Protocol of the Session on June 10, 2010

tagsentschließung geforderte Verfahren zur Umsetzung der Meldepflicht transplantierbarer Organe durch die Krankenhäuser in einem Landesgesetz festzuschreiben. Denn es ist bereits bundesrechtlich abschließend festgelegt“.

Zu der zweiten Position gibt es ebenfalls schriftliche Erläuterungen hinsichtlich der Bedenken der Verfassungsgemäßheit. Dies alles zusammengenommen rechtfertigt meiner Meinung nach, dass wir die Vorwürfe, die Sie in dem Antrag formuliert haben, nicht teilen. Deshalb können wir Ihnen nicht folgen.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Schwarz möchte erwidern. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Böhlke, bei diesem Thema will ich wirklich keinen politischen und schon gar keinen parteipolitischen Streit. Es ist doch ganz einfach: Wenn wir im Jahre 2004 einen Beschluss fassen und dieser Beschluss nicht umgesetzt wird, dann wird dieser Beschluss ignoriert. Das ist keine Polemik. Bis heute ist nicht beantwortet worden - ich habe das ja eben noch einmal angesprochen -, warum die verfassungsrechtlichen Bedenken auf der gleichen grundgesetzlichen Basis in der Mehrheit aller anderer Bundesländer offensichtlich nicht zutreffen und warum sie nur in Niedersachsen aus der Tasche gezogen worden sind. Ich habe bereits damals Frau von der Leyen gebeten, dies zu erklären. Das ist nie erfolgt.

Das, worüber wir hier diskutieren, ist doch ganz einfach: Wir suchen gemeinschaftlich den besten Weg, wie wir eine deutlich höhere Spendebereitschaft erzielen können, und welche Instrumente dafür nötig sind. Diese Instrumente sind uns in der Anhörung aufgezeigt worden. Ich halte sehr viel von der DSO. Sie hat das noch einmal deutlich gemacht. Mit diesen Inhalten sollten wir uns auseinandersetzen.

Wir werden das genauso praktizieren wie im Ausschuss. Wir glauben, dass unser Antrag den richtigen Weg aufzeigt, weil wir um diese beiden Bereiche nicht herumkommen werden. Wenn Sie ihn ablehnen, werden wir Ihren Antrag trotzdem mittragen, weil diese Elemente ja nicht falsch sind. Wir sind allerdings der festen Überzeugung, dass

mehr geschehen muss, weil wir das Ziel sonst nicht erreichen werden.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, als nächsten Redner rufe ich Herrn Riese von der FDP-Fraktion auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Zu Zahlen ist schon einiges gesagt worden. Die Zahl, die ich jetzt noch vortragen möchte, ist, glaube ich, noch nicht gefallen. Nach Erkenntnissen der Niedersächsischen Landesregierung warten derzeit tatsächlich 1 700 Patienten in Niedersachsen auf ein Spenderorgan. Das ist eine hohe Zahl. Mit jedem Menschen, der hinter dieser Zahl steht, verbinden sich natürlich persönliches Leid, Lebensangst und eine bange Hoffnung, die zu häufig nicht erfüllt werden kann.

Deswegen ist es wichtig, dass die gesellschaftliche Debatte über Transplantation und Organspende weitergeführt wird. Dazu trägt unsere heutige Debatte bei. Dazu trägt natürlich auch der Tag der Organspende am 5. Juni mit der Zentralveranstaltung in Hannover bei.

Kollege Schwarz hat gerade noch einmal an den Beschluss des Landtages vom 24. Juni 2004 erinnert und seine Forderung erneuert, die seinerzeit auch in dem Beschluss enthalten war, ein niedersächsisches Ausführungsgesetz mit drei in der entsprechenden Vorlage genannten Punkten zu erlassen. Dazu ist zu sagen, dass die Pflicht, rechtliche Regelungen zu schaffen, die dem Lande vom Bundesgesetz auferlegt ist, im Kammergesetz für die Heilberufe erfüllt ist. Die Lebendspendekommission, die im Bundesgesetz vorgegeben ist, ist in § 14 a des niedersächsischen Kammergesetzes für die Heilberufe abschließend geregelt.

