Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen zwischen dem Land Niedersachsen und der Freien und Hansestadt Hamburg über die Zuständigkeit des Jugendrichters eines hamburgischen Amtsgerichts als Vollstreckungsleiter für die Vollstreckung von Jugendstrafe und Jugendarrest und als Vollzugsleiter für den Vollzug von Jugendarrest sowie der Jugendkammer und der Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Hamburg für die Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/1710 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/2078
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen lautet auf unveränderte Annahme.
Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dem ist so gefolgt worden. Damit ist das Gesetz beschlossen.
Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Versammlungsrechts - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/2075
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch die Föderalismusreform ist das Versammlungsrecht Ländersache geworden. Das bisher bundesweit geltende Versammlungsrecht von 1953 basiert auf dem Bundesgesetz über Versammlungen und Aufzüge.
Artikel 8 des Grundgesetzes schützt die Versammlungsfreiheit; denn die Versammlungsfreiheit ist für unser demokratisches Staatswesen von grundlegender Bedeutung und ermöglicht es dem Einzelnen, seine Persönlichkeit im Rahmen öffentlicher Zusammenkünfte zu entfalten und sich am demokratischen Prozess öffentlicher Meinungsbildung zu beteiligen. Das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis zu versammeln, ist Ausdruck der Freiheit, der Unabhängigkeit und der politischen Mündigkeit des Einzelnen.
Versammlungen sind wesentliche Elemente demokratischer Offenheit und vor allem für Minderheiten eine öffentlichkeitswirksame Form der kollektiven Meinungs- und Interessenkundgabe.
Damit ist im Grunde genommen schon fast alles gesagt, was man zu einem sinnvollen Versammlungsrecht sagen kann. Eigentlich müsste die Begeisterung in diesem Hause jetzt ausufernd sein; denn der Prozess der Willensbildung in der repräsentativen Demokratie wird damit um ein Stück ursprünglich unmittelbarer Demokratie ergänzt.
Nun haben sich die Anforderungen an ein modernes Versammlungsrecht seit 1953 verändert, so wie sich seit 1953 auch der Wunsch der Menschen, ihre Meinung zu artikulieren, verändert hat. In der Vergangenheit hat es zahlreiche - auch höchstrichterliche - Entscheidungen gegeben, so z. B. die sogenannte Brokdorf-Entscheidung, um die das Bundesrecht entsprechend ergänzt worden ist. Das hat zur Folge, dass für die heutige Praxis nicht allein der Gesetzeswortlaut maßgeblich, sondern zudem eine gerade für den Laien unüberschaubare Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen zu beachten ist. Deshalb ist es wichtig, dass dieses Gesetz so verständlich gestaltet wird, dass erstens diejenigen, die nach diesem Gesetz z. B. demonstrieren wollen, auch wissen, welche Regeln gelten, und zweitens, dass nicht mehr Regeln gelten, als zwingend erforderlich ist. Das heißt, es ist überdies ein schlanker Gesetzentwurf notwendig.
Ziel ist es, ein praxisnahes und - ich habe es eben gesagt - anwenderfreundliches Gesetz zu schaffen.
Ziel ist es, friedliche Versammlungen zu schützen und durch die Regelungen des Gesetzes zu erreichen, dass jeder, der nicht friedlich demonstriert, weiß, welche Folgen das hat. Das Gesetz schützt also friedliche, aber nicht unfriedliche Versammlungen. In dem Gesetz sind Instrumente vorgesehen, mit denen unfriedliche und gewalttätige Versammlungen wirksam unterbunden werden können; auch das ist wichtig.
Zudem wird der Begriff der Versammlung gesetzlich definiert, um die unter dem besonderen Schutz von Artikel 8 des Grundgesetzes stehenden Versammlungen gegenüber sonstigen Versammlungen, die beispielsweise kommerziellen oder reinen Unterhaltungszwecken dienen, zu erleichtern. Es soll deutlich werden, dass sich kommerzielle Veranstaltungen, wie z. B. Konzerte, von Demonstrationen und Versammlungen unterscheiden,
obwohl Konzerte manchmal natürlich auch zu Demonstrationen der Freude führen können; aber das weiß man vorher nicht so genau.
Die Anzeigepflicht für Versammlungen unter freiem Himmel wird praxisgerechter ausgestaltet. Die Vorgaben hinsichtlich Inhalt und Frist erleichtern es der Versammlungsbehörde, die notwendigen Vorkehrungen für eine störungsfreie Durchführung der Versammlung zu treffen und gegebenenfalls rechtzeitig mit der anzeigenden Person Fragen im Rahmen der Kooperation zu erörtern. Auch insoweit hat sich etwas geändert. Der Gesetzestext zielt darauf ab, dass es möglichst zu einer Kooperation zwischen Veranstalter und Behörde kommt, wobei die Behörde im Gesetz zur Kooperation verpflichtet wird, der Veranstalter allerdings nicht, weil man ihn rechtlich nicht dazu verpflichten kann. Aber die Behörde ist dazu verpflichtet.
Für kleine Versammlungen von 20 Personen oder weniger gilt eine erleichterte Anzeigepflicht. Des Weiteren gibt es ausdrückliche Regelungen zu Spontan- und Eilversammlungen und dadurch auch für solche Rechtssicherheit. Das war bisher nicht der Fall.
