Es ist so - das ist schon seit den Vorgängern aus Ihren Reihen so -, dass die Eröffnung der Hannover Messe dazu genutzt wird, sich nicht nur zum Partnerland und zur Globalisierung zu äußern, sondern zu allen Fragen, die der Bundeskanzlerin oder dem Bundeskanzler am Herzen liegen. Das war zu Zeiten Ihrer Bundeskanzler so, und das ist bei unseren Bundeskanzlern zum Glück auch so.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass nach der geltenden Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte die Altersteilzeit für diesen Personenkreis ab 2009 vollständig wegfallen soll, frage ich die Landesregierung: Welche Planungen hat sie in Bezug auf die Altersteilzeit für Lehrkräfte?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Innenminister Uwe Schünemann stellte am 23. April 2008 den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2007 vor. Dabei wurden die propagandistischen Aktivitäten militanter Islamisten im Internet als große Gefahr für die innere Sicherheit bezeichnet. Zentrale Aufgabe des Verfassungsschutzes sei es deshalb, islamistisch-extremistische Gruppierungen zu beobachten und islamistische Terroristen zu bekämpfen.
Nach Berichten in den Medien belege die Zerschlagung der mutmaßlichen Terrorzelle in Nordrhein-Westfalen auch die zunehmende Bedeutung
salafistischen Gedankenguts in Deutschland. So habe über persönliche Bekanntschaften eine Anbindung der aufgedeckten Terrorzelle an ein im Raum Braunschweig/Wolfsburg agierendes salafistisches Netzwerk bestanden. In engem Kontakt mit islamischen Kernländern habe sich in Deutschland eine fundamentalistische Lehr- und Bildungsinfrastruktur mit salafistischer Ausrichtung herausgebildet. Kernforderung der salafistischen Ausrichtung sei die Reinigung der muslimischen Gesellschaft auch in Deutschland von „unislamischen“ Elementen. Hierzu sollen z. B. Frauen- und Menschenrechte sowie demokratische Verfahrensweisen gehören. Die salafistische Interpretation des Islam gehe sogar bis hin zur Rechtfertigung der Verheiratung neunjähriger Mädchen. Salafistische Ideen werden in Seminaren und Vorträgen propagiert. Neben Schulungsmaßnahmen vor Ort bestehe aber ein Trend zur Fortbildung über das Internet. „Online-Imame", Videoübertragungen von Predigten über das Internet oder Fernuniversitäten wie die „Islamschule“ in Braunschweig ermöglichen eine islamistische Schulung vor dem Bildschirm.
Die Verbreitung salafistischer Lehren soll aus Sicht von Fachleuten die Integrationsbemühungen behindern und fördert mittelfristig parallelgesellschaftliche Strukturen, da Ungläubige als prinzipiell minderwertig dargestellt werden.
Weiterhin bezeichnet der Bericht die Bekämpfung des Rechtsextremismus durch gezielte Präventionsmaßnahmen als besonders wichtig. Beispielhaft nannte Innenminister Uwe Schünemann in der Presse hierfür die seit Ende 2005 in Niedersachsen gezeigte Wanderausstellung des niedersächsischen Verfassungsschutzes „Unsere Demokratie schützen - Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus“, die bis Ende 2009 ausgebucht ist. Diese Ausstellung, die zu Beginn des Jahres 2008 komplett überarbeitet und aktualisiert wurde, biete insbesondere Jugendlichen Einblicke in die modernen Propagandaformen des Rechtsextremismus. Angabegemäß sei die Resonanz der bislang über 20 000 Besucher in 26 Städten durchweg positiv. Zu den erfolgreichen Präventionsmaßnahmen sollen nach Presseberichten auch weiterhin fortlaufende Schulveranstaltungen, regionale Lehrerfortbildungen sowie die Beratung von kommunalen Mandatsträgern und Mitarbeitern in den Kommunen gehören.
