Protocol of the Session on August 19, 2010

Wenn man den volkswirtschaftlichen Nutzen der Bestäubungsleistung sieht, dann gibt es da einen großen Effekt nicht nur für die Natur, sondern auch für die Landwirtschaft bzw. für den Obstbau. In den letzten Jahren haben wir aber leider einen deutlichen Rückgang des Aufkommens der Honigbiene erlebt.

In Niedersachsen sind im letzten Winter nach den aktuellen Zahlen über 15 % der Bienenvölker gestorben. Eine Rate von 5 % wäre normal gewesen.

Die Ursachen dafür sind vielfältig: Krankheiten, Nahrungsverlust und vor allem auch Pestizide. 2008 gab es in Süddeutschland ein massives Bienensterben wegen des Pestizids Clothianidin von Bayer.

Auch nach dem neuen EU-Pestizidpaket, in dem immerhin ein paar für Bienen giftige Stoffe herausgenommen worden sind, sind immer noch über 180 Pestizidprodukte zugelassen, die für Bienen giftig sind. Besonders schlimm sind dabei die sogenannten Neonicotinoide. Dazu gehören Clothianidin und Imidacloprid. Ich habe diese Stoffe erwähnt, weil der Kollege Thümler von der CDU am 8. Juli 2010 eine Pressemitteilung herausgegeben hat, in der er die Wiederzulassung von bestimmten Insektiziden wie Gaucho, Poncho oder Cruiser - die Insektizide haben immer solche tollen Namen - für die Landwirtschaft fordert. Alle diese Mittel enthalten die erwähnten bienengiftigen Substanzen, die Neonicotinoide. Deshalb wäre es ganz gefährlich für die Imkerei und für die Bienen, wenn es, wie von Herrn Kollegen Thümler gefordert, zu einer Wiederzulassung bzw. Weiterzulassung dieser bienengefährlichen Stoffe käme.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch alle Imkerverbände sind dagegen und warnen massiv davor. Wir wollen die Bienen schützen. Deshalb müssen diese bienengefährlichen Stoffe endlich vom Markt.

Wir müssen ferner den Nahrungsverlust für die Bienen stoppen. Monotone Maiswüsten oder sterile Grünflächen bieten zu wenig Nahrung für die so wichtige Honigbiene. Wir haben deshalb in unserem Antrag Forderungen der Imkerverbände nach mehr öffentlichem Bunt statt öffentlichem Grün aufgegriffen. Wir wollen eine Verstärkung der Blühstreifenprogramme. Wir wollen auch bei Biogas mehr Vielfalt mit mehr Blühpflanzen statt Monokulturen. Wir müssen diese Programme aufstocken; denn angesichts der gestiegenen Pachtpreise im ganzen Land müssen auch die Naturschutzprogramme entsprechend aufgestockt werden, damit wieder mehr Fläche und mehr Platz für die so wichtigen Bienen geschaffen werden.

Die Honigbiene ist in vielen Bereichen das Schlüsseltier für die biologische Vielfalt. Sie ist ein Signaltier. Die UN hat das Jahr 2010 zum Jahr der biologischen Vielfalt ausgerufen. Ich hoffe, dass wir uns im Ausschuss wenigstens bei dem Punkt Naturschutz, wenn es darum geht, die Lebensbedingungen für die Bienen zu verbessern, einigen können. Ebenso hoffe ich, dass wir uns gemeinsam dafür einsetzen können, die Nachwuchsgewinnung von Imkerinnen und Imkern zu stärken und zu verbessern. Die jungen Menschen sollten merken, wie viel Sinn und Freude die Imkerei machen kann. Vielleicht kann man auch in Kindergärten und

Schulen verstärkt Aufklärung über dieses tolle Insekt betreiben.

Hinsichtlich der Ablehnung der Gentechnik durch viele Imker werden wir eher zu keiner Einigung kommen. Diese Ablehnung hat auch in den Beschlüssen des Deutschen Imkerbundes ihren Niederschlag gefunden. Das aktuelle Gentechnikrecht ist einfach nicht an die Honigbiene angepasst. Abstände von 150 m zu konventionellen Feldern und von 300 m zu biologischen Feldern zu überschreiten ist für eine Biene natürlich ein Leichtes. Die Haftungsfrage bei Verunreinigungen durch Genpollen ist weiter ungeklärt. Es gibt immer noch das Urteil des Verwaltungsgerichtes Augsburg, das entschieden hat, dass dann, wenn Genfelder in der Nähe sind, der Imker umziehen muss und sich andere Bereiche suchen muss. Er bekommt dafür keine Entschädigung. Das ist eine Folge der mangelhaften Gesetzeslage, die es zu ändern gilt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir lehnen zusammen mit dem Deutschen Imkerbund auch wegen der Gefahren für die Honigbienen und die biologische Vielfalt die Agrogentechnik entschieden ab.

