Protocol of the Session on March 17, 2010

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. Für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Mundlos, bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer sich nur in Larmoyanz und Kritik um der Kritik willen ergeht, der kann natürlich den Sinn eines Änderungsantrages auch nur schwer erfassen. Der Tenor „Kinder schützen“ - das wird in der Beschlussempfehlung deutlich - spiegelt sich ganz klar wider. Es ist absolut korrekt, die Familienhebammen sind ein Erfolgsmodell. Gerade deshalb haben ihnen die Fraktionen von CDU und FDP Ende 2009 gemeinsam in großer Einmütigkeit über den Haushalt zusätzliche Gelder zugesprochen. Dafür hätte es Ihres Antrages in keiner Weise bedurft.

Die kritisierte Zeitschiene ist Gesprächen geschuldet, die die Stiftung „Eine Chance für Kinder“ mit dem Hebammenverband, mit der Landesregierung und auch mit den Fraktionen von CDU und FDP geführt hat, damit es am Ende zu einem positiven Ergebnis kommt. Das ist geschehen. Dafür können wir froh und dankbar sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, inzwischen ist unstrittig, dass bei etwa 10 bis 15 % aller neugeborenen Säuglinge Risikofaktoren vorliegen, die auf eine mögliche - ich betone: mögliche - Kindesvernachlässigung oder sogar eine drohende Kindesmisshandlung hinweisen. Unstrittig ist auch, dass es sich optimal bewährt hat, Familienhebammen, d. h. speziell qualifizierte Hebammen, frühzeitig einzusetzen, damit vorhandene Risikofaktoren erkannt und in Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen und Institutionen, wie z. B. Sozialarbeitern von Jugendämtern und Beratungsstellen, Ärzten in freier Praxis und Krankenhäu

sern, verringert oder ganz ausgeräumt werden können.

Um die aufsuchende Arbeit sachgerecht durchführen zu können, benötigen Hebammen ein umfangreiches Wissen in verschiedensten Bereichen. Ich nenne nur stichwortartig: rechtliche Fragestellung, Sozialgesetzbuch VIII, psychiatrische Störungen, Wochenbettdepression, verschiedenste Suchterkrankungen. Das geht bis hin zu der körperlichen, neurologischen und der emotionalen Entwicklung von Säuglingen während des gesamten ersten Lebensjahres. Qualitätsmanagement muss ebenso geübt werden wie die Kommunikation mit einer nicht immer ganz einfachen Klientel. Bitte schön, „nicht immer ganz einfache Klientel“ ist weder bewertend noch abwertend gemeint, sondern bezieht sich einfach nur auf die schwierige Situation, in der sich diese Frauen meistens befinden. Hier brauchen sie Hilfe. Eine solche leisten die Hebammen vorbildlich. Dafür kann man nur Danke sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In Abstimmung mit dem Hebammenverband sowie mit der Qualifizierung der durchführenden Stiftung „Eine Chance für Kinder“ möchten wir, dass aus der Fortbildung eine staatlich anerkannte Weiterbildung wird, die zu dem Berufsbild der staatlich anerkannten Familienhebamme führt. Bisher waren als Untergrenze 720 Stunden für den theoretischen Unterricht einer Weiterbildung für die verschiedenen Gesundheitsfachberufe vorgesehen. Nun hat die Kultusministerkonferenz im Frühjahr mit einer Absenkung der Stundenzahl auf 400 Stunden reagiert und ein Signal gesetzt, das auch mit der Hochschulzugangsberechtigung zu tun hat. Dem möchten wir gerne folgen, wenn zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind, wie z. B. mindestens eine zweijährige Berufstätigkeit als Hebamme vor Beginn der Weiterbildung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sowohl die Stiftung „Eine Chance für Kinder“ als auch der Hebammenverband haben sich nachhaltig eingebracht und ihre Vorstellungen deutlich gemacht. Im Moment gibt es 210 qualifizierte Familienhebammen. Davon sind 160 von kommunalen Behörden eingesetzt. Natürlich ist es absolut korrekt, dass wir einen größeren Bedarf haben und dass hier deshalb etwas geschehen muss; das wird auch geschehen. Die geplante Weiterbildung mit den 400 Stunden soll eine gute Qualifizierung sein. Deshalb brauchen wir mehr Informationen, damit die, die interessiert sind, auch wissen, was sie erwartet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen hat mit diesem Projekt bundesweit eine Vorreiterrolle übernommen. Die Maßnahme wurde damals wissenschaftlich begleitet, und der Erfolg wurde bewiesen. Mit der Einführung einer staatlich anerkannten Weiterbildung zur Familienhebamme betreten wir wiederum Neuland. Daher möchten wir, dass die neue Weiterbildung ebenfalls wissenschaftlich begleitet wird und dass uns im Jahre 2013 die Auswertung dieser Evaluation vorgelegt wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Niedersachsen handelt zukunftsorientiert, vorbildlich und weitsichtig zum Wohle der hier lebenden Kinder, Familien und oft auch alleinerziehenden Frauen und damit zum Wohle unseres Landes insgesamt. Es geht darum, dass Kinder in ihren Familien geborgen, wohlbehütet und in jeglicher Hinsicht gut versorgt sind sowie gute Entwicklungsperspektiven haben. Kinder sind die Zukunft unseres Landes.

