schaft“ begleitet, und wir haben auch im Bereich der Forschung viele Projekte - eines ist eben von Herrn Meyer angesprochen worden - zur Putenhaltung mit begleitet. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist z. B. die Leitlinie zur Verhinderung von Tierverlusten bei ungünstigen Witterungsbedingungen. Die Arbeit wird insgesamt fortgesetzt. Ich kann es nur betonen. Wir sind auch inhaltlich schon viel weiter - dies konnte ich in den vorherigen Beiträgen bereits betonen -, was erstens die Entwicklung und Etablierung von Tierschutzindikatoren - das ist die schon angesprochene Fußballengesundheit - für eine objektive Beurteilung der Tierhaltung und auch zur Fokussierung risikobasierter Überwachungsprogramme angeht. Hier haben schon längst Gespräche stattgefunden.
Zweitens zu nennen sind Maßnahmen zur Förderung der Bewegungsaktivität durch Angebote im Außenklimabereich oder auch der Stallstrukturierung und schließlich die Etablierung eines Ausstiegsszenarios, was das Kürzen der Schnabelspitze angeht. Das sind ganz wesentliche Punkte, die ich in den fünf Monaten mit der Putenwirtschaft bereits diskutiert habe und die ich auch angehen werde.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es im Rahmen früherer Diskussionen - es ist eben die Besatzdichte von 21 kg angesprochen worden - auch um die Entwicklung eines managementabhängigen Besatzdichtemodells gegangen ist. Aber, Herr Meyer, es ist von keinem Wissenschaftler, von keinem Experten die in dem Antrag erwähnte Besatzdichte von maximal 21 kg pro Quadratmeter vorgeschlagen worden. Das ist eine undifferenzierte Forderung, die sich sicherlich gut anhört, aber die wissenschaftlich nicht abgeleitet ist und deshalb auch nicht durchsetzbar ist.
Ich meine, um es abschließend zusammenzufassen, die Vorschläge im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind in Teilen schon gängige Praxis. Das gilt z. B. für den Einfall von Tageslicht. Das ist doch Fakt; das ist Realität. Die Umsetzung anderer Forderungen würde zu einem tierschutzrelevanten Desaster führen; das ist sowohl von der FDP- als auch von der CDU-Fraktion schon mehr
fach angesprochen worden. Würden wir z. B. ab sofort auf das Kürzen der Schnabelspitzen gänzlich verzichten, würde es wirklich zu Problemen in den Ställen kommen. Deshalb brauchen wir da ein Ausstiegsszenario, wie ich es eben angedeutet habe. Ich kann aufgrund der wissenschaftlich nicht fundierten Forderungen nur empfehlen, den Antrag abzulehnen. - Vielen Dank fürs Zuhören.
Danke schön, Frau Ministerin. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erteile ich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Kollegen Meyer für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön!
Herr Meyer, warten Sie einen Augenblick; sonst werde ich Sie gleich nicht verstehen können. Ich bitte um etwas mehr Ruhe.
Danke, Frau Präsidentin. Liebe Frau Ministerin, Sie fragen mich ja immer, woher die Werte kommen. Ich frage Sie einmal, aufgrund welcher wissenschaftlichen Grundlage Sie davon ausgehen, dass eine Besatzdichte von 58 kg Puten pro Quadratmeter in Niedersachsen erlaubt sein soll.
Was konkrete Vorschläge zur Besatzdichte angeht, so ist klar, dass es viele wissenschaftliche Untersuchungen gibt, die besagen, dass die Besatzdichte nicht das entscheidende Kriterium, aber eines von vielen Kriterien ist, die zu mehr Tierschutz führen können; denn wenn Puten mehr Platz haben, kommt es weniger zum Hacken, und es gibt mehr Möglichkeiten, sich zu bewegen. Das sagen Ihnen die Experten der TiHo Hannover. Das sagt Ihnen die Studie der Bundesregierung, und das sagen Ihnen viele weitere Studien. Als Letztes könnte ich Ihnen auch noch etwas aus Ihrem eigenen Hause empfehlen, nämlich das Schreiben des LAVES vom 22. März 2010 an die Staatsanwaltschaft Oldenburg, in dem es um den verurteilten Putenmäster geht. Darin wird sehr kompetent von Ihrem Haus beschrieben, wie dramatisch und schlimm die Zustände in der Putenmast sind. Angesichts dessen sollten Sie nicht so tun, alles sei in
Butter und wir müssten da nichts machen. Es bleibt dabei: Niedersachsen ist Schlusslicht beim Tierschutz. Das war bei der Käfighaltung so, und das ist übrigens auch beim ökologischen Landbau so.
