Protocol of the Session on January 19, 2010

Angesichts dieser fortbestehenden Gleichberechtigungsdefizite ist es von großer symbolischer Bedeutung, den Internationalen Frauentag am 8. März zum gesetzlichen Gedenk- und Feiertag zu erklären.

(Beifall bei der LINKEN)

Längst haben Mädchen und Frauen im Durchschnitt die besseren Bildungsabschlüsse, doch noch immer verdienen sie viel weniger Geld. Verfestigte Rollen verhindern, dass Frauen in Naturwissenschaft und technische Berufe vordringen. Bei Ingenieurberufen beträgt der Frauenanteil nur 10 %.

Frauen finden schwer einen anspruchsvollen und gut bezahlten Arbeitsplatz. Höhere Positionen sind ihnen noch immer schwer zugänglich. Frauen führen weniger Betriebe - vor allem große -, leiten weniger Redaktionen, schreiben weniger Leitartikel, haben weniger Professuren inne und prägen kaum Wissenschaft und Lehre. Sie sind in der Politik unterrepräsentiert - man sieht es hier - und wirken dadurch in einem verhältnismäßig geringen Maße an der Erarbeitung von Gesetzentwürfen mit. Frauen wird systematisch durch patriarchalische Strukturen und ein altmodisches Verständnis die berechtigte Teilhabe an der Gesellschaft verwehrt.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Internationale Frauentag oder Weltfrauentag ist seit Jahrzehnten weltweit bekannt und in vielen Nationen ein gesetzlicher Feiertag. Es ist der Tag, an dem Frauen bisher Erreichtes feiern und gleich

zeitig weltweit ihr Recht auf Gleichberechtigung einfordern.

Der 8. März vereinigt Frauen verschiedener Länder und verschiedener Regionen. Deshalb bietet er sich als gesetzlicher Feiertag an.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Weltkindertag wird in 145 Ländern an verschiedenen Tagen - in der Bundesrepublik am 20. September - gefeiert. Durch einen Weltkindertag sollen Städte und Gemeinden dazu beitragen, Kinderrechte bekannt zu machen und ihre Durchsetzung vorantreiben. Der Weltkindertag als gesetzlicher Feiertag hat in der heutigen Zeit, in der die Gesellschaft verroht und in der Kindervernachlässigung kein Einzelfall ist, an Bedeutung gewonnen - er ist unabdingbar. Wir benötigen Kinder in unserer Gesellschaft. Nur durch sie leben wir weiter. Es ist wichtig, dass sich Eltern, Verwandte, Nachbarn und Ämter dieser Verantwortung bewusst sind und dass Kinderrechte in Deutschland eine Selbstverständlichkeit sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, beide Tage haben gemeinsam, dass sie Anlass zum Feiern geben. Frauen feiern die bisher erreichten Ziele, Kinder werden gefeiert, weil es sie gibt und nur so unsere Gesellschaft weiterleben kann. Beide Tage setzen ein Zeichen: Es gibt noch viel zu tun, packen wir es an!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Beide in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Feiertage eröffnen dem Land Niedersachsen Chancen - vor allem mit Blick auf die Frauen. Wir brauchen mehr Frauen, die naturwissenschaftliche Fächer studieren und unterrichten. In diesem Bereich gibt es einen Mangel. So kann Niedersachsen einen Akzent setzen und sich als emanzipatorisches Land zeigen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die CDU-Fraktion hat sich jetzt Herr Kollege Wiese zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich schicke voraus: Dass ich zu diesem Tagesord

nungspunkt spreche und keine der geschätzten Kolleginnen meiner Fraktion, ist Ausdruck eines demokratischen Übereinkommens in unserer Fraktion. Ich darf zu diesem Punkt ausdrücklich für die Frauen meiner Fraktion mitsprechen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Zunächst eine kurze Anmerkung zum Verfahren: Der Antrag der Fraktion der Linken zielt, wenn ich ihn in seinen Ansätzen richtig verstanden habe, nicht auf die Schulferien ab, sondern es geht um eine generelle Regelung. Es geht um eine Änderung bei den Feiertagen und nicht bei den Ferientagen. Deshalb beantragen wir, federführend den Innenausschuss und mitberatend den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit dem Gesetzentwurf zu befassen.

