Protocol of the Session on May 8, 2008

(Zuruf von der CDU: Falsch!)

Eine Extrapolation von Tonnagen blindlings in die Zukunft nach oben ist Blödsinn. Die Bevölkerung nimmt ab. Das wird allenthalben beklagt. Man redet über einen Nordstaat, aber man ist nicht in der Lage, ein arbeitsteiliges, sinnvolles Hafenkonzept zu erstellen,

(Zuruf von der CDU: Quatsch!)

geschweige denn ein Verkehrsanbindungskonzept - auch da Fehlanzeige.

(Zuruf von der CDU: Das ist auch Quatsch!)

- Ja, das ist alles Quatsch. Bloß sind das leider die Fakten.

(Zuruf von der CDU: Nein, Unsinn!)

Die Elbvertiefung soll kommen, sagen die Hamburger. Das sei existenziell. Dieses Mal noch, und danach ist natürlich Schluss - wie auch die letzten Male. Diese Formel, meine Damen und Herren, ist schlichtweg Volksverdummung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Was macht vor diesem Hintergrund die Politik? - Die Grünen in Hamburg - wir haben es gehört - wollen die Elbvertiefung nicht, aber sie machen natürlich mit. Also sind sie verantwortlich. Daran geht kein Weg vorbei. Sie schlucken die Elbvertiefung. Sie schlucken letztendlich auch Moorburg, und das unterm Strich für eine zwei Jahre längere Grundschule.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Quatsch! Das ist nicht richtig!)

Das ist zu wenig. Da kann ich nur sagen: Liebe Grüne, lernt von der FDP! Sie hat in Koalitionen oft gezeigt, wie der Schwanz mit dem Dackel wackelt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, sogar der Ministerpräsident ist in die Bütt gegangen und spricht hier von Deichsicherheit und Umwelt.

(David McAllister [CDU]: Seit Jahren tut er das!)

Wie halten Sie als Ministerpräsident und auch Sie als Regierungsfraktionen diese Doppelmoral aus? Wie geht das, wenn Sie bei Ems und Weser genau das machen? Sie wären doch die ersten Baggerführer, wenn dieser Hafen in Stade wäre und nicht ein paar Kilometer weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Ihnen wäre dort nämlich das neoliberale Hemd näher als der ökologische Rock. Das ist Fakt.

(Beifall bei der LINKEN)

An dem Tag, an dem Sie einmal aus Klimaschutzgründen gegen ein solches Projekt eintreten, wie Sie es in Ihren Regierungserklärungen ausgeführt haben, ziehe ich vor Ihnen den Hut. Aber ich glaube, in diese Verlegenheit werde ich nicht kommen.

Meine Damen und Herren, was Sie wirklich wollen, beweisen Sie nicht nur bei Ems und Weser, sondern auch an der mittleren Elbe, wo Sie nämlich völlig ohne ökonomische Not - im Gegenteil sogar völlig blödsinnig unter diesem Gesichtspunkt - weiter ausbauen und ausbaggern wollen. Da sieht man, welche Politik Sie eigentlich wollen. Deshalb riecht Ihr vermeintliches Nein oder Jein oder wie auch immer einfach danach, dass hier mit Verhandlungsmasse gearbeitet wird, die man letztendlich, vielleicht für ein bisschen mehr Müllverbrennung oder Ähnliches, doch aufgibt.

Das Ziel des SPD-Antrages „Kein ‚weiter so’“ bleibt etwas unklar. Es ist in der Tat nicht ganz klar, ob

folgende Formulierung taktisch bedingt ist: „Das erforderliche Einvernehmen Niedersachsens wird versagt, wenn“ - und dann kommen sieben Punkte. Diese sieben Punkte könnten wir uns jetzt alle angucken. Alle diese sieben Punkte sind gar nicht mehr zu eruieren. Sie sind alle mit einem ganz klaren Ja zu beantworten. Deswegen an die Adresse der SPD: Macht es anders! Macht es klarer! „Das Einvernehmen ist zu versagen, weil“ - und dann kommen die sieben Punkte.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, auch die volkswirtschaftliche Prüfung von Kosten und Nutzen würde doch dazu führen, Herr Jüttner, dass fast kein Projekt in dieser Größenordnung mehr durchkäme. Das wissen wir doch. Aber Sie haben gestern schon gesagt, dass Sie eigentlich schon eine Erweiterung des JadeWeserPorts wollen, noch bevor das Projekt steht. Auch darüber müssen wir langsam einmal anfangen nachzudenken, ob das eine sinnvolle Formulierung ist.

Der Volksmund sagt: Politik ist ein schmutziges Geschäft. - Auch die, die hier zuhören, werden das sicherlich manchmal denken. Grüne sind plötzlich Elbvertiefer oder - sagen wir mal - in der Verantwortung; sie wollen es ja eigentlich nicht. Neoliberale und Konservative benutzen Ökoformeln. Immer gerade so, wie es passt! Macht macht nämlich mächtig Spaß.

