Protocol of the Session on February 17, 2010

In der Krise ist das jetzt besonders stark geschehen, einschließlich der Einführung des auf bis zu 24 Monate verlängerten Kurzarbeitergeldes, und dies mit gewaltigem Erfolg für die Beschäftigungssicherung. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat eben berichtet, dass flexible Arbeitszeiten und Kurzarbeit im vergangenen Jahr rechnerisch 1,2 Millionen Arbeitsplätze gesichert haben. Dadurch konnte die Wucht der Wirtschaftskrise zu großen Teilen abgefedert werden, allerdings um den Preis hoher finanzieller Opfer auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite.

Jetzt wird es darauf ankommen, die Mitarbeiter noch stärker zu schulen und dafür die weitreichenden Fördermöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch zu nehmen. Wo die Arbeitszeit wie in der Metall- und Elektroindustrie betrieblich

noch unter das Niveau des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung abgesenkt werden muss, spricht viel für die Einführung eines kleinen Kurzarbeitergeldes mit einem Teillohnausgleich, der mit einer Begünstigung bei den Sozialabgaben gekoppelt wird. Betriebsräte müssen in Zeiten des globalen Wettbewerbs immer mehr Aufgaben schultern, so z. B. Verhandlungen über Interessenausgleiche und Sozialpläne bei Betriebsänderungen führen. Ohne Betriebsrat gibt es bei Insolvenzen keinen Anspruch auf einen Sozialplan.

Wie jüngst bei Karmann in Osnabrück kann der Betriebsrat eine Transfergesellschaft auch einmal gegen den Widerstand der Eigentümerseite durchsetzen, und das zum Segen der betroffenen Arbeitnehmer. So hatte die erste Transfergesellschaft bei Karmann als Baby des Betriebsrates eine Erfolgsquote von 80 %.

Zunehmend wichtige Aufgaben für Betriebsräte werden auch der Arbeitnehmerdatenschutz und die betriebliche Gesundheitsförderung angesichts der Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Auch mit Blick auf die Leiharbeit, Herr Kollege Schminke, wäre es denkbar, den Einfluss der Betriebsräte im Entleihunternehmen zu vergrößern. Entsprechende Initiativen gibt es bereits.

Alles zusammen sollte für Arbeitnehmer und Arbeitgeber Anreiz sein, in noch mehr Unternehmen Betriebsräte zu gründen und dafür die Unterstützung der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände in Anspruch zu nehmen. Leider ist es immer noch zum Teil schwierig, in kleineren Betrieben Betriebsratswahlen einzuleiten.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Das bedauern auch wir!)

In diesem Zusammenhang wird auch die Europäische Union immer bedeutsamer. Die CDU setzt sich dafür ein, dass deutsche Regelungen auf EU-Ebene nicht nur Bestand haben, sondern dort auch solide verankert werden.

(Zustimmung bei der CDU und star- ker, anhaltender Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

- Ja, danke.

(Zuruf von der CDU)

- Was wollt ihr eigentlich? Die EU ist doch gut, oder?

Die Betriebsratswahlen von März bis Mai bieten die Chance, durch eine hohe Wahlbeteiligung das Gewicht der vorhandenen Betriebsräte zu untermauern und der Gründung neuer Betriebsräte Nachdruck zu verleihen. Deswegen ruft die CDUFraktion im Niedersächsischen Landtag die Beschäftigten auf, von ihrem Recht auf Mitbestimmung Gebrauch zu machen und wählen zu gehen. Betriebsräte übernehmen hohe Verantwortung für ihre Kollegen und das Unternehmen. Ihr fachliches Können, ihr Geschick, ihr Mut und ihre Ausdauer sind täglich neu gefordert, gerade wenn ein Betrieb in Turbulenzen gerät. Dafür gilt ihnen unser sehr großer Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der LIN- KEN)

- Danke schön.

Die Betriebsräte und alle neuen Kandidatinnen und Kandidaten haben es verdient, dass die Wahlbeteiligung, die zuletzt 80 % betrug, im kommenden Frühjahr noch einmal zulegt.

Danke schön.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Als Nächster hat das Wort Herr Jüttner für die SPD-Fraktion. Ihm steht noch eine Redezeit von 2:21 Minuten zur Verfügung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor meiner Wahl in den Landtag war ich sieben Jahre lang in der Erwachsenenbildung tätig und habe dort jede Woche Betriebsräte ausgebildet.

(Heiner Schönecke [CDU]: Lange her!)

- Ja, das ist lange her. Aber im Langzeitgedächtnis ist noch einiges vorhanden, sage ich Ihnen.

Deshalb kann ich nur sagen: Das, was Herr Matthiesen hier eben vorgetragen hat, war rundum gelungen und entsprach einer angemessenen Behandlung des Themas.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Davor habe ich großen Respekt.

