Protocol of the Session on March 16, 2010

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und kei- ne Tiefgarage baut!)

- Und keine Tiefgarage baut, was ja öffentlich nicht von irgendwem, sondern auch von Herrn Zentgraf oder von dem ehemaligen Landtagspräsidenten gefordert wird. Das sind ja keine grünen Spökenkiekereien. Denken Sie auch daran: Das Auto ist in Zukunft vielleicht auch nicht mehr des Abgeordneten liebstes Stück. Der ÖPNV wird angesichts der CO2-Probleme in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Ich sehe, auch was Ihre Fraktionen betrifft, mit Wohlwollen, wie groß der Konvoi vom Bahnhof hierher tagtäglich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da läuft auch der ultimative Angstmacher Möllring mit seinen Hinweisen ins Leere, der Umbau wäre ein Millionengrab, weil keine Bewehrungspläne für den Baubestand vorlägen. Herr Möllring, mit dem Problem, dass es über die Substanz häufig keine Pläne mehr gibt, müssen wir Architekten und Statiker uns wegen der erstaunlich schlechten Archivarbeit der letzten Jahrzehnte, gerade in Ihrer Hochbauverwaltung, ständig herumschlagen. Das ist

keine Erschwernis mehr, sondern inzwischen leider Standard, mit dem Planer umzugehen wissen. Man kann auch keinen Vergleich mit den Baukostensteigerungen bei Herrn Oesterlen vor 50 Jahren anstellen, der das Parlamentsgebäude auf einer offen liegengebliebenen Kriegsruine errichtet hat. 1960 gab es die solide Wirtschaftswunderbauphase. Da wurde noch ohne viel Asbest und mit verlässlicher Bauleitung gebaut. Da hat keiner Stahlbewehrungen weggelassen, wie es heute mancherorts geschieht, um sich damit ein Zubrot zu verdienen. Auf diesen Fundamenten können neue statische Konstruktionen aufgesetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Beim Kölner Dom, oder wo?)

Da, wo die Bewehrungspläne nicht vorhanden sind, macht man auf und rechnet nach. Das ist kein wesentlicher Kostenfaktor.

(Björn Thümler [CDU]: Dem Kölner Dom geht es gut?)

- Ich darf daran erinnern, dass der Kölner Dom bautechnisch und auch von seiner Gründung her ein bisschen älter ist als dieser Oesterlen-Bau, der im Jahre 1962 fertiggestellt worden ist.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sind Sie si- cher?)

Deswegen fordern wir Sie noch einmal auf: Zeigen Sie Mut und Verantwortung, und stimmen Sie mit uns für den denkmalgerechten und kostensparenden Umbau!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es gibt jetzt noch zwei Wortmeldungen innerhalb der vorhandenen Kontingente. Zunächst hat Herr Professor Zielke für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren über den Landtagsneubau sehr angeregt - wir und ebenso die Öffentlichkeit. Das hat auch psychologische Gründe. Es geht um ein Gebäude. Das ist etwas ganz Konkretes, Sichtbares und Anfassbares, etwas, wozu jeder spontan eine Meinung haben kann: „Finde ich gut“ oder „Gefällt mir nicht“. Die Diskussion verläuft nicht nur nach sachbezogenen Kriterien. Gerade weil Bauten so

konkret und greifbar und dem Drauf-los-Meinen zugänglich sind, lässt sich damit prima der Neidkomplex bedienen, der gerechte Volkszorn heraufbeschwören gegen „Die da oben“, gegen die Politik, gegen die Abgeordneten mit ihrer angeblichen Selbstbedienungsmentalität.

Demgegenüber ist der Niedersächsische Landtag das oberste vom niedersächsischen Volk in freier und geheimer Wahl bestimmte Gremium, das im Rahmen der Verfassung die Gesetze für das Land macht. Da berührt es schon eigenartig, mit wie leichter Hand in manchen Kommentaren mit unserer repräsentativen Demokratie umgegangen wird. Oesterlen hatte es sich zur Aufgabe gemacht, einen repräsentativen Bau zu schaffen, der die junge Demokratie repräsentieren sollte, und eben keinen reinen Zweckbau. Das gilt heute genau wie damals. Die vierte Gewalt kann der ersten Gewalt die Entscheidung nicht abnehmen.

Natürlich gibt es rechtliche Risiken. Aber das ist bei einem Projekt dieser Größenordnung und nach dieser Vorgeschichte gar nicht anders zu erwarten. Wenn wir den Realisierungswettbewerb jetzt abbrechen würden, dann gäbe es sehr wahrscheinlich und auch mit einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit Klagen der Preisträger auf Schadenersatz. Ob und in welcher Konstellation der Gewinner des Wettbewerbs von 2002 noch Chancen bei Schadenersatzforderungen hätte, sei einmal dahingestellt.

Wenn wir den Wettbewerb fortsetzen - was ich mir wünsche -, haben wir die Wahl zwischen zwei Entwürfen. Bei beiden Varianten kann es Probleme mit dem Urheberrecht und dem Denkmalschutz geben. Aber die Risiken sind bei der Variante B viel größer. Auf diese Variante B will ich jetzt eingehen.

