Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt betrifft die Veränderung der Hochschulorganisation, das Zusammenspiel zwischen der Professorenschaft, den Studierenden, dem Präsidium und den Hochschulräten. An dieser Stelle sind wir in besonderem Maße auf die Ergebnisse der Anhörung, auf das, was die Präsidenten und die Vertreter der Senate, der Hochschulräte und der Studierenden uns vorgetragen haben, eingegangen und haben neue Regeln gefunden. Dies betrifft insbesondere die Beteiligung des Senates. Wir haben, was zu großer Kritik geführt hat, auch eine Exzellenzklausel für jene Universitäten eingeführt, die bei der Exzellenzinitiative des Bundes erfolgreich gewesen sind. Das betrifft in Niedersachsen als einzige Universität vollumfänglich Göttingen.
Worum geht es dabei eigentlich? - Vielleicht sollte das doch noch einmal erläutert werden. Es geht darum, dass sich eine Universität bei der Exzellenzinitiative des Bundes bewirbt und klar sagt: Das haben wir vor. Das wollen wir machen. So wollen wir diese Universität unter Beteiligung aller Gremien, die an der Universität beteiligt werden können, zukunftsfähig machen. Dann stellen wir den Antrag. - Dann wird dieser Antrag bewilligt. Mit dieser Änderung im Gesetz geben wir der Universität die Möglichkeit, abweichend von den gesetzlichen Regelungen diese Dinge, die längst beantragt und mit allen abgestimmt worden sind, mit einem eigenen Weg schnell und zügig umzusetzen, damit die Dinge Erfolge zeitigen und man bei der nächsten Bewerbung bei der Exzellenzinitiative wieder erfolgreich sein kann.
Liebe Frau Kollegin Andretta, auch da überrascht es, dass ausgerechnet Sie, die Sie doch die Verhältnisse an der Universität Göttingen wirklich gut kennen, da das Ihr Heimatort ist, der Universität diesen besonderen Vorteil an dieser Stelle nicht zugestehen wollen.
Meine Damen und Herren, in der Beratung sind aber auch grundlegende Unterschiede deutlich geworden. CDU und FDP haben bei der Beratung als Normalfall die Universität angenommen, in der alle partnerschaftlich zusammenwirken, um sich zu einigen und optimale Ergebnisse dieser Universität in Forschung und Lehre im internationalen Vergleich und in der Konkurrenz und im Wettbewerb zu anderen Universitäten zu produzieren. Das ist der Normalfall für uns. Bei Ihnen hingegen hört man als gewünschten Normalfall ständigen Streit heraus. Sie sehen die Professorenschaft in ständiger Gegnerschaft zum Präsidium. Das ist bei SPD und Grünen mehr als deutlich sichtbar geworden. Bei der Linken war es eher die Frage der Studierendenschaft, die sich in ständigem Widerstand gegenüber den Professoren und den Universitätseinrichtungen befindet. Das hat zumindest Herr Perli aus meiner Sicht so deutlich gemacht.
Um es einmal klar zu sagen: Während bei CDU und FDP deutlich geworden ist, dass diese Fraktionen ins Gelingen verliebt sind, wollen Sie die Konfrontation kultivieren. Das ist während der Beratungen deutlich geworden.
Ein letzter Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Ehrenprofessur. Auch hier sind wir auf das Ergebnis der Anhörung eingegangen und haben als zusätzliches Zustimmungserfordernis für eine Ehrenprofessur, die das Land zukünftig besonders herausragenden Persönlichkeiten als Ehre wird zukommen lassen können, eine Zustimmung der Landeshochschulkonferenz Niedersachsen eingebaut. Damit werden wir dem Wunsch der Universitäten gerecht, dass ohne ihre Beteiligung eine Ehrenprofessur nicht wird vergeben werden können. Ich bin mir sicher, dass wir in zwei bis drei Jahren in diesem Hause alle gemeinsam über die außergewöhnlichen Persönlichkeiten froh sein werden, die das Land Niedersachsen mit einer Ehrenprofessur besonders hervorgehoben hat.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich möchte mich bei Herrn Minister a. D. Stratmann und Frau Ministerin Professor Wanka für den Gesetzesentwurf und die konstruktive Begleitung der Gesetzesberatung recht herzlich bedanken. Ich glaube, dass die Hochschulen hiermit ein modernes Gesetz bekommen, mit dem sie die Möglichkeit haben, im nationalen und internationalen Vergleich ihren Weg für herausragende Forschung und exzellente Lehre fortzusetzen. Ich würde mich freuen, wenn das Haus insgesamt diesem Gesetzentwurf zustimmen würde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nacke, wir alle hinterlassen gern Spuren unseres Wirkens. Wissenschaftsminister tun dies, indem sie Hochschulgesetzesnovellen auf den Weg bringen. Herr Stratmann hat seine Novelle nicht überlebt. Er musste gehen und hat Frau Wanka das Erbe überlassen - ein Erbe, das Sie, Frau Ministerin, besser ausgeschlagen hätten.