da sie das gesellschaftliche System der Bundesrepublik infrage stelle und dieses überwinden wolle. Auch biete die Partei DIE LINKE ein Sammelbecken für verschiedene linksextremistische Gruppierungen - - -
(Rhythmisches abwechselndes Klat- schen und Klopfen bei der LINKEN - Dr. Bernd Althusmann [CDU] - zur LINKEN -: Wir sind hier nicht im Thea- ter! - Gegenruf von Hans-Henning Ad- ler [LINKE]: Das Theater machen Sie! Seien Sie einmal ruhig! - Weiterer Gegenruf von der LINKEN: Das ist unglaublich, was Sie sich hier erlau- ben! - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Ich werde mich gleich zur Geschäfts- ordnung melden! - Glocke des Präsi- denten - Dr. Bernd Althusmann [CDU] - zur LINKEN -: Auch wenn Sie DIE LINKE sind, können Sie sich hier benehmen!)
Ich darf noch einmal um Ruhe bitten. Ich bitte, die Zwischenrufe einzustellen, damit Herr Kollege Bode hier unbehelligt seine Rede halten kann.
Auch biete die Partei DIE LINKE ein Sammelbecken für verschiedene linksextremistische Gruppierungen wie gewaltbereite Autonome, die Kommunistische Plattform oder das Marxistische Forum.
1. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklungen von islamistisch-extremistischen Gruppierungen und des islamistischen Terrorismus in Niedersachsen?
2. Wie wird den Gefahren der globalen Vernetzung und insbesondere islamistischen Schulungen von potenziellen Terroristen und Extremisten im Internet begegnet?
3. Wie beurteilt die Landesregierung den Linksextremismus in Niedersachsen, und welche Maßnahmen werden zur Prävention und Bekämpfung durchgeführt?
Vielen Dank. - Ich bitte jetzt die Landesregierung um die Beantwortung der Fragen. Herr Minister Schünemann, bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die wirkungsvolle Bekämpfung des politischen Extremismus jeglicher Ausrichtung ist die Kernfunktion einer wehrhaften Demokratie und zentraler Bestandteil der Innenpolitik in Niedersachsen. Nur in einem abgestimmten, nachhaltigen Konzept von repressiven und präventiven Maßnahmen der Sicherheitsbehörden im engen Schulterschluss mit relevanten gesellschaftlichen Akteuren kann es gelingen, die Gefahren durch extremistische Bestrebungen abzuwehren. Dazu trägt der niedersächsische Verfassungsschutz als „Frühwarnsystem“ auf vielfältige Weise bei: von der Beobachtung von Verfassungsfeinden über die Erstellung aktueller Lagebilder zu extremistischen Bestrebungen bis hin zu gesellschaftlich-präventiven Maßnahmen. Eine strukturierte und zielgerichtete Präventionsarbeit spielt aus Sicht des niedersächsischen Verfassungsschutzes gerade in der nachhaltigen Auseinandersetzung mit extremistischem Gedankengut eine Schlüsselrolle. In diesem Bereich erfüllt der niedersächsische Verfassungsschutz seit Jahren eine wichtige Aufklärungsfunktion, wie sich an den Aufklärungsmaßnahmen gegen Rechtsextremismus klar erkennen lässt.
Zu Frage 1: Der islamistische Extremismus und Terrorismus stellt seit den Anschlägen des 11. September 2001 die größte Bedrohung für die innere Sicherheit in den westlich orientierten Staaten dar. Spätestens mit den versuchten Kofferbombenattentaten auf die Regionalzüge nach Dortmund und Koblenz am 31. Juli 2006 hat diese Bedrohung auch Deutschland unmittelbar erreicht.
