Protocol of the Session on March 17, 2010

Wir wissen jetzt, dass sich CDU und FDP in Schleswig-Holstein schon geäußert haben. Auch sie sind der Meinung, dieser Reaktor solle nicht wieder ans Netz. Ich beziehe mich hierbei auf Herrn von Boetticher und Herrn Koppelin. Heute steht im Kieler Landtag das Thema Krümmel ebenfalls auf der Tagesordnung. Es wäre doch ein unwahrscheinlich wichtiges Signal, wenn wir den Kolleginnen und Kollegen in Kiel heute hier vom Landtag Hannover aus sagen könnten: Wir stehen zu unserer Verantwortung

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und setzen uns - das steht auch in dem Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen - in den Bund-Länder-Gremien dafür ein, dass Krümmel nicht wieder ans Netz geht und dass Vattenfall wegen fehlender Zuverlässigkeit die Betriebserlaubnis entzogen wird.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Das wäre aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Signal.

Ich hätte gern auch noch etwas zu den Leukämiefällen in der Elbmarsch gesagt. Unser ehemaliger Kollege Uwe Harden hat in der Zeit seiner Landtagstätigkeit hier ja immer wieder vehement eingefordert, dass das Land dort Verantwortung übernimmt. Wenn es eine Beweislastumkehr gäbe - darin kann ich Herrn Herzog nur zustimmen -, würde es Vattenfall sehr schwer fallen nachzuweisen, dass der Konzern oder der Forschungsreaktor Geesthacht nicht für die 17 Leukämiefälle in der Elbmarsch in 21 Jahren verantwortlich sind. Geben wir heute also ein Signal. Nehmen Sie Abstand von Ihrer kompromisslosen Pro-Atom-Einstellung und stimmen Sie dem vorliegenden Antrag zu.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es liegen mir zwei Wortmeldungen vor, und zwar zu einer Kurzintervention und zur Geschäftsordnung. Wenn Herr Wenzel einverstanden wäre, würde ich wegen des inhaltlichen Zusammenhangs erst die Kurzintervention zulassen und danach das Wort zur Geschäftsordnung erteilen. - Danke schön. Herr Schönecke, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Frau Somfleth, damit hier jetzt nicht der falsche Eindruck erweckt wird: Wir haben im Kreistag des Landkreises Harburg und auch in der Stadt Winsen eine fast deckungsgleiche Resolution beschlossen, in der es heißt:

„Zustimmung zur nachstehenden Resolution“

- sie war einstimmig; sonst werden bei uns im Kreistag nämlich keine Resolutionen beschlossen; das kennen Sie aus Ihrer früheren Arbeit -

„Entzug der Betriebserlaubnis für den Betreiber des Kernkraftwerks Krümmel

Der Kreistag des Landkreises Harburg fordert den Sozialminister“

- der war damals noch zuständig -

„des Landes Schleswig-Holstein und den Bundesumweltminister auf, dem

Energiekonzern Vattenfall Europe AG die Betriebserlaubnis für das Kernkraftwerk Krümmel dauerhaft zu entziehen.“

Dem haben wir im Kreistag zugestimmt,

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Und wa- rum wollen Sie das hier nicht?)

dem hat auch der Stadtrat zugestimmt. Es geht um den Entzug der Betriebserlaubnis für den Betreiber. Bitte hier nicht in die Debatte einführen, wir hätten dort über andere Dinge abgestimmt, insbesondere über das, was Sie hier jetzt hineininterpretieren wollen, nämlich über die Stilllegung des Kernkraftwerkes. Wir haben uns aufgrund der Störfälle bewusst zu dieser Resolution entschieden, die von Grünen, SPD, FDP und CDU im Kreistag beschlossen worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat Möglichkeit zu entgegnen. Herr Jüttner, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schönecke, wir finden es sehr gut, dass Sie, Herr Wiese und Herr Böhlke, schon einmal auf der Seite derer sind, die auch hier jetzt beschließen wollen, dass Krümmel nicht ans Netz kommt.

(Heiner Schönecke [CDU]: Sie haben es wieder nicht verstanden!)

Meine Bitte an die anderen Abgeordneten der Regierungsfraktion: Lassen Sie die Drei mal nicht allein! Stimmen Sie alle zu!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, zur Geschäftsordnung hat sich der Kollege Wenzel gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Hocker hat hier behauptet, es gehe hier nur um Populismus und es gehe nicht darum, die Bürgerinnen und Bürger vor Ort in ihren Sorgen zu vertreten. Ich sage Ihnen: Bei diesem Thema ist es uns bitterernst. Von daher beantragen wir für diesen Antrag namentliche Abstimmung

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

und hoffen, dass sich an dieser Stelle auch die Unterstützung aus dem Regierungslager zu diesem Antrag abzeichnet.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, bevor wir feststellen, ob es die nötige Unterstützung gibt, kommt jetzt zunächst einmal Herr Minister Sander zu Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Krümmel beschäftigt uns seit Jahren, schon seit den Zeiten des Umweltministers Jüttner. Fragen, die damals zu Krümmel bestanden haben, betrafen insbesondere die Leukämiefälle. Es gab Untersuchungen auf schleswig-holsteinischer Seite und klare Aussagen - es war ein GrünenStaatssekretär, der diese Äußerungen gemacht hat -, dass Krümmel damit nicht im Zusammenhang zu sehen sei.

Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt der Meinung sind, dass wir als Aufsichtsbehörde für unsere Kernkraftwerke auch über Krümmel die Entscheidung zu fällen haben, dann liegen Sie nicht richtig. Einige Redner haben klar und deutlich die Rechtslage beschrieben: Das Land SchleswigHolstein, das dortige Justizministerium, ist jetzt für die Atomaufsicht zuständig und macht das im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Nur diese beiden Behörden verfügen über alle Informationen, die notwendig sind, um überhaupt eine Genehmigung zur Wiederinbetriebnahme zu erteilen.

Meine Damen und Herren, wir als Niedersachsen haben im letzten Jahr in Lingen selbst einen Störfall gehabt. Damals machte, weil es kurz vor der Bundestagswahl war, der Bundesumweltminister ebenfalls dicke Backen und meinte, er müsse das Wiederanfahren nicht genehmigen. - Das geht nach einem ganz normalen rechtsstaatlichen Verfahren. Meine Damen und Herren, darauf müssen wir hinweisen.

Der schleswig-holsteinische Justizminister und seine Vorgängerin, die Sozialministerin des Lan

des Schleswig-Holstein - Ihnen allen bestens bekannt -

(Zuruf von Andrea Schröder-Ehlers [SPD])

darauf komme ich gleich noch in zwei Sätzen zu sprechen -, haben Folgendes ausgeführt - ich darf zitieren, Herr Präsident -: Ob aus dem vorläufigen Aus für Krümmel ein endgültiges Aus wird, muss von der Atomaufsicht strikt nach Recht und Gesetz entschieden werden. - Ich glaube, es besteht Einigkeit darüber, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt, zu entscheiden. Ich will aber ein Weiteres sagen: Nach den letzten Fällen, insbesondere den Transformatorausfällen, waren wir als Niedersachsen natürlich sehr erbost darüber, wie man es zulassen kann, dass man nicht alle Transformatoren so schnell wie möglich auswechselt. Wir haben aber im Jahre 2007 leider erfahren müssen, dass mit der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht recht schlecht zu sprechen war. Wir wollten Informationen haben. Wir haben sie auf der Ebene nicht bekommen. Von daher bin ich froh, meine Damen und Herren, dass auch dort - vor allem auch in Berlin - jetzt andere Verhältnisse herrschen. Das muss transparent geschehen. Sie von den Grünen und von der SPD können sich doch jetzt nicht so hinstellen: Alles, was Sie damals hätten machen können - was Sie hätten besser machen können -, haben Sie nicht gemacht. Wir machen das jetzt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zusätzliche Redezeit für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von 90 Sekunden hat Herr Wenzel. Bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, wenn man Ihrer Logik folgt, dann dürften Sie sich hier auch nicht mehr zur Weserversalzung in Hessen äußern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn es niedersächsische Interessen betrifft - das ist der Fall bei einem Atomkraftwerk, das genau an der Grenze liegt, bei dem wir uns in der Situation befinden, dass wir ein Leukämiecluster haben und die Aufklärung über den direkten Zusammenhang bisher nicht erfolgt ist, wobei Sie sich nach wie vor weigern, die nächsten Schritte zu gehen -, ist es doch unsere ureigenste Aufgabe, hier Stellung zu

beziehen, Herr Minister. Selbst die Internationale Atomenergiebehörde, die hier immer eher zu den Befürwortern zählt, sagt z. B., dass die Sicherheitsrichtlinien bei Atomkraftwerken nicht ausreichend sind. Sie sind aber genau auf der anderen Spur unterwegs. Sie versuchen sogar noch zu verhindern, dass schärfere Sicherheitsrichtlinien angewendet werden.

(Widerspruch bei der FDP)

- Natürlich! Sie haben doch sogar Gutachten in Auftrag gegeben, um zu verhindern, dass die neuen Richtlinien der Bundesregierung in Kraft treten.

Meine Damen und Herren, unser Antrag zielt darauf, dass Sie sich in den zuständigen BundLänder-Ausschüssen, in denen Sie mit Ihren Leuten drinsitzen, dafür einsetzen, das Atomkraftwerk Krümmel nie wieder ans Netz gehen zu lassen.

Herr Sander, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Wir erwarten von einer Atomaufsicht, dass sie an dieser Stelle handelt. Sie haben in der Asse auf ganzer Linie versagt. Das darf in Krümmel nicht passieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)