Protocol of the Session on March 17, 2010

Der letzte Satz. - - - aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten unterschrieben worden ist. Das zeigt doch ganz deutlich, dass die Bedingungen im Kosovo noch nicht so sind, wie es uns hier weisgemacht wird. Das ist - - -

(Der Präsident schaltet das Mikrofon am Redepult ab)

Meine Damen und Herren, es besteht die Möglichkeit zur Erwiderung. - Herr Oetjen, bitte!

Frau Zimmermann, ich möchte zunächst betonen, dass es richtig ist, dass wir in Kriegszeiten Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten, bei uns aufnehmen. Das ist auch unsere soziale Verantwortung, die wir hier in diesem Land haben.

Ich sage sehr deutlich, dass wir uns als Liberale auch immer dafür eingesetzt haben, solche Menschen bei uns gut zu integrieren.

Zur Integration gehören aber zwei Seiten. Auf der einen Seite gehört unsere Gesellschaft dazu, die diesen Menschen Zuflucht bietet und es ihnen ermöglicht, sich bei uns zu integrieren - Stichworte: ein Schulbesuch, eine persönliche Entwicklung für ihre Familie. Auf der anderen Seite gehört auch die

Familie dazu, die sich integrieren will, die sich in unsere Gesellschaft einbringt und die in unserer Gesellschaft etwas für unsere Gesellschaft leisten möchte.

Frau Zimmermann, dann müssen sich beide Seiten auch aktiv beteiligen. Wenn sich eine Seite nicht aktiv beteiligt und eine Familie beispielsweise dadurch auffällt, dass Kinder sehr unregelmäßig die Schule besuchen, dass eine Arbeitsaufnahme verweigert wird oder dass, wenn keine Arbeit angeboten wird, gemeinnützige Arbeiten abgelehnt werden, muss eine solche Familie nach meiner Überzeugung auch wieder ausreisen.

Genauso sage ich aber: Wenn Kinder hier geboren sind, die erst einmal bei uns zur Schule gehen und anschließend hier arbeiten, die gut integriert sind, beispielsweise in Sportvereinen, und die hier ihren Freundeskreis haben, dann setzen wir uns als Liberale dafür ein, dass solche jungen Menschen auch bei uns bleiben können.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche auf zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung. Frau Polat, Sie haben das Wort für eineinhalb Minuten. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte mich noch einmal zu drei Aspekten äußern, und zwar erstens zu der Argumentation, die Leute müssten zurückgeschoben werden, weil sie auch verpflichtet werden sollten, ihr eigenes Land wieder aufzubauen. Ich würde mir von Herrn Ministerpräsidenten Wulff gerade in seiner Rolle als Europaminister auch das wünschen, was mein Fraktionsvorsitzender Stefan Wenzel gesagt hat. Wir haben von verschiedenen internationalen Organisationen gehört - ich nenne hier nur OSZE und UNHCR; auch der UN-Sonderbeauftragte im Kosovo hat sich so geäußert -, dass die Lage sehr instabil ist und Rückführungen weiterhin zu einer Destabilisierung des jungen Staates Kosovo führen werden. Ich habe dann auch noch eine ganz aktuelle Aussage des Arbeitsministers von Ende 2009 zitiert.

Wenn wir als Deutschland und als Europäische Union wirklich ein Interesse daran haben, diesen Staat sukzessive aufzubauen, der aufgrund von ethnischen Konflikten in eine Krise bzw. in einen Krieg geraten ist, dann sollten wir diese ethnischen Konflikte doch nicht noch beschleunigen, indem

wir gerade Angehörige von Minderheiten abschieben, bei denen alle wissen, dass sie von Diskriminierung betroffen sind.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Dann dürfen wir nicht noch zusätzlich Menschen zurückschieben, die zwangsweise abgeschoben werden, also nicht freiwillig ausreisen.

Zweitens. Frau Lorberg, bis 2004 oder 2005 hat sich Serbien völkerrechtswidrig geweigert, diese Menschen aufzunehmen. Das ist uns regelmäßig in Stellungnahmen mitgeteilt worden.

Drittens. Als letzten Aspekt - - -

Nein, einen letzten Satz, Frau Kollegin!

Herr Kollege Oetjen, ich habe gerade den Fall aus Rotenburg genannt. Das ärztliche Gutachten habe ich hier. Deswegen war ich so verwundert darüber, dass die Frau dort abgeschoben worden ist. Meines Erachtens hätte man hier sogar ein innerstaatliches Abschiebehindernis geltend machen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch die SPD-Fraktion erhält zusätzliche Redezeit. Herr Bachmann, Sie haben zwei Minuten.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Wulff, den ernsthaften Willen, Einzelfälle zu prüfen, die an Sie herangetragen werden, spreche ich Ihnen ausdrücklich nicht ab. Ich habe nur große Zweifel, ob Sie vom Innenminister immer so objektiv, umfassend und komplett informiert werden.