Der Antrag soll federführend an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung überwiesen werden. Mitberatend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen tätig werden. - Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Dann haben Sie so beschlossen. Herzlichen Dank.
Einzige (abschließende) Beratung: Konsequenzen aus dem ersten EU-Report deutscher Rechnungshöfe ziehen: Mehr Transparenz schaffen - Prüfungsverfahren intensivieren - Ein- und Ausgabengrundsätze der EU weiterentwickeln - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1639 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/2721
Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen, sodass wir gleich zur Beratung kommen können. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Aller von der SPD-Fraktion. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag hat heute fast Geburtstag: Er hat, nachdem der Bericht der Rechnungshöfe vorgelegt worden ist, fast ein Jahr gebraucht, um in dieses Plenum zur Abstimmung zu kommen. Das macht deutlich, wie sprechfähig die Regierungskoalition ist, wenn es darum geht, der eigenen Regierung einige Hinweise zu geben, wie man vielleicht besser mit der Finanzierung von europäischer Politik umgeht. Es war ein Jahr der Verzögerung und des Versuchs, einen Antrag abzubügeln, der ursprünglich eigentlich nur zum Inhalt hatte zu sagen: Wir machen es
so, wie es die Rechnungshöfe für richtig gehalten und empfohlen haben, nämlich: bessere Kontrolle, Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Förderprogramme und, wenn es dann Not tut, auch Konsequenzen aus dem ziehen, was die Rechnungshöfe aufgedeckt haben. Das haben wir als Erstes gesagt.
Als Zweites haben wir gesagt, diese Landesregierung müsse sich für Niedersachsen in die Diskussion um die Weiterentwicklung der Finanzierung der europäischen Politik einbringen, die Ausgabenpolitik überprüfen und auf neue Schwerpunkte einwirken.
An sich ist dieser Antrag relativ harmlos. Aber er trifft offensichtlich ins Volle; denn CDU und FDP haben auf Zeit gespielt und versucht, den Antrag durch zusätzliche Argumente zu etwas, was in dem Antrag so präzise gar nicht drinsteht, ablehnungsreif zu machen. So wurde versucht, in den Antrag hineinzugeheimnissen, die SPD sei für Steuererhöhungen und eigene Steuern in der EU. Tatsächlich haben die Sozialdemokraten und Sozialisten im Europäischen Parlament mit dafür gestimmt, dass man über eine EU-Steuer nachdenkt. Die Mehrheiten im Europäischen Parlament sind aber bekannt. Da haben die Konservativen und die Liberalen die Mehrheit.
Die haben das ebenfalls beschlossen, sodass diese Ebene ein Zeichen gesetzt hat, das CDU und FDP hier in Niedersachsen bekämpfen wollen. Dass Handlungsnotwendigkeit besteht, ist völlig unstrittig. Ich lese Ihnen einmal eine Zahl vor, die deutlich macht, wie die Finanzierungsgrundlagen der europäischen Politik aus dem Ruder gelaufen sind. Die Zahl lautet: 33112422784756. Das sind 14 Stellen hinter dem Komma, die zur Grundlage gemacht werden, wenn es darum geht, die Mehrwertsteuerbeiträge zu berechnen. Kein Mensch steigt mehr durch die Finanzierung durch. Deshalb ist es folgerichtig, dass Iain Begg von der London School of Economics gesagt hat, das Ganze sei eine ziemlich bizarre Art der öffentlichen Finanzierungsorganisation, die weltweit kein anderes Beispiel kenne.
Eine wesentliche Forderung im Antrag der SPDFraktion ist die nach der Neudefinition der Einnahme- und Ausgabenentwicklung. Es ist schon auffällig, dass irgendwann im Zuge der Beratungen über diesen Antrag das europapolitische Konzept der Landesregierung vorgelegt worden ist. Wer
geglaubt hat, dass in diesem Konzept der Landesregierung die Finanzierung und die Ausgabenpolitik Europas ein Schwerpunkt sein könne, der irrt. Ganze 2 von den insgesamt 80 Seiten befassen sich mit dem Komplex Finanzierung europäischer Politik und der Ausgaben- und Förderpolitik Europas, obwohl Niedersachsen in Deutschland ohne Zweifel eines der Bundesländer ist, die am meisten von dem profitieren, was an Europa gezahlt wird und dann wieder zurückfließt. Diese zwei Seiten - wenn man sie sich genau anschaut - machen deutlich, dass Deutschland und damit Niedersachsen trotz Absenken der Einnahmen der Europäischen Union in der fraglichen Referenzperiode mit 2,5 Milliarden Euro am besten abgeschnitten hat.
