Protocol of the Session on March 18, 2010

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bemühe mich auch in jeder Debatte, das differenziert darzustellen. Deshalb ärgere ich mich dann über Vorwürfe, die einfach nicht richtig und redlich sind.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Ich wundere mich wirklich, insbesondere bei der FDP, aber auch bei der CDU, über die allgemeine, sehr hohe Staatsgläubigkeit, die Sie hier an den Tag legen. Der Staat ist nicht fehlerfrei in seinem Handeln. Es ist naiv, so etwas zu behaupten.

(Beifall bei der LINKEN)

Überall dort, wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Das liegt in der Natur des Menschen. Es liegt vielleicht sogar in der Natur des christlichen Menschenbildes, dass der Mensch nicht fehlerfrei ist.

(David McAllister [CDU]: Sagen Sie das einmal Frau Helmhold!)

Deswegen geht es in dieser Debatte einzig und allein um die Frage, dass Menschen, die zu Unrecht von Staatsgewalt oder von staatlichen Hoheitsakten betroffen sind, ein Recht darauf haben, dass das aufgeklärt wird.

Man soll mit einem Blick auf die Geschichte der Bundesrepublik nicht so tun, Herr Ahlers, als ob es das nie gegeben hätte. Wir können im Innenausschuss gerne diskutieren, ob es diese Probleme und Vorfälle, dass der Staat überzogen, falsch, oder einfach nicht rechtsstaatlich gegenüber Menschen reagiert hat, noch nie gegeben hat. So etwas zu behaupten, ist unhistorisch. Das will ich Ihnen einmal sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Zur nächsten Kurzintervention hat Herr Herzog das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Oetjen, wenn es denn so wäre, dass die geltende Geschäftsanweisung alles abdecken würde, dann wäre es gut. Ich bin Praktiker. In Lüchow-Dannenberg sind wir alle, die da wohnen, gezwungenermaßen Praktiker. Das, was wir da erleben, zeigt, dass eben gerade das nicht der Fall ist, was Sie hier als Bild dargestellt haben.

Solche Geschäftsanweisungen sind nur gut, wenn sie tatsächlich in Extremsituationen in der Lage sind, die Rechte auch der Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Genau das passiert nicht. Es hat alles das gegeben, mit Strafanzeige usw. Man kommt an der Stelle nicht durch. Vor einem steht jemand breitbeinig und sagt: Weil ich es sage! - Und damit ist es gut.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: „Das geht Sie nichts an!“ Das sagt er auch! Das habe ich schon erlebt!)

Da kommt kein Name, da kommt keine Nummer, da kommt gar nichts, da kommt nicht einmal sein Vorgesetzter.

Ich habe vorhin den Stadtrat von Dannenberg erwähnt. Da ist die Linke nicht in der Mehrheit. Das sollte Ihnen zeigen, dass die Stimmung vor Ort in der Tat so ist. Ein Polizeipräsident sollte das alles dort einmal darstellen. Die Praxis zeigt doch: Ein Rentner von fast 70 Jahren hat versucht, herauszukriegen, wie - Sachsen-Anhalter Polizei, länderübergreifend -

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das sind die Schlimmsten!)

dort die Befehlskette aussieht, wer dort die Symbolik festzulegen hat. All diese Dinge laufen nicht rund. Das, bitte schön, ist die Praxis.

Ich würde Sie bitten, beim nächsten Castortransport dabei zu sein. Sie bekommen bei mir in meinem Haus an der Castorstrecke ein Zimmer. Dann können wir beide uns bei solchen Situationen gerne einmal überlegen, ob es so läuft, wie Sie es gerade Ihrem Traum nach geschildert haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Oetjen, Sie möchten antworten? - Bitte!

Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident.

Zunächst zum Kollegen Briese: Herr Kollege Briese, ich habe Ihnen - wenn Sie richtig zugehört hätten, wäre das klar - nicht unterstellt, dass Sie der Polizei grundsätzlich misstrauen, weil ich weiß, dass Sie in der Regel differenziert argumentieren. Trotzdem sage ich es hier noch einmal: Was die Linke in ihrem Antrag aufgeschrieben hat und die Art und Weise, wie sie es aufgeschrieben hat, das zeigt mir, dass sie ein relativ merkwürdiges Ver

hältnis zur Rolle der Polizei in unserem Staat hat. Dieses Verhältnis und diese Rolle der Polizei sieht die FDP deutlich anders. Das habe ich hier zum Ausdruck gebracht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Natürlich machen Menschen auch Fehler. Gerade in Extremsituationen machen Menschen Fehler. Das ist doch auch normal. Deswegen habe ich auch gesagt, dass solche Fälle aufgeklärt werden müssen,

(Zuruf von der SPD: Wie denn?)

dass in solchen Fällen ermittelt und herausgefunden werden muss, wer so etwas getan hat.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und dann?)

