Es geht um das Niedersächsische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Auch wenn man das den Reden nicht zwangsläufig entnehmen konnte: Es gibt durchaus, wenigstens zwischen den beiden großen Fraktionen und der FDPFraktion, immer noch den Konsens, dass wir verdachtsunabhängige Kontrollen als präventive Maßnahmen und auch als Maßnahmen der Strafverfolgung brauchen. Strittig ist nur, wann und wo, aus welchem Anlass und unter welchen Voraussetzungen sie durchgeführt werden.
Sie haben in der Rede zu Ihrem Gesetzentwurf den Eindruck erweckt, als würde der Herr Minister persönlich, wenn es ihm in den Kopf kommt, morgens, mittags oder abends, vor irgendeiner Moschee in Niedersachsen aufkreuzen und die Gottesdienstbesucher kontrollieren. Das ist doch geradezu aberwitzig und blödsinnig. Darum geht es hier doch überhaupt nicht.
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der SPD: Würde er gerne! - Heiner Bartling [SPD]: Den Eindruck hat man aber! - Filiz Polat [GRÜNE]: Herr Bial- las, ziehen Sie es nicht ins Lächerli- che! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wir alle wissen - und das ist ein sehr ernstes Thema -, dass es in Niedersachsen eine Gefährdung durch Extremismus, auch durch islamistischen Extremismus, gibt. Es gibt genügend Beispiele, die ich Ihnen alle vortragen könnte.
Es gibt jedenfalls genügend Hinweise, die bestätigen, dass wir als Politiker, dass die Strafverfolgungsbehörden, die Polizei, die Staatsanwaltschaft und auch die Gerichte in höchstem Maße wachsam sein müssen.
Es ging in der stundenlangen Anhörung um die Frage, in welchem Rahmen Moscheekontrollen stattfinden können und dürfen, nicht um die Frage, ob das rechtlich einwandfrei ist. Es ging immer um die Frage - das ist hier vorgetragen worden - der Gesetzesnorm und der Gesetzesanwendung. Deswegen sage ich ganz deutlich: Mit Blick auf die Norm habe ich in der Anhörung - bis auf einen, der das angesprochen hat - niemanden gehört, der gesagt hat: Man darf das generell nicht.
Einige haben allerdings - das gebe ich zu - gesagt, dass man diese Kontrollen nur dann veranlassen darf, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt, wenn es Anhaltspunkte gibt, die das rechtfertigen. Das ist völlig in Ordnung.
Ich weiß nicht, ob Sie sich außer mit der Frage des Landtagsumbaus bzw. -abrisses auch noch mit anderen Fragen beschäftigen.
Ich habe jedenfalls keine Kenntnis davon - Sie meinen ja, dass das so war -, dass man im Kabinett darüber großen Streit gehabt hätte. Ich habe gehört, dass man im Kabinett darüber gesprochen hat und erklärt worden ist, dass verfahren wird wie bisher: Wenn es entsprechende Anhaltspunkte gibt, dann sind Moscheekontrollen statthaft und finden auch statt. Das hat man dort besprochen. Von dem, was Sie hier berichtet haben, dass irgendjemand zurückgepfiffen wurde, habe ich jedenfalls nichts mitbekommen.
Ich weiß ja, dass ein Kabinett und die Koalitionsfraktionen unter besonderer Beobachtung der Opposition stehen. Das soll auch so sein. Aber Sie müssen sich dann auch an den Fakten orientieren. Hier gibt es eine ganz klare Ansage: Aus bestimmtem Anlass, wenn der Verdacht besteht, dass Gefahr für Leib und Leben besteht, dass extremistische Anschläge geplant werden, dann finden nicht Moscheekontrollen, sondern Kontrollen vor den Moscheen statt. Es gibt nicht den geringsten Grund, daran zu zweifeln, dass dieses Gesetz verfassungskonform ist.
Lassen Sie mich zum Schluss feststellen: Deshalb geht auch der abermalige Änderungsvorschlag der Grünen völlig an dem vorbei, was wir hier brauchen. Sie wollen sich allein auf den Straßenverkehr beschränken, und zwar ausschließlich auf den grenznahen Straßenverkehr. Dann könnte man das, was notwendig ist, in der Tat nicht mehr vollziehen.
