildung in Deutschland. Professor Dr. Hans-Rudolf Raab, Klinikdirektor am Klinikum Oldenburg, und Professor Dr. Reto Weiler, Neurobiologe an der Universität Oldenburg und Präsident des Hanse-Wissenschaftskollegs, haben als Mitinitiatoren der Oldenburger Initiative an die Adresse aller Zweifler in dieser Hinsicht deutlich gemacht: Alle Inhalte der deutschen Approbationsordnung werden selbstverständlich in dem gestuften, insgesamt sechsjährigen Studium bis zum Master erfüllt.

Das sieht im Übrigen auch die Niedersächsische Landesregierung so, die in der Antwort auf eine Mündliche Anfrage der SPD-Landtagsfraktion am 21. Januar dieses Jahres zum Oldenburger Modell konkret geantwortet hat:

„Dieser europäische Studiengang steht im Einklang mit den inhaltlichen Anforderungen der Ärztlichen Approbationsordnung an ein humanmedizinisches Studium in Deutschland. Gleichzeitig will er die strukturellen Schwächen der Ärztlichen Approbationsordnung vermeiden.“

Damit hat die Niedersächsische Landesregierung die unserer Ansicht nach richtige Antwort auf alle Zweifel an diesem Studiengang gegeben. Auch die Bundeswissenschaftsministerin hat sich sehr deutlich für diesen Studiengang ausgesprochen.

(Beifall bei der SPD)

Eigentlich dürfte alles klar sein.