Mir bleibt dann doch etwas unklar, was nach Auffassung der SPD über das Bundesgesetz hinaus geregelt werden soll, unter anderem deswegen, weil ich der Vorlage 2577 auch den schönen Begriff des Transplantationsfürsprechers entnommen habe. Fürsprecher haben wir ganz viele. Hier im Landtag gibt es viele Transplantationsfürsprecher, in den Krankenhäusern auch. Wir haben in der Anhörung zahlreiche solche Fürsprecher gehört, die für Transplantation werben.

Wenn den Krankenhäusern durch Landesgesetz vorgeschrieben wird, einen Transplantationsbeauftragten zu bestellen, verursacht dies Personalkosten. Denn diese Beauftragten wären dann - zumindest nach der Rechtsauffassung anderer Bundesländer - von anderen ärztlichen Aufgaben freizustellen, um ihre gesetzliche Aufgabe als Transplantationsbeauftragte ausführen zu können. Wenn sie freigestellt werden, dann fehlen sie in anderen ärztlichen Tätigkeiten. Sie müssten bezahlt werden. Das Land Baden-Württemberg hat schlechterdings darauf verwiesen, dass diese Bezahlung aus den Vergütungen der Krankenhausleistungen durch die Krankenkassen erfolgen könne. Aber so einfach ist es nicht; denn in den DRGs sind die Transplantationsbeauftragten natürlich nicht abgebildet. Also entstehen dort Finanzierungslücken. Wir alle wissen, dass wir nicht gerade einen Ärzteüberschuss haben, sondern eher eine nicht ganz ausreichende Versorgung mit Ärzten in Krankenhäusern. Deswegen entstehen dort Härten, die finanziell noch nicht genügend abgebildet sind.

Immerhin kümmert sich das Netzwerk Organspende in Niedersachsen hingebungsvoll und verantwortungsvoll um die Aufklärung und um die Koordination. Zahlreiche freiwillige Transplantationsbeauftragte sind in zahlreichen Krankenhäusern unterwegs. Wir haben im Lande drei Transplantationszentren in Göttingen, Hannover und Hannoversch Münden. Bremen und Hamburg sind erwähnt worden.

Die Aufgabe von Aufklärung, Werbung, Appell bleibt. Damit werden wir die Entwicklung hoffentlich weiter voranbringen. Das ist im Antrag abgebildet. Ich freue mich über die Zusage der SPD, dem Antrag zuzustimmen.

Herr Schwarz, ich erteile Ihnen das Wort zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Kollege Riese mich gefragt hat, möchte ich gerne antworten.

In der Stellungnahme der DSO zu der Anhörung, die wir vor wenigen Wochen gemeinsam durchgeführt haben, steht exakt:

„In Niedersachsen hat bislang lediglich … die Errichtung einer Lebendspendekommission bei der Ärztekammer … gemäß … Kammergesetz

… eine landesrechtliche Regelung erfahren.

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation hält die Einführung eines Ausführungsgesetzes …, welches neben der Lebendspendekommission die Verantwortlichkeiten für die Aufklärung der Bevölkerung zum Thema Organspende und insbesondere die Einsetzung von Transplantationsbeauftragten sowie deren Rechte und Pflichten festlegt, … für zwingend erforderlich.“

Genau diese Elemente haben wir in Niedersachsen bisher nicht geregelt. Genau das haben wir beantragt. Das kann man übrigens in den Unterlagen nachlesen, die wir bekommen haben.

Herr Riese möchte erwidern. Bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In großer Weisheit hat der Bundesgesetzgeber im Transplantationsgesetz Freiräume geschaffen und genau gesagt, was die Länder gesetzlich zu regeln haben. Das haben wir pflichtgemäß geregelt. Es muss im Übrigen auch Freiräume geben, weil die Lebensverhältnisse nun einmal unterschiedlich sind, bis hin zu den Finanzierungsfragen, zu denen ich in meinem vorherigen Redebeitrag schon Ausführungen gemacht habe und die meiner Auffassung nach in anderen Bundesländern nicht befriedigend beantwortet, sondern durch die Landesgesetzgebung etwas übergangen wurden, wie man sagen muss.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann sind jetzt Sie, Frau Ministerin, an der Reihe. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der medizinische Fortschritt ermöglicht es, dass immer mehr lebensbedrohlich erkrankte Menschen durch eine Organspende gerettet werden können. Das ist gut so, setzt aber voraus, dass ausreichend Spender und vor allem Spenderorgane zur Verfügung stehen. Das wollen wir mit dem Tag der Organspende und mit anderen

Maßnahmen, die wir durchgeführt haben, erreichen.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat Niedersachsen - das ist sehr erfreulich - auch das Netzwerk Organspende in Niedersachsen ins Leben gerufen. Wir haben mit allen wesentlichen Akteuren - es ist wichtig zu betonen: wenn wir etwas bewegen wollen, können wir da nicht alleine stehen - wie dem Gesundheitswesen, Verbänden und der Deutschen Stiftung Organtransplantation, Region Nord, einen runden Tisch gebildet. Ich glaube, dieses Aktionsbündnis kann in dem Bereich „Aufklärungsarbeit/-kampagnen“ sehr viel erreichen.