Die vorliegende Beschlussempfehlung bietet der Landesregierung eine solide Arbeitsgrundlage. Deshalb geht mein Dank ausdrücklich an den Hebammenverband, an die Stiftung „Eine Chance für Kinder“, namentlich an Professor Dr. Windorfer und auch an unsere Ministerin, Frau Ross-Luttmann, für dieses gelungene Miteinander.

(Beifall bei der CDU)

Dieses gelungene Miteinander bietet gerade auch künftig mehr als eine Chance für Kinder.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben Sie, Frau Kollegin Staudte, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt kein Kinderschutzprojekt, das parteiübergreifend so sehr gelobt wird wie die Familienhebammen, und das zu Recht. Sie finden Zugang zu besonders schwierigen Familien. Es gibt keine Berührungsängste wie bei den Jugendämtern oder den von ihnen beauftragten Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen. Familienhebammen sind ein effektives und ein niedrigschwelliges Angebot für junge Mütter von Anfang an und kein bürokratischer Nonsens wie das von der Lan

desregierung gerade in die Wege geleitete verbindliche Einladewesen.

(Zustimmung bei der SPD)

Doch wie können wir als Land dieses Angebot unterstützen? - Es gibt Benefizkonzerte wie am vergangenen Freitag. Es gibt auch eine projektbezogene - aber leider keine institutionelle - Unterstützung der Stiftung „Eine Chance für Kinder“. Nun soll es also auch die Weiterbildung zur staatlichen anerkannten Familienhebamme geben.

Uns liegen hier zwei fast wortgleiche Anträge vor: zum einen der Ursprungsantrag der Fraktion der SPD, zum anderen die auf einem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP basierende Beschlussempfehlung. Abgesehen von dem durch den Änderungsvorschlag hinzugefügten Aspekt der Evaluation, den auch wir unterstützen, gibt es vor allem vier kleine Wörter, in denen sich die beiden Anträge unterscheiden. Sie lauten: „nunmehr auch finanziell abzusichern“. Sie fehlen im Änderungsantrag von CDU und FDP. Beim Geld hört die Liebe auf, so auch hier bei den Regierungsfraktionen.

Wir hätten gern dem Antrag der Fraktion der SPD in seiner Originalfassung zugestimmt, einschließlich der finanziellen Unterstützung. Denn, liebe CDU und liebe FDP, Sonntagsreden und Benefizveranstaltungen sind schön; aber denken Sie nicht, dass allein mit Ehrenamt und Charity genügend Sozialpolitik in Niedersachsen gemacht worden wäre!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Humke-Focks. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die mir zur Verfügung stehenden 2:30 Minuten möchte ich damit füllen, dass ich ein paar Worte zum Verfahren im Umgang mit diesem Thema sage.