Ich hoffe, dass wir im Ausschuss zu Verbesserungen im Sinne der Imkerei und der Honigbiene kommen und dass wir uns auf einige Programme verständigen können. Die Biene ist schließlich ein schwarz-gelbes Insekt. Vielleicht können wir uns mit Schwarz-Gelb deshalb auch auf einige Förderprogramme verständigen. Ich hoffe ganz persönlich, dass wir zumindest in einigen Bereichen einen Konsens erreichen, um den Prozess des Bienensterbens ein Stück weit zurückzufahren, die giftigsten Pestizide zu verbieten und im ganzen Land wieder mehr Platz und Lebensraum für die wichtigen Bienen zu schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt Frau König von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Massensterben der Honigbienen ist seit einigen Jahren bekannt. Anfang 2010 war etwa ein Viertel der Bienenvölker in Deutschland verschwunden.

Was ist die Ursache für diesen Bienenkollaps? Ist es ein Virus, sind es Milben oder Pestizide? - Neben den negativen Auswirkungen der Pestizide ist natürlich auch die industrialisierte Landwirtschaft mit dem Anbau großflächiger Monokulturen ohne Fruchtfolge - Herr Meyer hat es eben dargestellt - eine Ursache. Daraus resultiert ein Nahrungsverlust für die Bienen.

Der Antrag der Fraktion der Grünen zeigt viele Missstände auf. Noch immer müssen Imkerinnen und Imker ihre Schäden nachweisen. Die landeseigenen Flächen sind zu grün und bieten keine Nahrung für die Bienen.

Herr Meyer, Ihre Forderung nach mehr Blühpflanzen für die Biogasanlagen muss noch einmal überdacht werden. Es verschwindet immer mehr Ackerfläche für die Gewinnung von Biogas. DIE LINKE will Biogas, plädiert aber für eine Betreibung der Anlagen vorrangig mit Gülle und anderen Abfallstoffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der Forderung, dass keine Monokulturen ohne Fruchtfolge mehr gefördert werden sollen, stehen wir dann selbstverständlich wieder an Ihrer Seite. Ihrem Vorschlag, die Abstandsregelung für Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu konventionell und ökologisch bewirtschafteten Flächen umgehend zu verbessern, können wir nicht ohne Weiteres folgen. Die neue EU-Regelung gibt Mitgliedstaaten die Freiheit, über die Erlaubnis bzw. das Verbot des Anbaus von transgenen Pflanzen zu entscheiden. Die Landesregierung ist gefordert, sich im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Anbau von transgenen Pflanzen verboten wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu bedarf es dringend einer Änderung des deutschen Gentechnikgesetzes. Wir werden eine Bundesratsinitiative mit diesem Ziel vorschlagen.

Meine Damen und Herren, wenn es keine Bienen mehr gibt, zieht das katastrophale Folgen nach sich. Viele Obst- und Gemüsepflanzen werden dann nicht mehr bestäubt. Dies wiederum hat Auswirkungen auf unsere Nahrungsvielfalt.

Ich bedanke mich bei den Anwesenden für ihre Aufmerksamkeit und dafür, dass sie zu dieser Stunde hier im Plenarsaal noch anwesend sind. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile nun Herrn Kollegen Schminke von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bienensterben ist unstrittig extrem stark angestiegen. Die Ursachen dafür müssten schnellstens aufgeklärt werden. Für solche extremen Entwicklungen muss es Gründe geben. Die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung insofern auf, endlich wesentlich mehr Energie in die Aufklärung des Bienensterbens zu investieren. Sie ist in dieser Hinsicht bisher nicht aktiv geworden. Das ist ein schwerer Schlag ins Gesicht der Imker.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Das Bienensterben ist insbesondere in Südniedersachsen sehr stark angestiegen. Ich habe mich davon selber überzeugen müssen. In einigen Gebieten ist sogar mehr als eine Verdoppelung der Sterberate zu verzeichnen. Weil mir diese Problematik bekannt war, habe ich dazu auch eine schriftliche Anfrage eingereicht. Ich hätte mir das allerdings schenken können; denn die Antworten sind ziemlich ausweichend und wenig aussagekräftig. Als Ursache muss immer die Varroamilbe herhalten. Diese kann aber nicht allein die Ursache sein.