Daher sagen wir Ihnen klar: Was die Norm angeht, ist das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung an diesem Punkt einwandfrei. Darin ist klar geregelt, wie, wann und wo es angewendet werden kann.
Deshalb gibt es weder einen Bedarf für die von den Grünen vorgeschlagene Gesetzesänderung noch einen Bedarf für die Änderung, die von der SPD vorgeschlagen worden ist. Wir bleiben bei den Bestimmungen in ihrer jetzigen Form; denn die Polizei kann damit arbeiten, und darauf kommt es an.
Wir wollten immer ein Polizeigesetz, das auch hinsichtlich der Anwendung klar regelt, was geschehen darf und was nicht. Das ist hier der Fall. Deswegen sehen wir keinerlei Bedarf für eine Gesetzesänderung.
Mir liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen vor, und zwar von Herrn Bachmann und von Herrn Briese. Zunächst Herr Bachmann, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Hans-Christian Biallas, mit der Zwischenfrage wäre das schneller gegangen. Aber wenn es denn nicht anders geht, muss ich eben eine Kurzintervention machen.
Wo waren Sie eigentlich, als die Schlagzeilen „Wulff pfeift Innenminister zurück“ und „Wulff will keine Fortsetzung der verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen“ erschienen? Sollten Sie in
dieser Zeit im Ausland gewesen sein und dort keine niedersächsische Zeitung haben lesen können, könnte ich nachvollziehen, dass Sie das nicht mitbekommen haben. Wenn Sie aber im Lande waren, kann ich nur sagen: Ignoranz!
Sie sprachen von kollektiver Mittäterschaft. Ich darf einmal auszugsweise aus dem Schriftlichen Bericht zum Gesetzentwurf in der Drs. 16/2333 zitieren. Darin wird festgestellt, dass aus Sicht des GBD und der angehörten Rechtswissenschaftler § 12 Abs. 6 Nds. SOG in seiner Anwendung bei Moscheekontrollen die Religionsfreiheit unverhältnismäßig einschränkt und es sich dabei um einen Eingriff handelt, der grundgesetzwidrig ist. Anschließend steht dort wortwörtlich:
„Vor diesem Hintergrund erklärte die Landesregierung außerhalb der Ausschussberatungen, dass verdachtsunabhängige Moscheekontrollen auf der Grundlage des § 12 Abs. 6 Nds. SOG nicht mehr durchgeführt würden.“
Danach kommt folgender Satz, der sehr aufschlussreich ist - insofern wollen Sie ja weiter Täter bleiben; gerade haben Sie es auch noch einmal gesagt, woraufhin mein Kollege Haase „unbelehrbar!“ rief -:
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte das noch einmal bestätigen. Nicht nur der GBD kommt zu dem Ergebnis, dass § 12 Abs. 6 Nds. SOG in der jetzigen Form verfassungsrechtlich äußerst bedenklich ist; auch Professor Alexy, Professorin Groh und Professor Waechter haben das gesagt. Man muss also die Eingriffsschwelle präzisieren und die Norm deutlich eingrenzen. Das war ganz eindeutig der Tenor. - Ich möchte jetzt aber noch einmal drei Punkte zu Herrn Biallas sagen.
Erstens. Herr Biallas, frech und blödsinnig waren nicht ich oder meine Fraktion, sondern frech und blödsinnig - das ist ja der Duktus, den Sie gerade hier benutzt haben - sind Verstöße gegen die Grundrechte und die Verfassung. So etwas nenne ich frech und blödsinnig.
Zweitens. Herr Biallas, frech und blödsinnig ist es, wenn man rechtstreue Gläubige drangsaliert und diskriminiert und sie einfach unter Generalverdacht stellt. Das ist frech und blödsinnig.
Drittens. Herr Biallas, ganz besonders frech und blödsinnig ist es - das möchte ich abschließend sagen -, wenn man dann auch noch lange Zeit behauptet, das sei alles rechtlich völlig korrekt. Das ist frech und blödsinnig.
(Hans-Dieter Haase [SPD]: Aber nur, um sich zu entschuldigen! - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Ich nehme alles zurück, müssen Sie sagen!)