Wir haben auf dem Tag der Organspende sehr deutlich gesehen, dass die Empfänger transplantierter Organe die beste Aufklärungsarbeit leisten können. Sie können zeigen, was es bedeutet, Leben zu retten. Das ist ganz entscheidend. Da müssen wir weiter aufklären.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Ich sage noch einmal: Diese Aufklärungsarbeit trägt Früchte. Auch wenn, wie Sie, Herr Schwarz, gesagt haben, die Zahl der Organspenden doch sehr gering ist: Der Anstieg ist da. - Wir sollten das natürlich ausbauen. Das ist überhaupt keine Frage. Aber über diesen Anstieg sollten wir uns freuen. Eben hat Herr Böhlke es gesagt: Natürlich wandern Organspenden oder die, die ein Organ abgeben können, auch in Nachbarländer ab; auch das ist ein Effekt. Insofern haben wir da natürlich Verzerrungen.

Mehr Menschen sind durch die intensive Aufklärungsarbeit des Netzwerkes davon überzeugt worden, Organe zu spenden. Auf der anderen Seite haben wir auch beobachtet, dass zwei Drittel aller Kliniken, die im Bereich Transplantation wesentlich sind, bereits heute, auf freiwilliger Basis, Transplantationsbeauftragte haben. Das heißt, der Weg über Freiwilligkeit und Aufklärung kann zum Ziel führen und führt auch zum Ziel. Ich begrüße vor diesem Hintergrund ausdrücklich den vorliegenden Entschließungsantrag.

Herr Schwarz, ich biete Ihnen an, die Gründe, warum kein Ausführungsgesetz gemacht werden konnte, im Ausschuss noch einmal darzustellen und darüber zu diskutieren. Das werden wir tun. Insofern freue ich mich, da noch einmal in diese Diskussion einzusteigen. Sehr gerne!

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Der Entschließungsantrag enthält den Vorschlag, das Netzwerk um Akteure der Gesundheitsprävention zu erweitern. Das werden wir anpeilen. Wir brauchen die Multiplikatoren. Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig. Wir werden mehrsprachige Öffentlichkeitsarbeit machen; auch das ist ein wichtiger Punkt, um noch mehr Zielgruppen zu erreichen, die als Organspender in Frage kommen. Wir werden Aktionen wie den bundesweiten Tag der Organspende, der eine gute Gelegenheit ist, Vorurteile abzubauen und aufzuklären, fortsetzen.

Sehr wichtig ist: Es bleibt bei der Freiwilligkeit und einem Zustimmungsverfahren. Wir bauen keine Unsicherheiten auf, indem wir darüber diskutieren, zu einem Widerspruchsverfahren überzugehen.

Herr Schwarz, ich stehe zu den Aussagen, die ich am Tag der Organspende gemacht habe. Ja, ich trage einen Organspendeausweis bei mir. Ich kann an dieser Stelle nur appellieren: Machen Sie das nach, soweit Sie noch keinen haben! Erklären Sie sich zu Lebzeiten zu einer Organspende bereit!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD entfernt sich inhaltlich weit von der Beschlussempfehlung und vom ursprünglichen Antrag. Daher stimmen wir zunächst über diesen Änderungsantrag ab. Falls er abgelehnt wird, stimmen wir anschließend über die Beschlussempfehlung ab.

Ich komme zur Abstimmung.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/2577 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dem Änderungsantrag wurde nicht gefolgt.

Wir kommen daher nun zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/1203 in geänderter Fassung annehmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist bei einigen Enthaltungen und einigen

Nichtbeteiligungen an der Abstimmung mehrheitlich so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu Tagesordnungspunkt 35:

Einzige (abschließende) Beratung: Haftentschädigung endlich gerecht gestalten! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1744 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/2533

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.