Meine Damen und Herren, das geht nicht weiter. Der SPD-Antrag wäre ein Ansatz, wenn es eben hieße: „ist zu versagen, weil“. Wenn ich bei der SPD bloß nicht immer das verdammte Gefühl hätte, dass sie es genauso machen würde, wenn sie an der Macht wäre!

(Beifall bei der LINKEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Ihr habt im Kommu- nismus gezeigt, wie ihr es macht! Da habt ihr alles ruiniert!)

Als Nächster hat sich Herr Oetjen von der Fraktion der FDP zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Bremen finden die Grünen in Hamburg ein neues Debakel - nach der Weservertiefung nun die Zustimmung der Grünen in Hamburg

zur Elbvertiefung. Inhaltliche Grundsätze werden über Bord geworfen,

(Ina Korter [GRÜNE]: Damit kennen Sie sich aus!)

und das in einer für die Grünen so heiligen Frage wie der Elbvertiefung. - Die Grünen, Frau Korter, sind Deutschlands Umfallerpartei, der die Beteiligung an der Macht wichtiger ist als das Festhalten an inhaltlichen Grundsätzen. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ich sage nur „Leutheusser- Schnarrenberger“! Warum ist die wohl nicht mehr dabei? - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Ich bin nur froh, meine Damen und Herren, dass der Kollege Klein hier für die niedersächsischen Grünen dargestellt hat, dass sie sich deutlich anders positionieren. Ich hoffe nur, dass Sie diese Position auch dann aufrechterhalten, wenn Sie in der Zukunft einmal in eine andere Konstellation kommen. Das könnte man vor dem Hintergrund der Vorgänge in Hamburg durchaus einmal hinterfragen.

(Beifall bei der LINKEN)

Hamburg forciert mithilfe des Bundes - man muss klar sagen, dass der Bund Träger dieser Maßnahme ist - die Vertiefung der Elbe. Das macht uns große Sorgen. Die letzten Vertiefungen haben zu gravierenden Änderungen geführt, die für die Menschen an der Elbe sichtbar und spürbar sind. Mein Parteifreund, der Otterndorfer Bürgermeister Hermann Gerken, berichtet mir regelmäßig über das Abbrechen von Wattkanten oder das Wegspülen großer Wattflächen in der Elbe. Auch viele Deckwerke sind mittlerweile beschädigt. Meine Damen und Herren, das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der FDP)

Aus Hamburger Sicht ist die Sache natürlich klar: Alles nicht so schlimm; wir brauchen die Elbvertiefung für unseren Hafen. - Manchmal könnte man denken, die Hamburger werden erst klug, wenn ihnen das Wasser wirklich bis zum Halse steht. Aber natürlich sichert der Hamburger Hafen Tausende Arbeitsplätze, auch von Niedersachsen. Von daher kann ich das Ansinnen verstehen, den Hafen auch für größere Schiffstypen zugänglich zu halten. Klar muss für Niedersachsen aber sein: Die

oberste Priorität hat für uns die Sicherheit der Deiche und damit die Sicherheit der Menschen, die hinter diesen Deichen an der Elbe leben. Das formulieren wir als CDU und FDP im Landtag genau so.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich bin daher sehr froh, dass sich die Niedersächsische Landesregierung und der Niedersächsische Landtag hierzu in der vergangenen Legislaturperiode sehr eindeutig positioniert haben. Diese unsere Position galt nicht nur vor der Wahl, sondern sie gilt auch noch heute.

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Ich möchte mich bei Frau Somfleth ausdrücklich dafür bedanken, dass sie das auch anerkennt und sagt: Hans-Heinrich Sander hat sich als niedersächsischer Umweltminister klar geäußert. - Ich sage: Hans-Heinrich Sander ist ein sehr guter Umweltminister, und dieser Umweltminister steht zu seinem Wort.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich fände es aber wünschenswert, Frau Kollegin Somfleth, wenn auch Sie - so wie wir kritisieren, dass unsere Parteifreunde in Hamburg für die Elbvertiefung sind - anerkennen und deutlich machen würden, dass auch Herr Tiefensee als verantwortlicher Bundesverkehrsminister hier in der Pflicht ist und dass auch er für sein Verhalten zu kritisieren ist. Ich sage ganz deutlich: Hier sind die Sozialdemokraten aus Niedersachsen auch gegenüber Herrn Tiefensee in der Pflicht, die Sorgen der Menschen an der Elbe deutlich zu machen und klar zu sagen, wie die Position Niedersachsens ist. Ich hoffe, Sie tun das.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Davon kön- nen Sie ausgehen!)

Vorhin bei Ihrer Rede hatte ich nicht den Eindruck, Frau Somfleth.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht reichen die von Hamburg vorgelegten Gutachten in keiner Weise aus, um die möglichen Folgen einer weiteren Elbvertiefung verlässlich abzuschätzen. Ich betone: verlässlich. Für mich ist klar, dass eine wirklich belastbare Prognose über die Folgen der geplanten Elbvertiefung erstellt werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Sturmflutsicherheit der Deiche. Besondere Sorge machen mir hierbei die Pläne für die Medemrinne. Wir sollten vermei

den, dass durch zu starke wasserbauliche Maßnahmen die Deiche über Gebühr belastet werden.