„Es gibt seit vielen Jahren Ankündigungen des Sozialministeriums und zuletzt eine entsprechende Aussage in der Koalitionsvereinbarung. Aber ein Konzept soll erst in Kürze vorgelegt werden.“
- Herr Rolfes, Sie können sich sicher sein, dass Herrschaftswissen nicht immer Herrschaftswissen bleibt. So ist es auch hier.
(Heinz Rolfes [CDU]: Nein, das ist kein Prüfbericht, sondern eine Prü- fungsmitteilung! Das ist unglaublich!)
Die anstehenden Entscheidungen über Anträge werden verhindert. Das führt zu Unsicherheiten und zu einem Entwicklungsstau. Dadurch besteht die Gefahr einer zunehmenden Beeinträchtigung der medizinischen Versorgung.
Das Sozialministerium sollte über die vorliegenden Anträge der Krankenhausträger kurzfristig entscheiden.
Herr Kollege Brunotte, ich muss einmal unterbrechen. - Herr Kollege Rolfes, das war jetzt der neunte Zwischenruf innerhalb von 43 Sekunden. Vielleicht können Sie sich wieder etwas beruhigen, und Herr Brunotte führt in Ruhe seine Ausführungen zu Ende. Herr Kollege Brunotte, Sie haben noch fast zwei Minuten.
Wir freuen uns ja darüber, dass der Kollege Rolfes scheinbar ein so großes Interesse an Kinder- und Jugendpsychiatrie hat. Vielleicht mag er sich ja auch an der Debatte im Sozialausschuss beteiligen.
Wir können uns der Kritik des Landesrechnungshofes nur anschließen. Fehlender Mut und mangelnde Entschlossenheit zu Entscheidungen scheinen zu den Kernkompetenzen von CDU und FDP und auch dieser Landesregierung zu gehören. Ich empfehle Ihnen diesen Prüfbericht sehr zur Lektüre.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU]: Es gibt keinen Prüfbericht, Herrgott noch mal!)
Abschließend zum Antrag von CDU und FDP. Unser Antrag wurde nach fast zwei Jahren abgelehnt. Ein Antrag von CDU und FDP soll neu ins Verfahren kommen. Frau Prüssner, wenn Sie in Teilen mit uns einig sind, frage ich mich, warum Sie unseren Antrag dann in Gänze ablehnen. Im Übrigen hätten Sie beim Um- und Abschreiben etwas konzentrierter vorgehen müssen. Da sind Ihnen sämtliche unserer Kernpunkte und Forderungen verlorengegangen. Nun liegt ein billiger Weichspüler vor. Man kann die Passagen untereinander sehr gut austauschen, und das Wesentliche ist verloren gegangen.
Frau Ministerin Ross-Luttmann, aktives Handeln ist dringend notwendig. Die Zeit von leeren Versprechungen und vorgetäuschtem Aktionismus muss ein Ende haben. Stattdessen liegt nun ein Antrag von CDU und FDP mit unkenntlichen Inhalten vor. Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen, weil er der konsequentere und qualitativ bessere ist. Den Antrag von CDU und FDP wollen wir zügig im Fachausschuss beraten. Aber zustimmen werden wir diesem Feigenblatt nicht.
Danke schön, Herr Brunotte. - Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Hilbers von der CDUFraktion das Wort für anderthalb Minuten.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Brunotte, ich will das nur klarstellen, damit es hier nicht zur Legendenbildung kommt. Es gibt keinen Prüfbericht des Landesrechnungshofs zu den Krankenhäusern. Es gibt eine Prüfungsmitteilung. Diese liegt jetzt im Ministerium. Die wird bewertet. Dazu wird Stellung genommen. Anschließend fertigt der Rechnungshof daraus unter Umständen einen Beitrag für seinen Prüfbericht.
Das warten Sie bitte ab! Dann werden Sie feststellen, dass sich alle Punkte, die dort angesprochen sind, in Wohlgefallen auflösen, weil Niedersachsen
Sie müssen die Dinge schon richtig einordnen. Es gibt nun einmal keinen Prüfbericht, in dem der Landesrechnungshof darlegt, dass die Dinge im Psychiatriebereich nicht ordentlich abgelaufen sind. Warten Sie den Prüfbericht einfach ab!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hilbers, wenn Ihr einziges Problem bei diesem Thema darin besteht, ob es eine Prüfmitteilung oder ein Prüfbericht ist, dann können wir darüber gerne streiten.