Denn das, was Herr Kollege Nacke uns verschwiegen hat, ist, dass uns hier ein Gesetzentwurf vorliegt, der die Aushöhlung der akademischen Selbstverwaltung vorantreibt, die Gruppenuniversität weiter abbaut, die Hochschulen in eine
Leitbild der Novelle ist die unternehmerische Managementhochschule, an der Partizipation, Mitbestimmung und Beteiligung der Hochschulangehörigen nur als Störfaktoren gelten, die es zu eliminieren gilt. Dieses Gesetz tut einiges, damit dies geschieht.
Überraschend ist dies für uns nicht; denn die moderne Gruppenuniversität war der CDU schon immer ein Gräuel. Seit es sie gibt, wird sie von der CDU bekämpft und der Ordinarienuniversität gehuldigt. Nichts anders tut auch diese Novelle.
Meine Damen und Herren, bevor ich im Einzelnen auf Kritikpunkte eingehe, möchte ich auf Regelungen im Gesetz hinweisen, die unsere ausdrückliche Zustimmung finden. Dazu gehört der Ausbau der schon vor zehn Jahren von der sozialdemokratischen Vorgängerregierung begonnenen Öffnung der Hochschulen für Berufstätige ohne Abitur. Stieß die offene Hochschule damals noch auf den erbitterten Widerstand von CDU und FDP, so haben sie inzwischen dazugelernt. Das freut uns. Gut so! Denn die offene Hochschule wird die Hochschule der Zukunft sein.
Bedeutet die weitere Öffnung der Hochschule einen Schritt nach vorn, so bringt die Novelle in wichtigen Bereichen Rückschritte. Auf zwei möchte ich kurz eingehen.
Erster Punkt: Beschneidung der akademischen Selbstverwaltung. Bislang sieht das NHG den Verzicht auf eine öffentliche Ausschreibung von Professuren nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vor. Die vorgesehene Neufassung von § 26 dagegen weitet diese Möglichkeit in einer Weise aus, dass vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung nur noch wenig übrig bleibt. Das haben uns in der Anhörung Senatoren zu Recht vorgetragen. Auch der Deutsche Hochschulverband hat davor gewarnt, dass mit der Ausschaltung der Mitwirkungsrechte der Fakultäten der Ämterpatronage Tür und Tor geöffnet werde und Transparenz und Qualitätssicherung auf der Strecke zu bleiben drohten.
Den gewichtigsten Einwand sehen wir jedoch in der Missachtung der Wissenschaftsfreiheit. Die Wertentscheidung des Artikels 5 Abs. 3 des
Grundgesetzes schützt nicht nur das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung, sondern verstärkt auch die Geltungskraft des Freiheitsrechts in Richtung auf Teilhabe - so das Bundesverfassungsgericht in seinem berühmten Hochschulurteil vom Mai 1973. Doch - liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen es - die Verfassung steht bei dieser Landesregierung bekanntermaßen nicht hoch im Kurs.
Erst vor wenigen Monaten hat sich die Regierungsmehrheit im Entflechtungsgesetz über die Verfassung hinweggesetzt und die Selbstverwaltung der Universität Oldenburg und der Fachhochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth außer Kraft gesetzt. Dagegen hat meine Fraktion eine Klage vor dem Staatsgerichtshof eingereicht. Inzwischen dämmert es CDU und FDP, dass ihr Verfassungsbruch nicht durchgehen wird, und versuchen nun klammheimlich, mit der neu eingefügten Regelung in § 54 a den Verfassungsbruch zu heilen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, Ihre tätige Reue freut uns zwar. Aber ich fürchte, so leicht kommen Sie nicht durch.