Meine Damen und Herren, die Kollegin König hat den Weltfrauentag - da ist ihr keinesfalls zu widersprechen -, an dem weltweit zahlreiche Veranstaltungen stattfinden, um auf die Rechte von Frauen hinzuweisen und Missstände deutlich zu machen, als Beispiel genannt.

(Zustimmung bei der CDU)

Weltfrauentag ist bei uns der 8. März. Weltkindertag ist bei uns der 20. September - in anderen Ländern an anderen Tagen. Wir haben noch eine Reihe weiterer Aktions-, Themen- und Gedenktage. Am 25. April ist der Tag des Baumes, am 5. Juni der Tag der Umwelt.

(Marianne König [LINKE]: Also das ist ja nun zu viel des Vergleichs!)

- Frau König, Sie brauchen sich nicht zu entrüsten, das ist so. Ich denke, unser Anliegen, die Umwelt für die uns nachfolgenden Generationen zu bewahren und in diesem Sinne eine nachhaltige Politik zu machen, sollten Sie teilen können. Insofern brauchen Sie sich nicht zu ereifern.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Im Übrigen ist am 16. November der Internationale Tag der Toleranz. Ich gebe zu, dass diese Gedenktage eine unterschiedliche Wertschätzung erfahren und, vielleicht je nachdem, wie das Thema gerade betrachtet wird, unterschiedlich stark wahrgenommen und manchmal von anderen Ereignissen überlagert werden. Aber gerade beim Weltfrauentag und Weltkindertag können wir feststellen, dass bei einer ganzen Reihe von Akteuren, die - insbesondere im ehrenamtlichen Bereich -,

ihre Anliegen deutlich machen, eine positive Entwicklung zu verzeichnen ist. Das unterstützen wir als CDU-Fraktion ausdrücklich.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich werden manche Gedenktage weniger stark wahrgenommen oder von anderen Ereignissen überlagert. Der 16. November beispielsweise wird in die Geschichte der Linkspartei weniger als Internationaler Tag der Toleranz eingehen, sondern der 16. November 2009 wird als der Tag eingehen, an dem im Spiegel ein Artikel unter dem Titel „Der virtuelle Kandidat“ erschienen ist. Daran hat sich ein gar nicht toleranter Briefwechsel zwischen West und Ost angeschlossen. Die Folgen sind bis heute nicht ausdiskutiert.

(Oh! bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Gedenktage, Aktions- und Thementage sollten keine Modeerscheinung sein. Dies gilt noch eine Stufe mehr für Feiertage. Feiertage haben - das hat auch seine Berechtigung - eine sehr lange Tradition. Das ist je nach Land sehr unterschiedlich. In Deutschland sind sie zum Teil bundeseinheitlich geregelt, zum Teil gibt es Abweichungen zwischen den Ländern. Die bestehenden Feiertage in Deutschland fußen im Wesentlichen auf unserer christlich-abendländischen Tradition und werden seit Jahrhunderten so oder in ähnlicher Form begangen.

Ich denke, es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, uns darauf zu besinnen, wozu diese Feiertage da sind, und die jeweiligen Botschaften zu verinnerlichen. Es macht mich nachdenklich, wenn wir erleben, dass etwa an Heiligabend Partys in Diskotheken stattfinden. Es macht mich übrigens auch nachdenklich, wenn es etwa den Gewerkschaften im Landkreis Harburg - immerhin 240 000 Einwohner stark - nicht mehr gelingt, am 1. Mai eine eigene Veranstaltung zu organisieren. Wir alle sollten darüber nachdenken. Ich meine, das Stärken der Feiertage ist ein ganz wesentliches Anliegen, auf das wir uns einigen könnten.

Eine gewisse Grundskepsis besteht bei uns allerdings, wenn es zu einer inflationären Entwicklung kommt. Da hilft auch der Vergleich mit anderen Bundesländern wenig. Ich habe hier keine überzeugende Begründung dafür gehört, warum der Weltfrauentag und der Weltkindertag Feiertage werden sollten, aber beispielsweise nicht der Tag der Umwelt. Es ist mir nicht klar geworden, wo Sie hierbei die Grenze ziehen wollen. So können auch

nicht vermeintliche Ungerechtigkeiten zwischen den Bundesländern ausgeglichen werden.