Meine Damen und Herren, welche Bedeutung die Bestäubungsleistung der Honigbiene hat, wurde uns bei einem Besuch im Bieneninstitut in Celle bereits erläutert.

Gemessen an der Wertschöpfung - man spricht von über 2 Milliarden Euro jährlich - werden die Imker extrem dürftig im Landeshaushalt bedacht. Die Zuschüsse sollten nach unseren Vorstellungen deutlich höher sein; denn der Aufwand für die Imker ist extrem hoch. Der Verlust ganzer Bienenvölker hat schon sehr viele Imker zur Aufgabe gezwungen.

Die Imker werden überhaupt von der Regierungskoalition in vielerlei Hinsicht im Stich gelassen. Landwirtschaftliche Interessen haben bei Ihnen grundsätzlich und immer absoluten Vorrang, während die Interessen der Imker außen vor bleiben.

Der Deutsche Imkerbund sieht in der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit B-Auflage eine grundsätzliche Gefahr für Bienen und fordert deshalb intensive und vor allem geeignete Zulas

sungsprüfungen hinsichtlich der Bienenverträglichkeit.

Das Vertrauen der Imker in die Politik ist offensichtlich dramatisch gestört. Anders sind ihre berechtigten Forderungen nach Akteneinsicht in die Zulassungsunterlagen für Pflanzenschutzmittel sowie eine Veröffentlichung der gewonnenen Datenlage nicht zu verstehen. Leider sind Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, auf diesem Ohr ziemlich taub. Sie setzen auf Monokulturen, und Sie spritzen weiter aus allen Düsen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ingrid Klopp [CDU]: Jetzt ist es aber genug! - Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir sind doch nicht bei der Feuerwehr!)

Dabei vernachlässigen Sie obendrein die Entwicklung umweltverträglicher Pflanzenschutzmittel oder auch das konsequente Verbot der hochwirksamen Neonicotinoide im Acker- und Pflanzenbau.

Den Bienenzüchtern treibt solches Verhalten die Schweißperlen auf die Stirn, weil es hierbei auch um Tiere geht. Bienen genießen bei Ihnen ohnehin deutlich weniger Aufmerksamkeit als Schweine, Rinder, Puten und Hühner.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Jens Na- cke [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Den Imkern wird ihre Arbeit zu allem Übel auch noch durch den Einsatz von Saatgutbeize erschwert. Die SPD-Fraktion bedauert, dass die Landesregierung die gebotene Wertschätzung für die ökonomisch und ökologisch wertvolle Leistung der Imker absolut vermissen lässt. Das ist nicht in Ordnung. Wir verurteilen diese Gleichgültigkeit.

Die Imker fordern auch vergeblich die Ausweitung von Blühstreifen und Blühflächen, übrigens eine Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur.

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Der Schutz und Erhalt der Biodiversität ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der die Imker mit über 750 000 Bienenvölkern bundesweit einen wesentlichen Beitrag leisten.

Meine Damen und Herren, natürlich wird niemand ernsthaft bestreiten wollen, dass auch die industrielle Landwirtschaft durch den Einsatz von Pflan

zenschutzmitteln einen Anteil am Bienensterben hat. Das tut auch die Landesregierung nicht. Allerdings ist weder der Deutsche Imkerbund noch die SPD-Fraktion in der Lage, den Anteil konkret zu beziffern. Sie ahnen, wer dafür verantwortlich ist. Richtig, natürlich die untätige Landesregierung, bei der die Imker mit ihren Sorgen absolut kein Gehör finden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Sie schaffen es selbst bei solch einem Thema noch auf Stammtischniveau! - Gegenruf von Ralf Briese [GRÜNE]: Das sagt der Richtige! - Weitere Zuru- fe von der CDU)

Herr Präsident, vielleicht notiert man, was hier gerade gesagt wurde. Das wäre normalerweise drei Ordnungsrufe wert gewesen.

Aber wir wollen den Antrag der Grünen gern zum Anlass nehmen, um im Ausschuss die Gründe des Bienensterbens etwas konkreter zu recherchieren. Insofern haben wir die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass auch CDU und FDP bei den Beratungen feststellen, wie wichtig die Bienen und Imker für uns und das Landschaftsbild insgesamt sind.

Schönen Dank.