Meine Damen und Herren, mein zweiter Punkt ist die Spaltung der Hochschullandschaft. Neu ins Gesetz aufgenommen wird - Herr Nacke hat darauf hingewiesen - in § 46 eine sogenannte Exzellenzklausel. Danach ist der Senat einer Hochschule, die im Rahmen der Exzellenzinitiative gefördert wird, ermächtigt, den Kernbestand des Hochschulgesetzes außer Kraft zu setzen, und zwar ohne Beteiligung des Parlaments. CDU und FDP argumentieren, dass auch andere Länder solche Experimentierklauseln hätten, und was den anderen recht sei, müsse uns nur billig sein. - Es stimmt, andere Länder haben Experimentierklauseln; wir übrigens auch, in § 36 a NHG. Sie sind nichts Neues, nicht Außergewöhnliches. Sie sind sinnvoll,
um neue Modelle zu erproben und Reformen vorzubereiten. Denn wie wusste schon unser Göttinger Universalgelehrter Lichtenberg? - „Man muss etwas Neues machen, um etwas Neues zu sehen.“
Doch Experimentierklauseln brauchen einen klaren Rahmen. Erstens. Sie müssen befristet sein. Zweitens. Die Ergebnisse sind zu evaluieren. Drittens. Sie dürfen keine Hochschule ausschließen. Diese Kriterien werden hier allesamt jedoch nicht erfüllt. Wir fragen Sie: Warum sollen nicht auch Fachhochschulen neue Wege gehen und die Klausel nutzen dürfen? - Sie sind ausgeschlossen. - Warum werden jene Universitäten ausgeschlossen, die nicht in der Forschung, dafür aber in der Lehre exzellent sind? Und warum schalten Sie die Kontrolle des Parlaments aus? - Es war doch das Parlament, das in der Vergangenheit Reformen vorangetrieben hat. Ich denke an die Stiftungshochschulen oder auch an die NTH, aus der man etwas hätte machen können, wenn Sie die Sache nicht so vermurkst hätten.
Meine Fraktion unterstützt Experimentierklauseln mit klaren Regeln. Wir unterstützen aber keine Freifahrtscheine zum Ausstieg aus unserer Hochschulverfassung, auch dann nicht, Herr Nacke, wenn es die Universität Göttingen betrifft. Auch für diese gilt unsere Hochschulverfassung.
Das heißt, sie stehen in der Verantwortung des vom Volk gewählten Parlamentes. Für uns soll das auch in Zukunft so bleiben.
Meine Damen und Herren, neu im Gesetz ist die Finanzierung von Stipendien durch Studiengebühren. Weil die von der Wirtschaft großartig versprochenen Stipendien ausbleiben, sollen jetzt die Studierenden als Lückenbüßer herhalten und mit ihren Gebühren die Stipendien zahlen. Die Studierenden, um deren Geld es hier geht, haben sich in der Anhörung ganz entschieden gegen Stipendien, finanziert aus ihren Gebühren, ausgesprochen. Herr Nacke, wir von der SPD bleiben bei unserer Ablehnung der Studiengebühren. Wir messen Sie aber an Ihren Ansprüchen. Sie sind angetreten, die
Studiengebühren sozialverträglich zu gestalten - ein leeres Versprechen, hohle Phrasen! Nichts ist davon übrig geblieben.
Doch dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, interessiert CDU und FDP nicht, genauso wenig wie das einhellige Votum der Hochschulen gegen den Missbrauch eines akademischen Titels. Künftig sollen verdiente Persönlichkeiten aus den Händen des Ministerpräsidenten nicht nur Verdienstorden und Medaillen empfangen, sondern auch den Titel „Professor ehrenhalber“. Unser Alternativvorschlag: Führen Sie doch den Titel „Hofrat“ oder „Geheimrat“ wieder ein! Er schmückte ungemein, wie Goethe wusste, und verschont unsere Hochschulen.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat Ihnen heute Änderungsanträge vorgelegt. Sie zielen auf den Erhalt der Gruppenuniversität, wenden sich gegen die Aushöhlung der Selbstverwaltung und setzen sich für eine Hochschule ohne soziale Hürden ein. Wir sind überzeugt: Eine Universität, eine Hochschule wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie die Eigeninitiative und die Kreativität der sie tragenden Köpfe fördert. Diese Köpfe brauchen die Möglichkeit, ihre Hochschule selbst zu gestalten. Sonst werden Kreativität und Innovation zerstört.