Wir müssen auch den Blick dafür schärfen, wodurch sich Feiertage von normalen Urlaubstagen unterscheiden. Bei Ihrer Rede kam es mir ein Stück weit so vor, als sei es der Hauptzweck von Feiertagen, dass alle frei haben. Zum einen stimmt das nicht. Denn es gibt viele Bevölkerungskreise, die leider auch an Feiertagen arbeiten müssen, um das Gemeinwesen aufrechtzuerhalten.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Aber die einen Ausgleich bekommen!)

Zum anderen müssen wir uns vergegenwärtigen, dass das Niedersächsische Gesetz über die Feiertage nicht umsonst nicht nur Regelungen über Feiertage beinhaltet, sondern auch über Sonntage. Es wäre schön, wenn Sie gelegentlich innerparteilich deutlichere Worte zum liberalsten Ladenöffnungsgesetz, das es in Deutschland gibt, finden würden, das bekanntlich Ihre Partei in Berlin beschlossen hat.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Völlig weggelassen - ich will nicht sagen, „vergessen“, sondern ich vermute, Sie haben das bewusst weggelassen - haben Sie die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte und die Wirtschaft. Wenn ein Feiertag wegfällt, dann bedeutet das zusätzliche Produktivität. Nun wollen wir keinen Feiertag abschaffen; umgekehrt gilt aber: Wer einen neuen Feiertag einführt, der vermindert die Möglichkeit, das in Deutschland zu schaffen, das wir dringend brauchen. Wirtschaftsexperten rechnen - das ist unumstritten - vor: Ein zusätzlicher Arbeitstag bringt 0,1 Prozentpunkte mehr Wachstum. Dass es in der aktuellen Phase, in der wir Milliardenausfälle in den öffentlichen Haushalten zu verzeichnen haben, in der wir mit vielen Maßnahmen gegen die steigende Arbeitslosigkeit vorgehen müssen, in der wir alles tun müssen, um die Haushalte in den Griff zu bekommen und unser Land wieder gut aufzustellen, richtig ist, über die Einführung von zusätzlichen Feiertagen zu sprechen, möchte ich deutlich infrage stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich glaube, die Familien in Niedersachsen haben, wenn sie am Abendbrotstisch zusammensitzen und sich darüber unterhalten, was in den Firmen vom Vater oder von der Mutter los ist, ganz andere Sorgen, als sich darüber Gedanken zu machen, warum Weihnachten 2010 unglücklicherweise auf einen Samstag und einen Sonntag fällt.

Schließlich finde ich, Ihre schriftliche Antragsbegründung überschreitet die Grenze des Erträglichen. Das sollten wir uns hier im Hause gegenseitig nicht zumuten. Das eine ist, ganze Textpassagen aus Wikipedia zu kopieren und mittels Mausklick in den eigenen Antrag einzufügen. Jede Fraktion muss für sich selbst entscheiden, ob sie das machen will. Das andere ist, in diesem Kontext die Wirkung überhaupt nicht abzuprüfen. Was wollen Sie uns eigentlich damit sagen, wenn Sie die Einführung eines Feiertages am Weltfrauentag fordern und im gleichen Atemzug in der Begründung Ihres Antrags bestimmte Länder aufführen, die dies so handhaben?

Natürlich ist es richtig: In Angola ist der 8. März ein Feiertag, in Eritrea auch. In China ist immerhin der Nachmittag für Frauen arbeitsfrei. Wir fragen uns allerdings: Was will uns die Linkspartei damit sagen? Sind diese Länder positive Beispiele für Frauenrechte? - Angola, 2008, Amnesty International: willkürliche Festnahmen von Personen, die ihr Recht auf freiwillige Meinungsäußerung bzw. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wahrgenommen haben,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ingrid Klopp [CDU]: Genau so ist es!)

keinerlei staatliches soziales Sicherungssystem, Arbeitslosenquote über 50 %, zum Teil noch nicht einmal das Recht für Frauen, Eigentum zu erwerben.

Eritrea, wieder Amnesty International: fast die Hälfte der Bevölkerung unterernährt, keine Religions-, keine Meinungs- und - siehe Tagesordnungspunkt vorher - auch keine Versammlungsfreiheit, nationaler Wehrdienst für Frauen von mindestens 18 Monaten,

(David McAllister [CDU]: Was?)

keine Möglichkeiten zur Wehrdienstverweigerung. Ich erspare es Ihnen, jetzt Einzelheiten zur Situation in China zu erzählen, weil ich glaube, außer denjenigen, die den Antrag geschrieben haben, weiß das jeder hier im Hause.

(Glocke der Präsidentin)