Frau König hingegen hat von der Betriebsverfassung in Deutschland ein Bild gezeichnet, das weder mit der Realität noch mit der Rechtslage übereinstimmt.

Ich will Sie nur auf zwei Dinge hinweisen: Nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist es nicht so, dass man einen Betriebsrat einrichten kann, sondern dort heißt es: ist ein Betriebsrat einzurichten. - Das ist eine Verpflichtung. Das ist nicht sanktionsbewehrt, und deshalb passiert in der Regel nichts, wenn sich niemand darum kümmert. Aber es ist eine Einrichtungspflicht.

Angesichts Ihres Satzes, dass es sogar Betriebe gebe, in denen es gelungen sei, gegen die Gewerkschaften Haustarifverträge abzuschließen, kann ich nur darauf hinweisen, dass Artikel 9 der Verfassung hinsichtlich der Koalitionsfreiheit sehr eindeutig ist. Tarifverträge können auf der einen Seite nur Gewerkschaften abschließen. Sie können aber nicht gegen Gewerkschaften abgeschlossen werden. Nur, dass Sie es wissen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

- Ich habe nicht so viel Zeit. Hört auf!

Vielleicht geht es Ihnen ja so wie dem Ministerpräsidenten, und Sie sind auch bereit, noch dazuzulernen. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es wäre zu hoffen.

Herr Wulff, ich finde Ihre Aussagen in Ordnung. Ich habe Sie am Sonnabend auch auf der Landeskonferenz gehört. Ich möchte aber eine Anmerkung machen. Sie beziehen das immer auf die Phase der Krise. Ich wünschte mir, Sie würden sagen: „Ob Krise oder nicht - gewerkschaftliche Mitbestimmung und Arbeit von Betriebsräten sind in der gesellschaftlichen Demokratie jederzeit richtig und notwendig.“ Ich finde, so sollte es gesagt werden.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Am 1. März gehen die Betriebsratswahlen los. Wenn man erst Mitte März kommt, sieht es eher peinlich aus. Das hier noch einzuarbeiten, wie es Frau König gesagt hat, kann ich mir, ehrlich gesagt, nur sehr schwer vorstellen.

Unser Antrag ist auf Konsens angelegt. Er polarisiert nicht und will auch niemanden ausgrenzen. Wir sind davon ausgegangen, dass sein Inhalt so

selbstverständlich ist, dass er hier auch Ihre uneingeschränkte Unterstützung findet und sofort zur Abstimmung gestellt werden kann.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Ministerpräsident Wulff hatte bereits für die Landesregierung ausgeführt. Mir liegt jetzt eine Wortmeldung des Kollegen Dürr nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor. Ich erteile ihm das Wort für anderthalb Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil zwei Dinge nicht unwidersprochen stehen bleiben dürfen. Herr Humke-Focks hat heute Morgen in der Debatte die Mitglieder meiner Fraktion als Extremisten bezeichnet, und Frau Weisser-Roelle hat uns eben eine antidemokratische Gesinnung unterstellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Freien Demokraten in diesem Haus lassen sich so etwas von Linken nicht bieten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der LINKEN)

Sie haben versucht, Frau König bewusst misszuinterpretieren.

(Zurufe von der SPD und von der LINKEN)

Auch das werden wir Ihnen in der Sache nicht durchgehen lassen.

Frau König hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es zahlreiche Unternehmen im niedersächsischen Mittelstand gibt, in denen Arbeitgeber gemeinsam mit den Arbeitnehmern etwas erreichen, sei es bei Tarifverträgen oder bei anderen Dingen. Wir werden die Behauptung, Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten immer nur gegeneinander arbeiten, nicht unwidersprochen lassen. Das ist in vielen niedersächsischen Betrieben ausdrücklich nicht die Realität, meine Damen und Herren, und deswegen werden wir eine solche Interpretation nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD, von den GRÜ- NEN und von der LINKEN - Unruhe)

Einen kleinen Moment, Herr Dürr! Erst einmal müssen sich alle beruhigen, weil Sie sonst ja überhaupt nicht verstanden werden. - Bitte schön, Sie haben jetzt das Wort.

Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, Frau Kollegin Helmhold, dass wir gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Betriebsratswahlen ausdrücklich an einem guten Verhältnis zwischen Unternehmensführung und Betriebsräten interessiert sind. Das gilt ausdrücklich auch für die Freien Demokraten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch daran kann kein Zweifel bestehen.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Sie versuchen seit einigen Tagen durch Pressemitteilungen und auch heute durch Äußerungen hier im Landtag, uns in eine Ecke zu stellen, in die wir uns von Ihnen ausdrücklich nicht stellen lassen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.