Herr Ahlers, Sie wissen natürlich, dass der Antrag noch einige inhaltliche Schwächen hat. Im Ausschuss habe ich mehrfach nachgefragt, wie die Landesregierung überhaupt aufarbeiten soll, ob das Strafmaß einigermaßen sachgerecht ist. Darauf konnten Sie im Ausschuss keine Antwort ge
ben. Eine Antwort haben Sie schlicht und ergreifend verweigert. Das ist eine ganz schlappe Passage in Ihrem Antrag. Sie konnten nicht die Frage beantworten, ob die Landesregierung prüft, ob der Strafrahmen ausreichend ist.
Dies ist meiner Meinung nach auch eine Schwäche des SPD-Antrags. Wenn einem nichts mehr einfällt, setzt man einfach einmal den Strafrahmen herauf. Vielleicht - das will ich gar nicht in Abrede stellen - ist das sogar eine Lösung. Vielleicht schlägt uns Herr Pfeiffer das auch vor.
Bevor aber Ergebnisse vorliegen, am Strafrahmen zu schrauben, ohne zu wissen, ob das irgendetwas bringt, und ohne Durchführung einer Fachanhörung usw. - dafür sind wir uns zu schade, meine sehr verehrten Damen und Herren. So etwas werden wir nicht mittragen.
Wir sind sehr dafür, dass das Phänomen der Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten sehr genau analysiert wird. Wir stehen voll und ganz hinter der KFN-Studie. Wir finden es sehr vernünftig, was Herr Pfeiffer auf den Weg bringt. Wir finden es jedoch unvernünftig, dass dies von einigen Bundesländern diskreditiert wird. Nach der Vorlage der KFN-Studie wollen wir politische Schlüsse daraus ziehen, was wir ändern können, damit der Polizeiberuf weiter attraktiv bleibt und damit Polizistinnen und Polizisten ihren Beruf weiter gern ausüben. Das ist unser politisches Anliegen. Herr Ahlers, Schnellschüsse gehen jedoch meistens daneben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Umfang der Widerstandsdelikte gegen die Staatsgewalt ist in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 30 % gestiegen. Über 90 % dieser Delikte werden gegenüber Polizisten verübt. Dies spielt sich beispielsweise im Bereich häuslicher Gewalt ab, wenn solche Situationen vor Ort aufgespürt werden. Außerdem hören wir vermehrt über die Medien, dass selbst im Bereich von Verkehrskontrollen Autofahrer ausrasten und Gewalt gegen Polizisten anwenden.
Meine Damen und Herren, dies sind aus meiner Sicht Beispiele dafür, dass unsere Gesellschaft zum Teil verroht und sich dies gegenüber der Staatsmacht entlädt. Im POLIZEISPIEGEL beispielsweise berichtet Axel Bonitz aus dem Bereich der Fußballszene. Wir wissen seit Längerem, dass sich die GdP und die DPolG dieses Themas angenommen haben. Auch auf der Innenministerkonferenz im Dezember ist dieses Thema sehr intensiv besprochen worden.
Ich finde es bedauerlich - das möchte ich deutlich sagen, verehrte Kolleginnen und Kollegen -, dass die Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen nicht von allen Ländern unterstützt wird. Ich hielte es für ein wichtiges Signal, wenn sich alle Länder daran beteiligen würden. Ich finde es sehr gut, dass sich Herr Professor Dr. Pfeiffer bemühen möchte, alle Länder zu überzeugen, die bislang noch etwas zögerlich sind. Denn die kritischen Punkte, die in der Studie enthalten gewesen sind und die auch wir für kritisch gehalten haben - das sage ich sehr deutlich -, sind korrigiert worden. Aus meiner Sicht, verehrte Kolleginnen und Kollegen, gibt es keinen Grund mehr dafür, dass sich ein Land nicht an dieser Studie beteiligt.
Die Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches, die auch von der SPD-Fraktion gefordert wird, ist bereits angesprochen worden. Aus meiner Sicht ist dabei wichtig, dass es sich nicht nur um eine Alibigesetzgebung handelt; denn eine Gesetzesänderung macht nur dann einen Sinn, wenn dadurch tatsächlich zusätzlicher Schutz gewährleistet werden kann. Ich meine, es muss vielmehr darum gehen, das geltende Recht konsequent anzuwenden. Das ist nämlich nicht immer der Fall.