Die Festnahme von drei Terrorverdächtigen Anfang September 2007 im Sauerland hat nicht nur deren Planungen vereitelt, mehrere vermutlich simultane Sprengstoffanschläge mit möglichst vielen Opfern in der Bundesrepublik Deutschland zu verüben. Es hat auch die seinerzeit bereits bestehende Gefährdungseinschätzung der deutschen Sicherheitsbehörden unterstrichen, dass die Bundesrepublik Deutschland und damit auch Nie
dersachsen Teil eines weltweiten Gefahrenraumes ist und auch zukünftig mit entsprechenden Anschlagsplanungen gerechnet werden muss. Die festgenommenen Täter hatten persönliche Bezüge nach Niedersachsen und haben sich hier die wesentlichen Materialien zum Bau der Sprengsätze besorgt.
Auch wenn den Sicherheitsbehörden derzeit keine konkreten Hinweise auf bevorstehende Anschläge vorliegen, hat sich die Situation seither nicht entspannt. Die in der Regierungserklärung am 13. September 2007 wiedergegebene Einschätzung der Landesregierung ist daher unverändert gültig.
In der Regierungserklärung vom 13. September 2007 wurde aber auch verdeutlicht, dass die Niedersächsische Landesregierung konsequente Gegenmaßnahmen ergreift. Polizei und Verfassungsschutz wurden personell erheblich verstärkt, und ihre Ausstattung wurde deutlich verbessert. Die operative Schlagkraft der niedersächsischen Sicherheitsbehörden wurde u. a. durch Strukturreformen im Bereich der Polizei und des Verfassungsschutzes erhöht. Niedersachsen hat sich darüber hinaus konsequent und letztlich erfolgreich für die Realisierung der Antiterrordatei eingesetzt. Die Niedersächsische Landesregierung wird auch zukünftig die Sicherheitsbehörden so ausstatten, dass die an sie gestellten Anforderungen optimal erfüllt werden können.
Zu Frage 2: Die Niedersächsische Landesregierung ist der Überzeugung, dass den Gefahren der globalen Vernetzung von Extremisten und Terroristen im Internet konsequent begegnet werden muss. Hierbei geht es insbesondere um die internetgestützten Kommunikationswege dieser Personenkreise sowie um islamistische Propaganda und Schulungen auf einschlägigen Webseiten.
Soweit es die Kommunikationsstrukturen angeht, hat eine hochrangige Expertengruppe auf BundLänder-Ebene unter der Federführung Niedersachsens zwischenzeitlich konkrete Vorschläge erarbeitet und der Innenministerkonferenz vorgelegt, um die sicherheitsbehördlichen Aufklärungsinstrumente der dynamischen Entwicklung des Internets anzupassen. Hier werden auch zukünftig erhebliche Anstrengungen erforderlich sein, um keine sicherheitskritischen Erkenntnislücken entstehen zu lassen.
Hinsichtlich relevanter Internetinhalte wie z. B. islamistische Propaganda oder Schulungen hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres und
Sport u. a. durch Einrichtung einer Organisationseinheit zur anlassunabhängigen Recherche im Internet im Landeskriminalamt Niedersachsen bereits im Oktober 2006 reagiert. Diese ist mit acht speziell ausgebildeten Beamtinnen und Beamten besetzt und technisch angemessen ausgestattet. Hier werden neben anderen polizeilich relevanten Inhalten im Internet und den Onlinediensten auch entsprechende extremistische Auftritte recherchiert und gegebenenfalls strafrechtlich verfolgt. Diese Tätigkeit erfolgt in Abstimmung mit anderen Recherchedienststellen der Länder und des Bundes in enger Kooperation mit der Justiz.
Auch der niedersächsische Verfassungsschutz betreibt intensive Internetrecherchen. Hier wird eine weitere Verbesserung der Ausstattung erfolgen, um die Aufklärung im Internet nochmals zu verstärken. Daneben wurden im Verbund der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder die fremdsprachlichen Kapazitäten gerade vor dem Hintergrund entsprechender Internetinhalte kontinuierlich ausgeweitet. Ergänzt werden diese Aktivitäten durch die Einbeziehung der Erkenntnisse aus dem Gemeinsamen Internetzentrum in Berlin. Dort betreiben Mitarbeiter verschiedener Sicherheitsbehörden des Bundes und des Generalbundesanwalts eine gemeinsame Informationsbeschaffung im Internet.
Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden haben auch mit der Festnahme einer Person aus Georgsmarienhütte, die jihadistische Propaganda über das Internet verbreitet hat, ihre hohe Kompetenz in diesem Bereich unter Beweis gestellt. Derzeit wird gegen diese Person vor dem Oberlandesgericht Celle - erstmalig in der Bundesrepublik Deutschland - ein Verfahren wegen Cyberterrorismus geführt.
Angesichts der intensiven islamistischen Propaganda ist es auch unverzichtbar, die hier lebende muslimische Bevölkerung mit geeigneten Präventionsangeboten zu erreichen. Ziel ist einerseits, für radikalisierende Inhalte potenziell anfällige Personen zu immunisieren. Andererseits müssen wir die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in der weit überwiegenden Mehrzahl keinen extremistischen Überzeugungen anhängen, für ein aktives Eintreten für unser demokratisches Wertesystem gewinnen. Eine gelungene Integration dieser Menschen ist die beste Abwehr extremistischer Seelenfänger.
„Muslime in Deutschland“ oder das Projekt „Dialogveranstaltungen mit Imamen sowie mit Vertreterinnen und Vertretern aus Moscheegemeinden“ des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres, Sport und Integration.
Zu Frage 3: Bewertung des Linksextremismus in Niedersachsen. Das Spektrum der linksextremistischen Bestrebungen in Niedersachsen besteht im Wesentlichen aus zwei Säulen: zum einen die eher lose strukturierte autonome Szene und zum anderen linksextremistische Parteien.
Bedrohlichste Erscheinungsform des Linksextremismus in Niedersachsen für die Sicherheitsbehörden ist nach wie vor das Spektrum der sogenannten Autonomen und sonstigen gewaltbereiten Linksextremisten. Das Mobilisierungspotenzial beträgt bundesweit etwa 6 300 Personen, davon 690 in Niedersachsen. Auch heute noch ist es gemeinsames Ziel der autonomen Gruppierungen, den Staat und seine Institutionen gewaltsam abzuschaffen und durch eine „herrschaftsfreie Gesellschaft“ zu ersetzen. Zu den Aktionsfeldern gehören der Antifaschismus, die Antiglobalisierungsbewegung, Antimilitarismus, Antirepression, Antirassismus und der Widerstand gegen Kernenergie und industrielle Tierproduktion.
Zentrales Aktionsfeld ist der sogenannte Antifaschismus-Kampf. Insbesondere auf diesem Gebiet zeigen Autonome eine hohe Aggressivität und Gewaltbereitschaft wie es jüngst in Hamburg wieder zu sehen war. Autonome beteiligen sich an demokratischen Protestveranstaltungen und versuchen, diese für die Propagierung ihrer eigenen Ziele zu instrumentalisieren.
Schwere Ausschreitungen bei Protestaktionen gegen Demonstrationen von Rechtsextremisten, wie aktuell am 1. Mai in Hamburg, oder beim G8Gipfel in Heiligendamm am 2. Juni 2007 - auch mit Beteiligung von niedersächsischen Autonomen - stellen auch für Sicherheitsbehörden in Niedersachsen hohe Anforderungen dar.
Dabei ist den Autonomen gemein, dass sie Gewalt als legitimes Mittel zur Thematisierung und Durchsetzung ihrer politischen Interessen befürworten oder billigend in Kauf nehmen. In dem szenetypischen Publikationsorgan Göttinger Drucksache heißt es dazu - ich zitiere -: Grundvoraussetzung ist die körperliche Unversehrtheit aller Beteiligten; allerdings kommt der Polizei eine besondere Bedeutung zu. Um sie auf Distanz zu halten, Grenzen zu markieren und ein „Nein“ zu betonen, ist das Werfen mit Steinen und Molotowcocktails legitim.