(Ulf Thiele [CDU]: Was unterstellen Sie da? - Björn Thümler [CDU]: Das ist doch unerhört! - Ulf Thiele [CDU]: Können Sie diese Unterstellung bele- gen?)

Denn nach der Praxis, die wir kennen, hat es die Konflikte in der Vergangenheit zwischen Ihnen und Ihrem Innenminister ja nicht grundlos gegeben.

Deswegen möchte Sie um Folgendes bitten: Tun Sie uns doch einen Gefallen, Herr Ministerpräsident. Sorgen Sie zum Ersten dafür, dass Härtefall

verfahren in diesem Land eine wirkliche Chance bekommen, und zwar durch eine andere Zusammensetzung der Härtefallkommission, wie wir das immer gefordert haben, und durch ein anderes Abstimmungsquorum; denn oft sind wirkliche Härtefälle dort nur aufgrund der Bedingungen nicht mehrheitsfähig und erreichen nicht das entsprechende Quorum, obwohl sie klassische Härtefälle wären.

(Ulf Thiele [CDU]: Das ist hier doch gar nicht der Fall!)

Tun Sie zum Zweiten etwas, worüber demnächst im Parlament entschieden wird. Frau Lesemann hat darauf hingewiesen. Voraussichtlich in der nächsten Plenarsitzungswoche wird es darum gehen, auf Bundesebene eine vernünftige Bleiberechtsregelung zu erreichen, die auch einmal die Hinnahme der Zahlung von Sozialleistungen ermöglicht, wenn humanitäre Gründe dafür sprechen.

(Zuruf von der CDU: 17 Jahre? - Wei- tere Zurufe von der CDU)

- Lassen Sie mich etwas zu dem Einzelfall dieser Familie sagen. Die Frau war Witwe und hatte vier Kinder und ein Enkelkind zu versorgen. In einer solchen Situation ist es sicherlich nicht nur eine Frage der Bereitschaft, die deutsche Sprache zu erlernen, sondern vielleicht auch eine Frage der Möglichkeiten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In dieser Familie gibt es einen Heranwachsenden, der über Einkommen verfügt. Er wird ja auch nicht abgeschoben, wie eben bestätigt worden ist. Bei der Mentalität der Roma können Sie sicher sein, dass dieser arbeitende Sohn entscheidend zum Familienunterhalt beiträgt. Das ist Familienbindung; das ist Familienzusammenhalt.

Mir bleibt leider nicht die Zeit, auf die Qualität des Reiseberichtes hinzuweisen. Ich finde es nur bedauerlich, dass bei dieser Reise entgegen der Ankündigung Parlamentarier nicht beteiligt waren und wir sozusagen auf die Sichtweise des Ministeriums angewiesen sind.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Herr Kollege, ein letzter Satz, bitte!

Ich verrate Ihnen einmal, was der nicht nur von mir, sondern von uns allen geschätzte Kollege aus der Integrationskommission, der Geschäftsführer des Ethno-Medizinischen Zentrums in Hannover, Ramazan Salman, zu mir gesagt hat, nachdem der Delegationschef mit seinem Bericht fertig war: „Was hat der eigentlich gegen diese Menschen? Wer hat dem eigentlich etwas getan?“

Herr Kollege Bachmann, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

„Warum redet der hier so? Mir wird bald schlecht. Ich muss mich bald übergeben.“ - Das war die Reaktion von Ramazan Salman.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Mir geht es auch schon so!)

Meine Damen und Herren, es gibt einen weiteren Wunsch auf zusätzliche Redezeit. Frau Zimmermann, Sie haben eineinhalb Minuten. Bitte!

(Zurufe von der CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn Sie stöhnen, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Ina Korter [GRÜNE])

Ich möchte hier noch einmal auf die Geschichte Deutschlands aufmerksam machen. Roma und Sinti gehören Bevölkerungsgruppen an, die bei uns verfolgt worden sind. Sie haben bestimmt keine gute Vergangenheit. Deutschland steht hier in keinem rühmlichen Licht.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass verfolgte Gruppen nicht gegeneinander auszuspielen sind, auch wenn es kleinere oder größere Gruppen sind. Es ist richtig und wichtig, diese Gruppen gleichermaßen zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund appelliere ich an Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, Herr Schünemann und Herr Wulff: Geben Sie sich einen Ruck zu mehr Humanität in Niedersachsen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, zu dem gleichen Punkt hat sich jetzt Herr Innenminister Schünemann gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zu einigen wenigen Punkten Stellung nehmen, weil ich die entsprechenden Aussagen einfach richtigstellen muss.