Protocol of the Session on June 8, 2010

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt kommen wir zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf insgesamt seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit hat der Gesetzentwurf insgesamt in der Schlussabstimmung die Mehrheit gefunden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich verbinde das mit der Empfehlung an die Parlamentarischen Geschäftsführer, gegebenenfalls einmal zu überlegen, ob man das Abstimmungsverfahren nicht vereinfachen könnte.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Ich bitte Sie nun noch einmal um Konzentration; denn ich rufe jetzt eine weitere Abstimmung auf, und zwar zu Nr. 2 der Beschlussempfehlung. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit die in die Beratung einbezogene Eingabe 0617 für erledigt erklären möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit hat die Beschlussempfehlung des Ausschusses auch hier die erforderliche Mehrheit bekommen.

Damit können wir die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt beenden und zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zu den Verträgen zur Änderung von Verträgen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Niedersachsen und zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/2428 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/2492 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/2545

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Aussprache ein. Ich erteile dem Kollegen Klare von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei diesem etwas verklausuliert formulierten Tagesordnungspunkt geht es um unser Konkordat, d. h. um die Beziehungen des Landes Niedersachsen zum Heiligen Stuhl in schulpolitischen Fragen.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Lassen Sie mich vorab sagen, dass wir die freien Schulen in besonderer Weise als eine Bereicherung unseres gegliederten Schulsystems empfinden. Dazu statten wir sie entsprechend der Möglichkeiten, die unser Schulgesetz bietet, sächlich und personell so weit wie möglich sehr gut aus.

Meine Damen und Herren, die katholische Kirche leistet seit jeher einen wichtigen Beitrag zur Bildung unserer Kinder und Jugendlichen. Sie tut dies auch dadurch, dass sie zahlreiche Ersatzschulen betreibt, nämlich 16 Gymnasien und 15 Haupt- und Realschulen, die aus ehemals öffentlichen Bekenntnisvolksschulen hervorgegangen sind. Die katholische Kirche ist damit der größte Träger privater allgemeinbildender Schulen.

Für dieses besondere Engagement möchte ich der katholischen Kirche ganz herzlich danken. In diesen Dank beziehe ich allerdings alle Träger freier Schulen mit ein, so auch die evangelische Kirche, die ebenfalls ein großer Träger freier Schulen ist, aber auf diesem Gebiet noch einiges nachholen will.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mit den Vertragsänderungen, um die es heute geht, verfolgen wir das Ziel, dass die katholische Kirche an zwei Standorten, an denen bisher kein gymnasiales Angebot vorgehalten wird - nämlich in Wolfsburg und in Twistringen -, Gymnasien in einer Rechtsstellung errichten kann, wie sie bereits für das Bischöfliche Gymnasium Josephinum in Hildesheim besteht. Das ist die Grundlage, auf der hier verhandelt und ein Kompromiss gefunden worden ist.

Für zwei Standorte wird der katholischen Kirche das Recht eingeräumt, gemeinsam mit Kooperativen Gesamtschulen weitere gymnasiale Schulangebote zu unterbreiten. Damit werden Entwicklungen in die Verträge aufgenommen, die mit der Auflösung der Orientierungsstufen in Niedersachsen ihren Anfang genommen haben.

Konkret heißt das: Wenn wir diesem Gesetz heute zustimmen - und die CDU-Fraktion wird das selbstverständlich tun -, schaffen wir erstens die Voraussetzungen für ein erweitertes schulisches Angebot: Zwei Gymnasien, bei denen dies vorher nicht vorgesehen war, erhalten eine gymnasiale Oberstufe.

Zweitens unterstreichen wir unsere Einschätzung der Schulen in freier Trägerschaft als gewollte Ergänzung des öffentlichen Schulwesens und füllen die vor Jahren bereits vereinbarten Grundsätze und Absichten mit Inhalt.