Die Erwartung zu hegen, dass der zweite Preisträger des jetzigen Wettbewerbs, Gebhardt, sich mit dem Sieger von 2002 auf ein neues Konzept einigen werde, ist nichts als ein frommer Wunsch und total unverbindlich. Herr Gebhardt war bei der Veranstaltung im Leibnizsaal in dem Punkt der Kooperation auffallend zurückhaltend. Was ist, wenn sie sich nicht einigen? Machen wir dann einen neuen Wettbewerb und starten die ewige Wiederkehr?

(Björn Thümler [CDU]: Sehr richtig!)

Ein anderer Punkt: In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom September 1962 schrieb Oesterlen selbst zu seiner fensterlosen Fassade - ich zitiere -:

„Die geschlossene Fassade - geschlossen, um keine neue Fensterfassade der klassizistischen Fassade entgegenzusetzen und alles Gewicht dem Portikus zu geben...“

Nun geht der Entwurf von Gebhardt den Weg, die Belichtung der Innenräume, die heute nur Kunstlicht haben, dadurch herzustellen, dass in die Granitfassade schmale hohe Fenster eingeschnitten werden. Herr Gebhardt hat das in seiner Präsentation sehr plastisch als „Oesterlen mit Schießscharten“ bezeichnet.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Nein, das war der Statiker!)

- Das hat er auch selbst so gesagt. - Mit anderen Worten: Der Gebhardt-Entwurf mit Innenentkernung und angeblichem Erhalt der Außenfassade tut genau das nicht, sondern er verändert die Außenfassade in eine Richtung, die den Intentionen von Oesterlen diametral widerspricht und sie zerstört.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Dass da jemand den Urheberrechtschutz und den Denkmalschutz verletzt sehen könnte, liegt auf der Hand.

Zum Schluss noch eines jener spontanen Urteile aus dem Bauch, wie ich es am Anfang dargestellt habe, nämlich mein eigenes: Auf mich hat die Granitfassade des Anbaus immer kahl und distanzierend gewirkt. Sie symbolisiert Abschottung von den Bürgern und kalte Staatsmacht, eben Herrschaftsarchitektur der Ära Adenauer. Das können wir heute nicht mehr wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt Herrn Thümler von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, Herr Hagenah, um eines noch einmal deutlich herauszustellen: Wir sollten aufhören, uns hier gegenseitig vorzulügen

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Na, na!)

- zu Ihnen komme ich später -, dass der Entwurf 2 eine Umbaumaßnahme im Bestand wäre. Das ist er nämlich nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Natürlich ist er das!)

Vielmehr sieht der Entwurf 2 eindeutig eine Entkernung der vorhandenen Hülle vor, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer großen Veränderung der Gesamtfläche dieses Obergeschosses - denn der ganze Grund und Boden hier muss aufgerissen werden - und zu einer Veränderung der statischen Beziehungen führen wird, um den neuen Plenarsaalbereich überhaupt einbauen zu können. Er reißt sämtliche Wände, die Sie hier sehen können, ab, und er schlitzt - das haben wir heute schon mehrfach gehört - die Seitenwände auf.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das muss er ja nicht!)

- Oder er schlitzt sie nicht auf. Das will ich jetzt gar nicht in Frage stellen. In seinem Entwurf schlitzt er sie auf und macht diese Schießscharten dort hinein, wie er selber vorgetragen hat.

Was er nicht beantwortet hat, sind die Fragen, die mit dem Sockelgeschoss zu tun haben. Danach ist er auch in der Veranstaltung hier gefragt worden. Das ist aber ein zentraler Punkt, zu dem bis heute keine Antwort vorliegt.

Ich verwahre mich ausdrücklich dagegen, dass wir so tun, als hätten wir bei der dritten Abstimmung den Gegensatz zwischen nur Neubau - nämlich Entwurf 1 - und Abriss bzw. Umbau im Bestand.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: „Abriss im Bestand“ trifft es schon!)

Beides ist faktisch ein Neubau und keine Erhaltung des Bestandes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist tota- ler Quatsch, Herr Thümler!)

Sehr geehrter, geschätzter Kollege Limburg - weil Sie immer schreien „Nein, das ist natürlich nicht so“ -, lesen Sie doch einfach im Protokoll des Preisgerichts nach, was da geschrieben steht! Dann werden Sie schon bei der Bewertung durch die Jury feststellen, dass es sich auch bei Entwurf 2 de facto um einen Neubau handelt und um nichts anderes.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist wi- derlegt, Herr Thümler! Damit haben Sie versucht, die Denkmalschützer zu täuschen!)

Wir sollten aufhören, hier das Gegenteil zu behaupten. Darum möchte ich Sie herzlich bitten, weil es doch erheblich zur Wahrheitsfindung beiträgt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sie hatten versprochen, noch etwas zu mir zu sagen!)

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass wir uns darüber einig sind, dass die allgemeine Aussprache jetzt beendet ist.

Jetzt folgen die Zweiminutenbeiträge, auf die jeder ein Anrecht hat und zu denen sich jeder zu Wort melden kann. Bei diesen gibt es keine Kurzinterventionen mehr; darauf hat man sich vorher geeinigt.