Die Versammlungsfreiheit schützt nur diejenigen, die sich friedlich und ohne Waffen versammeln. Aggressiv-militantes oder gewalttätiges Verhalten ist nicht geschützt. Ferner wird die Gewährleistung eines gewaltfreien Verlaufs einer Versammlung dadurch unterstützt, dass der Versammlungsbehörde die Befugnis eingeräumt wird, für die Aufrechterhaltung der Friedlichkeit ungeeignete Leiter und Ordner abzulehnen. Die Praxis zeigt: Nicht jeder, der von sich behauptet, er sei ein Ordner, sorgt auch für Ordnung. Eine ganze Menge derer, die mit dem Schild „Ordner“ herumlaufen, fällt dadurch auf, dass sie für Unordnung sorgen. Dann kann man sie sozusagen des Amtes entheben, was sicherlich auch im Interesse der geneigten Opposition richtig ist.
Der Schutz der Würde der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wird durch Regelungen für besonders symbolträchtige Orte oder Tage, nach denen eine Versammlung unter erleichterten Voraussetzungen verboten oder zumindest mit entsprechenden Beschränkungen versehen werden kann, verbessert.
Das Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen durch die Polizei anlässlich von Versammlungen - ein spannendes Thema - ist bislang in dem alten, jetzt geltenden Gesetz nur rudimentär geregelt. Ich denke, es ist gut, dass hier klare Voraussetzungen für die Einsatzkräfte der Polizei geschaffen werden und dass auch Rechtssicherheit für diejenigen geschaffen wird, die potenziell von Datenerhebungsmaßnahmen betroffen sind. Auch das ist im Gesetzentwurf, wie wir finden, gut und richtig geregelt.
Eine Kostenpflicht für versammlungsbehördliche Entscheidungen würde mittelbar in die Versammlungsfreiheit eingreifen und wäre im Regelfall nicht zu rechtfertigen. Deshalb gilt der Grundsatz: Demonstrieren kostet in Niedersachsen nichts.
Weiter gilt: Die versammlungsrechtlichen Straf- und Bußgeldtatbestände werden systematisiert und hinsichtlich der jeweils angedrohten Sanktionen harmonisiert. Wer also zur Demonstration geht und beabsichtigt, dort Straftaten zu begehen, kann schon vorher nachlesen, was es kostet, wenn man ihn dabei erwischt. Auch das dient der Klarheit und der Vorbereitung auf eine solche Demonstration.
Die Rechtsanwendung wird durch klare Strukturen erleichtert. Regelungen, die sowohl für Versammlungen unter freiem Himmel als auch für Versammlungen in geschlossenen Räumen gelten, sind in einem allgemeinen Gesetzesteil vorangestellt. Entsprechend der Bedeutung in der Praxis folgen dann die Bestimmungen zu den Versammlungen unter freiem Himmel vor den Versammlungen in geschlossenen Räumen. Übrigens - auch das ist wichtig -: Bisher hat man nach Veranstaltungen unter freiem Himmel und nach Veranstaltungen in geschlossenen Räumen unterschieden, z. B. beim Gebot der Waffenlosigkeit. Es wird jetzt klar geregelt: Das gilt drinnen wie draußen. Auch drinnen ist also das Mitführen von Waffen verboten. Es ist auch gut, dass es so klar gesagt wird, dass Waffen auf Demonstrationen nichts zu suchen haben.
Wir haben in diesem Gesetzentwurf das Versammlungsrecht mit dem Bannmeilengesetz zusammengeführt. Wir - jedenfalls die großen Fraktionen in diesem Hause - waren uns immer einig, dass wir das Bannmeilengesetz beibehalten wollen. Ich habe, ehrlich gesagt, nicht ganz verstanden, warum nun gerade die Gewerkschaft der Polizei neulich gesagt hat, wir könnten auf das Bannmeilengesetz jetzt verzichten.
- Ich weiß nicht, ob das an Ihnen liegt. Darüber will ich jetzt auch gar nicht spekulieren. - Das Bannmeilengesetz legt jedenfalls in großer und klarer Deutlichkeit fest, wie die Eingriffsbefugnisse der Polizei im und vor dem Landtag geregelt sind. Ich glaube, es ist wichtig, dass die Polizei auch aufgrund der Bestimmungen des Bannmeilengesetzes weiß, was hier im und vor dem Landtag möglich ist und was nicht. Ich denke, die Unabhängigkeit der parlamentarischen Beratungen und auch die Unabhängigkeit der Entscheidungen muss dadurch geschützt werden. Das war bisher immer ein großer Konsens in diesem Hause.
Sie haben in Ihrer Pressemitteilung zum Tag der Heiligen Drei Könige am 6. Januar gleich kritisiert, die Öffentlichkeit werde hier bei der Beratung nicht beteiligt.
Wir zeigen heute erst einmal: Eine größere Öffentlichkeit als hier im Landtag ist nicht möglich. Natürlich könnten wir das auch unter freiem Himmel diskutieren.
Aber angesichts des Wetters haben wir uns für den Plenarsaal entschieden. Seien Sie sicher: Wir werden im Innenausschuss eine Anhörung durchführen. Dabei werden wir uns die Stellungnahmen anhören. Dann werden wir abwägen und entscheiden. Dann erst wird hier wieder im Parlament debattiert. Aber ich kann Ihnen auch sagen: Dann wird es eine Entscheidung geben. Wahrscheinlich wird es eine Entscheidung geben, die vielleicht von Ihnen nicht getragen wird, aber doch von einer Mehrheit dieses Hohen Hauses. Deswegen blicken wir zuversichtlich auf die Debatte über diesen Gesetzentwurf und freuen uns auch über die Beteiligung der Grünen, die ja gesagt haben, eigentlich wäre eine Versammlungsbehörde gar nicht nötig, hier solle mal jeder machen, was er wolle.
Also: Hier macht nicht jeder, was er will. In einem demokratischen Rechtsstaat herrscht auch Ordnung.