Meine Damen und Herren, ich möchte etwas zu Twistringen sagen, weil Twistringen eine wichtige Stadt in meinem Wahlkreis ist. Wir haben über Jahre hinweg dafür gekämpft, dass Twistringen ein Gymnasium erhält. Das ist 2004, nachdem CDU und FDP die Regierung in diesem Land übernommen haben, geschehen. Nun hat Twistringen als Stadt mit 11 000 Einwohnern ein Gymnasium, und darüber haben sich in Twistringen alle gefreut.

Sie werden sich auch alle freuen, wenn wir heute so beschließen, wie wir uns das vorstellen. 40 Jahre lang sind die katholischen Kinder - aber eben nicht nur die -, die auf ein Gymnasium gehen wollten, nach Vechta gefahren. Jetzt haben sie dieses Schulangebot vor Ort. Dafür sind sie sehr dankbar. Es haben viele daran mitgewirkt, dass das Konkordat dahin geändert worden ist, dass auf die Sekundarstufe I des Gymnasiums jetzt eine gymnasiale Oberstufe aufgesetzt werden kann. Das ist das, was alle gewollt haben: Die Wolfsbur

ger haben das gewollt, und die Diepholzer haben das auch gewollt. Deswegen sind wir hier auf einem sehr guten Weg.

Meine Damen und Herren, ich habe schon gesagt, dass eine Reihe von Verhandlungen stattgefunden hat. Ich möchte allen jenen danken, die an diesen schwierigen Verhandlungen mitgewirkt haben. Ich sage meinen Dank in Richtung unseres Kultusministers. Auch Herr Minister Busemann als sein Vorgänger und Ministerin Heister-Neumann als Vorgängerin waren sehr einflussreich beteiligt. Ich danke dem Hause sehr herzlich für diese sehr schwierigen, aber gelungenen Verhandlungen und wünsche mir, dass viele - eigentlich alle, meine Damen und Herren - dem Gesetz zustimmen.

Wir werden am 28. dieses Monats in Berlin erleben, dass Ministerpräsident Christian Wulff und der Nuntius den Vertrag unterzeichnen. Wir hoffen, dass es dann ein Gläschen Sekt und ein bisschen Apfelstrudel gibt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ganz herzlichen Dank, Herr Kollege Klare. - Herr Kollege Poppe von der SPD-Fraktion, jetzt haben Sie das Wort.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Jetzt sagen Sie mal was zum Thema Alko- holmissbrauch! - Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt unvermutete Gelegenheiten, bei denen auch bei eher geringfügigen Änderungen Grundsätzliches gesagt werden muss, um Missverständnisse zu vermeiden und um nicht von christdemokratischen Vereinfachern angegriffen zu werden, wie es Frau Ministerin Özkan passiert ist. Darum vorweg folgende Hinweise:

Die Bundesrepublik Deutschland versteht sich ausweislich mehrerer Regelungen im Grundgesetz und der gesamten Nachkriegsentwicklung nicht als laizistischer Staat, wie etwa Frankreich oder die Türkei, sondern als säkularer Rechtsstaat.

Was bedeutet das? - Mit dem in einer Rede wohl zulässigen Grad der Vereinfachung gesagt: Wenn ein laizistischer Staat darauf besteht, dass Religionen weder staatliche noch öffentliche Funktionen haben, und damit auf der strikten Trennung von

Staat und Kirche besteht, dann ist in unserem säkularen Rechtsstaat festgehalten, dass es eine Pflicht zur weltanschaulichen Neutralität und damit keine Staatskirche gibt, wohl aber ein geregeltes Miteinander und ein Anerkennen von zu leistenden Aufgaben. Diese zu übernehmenden Aufgaben und damit die Grundlagen des guten Miteinanders werden in Bund und Ländern durch komplexe Kirchen- und Staatsverträge geregelt, in diesem Fall durch ein Konkordat.

Das niedersächsische Konkordat hat ebenso wie die Verträge mit den evangelischen Kirchen - die Loccumer Verträge - eine lange Tradition und ist in allen Grundzügen von Sozialdemokraten mitentwickelt und mitgetragen worden. Auch die in den Verträgen enthaltenen sogenannten Freundschaftsklauseln, die besagen, dass etwa in Zukunft entstehende Meinungsverschiedenheiten auf freundschaftliche Weise beseitigt werden, wurden und werden von der SPD nicht infrage gestellt.