Während gerade die Vertreter des Regierungslagers - vorhin auch Sie, Frau Mundlos - die gestrige Debatte um den Landtagsneubau als Sternstunde des Parlamentarismus bezeichnet haben und die Frage „Abriss oder nicht?“ zu einer Gewissensfrage erhoben haben, kann man bei dem Umgang mit diesem Thema wahrlich nicht behaupten, es han

dele sich um eine Sternstunde. Die Form der Debatte um diesen Antrag stellt nämlich den Alltag des Umgangs der Regierungsfraktionen mit Anträgen der Opposition dar; das muss man an dieser Stelle einmal klar sagen.

Erstens wird eine ausführliche Debatte im Ausschuss verweigert. Schließlich ist die Sitzung des Ausschusses nicht öffentlich.

Zweitens wird die weitere Befassung mit dem Antrag auf die lange Bank geschoben. Schließlich gibt es ja keine Widersprüche.

Drittens werden Widersprüche konstruiert. Denn es handelt sich um einen Antrag der Opposition.

Viertens lässt man einen Alternativvorschlag mit fast gleichlautendem, aber weichgespültem und entschärftem Entschließungstext von der sicheren Mehrheit des Ausschusses annehmen. Er sieht nur noch vor, die Landesregierung fast devot zu bitten.

Fünftens wird die endgültige Beschlussfassung durch den Landtag gepeitscht.

So und nicht anders ist es mit dem SPD-Antrag geschehen. Wir alle waren uns der Bedeutung des Konzepts der Familienhebammen bewusst und wollten durch die Landesregierung absichern lassen, dass das Konzept institutionalisiert, ausgeweitet und mit einer anständigen, anerkannten, modularen Ausbildung manifestiert wird. Kurz gesagt: Das Konzept für Familienhebammen sollte endlich aus dem Versuchs- und Experimentierstadium herausgeführt werden - ein Vorschlag, den wir als Fraktion DIE LINKE und auch unsere kommunalpolitischen Zusammenhänge stets unterstützt haben. Doch leider wollen CDU und FDP nicht über dieses Versuchsstadium hinaus agieren und eine Ausweitung nur in der fernen Zukunft umgesetzt wissen.

(Roland Riese [FDP]: Das ist doch sachlich nicht richtig, Herr Kollege! Das wissen Sie doch!)

Das wiederum ist mit uns Linken nicht zu machen. Daher lehnen wir die Ausschussempfehlung ab.

Merken Sie sich einfach einmal die fünf Punkte, die ich genannt habe! Das ist genau die Art und Weise, wie Sie mit Anträgen der Opposition umgehen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie soll- ten sich schämen!)

Sie zeugt nicht gerade von - - - Gut, das spare ich mir lieber, bevor ich einen Ordnungsruf kriege.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ganz wie Sie es wünschen. - Für die FDP-Fraktion haben Sie, Herr Kollege Riese, das Wort. Bitte schön!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Jetzt sag mal Ja zum SPD-Antrag!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Das kommt genau zur richtigen Zeit, weil ich jetzt dem gröbsten Unsinn widersprechen kann, den wir gerade haben hören müssen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zur Geschichte des Antrags: Der Ursprungsantrag der SPD-Fraktion in der Drucksache 1509 wurde im August gestellt und war ein Stück Begleitmusik im Vorfeld der Haushaltsberatungen. Im Dezember standen an dieser Stelle die Sozialdemokraten und wollten das niedersächsische Erfolgsmodell der Familienservicebüros flächendeckend einsammeln, um ihren Antrag für ein Jahr finanziell abzusichern. Für alle weitere Zukunft hätte eine finanzielle Deckung nicht bestanden. Das muss man erst einmal sagen.

(Zuruf von der SPD: Das ist falsch! - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das war eine Gegenfinanzierung für das Kinderschutzgesetz!)

Über die vorzügliche Arbeit von Familienhebammen in Niedersachsen ist hier heute schon vieles Gute gesagt worden. Im Oktober 2009 hatten wir 184 Familienhebammen und waren damit um wenigstens 50 Familienhebammen weiter als jedes andere Bundesland, auch Nordrhein-Westfalen, das doppelt so viele Einwohner hat wie Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)