Herr Kollege Herzog, ich bitte Sie, doch zu unseren Beratungen in den Innenausschuss zu kommen und die Erfahrungen, die Sie in Gorleben und im Landkreis Lüchow-Dannenberg gemacht haben, einzubringen. Dann können wir das Thema an konkreten Beispielen diskutieren. Aber hier unkonkret darzustellen, was da los ist, ist nicht in Ordnung.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Das war doch aber sehr konkret! Konkreter geht es kaum!)

Kommen Sie in den Ausschuss, dann können wir das weiter diskutieren!

Ganz herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt hat sich Herr Innenminister Schünemann zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Modder, es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass im Moment kein Bundesland eine verpflichtende Kennzeichnung vorschreibt. In Hamburg und Berlin gibt es entsprechende Initiativen. Aber ich weiß, dass sich in Berlin der Personalrat der Polizei einmütig dagegen ausgesprochen hat und insofern keine Einigung darüber erzielt wurde.

Wir werden dieses Thema aber in der Innenministerkonferenz besprechen. Sie haben völlig Recht, es kann nicht sein, dass es in dieser Frage unterschiedliche Handhabungen gibt. Ich selbst habe ein großes Interesse daran, dass die Einigkeit, die es bisher immer gegeben hat - gerade unter den Innenministern - auch in Zukunft besteht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine andere Entscheidung der Innenministerkonferenz geben wird. Insofern bin ich gespannt darauf, wie es in Berlin weitergeht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dafür im Moment in Hamburg eine Mehrheit gibt.

Herr Briese, es ist interessant, dass die Grünen in dieser Frage unterschiedliche Meinungen haben. Auch in Bayern gab es eine entsprechende Initiative. Die Grünen haben sich ausdrücklich gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnungspflicht bei Polizisten ausgesprochen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Hört, hört!)

Es ist schon interessant, dass die Grünen zum Teil auch eine andere Meinung vertreten. Das wird man zur Kenntnis nehmen können.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen sagen, wie es in der Praxis aussieht. Frau Modder und auch die anderen haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Polizisten seit 1996 im Normalfall ein Namensschild an der Uniform tragen und so die Bürgernähe dokumentiert wird. Aber das ist freiwillig. Ich glaube, anders wäre das überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich wundere mich wirklich über die Grünen, die im Bereich des Datenschutzes und in anderen Bereichen immer wieder darauf verweisen, dass der Persönlichkeitsschutz entscheidend ist.

(Zuruf von Ralf Briese [GRÜNE])

Aber bei den Polizeibeamten ist das plötzlich etwas ganz anderes. Dann sind Datenschutz und Persönlichkeitsschutz nicht mehr so wichtig. Man will die Polizisten sogar verpflichten, ihren Namen oder eine Nummer auf der Uniform zu tragen. So etwas kann ich mir nicht vorstellen. Sie müssen noch einmal erklären, warum Sie das in diesem Fall anders wollen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Wie sieht es denn bei geschlossenen Einheiten tatsächlich aus? - Bei geschlossenen Einsätzen ergibt sich die Zugehörigkeit zu den jeweiligen Einheiten aus der Kennzeichnung des Helms. Zu

sätzlich ist über eine Balkenanordnung am Nackenschutz die Zugehörigkeit zum jeweiligen Einsatzzug erkennbar. Das heißt, schon hier sieht man bis auf etwa 20 oder 25 - - -

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, im Moment nicht. - Man kann sehr konkret sagen, wer dazugehört und wer nicht. Zu sagen, dass das völlig anonym ist und wir überhaupt keine Chance haben, das nachzuvollziehen, entspricht nicht den Tatsachen. Es wird also dokumentiert, zu welchem Einsatzzug jemand gehört.

Darüber hinaus erfolgen Einheitenkennzeichnungen und umfangreiche Einsatzdokumentationen, sodass über einen längeren Zeitraum - auch rückwirkend - festgestellt werden kann, wer an welchem Ort und zu welcher Zeit im Einsatz war.

Abschließend will ich noch auf einen Fall hinweisen, in dem wir eine Kennzeichnung insbesondere ablehnen müssen. Geradezu absurd erscheint die Absicht, Namensschilder oder vergleichbare Kennzeichnungen für Angehörige von Spezialeinheiten zu fordern. Diese Einsatzkräfte müssen regelmäßig unter einem sogenannten Identitätsschutz arbeiten. Dies ist umso wichtiger, als sie es häufig mit besonders gefährlichen oder gewalttätigen Personen zu tun haben und z. B. im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eingesetzt werden. Hier eine Kennzeichnungspflicht zu fordern, ist wirklich absurd. Das müssen wir zurückweisen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)