Wenn ich als Vertreter der SPD-Fraktion dennoch Kritik äußere und ankündige, dass die SPDFraktion nicht zustimmen, sondern sich enthalten wird, so richtet sich diese Kritik in erster Linie an die Verhandlungsführer und -führung auf der staatlichen Seite. Mir und uns geht es darum, einige Eckpunkte klarzumachen.

Zunächst zur Sachlage: Die Landesregierung hat den Landtag im Februar 2010 darüber unterrichtet, dass sie mit der katholischen Kirche Änderungen konkordatärer Bestimmungen verabredet hat. Geändert werden sollen die Anlage zum Konkordat sowie die Durchführungsvereinbarung zu Artikel 5 Abs. 2 und Artikel 6 des Konkordats. Beide Änderungen bedürfen der Zustimmung des Landtags.

Die Änderung der Anlage sieht vor, dass das in öffentlicher Trägerschaft befindliche Gymnasium Twistringen in die Trägerschaft des Bistums Osnabrück überführt wird. Darüber hinaus sollen 2 der 15 Konkordatsschulen - das sind bisher Haupt- und Realschulen - durch Erweiterung um ein gymnasiales Angebot in eine Kooperative Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe umgewandelt werden. An welchen Standorten das geschehen soll, steht noch nicht fest.

Auf diese drei Schulen sollen die schon seit 1989 für das katholische Gymnasium Josephinum in Hildesheim geltenden Konkordatsbestimmungen, also eine besonders günstige Finanzierungsregelung, angewendet werden. Das soll auch für das bereits in katholischer Trägerschaft befindliche Gymnasium Eichendorffschule in Wolfsburg gelten,

von dem zurzeit nur der Sekundarbereich I unter diesen Sonderbedingungen betrieben wird. Als eine Art Gegenleistung verzichtet die katholische Kirche durch Änderung der Durchführungsvereinbarung darauf, für weitere Konkordatsschulen die Erweiterung um ein gymnasiales Angebot zu verlangen.

Was ist daran nun problematisch? - In ihren Einzelheiten entziehen sich diese Verträge der Mitwirkung des Landtages. Der Landtag wird über abgeschlossene Vereinbarungen informiert und kann im Grundsatz nur insgesamt zustimmen oder ablehnen. Darum muss besonders darauf geachtet werden, dass für alle nachvollziehbare Erwägungen angestellt werden.

Mit unserer Enthaltung signalisieren wir als SPDFraktion, dass in dieser Hinsicht Grenzen erreicht worden sind, die wir auf keinen Fall weiter ausgedehnt wissen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Erstens. Eine Ausdehnung der Konkordatsfinanzierung auf weitere Schulen in kirchlicher Trägerschaft wird von uns abgelehnt,

(Beifall bei der SPD)

und zwar deswegen, weil damit indirekt eine Schlechterstellung anderer Schulen in freier Trägerschaft verbunden ist. Zur Erläuterung

(Reinhold Coenen [CDU]: Das verste- he ich nicht!)

- wenn Sie das nicht verstehen, dann erkläre ich es Ihnen gern später noch einmal! -:

Diese Sonderfinanzierung war ursprünglich nur für bestimmte Hauptschulen vorgesehen. Nach der Anfügung von Realschulzweigen ist sie schließlich über den Sekundarbereich I hinausgegangen. Die Regel muss aber eine Gleichbehandlung verschiedener Schulen in kirchlicher und in sonstiger freier Trägerschaft sein.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Abgelehnt wird auch, dass künftig durch Gesetz weitere öffentliche Schulen in die Trägerschaft der Kirchen überführt werden, damit auf diese Weise die dreijährige Wartezeit entfällt. Kommunale Schulträger dürfen sich auf diese Weise nicht der Pflicht entziehen, das notwendige Schulangebot und die erforderlichen Schulanlagen vorzuhalten.