Uns muss aber auch klar sein, dass sich Gewaltbereite nicht so einfach durch Strafrechtsverschärfungen abschrecken lassen. Von daher muss auch die Gewaltprävention verbessert werden, damit Polizistinnen und Polizisten gar nicht erst zu Schaden kommen. Gleichzeitig ist die gute Ausstattung von Polizistinnen und Polizisten ein ganz wichtiger Aspekt. Diese Punkte haben wir in unserem Antrag erfasst.
Ich möchte deutlich sagen: Wir von CDU und FDP stehen an der Seite unserer Polizisten. Ich finde es gut, dass wir gemeinsam einen Konsens finden werden.
- Wenn ich dein Nicken richtig verstehe, liebe Kollegin Hanne Modder, dann werden wir das wohl schaffen. Von daher werden wir heute ein gutes Signal aussenden können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige schreckliche Beispiele für Gewaltanwendungen gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind hier dargestellt worden. Man kann sich vorstellen, welche Folgen sich ergeben können, wenn Polizeibeamte mit brennbarer Flüssigkeit übergossen werden. Das ist ein Mordversuch, und das muss man auch so darstellen.
Es geht aber nicht nur um die hier geschilderten Beispiele, sondern im alltäglichen Leben passieren immer wieder Widerstandshandlungen gegen Polizeibeamte - leider in zunehmendem Maße. Von 2001 bis zum heutigen Tag ist ein Anstieg von über 60 % zu verzeichnen. Auf Bundesebene ist das ähnlich, dort liegt der Anstieg zwischen 30 % und 40 %. Deshalb finde ich es gut, dass heute im Parlament nahezu von allen Fraktionen dargestellt worden ist, dass sich die Politik, aber auch unsere Gesellschaft hinter unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte stellen muss. Es muss alles unternommen werden, damit Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in so einer Situation nicht alleine stehen; denn sie gewährleisten unsere Sicherheit. Das bedeutet Lebensqualität. Deshalb gebührt ihnen Anerkennung, aber auch Unterstützung in solchen Situationen.
Für mich ist deshalb wichtig, dass die Eigensicherung in der Polizeiausbildung mit an vorderster Stelle steht. Wir haben den Bachelorstudiengang so ausgerichtet, dass die Eigensicherung schon während der Ausbildung ein ganz wichtiges Thema ist. Wir haben das „Systemische Einsatztraining“ darauf abgestellt. Wichtig ist auch, dass der passive Schutz gewährleistet wird. Die Ausstattung der Polizei ist in den letzten Jahren verbessert worden. Wir werden immer wieder überprüfen, ob in diesem
Meine Damen und Herren, genauso wichtig ist es, dass eine gesellschaftliche Ächtung von Gewalt, insbesondere gegen unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, ausgesprochen wird. Frau Zimmermann, ich habe wirklich ein Problem damit, wenn Sie suggerieren, dass es eine gesellschaftliche Situation geben könnte, dass man Gewalt tatsächlich rechtfertigen kann. Das klang in Ihren Worten leider Gottes so durch.
(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Das ist an den Haaren herbeigezo- gen! - Pia-Beate Zimmermann [LIN- KE]: Sie verdrehen meine Worte!)
Für mich ist wichtig, dass wir bei diesem Thema, bei dem das Parlament sehr nahe beieinander ist, eine gemeinsame Beschlussempfehlung erreichen. Frau Modder hat gerade dargestellt, dass die Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts von entscheidender Bedeutung ist. Es ist wahr, dass Alkohol und Drogen in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. In der letzten Zeit habe ich besonders darauf hingewiesen.
Aber es ist nicht nur notwendig, die reinen Daten vorliegen zu haben, sondern auch die Ursachen müssen erforscht werden. Das soll diese Studie ermöglichen. Deshalb halte ich die Nr. 7 des Änderungsantrags der SPD-Fraktion durchaus für sinnvoll. Wir sollten überlegen, diesem Punkt zu folgen.
Sie haben in Ihrem Änderungsantrag weiter aufgenommen, dass in der Kriminalstatistik Taten, bei denen Vollzugsbeamte Opfer geworden sind, gesondert erfasst werden sollen. Dies wird mittlerweile so praktiziert. Ich bin auch gerne bereit, jährlich darüber zu berichten. Das ist keine Frage.
