Ein 33 Jahre alter Transformator! Die Herstellerfirma und Sachverständige hatten uneingeschränkte Gebrauchsfähigkeit bestätigt. Trotzdem kam es zu diesem Vorfall.
Die Audioüberwachung, für Flugbetrieb und Seefahrt selbstverständlich, hatte man schlicht und einfach abgeschaltet und wehrte sich vor Gericht.
Dieser Vorgang dokumentiert, dass Vattenfall unzuverlässig ist. Auch E.ON muss sich als Mitbetreiber fragen lassen, wie es zu einer solchen Fülle und einer solchen Missachtung der gesetzlichen Vorschriften kommen kann.
Meine Frage hier und heute an die CDU und die FDP lautet: Wie stehen Sie dazu? Was sagen Sie dazu? Dieses AKW liegt in unmittelbarer Nachbarschaft von Niedersachsen. Ihre Kollegen in Schleswig-Holstein haben sich ja etwas bewegt. Sie hingegen haben sich hier in Niedersachsen für nicht zuständig erklärt. Das akzeptieren wir nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das AKW Krümmel war schon bei seiner Inbetriebnahme 1983 veraltet. Der größte Siedewasserreaktor brach danach mit einer beispiellosen Pannenserie als getunter Schrottreaktor alle vorstellbaren Rekorde.
300 meldepflichtige Ereignisse - im Schnitt jeden Monat eines. Pumpen jeder Art fallen immer wieder aus. Sicherheitstechnisch wichtige Ventile
schließen nicht. Flansche reißen ab. Klappen an Not- und Kühlsystemen blockieren. Immer wieder gibt es Risse an Schweißnähten, Rohren und sicherheitswichtigen Armaturen, die - was besonders gefährlich ist - während des Betriebes gewachsen sind. Es treten z. B. Lecks im Kühlkreislauf, Lochfraß an Rohren, verbogene Leitungen, falsche Verkabelungen sowie jede Menge Störungen in Elektrik und Steuersystemen auf. Messinstrumente sowie die Notstromversorgung fallen reihenweise aus, ebenso die Eigenstromversorgung des Reaktors - der gefürchtete Notstromfall.
Es gab Knallgasexplosionen, bei denen Sicherheitsventile beschädigt wurden. Dazu kamen menschliche Bedienungsfehler wie bei der Turbinenschnellabschaltung am 1. Juli 2009. Auslöser war ein von einem Mitarbeiter fälschlicherweise von Hand geschlossenes Notventil.
Herr Coenen, Kommunikationsfehler innerhalb der Anlage und besonders zu den Aufsichtsbehörden sowie Nichtnutzung der vorgeschriebenen Audioüberwachung - all das ist Arroganz, Dilettantismus und Verweigerung; eben Unzuverlässigkeit.
Am 4. Juli 2009 kam es dann zur Reaktorschnellabschaltung mit gravierenden Ausfällen im Hamburger Versorgungsnetz.
Meine Damen und Herren Atomfreundinnen und Atomfreunde, diesen Antrag wollen Sie tatsächlich ablehnen? Ich habe mir Angela Merkels Aussage zu Krümmel während des Wahlgesprächs mit Herrn Steinmeier kurz vor der Bundestagswahl genau aufgeschrieben. Sie sagte, Krümmel müsse man wohl abgeschaltet lassen.
Noch beeindruckender für mich ist unser „Krümmel-Monster“, der Niedersächsische Minister für Umwelt und Klimaschutz.
(Björn Thümler [CDU]: Das ist jetzt al- lerdings sehr unparlamentarisch! - Weitere Zurufe von der CDU)
„Im Augenblick ist Vattenfall kein zuverlässiger Betreiber. Mehrfach wurde nachlässig und fahrlässig gehandelt.“
Herr Sander, Sie waren schon immer für sprachliche Blüten gut. Wir spielen hier aber nicht in der Sander-Kiste.
Hier ist der ganze Minister gefordert, der sich mit seiner ganzen Autorität einsetzt - auch für Gemeinden, die wenige 100 m südlich des Schrottreaktors beginnen und die, wie Lüneburg das getan hat, in ihren Gremien eindringlich das Ende für Krümmel gefordert haben.
Verstecken Sie sich nicht hinter Ihrer vorgeblichen Nichtzuständigkeit. Legen Sie im Schulterschluss mit Ihren schleswig-holsteinischen Kollegen Carstensen und von Boetticher endlich mit der Vehemenz eines Kettensägenprofis Hand an den Abschaltknopf.
Es reicht nicht, wenn Sie, wie es vor einigen Wochen passiert ist, einer Besuchergruppe erklären, Sie würden Krümmel nicht wieder anschalten. Herr Minister Sander, hic Rhodus, hic salta, und zwar als Erstes über Ihren ideologischen Schatten!
Meine Damen und Herren, in zwei Dörfern, in denen nicht einmal 5 000 Menschen leben, darunter knapp 750 Kinder bis 15 Jahren, sind innerhalb von 18 Monaten sieben davon an Leukämie erkrankt. Normal ist ein Fall auf 22 000 pro Jahr. Jedes erkrankte Kind ist ein furchtbares Unglück.
Gerade im Sinne der betroffenen Kinder und Eltern brauchen wir endlich eine Beweislastumkehr, einen Paradigmenwechsel - und nicht ein „Weiter so“ im schützenden Nebel des „Wir wissen nicht, woher es kommt“. Das Einbeziehen neuer Erkenntnisse aus Strahlenepidemiologie, genetischer Medizin und Molekularbiologie ist überfällig.
Deswegen fordere ich Sie auf: Stimmen Sie wie die niedersächsischen Anrainerkommunen dafür, diesen Reaktor für immer abzuschalten.
Wenn Sie das nicht tun, muss ich nämlich feststellen: Der Realitätsverlust bei CDU und FDP ist inzwischen ein chronischer Zustand geworden. Ihre Atomwelt bleibt eine Scheibe.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Herzog, wenn ich es richtig behalten habe, heißt es hic Rhodus, hic saltae - und nicht salta. Insofern wäre es vielleicht ganz gut, wenn Sie das fachlich noch einmal nacharbeiten würden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag mit dem Titel „Reaktor Krümmel für immer abschalten!“ stammt aus dem August 2009.
(Björn Thümler [CDU]: Herr Dr. Sohn will jetzt hier seine Lateinkenntnisse präsentieren! - Zuruf von Dr. Manfred Sohn [LINKE] - Beifall bei der LIN- KEN)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das war einen Monat vor der Bundestagswahl. Über diesen Antrag ist auch in der Woche vor der Bundestagswahl hier im Plenum diskutiert worden. Terminbedingt - so kann ich mich erinnern - war das damals