(Heinz Rolfes [CDU]: Sie haben keine Ahnung! Das ist ein Riesenunter- schied! - Hey! von der SPD und von der LINKEN)
- Nein, Herr Rolfes, mir geht es um die inhaltliche Auseinandersetzung über dieses Thema. Wir wollen uns mit Ihnen über eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Kinder- und Jugendpsychiatrie auseinandersetzen. Herr Hilbers, die Hinweise, die in der Prüfmitteilung gegeben werden, sind etwas, was uns drängt und treibt. Wenn der Landesrechnungshof sich mit dem Thema derart auseinandersetzt, dann scheint im Ministerium einiges im Argen zu sein.
- Herr Kollege Rolfes, Sie sollten sich in der Art und Weise Ihrer Zwischenbemerkungen jetzt ein bisschen mäßigen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Psychiatrie, lieber Herr Rolfes, nennt man das mangelnde Impulskontrolle.
Meine Damen und Herren, die Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher ist in Niedersachsen nicht überall und nicht zu jeder Zeit gesichert, und das seit Jahren. Immer wieder wurde in den Tätigkeitsberichten des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Versorgung darauf hingewiesen - Herr Brunotte hat es gerade dargestellt -, doch passiert ist kaum etwas.
Deswegen ist in den beiden uns vorliegenden und sehr ähnlichen Anträgen nur eine Formulierung angemessen, und das ist die im Ursprungsantrag der SPD, die da lautet: „Der Landtag rügt... die seit Jahren anhaltende Untätigkeit der Landesregierung“. Der harmonisierende Antrag der CDU und der FDP, der korrekterweise als Änderungsantrag hätte tituliert werden müssen, dient nur einem Zweck, und zwar dem Vortäuschen von Aktivität.
Fakt ist: Die Morbidität, also die Wahrscheinlichkeit, eine psychische Erkrankung zu erleiden, wächst statistisch gesehen insbesondere bei den Migrantinnen und bei den Migranten und bei den sozial schwachen Bevölkerungsgruppen. Dem gegenüber steht ein nicht ausreichender Zuwachs an Behandlungsangeboten. In der Analyse der Landesregierung, die uns vor einigen Tagen zugegangen ist, wird eine Steigerung der Fallzahlen mit 146 % und eine Steigerung der Bettenzahl mit lediglich 25 % beziffert - eine ziemliche Differenz. Wir finden, dass wir dieses wachsende Auseinanderklaffen der Schere nicht weiter akzeptieren können.
Außerdem ist die regionale Verteilung extrem unterschiedlich. Wie kann es z. B. sein, dass in Lüneburg 2009 21 stationäre Planbetten für 100 000 jugendliche Einwohner zur Verfügung stehen und in Hannover mit 53 Betten mehr als doppelt so viele? In der Stellungnahme der Staatssekretärin heißt es dazu ziemlich euphemistisch: Mit 145,8 %
erreicht das Versorgungsgebiet 3, also Lüneburg, zurzeit die höchste Auslastung. - Das hört sich so an, als ob das eine positive Errungenschaft wäre. In Wirklichkeit muss man sagen, dass es im Versorgungsgebiet 3, in Lüneburg, zu einer Überbelegung von nahezu 50 % kommt.
Hier hat die Krankenhausplanung in Niedersachsen eindeutig versagt. Wir brauchen gerade für Kinder wohnortnahe Behandlungsmöglichkeiten; denn die Gesundung hängt auch immer von einer gelingenden Elternarbeit ab.
Das bedeutet auch, dass wir mehr niedergelassene Kinder- und Jugendtherapeuten, mehr Kinder- und Jugendpsychiater und mehr tagesklinische Plätze brauchen, um das Ungleichgewicht der Regionen auszugleichen. Im Bezirk Weser-Ems z. B. gibt es etwa doppelt so viele Tageskliniken wie im Bezirk Braunschweig.
Ein letzter Satz: Das einzige Projekt der Landesregierung im psychiatrischen Bereich war der Verkauf der Landeskrankenhäuser. Das war ein Fehler. Das Sozialministerium in Niedersachsen kommt seiner Aufgabe, für Kinder und Jugendliche eine angemessene Versorgung in Niedersachsen sicherzustellen, leider nicht nach.