Protocol of the Session on February 19, 2010

(Björn Thümler [CDU]: Wenden Sie doch die Geschäftsordnung an! - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich will Ihnen einmal sagen, was man auch nicht hinnehmen kann: Ich dachte immer, christlichdemokratisch zu sein, bedeute für Sie etwas ganz Besonderes. Aber Sie sprechen hier über den Rücktritt eines Genossen von uns, der aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist. Ich will Ihnen dazu sagen: Kehren Sie lieber vor Ihrer eigenen Tür!

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU: Welcher Genosse? Wer ist denn zurückgetreten? - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Lafontaine meint sie! - Zuruf von der CDU: Den ehemaligen SPD-Bundesvorsitzenden meint sie!)

Meine Damen und Herren, es gäbe die Gelegenheit zur Erwiderung. Bitte schön, Herr Thümler!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wieder frappierend, dass der Stich ins Wespennest, den Sie noch ausführen wollten, aber nicht mehr konnten, umgekehrt gewirkt hat. Sie echauffieren sich hier nämlich über Dinge, die Sie anwenden könnten, die Sie aber gar nicht ausnutzen.

Ich will Ihnen einmal sagen, dass wir die Anzahl zulässiger Zusatzfragen zu Dringlichen Anfragen mit der letzten Änderung der Geschäftsordnung im Dezember von vier auf fünf pro Fraktion erhöht haben. Nun können Sie sagen: Mein Gott, das ist ja nichts! - Aber Sie hätten zumindest diese Zahl ausnutzen können. Im Januar-Plenum ist Ihnen das nämlich bei der Anfrage zur Reise des Ministerpräsidenten nach Florida nicht gelungen. Die SPD hat das gemacht, die beiden anderen Oppositionsfraktionen haben es nicht gemacht. Das ist also nicht mein Problem, sondern Ihr Problem.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber wir müssen doch nicht, Herr Thümler! Was soll das denn beweisen? - Wolf- gang Jüttner [SPD]: Es ist keine Pflicht, zu fragen!)

- Darüber muss man dann wieder nicht reden. Ich will Ihnen das einmal sagen: Nutzen Sie die Rechte aus! Dann kommt das schon ganz wunderbar hin.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Kreszentia Flauger [LINKE])

- Das ist nicht unerhört, Frau Flauger, das ist Tatsache. Das können Sie nachzählen. Das ist ganz einfach. Sie müssen nur ins Protokoll gucken.

Dann, Frau Zimmermann, will ich Ihnen sagen: Wir haben mit der letzten Änderung der Geschäftsordnung keinerlei Rechte eingeschränkt. Im Gegenteil haben wir einen etwas anderen, aber vernünftigen Ablauf im niedersächsischen Parlamentarismus geschaffen. Was Sie mit Bezug auf den Innenausschuss angesprochen haben, ist so nicht richtig. Sie wissen genau, dass Sie sich auch dort an die Geschäftsordnung des Parlaments zu halten haben. Die können Sie anwenden. Da sind alle Freiheiten gegeben. Das müssen Sie dort diskutieren, und dann bringen Sie das durch.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Ich lade Sie gern in den Innenaus- schuss!)

Dann machen Sie das, und dann ist alles in Ordnung.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Stimmen Sie da doch nicht alles nieder!)

Dann ein zweiter Punkt.

(Glocke des Präsidenten)

Weil Sie gerade davon gesprochen haben, wie schön wir miteinander umgehen. Ich will hier nur noch sagen, dass es nicht angehen kann, dass verbale Entgleisungen, die auch von Ihrer Seite fortwährend vorgetragen werden, von uns immer devot zur Kenntnis genommen werden. Das kann nicht sein!

Herr Thümler, für Sie gilt das Gleiche wie für Herrn Wenzel. Bitte nur noch einen Satz.

Letztes Wort. - Was haben wir also erlebt? - Am Rande der Dezember-Sitzung des Plenums ist über den Landtagspräsidenten in unflätiger Weise gelästert worden; ich will das nicht zitieren. Das

geht überhaupt nicht, und das lassen wir nicht durchgehen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Grascha von der FDPFraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte, die wir heute zu zwei Anträgen zur politischen Kultur in unserem Haus führen, wird von uns grundsätzlich begrüßt und gilt letztlich auch als lohnenswert.