Zweitens haben wir in dem Antrag bessere Planungs- und Kontrollmechanismen für die Rechnungshöfe gefordert, um vor allem den Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit stärker unter die Lupe nehmen zu können. Denn eines ist in der Europadebatte doch unstrittig: Die Menschen, die Öffentlichkeit und viele Fachleute sagen, die mangelnde Transparenz in Europa führe dazu, dass die Distanz zu den europäischen Politikfeldern immer größer werde. - Fehlinvestitionen sind das eine, mangelnde Kontrolle ist das andere. Gerade wir in Deutschland zeigen doch sehr häufig mit dem Finger auf andere der 27 Mitgliedstaaten, wo offenkundig Misswirtschaft, Korruption und anderes Millionenbeträge versickern lassen. Da gehört Kontrolle hin, da muss Rückmeldung her, und da müssen Konsequenzen bei der Gestaltung der europäischen Finanzpolitik möglich sein.
Wenn das durch Ablehnung unseres Antrages als Diskussionsgrundlage verweigert wird, dann ist das auch ein Votum gegen die gute Arbeit der Rechnungshöfe. Wir würden dann der Öffentlichkeit auch deutlich machen, dass Sie sich gegen die konstruktiven Vorschläge der Rechnungshöfe sperren.
Meine Damen und Herren, Sie haben versucht, die Themen „Europa - Steuern“ und „Finanzierung des europäischen Haushaltes“ sozusagen als Trittbrettfahrer unseres Antrags mit einzubringen. Sie haben so getan, als sei das, was die Landesregierung und die sie tragende Koalition in Niedersachsen zur Grundlage gemacht haben, stimmig. Sie haben gesagt: keine Steuererhöhungen, keine Schuldenmacherei in Europa. Darüber kann man
diskutieren. Aber es geht nicht, dass man gleichzeitig einen Riesenkatalog aufstellt und formuliert, was man - vor allem Niedersachsen - von der europäischen Politik erwartet, nachdem wir in der laufenden Referenzperiode 2,5 Milliarden Euro erhalten haben. Wenn ich das in den letzten Ausschussberatungen richtig verstanden habe, dann ist diese Landesregierung nicht müde geworden, zu behaupten, man müsse an diese erfolgreichen Transferleistungen anknüpfen. Deshalb passt die sachgerechte Ausstattung des Europahaushaltes auf der einen Seite und die Forderung nach Sicherung von Rückflüssen, nach Finanzierung klassischer Europafachpolitiken und nach regionalen strukturellen Fördermaßnahmen auf der anderen Seite irgendwie nicht zusammen. Sie müssen sich einmal darüber klar werden, wie das laufen soll.
Da lobe ich mir doch den Europaabgeordneten Balz. Er ist kein Sozialdemokrat, er ist kein Grüner, er ist kein Linker - er ist ein CDU-Abgeordneter. Als es in der Debatte darum ging, ob man über EU-Steuern reden dürfe, hat er in seiner Funktion als Europaabgeordneter eine wunderschöne Aussage in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gemacht, die ich Ihnen nicht vorenthalten will; denn er ist Ihr Abgeordneter aus Niedersachsen in Brüssel.
Er nannte das den „bekannten Pawlowschen Reflex in den Hauptstädten. Dort heißt es immer: Das kommt auf keinen Fall.“ Ganz im Gegenteil: Er hielte es sogar für vernünftig, wenn man über eine eigenständige Steuer redete, und könne sich vorstellen, dass das die Finanztransaktionssteuer oder die CO2-Verschmutzungsrechtesteuer sein könne.
Ich finde, die Diskussion ist über CDU und FDP in diesem Landtag längst hinweggegangen. Ihre Europaabgeordneten sind weiter. Das heißt nicht, dass im SPD-Antrag die Forderung nach Steuern für die EU formuliert ist. Sie haben sie hineingeredet, und nun fällt die Diskussion auf Sie zurück. Sie müssen erst einmal im eigenen Lager Ordnung schaffen. Dabei wollen wir Ihnen gerne helfen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Aller, Sie haben recht, der Antrag hatte Geburtstag. Bei uns geht eben Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
(Hans-Dieter Haase [SPD]: Ha, ha, ha! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Was haben Sie denn ein Jahr lang ge- macht?)
Ich muss auch sagen: Ihr Antrag ist wie Käse, er musste reifen. Auf die Frage, warum Ihr Antrag in gewisser Weise Käse ist, gehe ich noch ein. Fakt ist aber, dass sich gezeigt hat, dass das Reifen hier notwendig war. Wir haben in diesem einen Jahr auch darauf gewartet, dass die SPD neue Einsichten bekommt, um vernünftige Entscheidungen fällen zu können. Wie wir eben wieder vernehmen konnten, war das leider vergeblich, meine Damen und Herren.