Natürlich ist auch die Fürsorgepflicht ein wichtiger Punkt, Stichwort „Vorschuss bei der Krankenversorgung“. Genauso wichtig ist ein moderner Rechtsschutz. Der Rechtsschutz muss gewährt werden. Ich gebe zu, dass das Verfahren noch sehr kompliziert ist. Aber ich habe schon längst eine Verschlankung des Verfahrens in Auftrag gegeben, sodass dieser Punkt relativ schnell umgesetzt werden kann und dann auch erledigt ist.
Auf der Innenministerkonferenz hat Niedersachsen klar festgestellt: Sobald die Ergebnisse der Studie des KFN vorliegen, müssen wir gezielt prüfen, ob und in welcher Richtung die Gesetze geändert werden müssen, damit gerade die Gewalt gegen Polizeibeamte besser als bisher geahndet werden kann. Das ist bereits Beschlusslage in der IMK - also auch nichts Neues.
Ich würde mich freuen, wenn dieser Konsens, der heute zum Ausdruck gekommen ist, auch in einer gemeinsamen Entschließung Ausdruck finden könnte. Mein Vorschlag wäre, den Antrag der Regierungsfraktionen um die Nr. 7 des Änderungsantrags der SPD-Fraktion zu ergänzen, der meiner Ansicht nach einen wichtigen Punkt aufgreift. Ich hoffe, dass wir das dann gemeinsam beschließen können. Das wäre meiner Ansicht nach ein wichtiges Signal für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und auch insgesamt für die Polizei in Niedersachsen. Das hat sie wirklich verdient. Ich würde mich freuen, wenn das zu erreichen wäre.
Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Ahlers zu Wort gemeldet. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser Debatte kann man feststellen: Es ist nie zu spät. Denn diese Debatte hat die Chance eröffnet, noch etwas zu verändern. Ich darf deshalb bekannt geben, Herr Innenminister: Ihr Appell ist bei uns angekommen und hat gewirkt. Ich habe mit der SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion und unserer Fraktion gesprochen. Wir sind dahin gehend übereingekommen, dass der Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP, der fünf Punkte umfasst, um einen sechsten ergänzt werden soll, und zwar, liebe Frau Modder, um die Nr. 7 Ihres Änderungsantrags. Ich glaube, dann haben wir einen breiten Konsens hergestellt. Ich wäre sehr dankbar, wenn sich dieser Konsens auch im Abstimmungsverhalten niederschlagen würde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, um es noch einmal deutlich zu sagen: Ich fände es unvernünftig, heute etwas zu einem Thema zu beschließen, zu dem die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung noch gar nicht vorliegen. Ein Teil davon wird in den vorliegenden Anträgen schon vorweggenommen. Das finde ich schlicht und ergreifend nicht klug. Das habe ich, glaube ich, in meinem ersten Redebeitrag bereits deutlich gemacht.
Wenn wir sorgfältig und vernünftig arbeiten würden, dann könnten wir getrost die Ergebnisse von Herrn Pfeiffer abwarten. Es dauert vielleicht zwölf Monate, bis sie vorliegen. Dann können wir in diesem Landtag darüber beschließen, welche Mittel adäquat sind, damit Gewalt gegen Polizei eingedämmt werden kann. Denn das ist unser gemeinsames Ziel. Das ist meine erste Anmerkung: Es gibt keinen Grund, warum heute über diesen Antrag abgestimmt werden müsste.
Zweitens. Herr Schünemann, Sie haben gesagt, es wäre sinnvoll, vernünftig und schön, wenn ein breiter Konsens erreicht werden könnte, vielleicht sogar fraktionsübergreifend. Wie wichtig es Ihnen ist, diesen breiten Konsens herzustellen, wird daran deutlich, dass Herr Ahlers mit den Grünen gar nicht darüber gesprochen hat, ob sie einen entsprechenden Antrag unterstützen wollen.
Insofern kann ich nur feststellen: Den richtig breiten Konsens in diesem Hause wollen Sie anscheinend nicht.
Meine Damen und Herren, jetzt bestünde die Möglichkeit für die CDU-Fraktion zu erwidern. Das wird nicht gewünscht.