Ich möchte aber gleich vorwegschicken, dass es uns nicht nur um die wichtigen Ziele geht, die in diesen beiden Anträgen durchaus enthalten sind, sondern uns geht es selbstverständlich auch um die Arbeitsfähigkeit in diesem Haus. Aus unserer Sicht bietet die jetzige Geschäftsordnung eine hervorragende Grundlage dafür, diese Ziele zu erreichen und gleichzeitig die Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten, also beides übereinzubringen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist aus unserer Sicht, aus Sicht der FDPFraktion, schon ein ganz wichtiges Signal, das wir hier geben, für das wir verantwortlich sind, wobei wir gemeinsam in der Pflicht stehen, dass wir als die Repräsentanten unserer parlamentarischen Demokratie selbst dafür Verantwortung tragen, wie unser Bild in der Öffentlichkeit ist. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, meine ich, auf den ich noch weiter zu sprechen kommen möchte.

Für uns Freie Demokraten ist die Freiheit in Verantwortung ein besonders wertvolles Gut. Das gilt logischerweise auch für Abgeordnete. Max Weber hat einmal gesagt:

„Man kann sagen, dass drei Qualitäten vornehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft - Verantwortungsgefühl - Augenmaß.“

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Diese drei Qualitäten beziehen sich nicht nur auf die inhaltliche Arbeit, sondern selbstverständlich auch auf die politische Arbeit hier im Landtag. Mit Leidenschaft überzeugen wir Menschen, gewinnen wir Verantwortung. Das Verantwortungsgefühl brauchen wir, weil wir selbstverständlich als die Repräsentanten der parlamentarischen Demokra

tie dafür einstehen. Hier möchte ich einen sehr wichtigen Punkt nennen, der aus meiner Sicht hervorzuheben ist. Unser Verantwortungsgefühl, dass wir für die parlamentarische Demokratie einstehen, beginnt natürlich auch außerhalb des Parlaments. Da frage ich mich natürlich, wie der Umgang von einigen Abgeordnetenkollegen hiermit ist.

Ich möchte hierzu nur einmal die Zeitschrift Junge Welt zitieren, in der der Kollege Dr. Sohn - der jetzt, zugegeben, nicht da ist - einen sehr interessanten Beitrag veröffentlicht hat - ich zitiere -:

„Entscheidend für die Durchsetzung grundlegender Veränderungen sind nicht die Debatten in den Parlamenten.“

Da muss man sich schon fragen, wie wir mit unserem Selbstbild eigentlich miteinander umgehen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist aus dem Zusammenhang gerissen! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Die zweite Frage ist: Wie gehen wir innerhalb des Parlaments miteinander um? - Ich musste gestern für meine Fraktion feststellen, dass wir, insbesondere von Ihrer Fraktion, von der Kollegin WeisserRoelle beispielsweise, als antidemokratisch bezeichnet wurden. Das möchte ich noch einmal zurückweisen. Das ist an der Stelle auch nicht in Ordnung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber Sie dürfen das immer, oder?)

Die FDP, meine Damen und Herren, ist eine staatstragende Partei, die seit über 40 Jahren Verantwortung in unserem Land trägt. Deshalb müssen wir es uns nicht vorhalten lassen, dass wir antidemokratisch wären.

Ich freue mich hierzu auf die Beratungen im Ältestenrat. Aus unserer Sicht bietet die Geschäftsordnung aber, wie gesagt, eine ausreichende Grundlage, um die Rechte der Opposition wahrzunehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt eine weitere Kurzintervention, nämlich von Herrn Adler von der Fraktion DIE LINKE. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Grascha, ich hatte eigentlich erwartet, dass Sie als Liberaler auch zu dem Stellung nehmen, was Herr Thümler zuvor gesagt hatte. Er hatte nämlich einen sehr merkwürdigen Satz gesagt: Es sei ein Gesetz der Demokratie, dass die Minderheit zu akzeptieren habe, was die Mehrheit entschieden habe. - Das finde ich überhaupt nicht richtig.

(Björn Thümler [CDU]: Das müssen Sie auch nicht richtig finden!)

Ich finde, es ist das gute Recht der Minderheit, dafür zu kämpfen und eine Meinungsmehrheit dafür zu finden, dass Gesetze, die beschlossen worden sind, auch wieder geändert werden können. Das Recht dürften Sie nicht infrage stellen.

(Beifall bei der LINKEN - Björn Thüm- ler [CDU]: Das habe ich überhaupt nicht infrage gestellt!)

Das ist das Erste, Herr Grascha, was ich sagen muss.

(Zuruf)

- Sie können das ja klarstellen, wie das gemeint war. Ich fand die Äußerung von Herrn Thümler jedenfalls sehr missverständlich.

(Björn Thümler [CDU]: Das war eine sehr klare Äußerung!)

Das Zweite, was ich Ihnen sagen möchte: