Protocol of the Session on December 17, 2009

Nun muss ich leider Gottes doch die kommunalen Spitzenverbände aus Rheinland-Pfalz zitieren, weil hier auch auf Rheinland-Pfalz Bezug genommen wurde:

„Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz belegen, dass die Kommunen möglicherweise anstelle von einer echten Teilhabe an den Steuereinnahmen des Landes künftig dauerhaft Finanzausgleich auf Kredit bekommen könnten.“

Ich könnte Ihnen das noch weiter vorlesen. Diese Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zeigt, dass dies überhaupt nicht die Probleme löst, dass es bürokratisch ist und dass wir hier so etwas nun wirklich nicht brauchen. Es hier so darzustel

len, als hätten die kommunalen Spitzenverbände dies begrüßt, kann man mit diesem Dokument eindeutig widerlegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt weiteren Bedarf nach zusätzlicher Redezeit. Herr Aller, zwei Minuten!

Herr Minister, wir sind uns doch einig, dass wir diese Diskussion gar nicht führen müssten, wenn Sie Ihre Rolle als Kommunalminister ordentlich ausüben und dafür sorgen würden, dass die Kommunen aufgabengerecht mit Finanzen ausgestattet werden.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Dies tun Sie aber nicht. Vielmehr helfen Sie mit - das habe ich vorhin an mehreren Stellen gesagt -, dass die kommunalen Haushalte geplündert werden. Seit 2005 haben Sie 660 Millionen Euro - auch dies steht in den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände - aus dem kommunalen Finanzausgleich herausgeschnitten. Sie werden in den nächsten vier Jahren den Kommunen mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz eine halbe Milliarde Euro wegnehmen. Gleichzeitig fordern Sie in dieser kritischen Zeit, dass sie mehrere Aufgaben zusätzlich erfüllen sollen.

Jetzt zu dem fröhlichen Zitieren aus RheinlandPfalz. Ist Ihnen denn bekannt, dass die kommunalen Spitzenverbände mit Macht darauf drängen, dass der Stabilisierungsfonds abgeschafft wird? Das ist mitnichten so. Zwei weitere Bundesländer haben gesagt: Wenn es auch die zweitbeste Lösung ist - Herr Briese, weil wir es nicht gleich hinbekommen, die kommunale Finanzausstattung auf eine neue, solide Grundlage zu stellen -, so müssen wir jetzt doch handeln, und zwar so, wie wir es gesagt haben: mit einem Sofortprogramm für 2010 und 2011 auf Grundlage der Durchschnittswerte von 2006 bis 2008. Dann kann man sich auch über andere Lösungen, u. a. einen Stabilisierungsvertrag, unterhalten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Herr Innenminister möchte noch einmal antworten. Bitte schön, Herr Schünemann!

(Heinz Rolfes [CDU]: Den kann man nicht überzeugen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist festzustellen: Die kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen unterstützen Ihren Vorschlag nicht. Das haben wir eben dargelegt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe ich mich nur noch einmal zu Wort gemeldet, weil Sie hier immer wieder darstellen, wir hätten die Kommunen in ganz besonderer Weise belastet. Das ist schlicht die Unwahrheit. Wir haben natürlich 150 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich herausgenommen und dann, als wir wieder mehr Geld eingenommen haben, 75 Millionen Euro wieder eingestellt und über die Gewerbesteuerumlageabsenkung den Kommunen in Niedersachsen insgesamt 300 Millionen Euro ermöglicht.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war Au- tomatik!)

- Das war überhaupt nicht automatisch! - Wir haben das zusammen mit Bayern und anderen beantragt und dazu beigetragen, dass dieses Geld den Kommunen zur Verfügung gestellt wird;

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

übrigens ein Beitrag, zu dem auch das Land etwas dazuzahlen muss.

Wie haben Sie das denn in der Vergangenheit gemacht? - Das war Ihnen völlig egal. Sie haben während Ihrer Regierungszeit immer richtig hineingegriffen und haben nie für Kompensation gesorgt.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in finanziell schwierigen Zeiten durchaus auch etwas machen müssen, haben aber sogar diesen Betrag durch andere Maßnahmen überkompensiert.

(Lachen bei der SPD)

Deshalb ist es schlicht die Unwahrheit, hier darzustellen, dass wir die Kommunen im Regen haben stehen lassen. Das lasse ich hier auch nicht so

stehen. Auch wenn Weihnachten kurz bevorsteht, muss diese Wahrheit nun wirklich auf den Tisch.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/1759 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Beschlussempfehlung wurde gefolgt.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 22 auf:

Flughafenstandort Münster/Osnabrück stärken - Niederländische Region Enschede/Overijssel verkehrstechnisch besser anbinden - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/1951

Die Fraktionen sind übereingekommen, den Antrag direkt an den Ausschuss zu überweisen. Es soll der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sein. Wer das so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe dann den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Erste Beratung: Einsetzung einer Enquetekommission „Zukunftsfähiges Niedersachsen - leistungsfähige Kommunen, bürgernahe Verwaltung“ - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1953

Zur Einbringung hat sich Frau Modder zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hatten in meiner Fraktion eine sehr ausführliche und ernsthafte Diskussion darüber, ob wir diesen Antrag noch einmal hier in das Plenum einbringen.

Sie sehen: Wir haben uns für die Einbringung entschieden, weil uns das Thema wirklich sehr wichtig ist und weil es uns um die Zukunftsfähigkeit unserer Kommunen und um die kommunale Selbstverwaltung geht, die uns wirklich sehr am Herzen liegt. Herr Minister, wir sehen uns durch die Diskussionen um den Zukunftsvertrag - ich weiß gar nicht, ob das der erste oder der zweite war oder der dritte ist; es kommt sicherlich noch einer -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Viele!)

- es kommen noch welche! - und die Reaktionen aus dem kommunalen Bereich, insbesondere auch aus anderen Parteien, also auch aus Ihrer Partei, eher bestärkt und ermutigt, diesen Antrag noch einmal einzubringen.

Meine Damen und Herren, der sogenannte Zukunftsvertrag wird heute unterzeichnet werden. Sie werden ihn selbstverständlich als Ihren Erfolg feiern.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das ist ja auch einer!)

- Ja, das sei Ihnen auch gegönnt, weil Sie ja so viel nicht mehr zu feiern haben. Das Regieren wird zunehmend schwieriger. Es sei Ihnen also gegönnt.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch und Lachen bei der CDU)

Ich fürchte, dass diese Freude nicht von langer Dauer sein wird, weil es nicht nur nach unserer festen Überzeugung nur in einigen wenigen Kommunen gelingen wird, mit diesem Zukunftsvertrag die finanzielle Leistungsfähigkeit wiederherzustellen. Wie durch die individuellen vertraglichen Vereinbarungen, also die Zielvereinbarungen, zwischen den betroffenen Kommunen und der Landesregierung die dauernde Leistungsfähigkeit gesichert werden soll, ist völlig unklar und sicherlich auch im Einzelfall zu beurteilen.

In diesem Zusammenhang wäre vielleicht auch noch einmal zu klären, wie Sie „dauernde Leistungsfähigkeit“ definieren. Wir alle wissen, wie es in den kommunalen Haushalten aussieht und wie dramatisch sich die Situation zumindest in den nächsten zwei Jahren noch zuspitzen wird. Wir haben diese Debatte während der Haushaltsberatungen und dem vorhergehenden Punkt geführt. Die Kassenkredite sind trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung in den letzten Jahren wieder auf rund 4,5 Milliarden Euro angestiegen, Tendenz weiter steigend. Die Steuereinnahmen brechen weiter

weg, und in einigen Kommunen droht die Handlungsunfähigkeit. Wie hat es der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Herr Gerd Landsberg, trefflich beschrieben? - Die kommunale Selbstverwaltung ist akut in Gefahr.

Meine Damen und Herren, die drei kommunalen Spitzenverbände haben diesem Zukunftsvertrag zugestimmt, und er wird heute Nachmittag unterschrieben werden. Aber alle drei Spitzenverbände - auch das gehört zur Wahrheit dazu - haben deutlich gemacht, dass durch diese Vereinbarung die Probleme bei Weitem nicht gelöst werden und sie nur einzelnen Kommunen eine Chance bietet, sich zumindest teilweise zu entschulden.

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund sieht die Notwendigkeit, strukturelle Änderungen im Finanzsausgleichsystem vorzunehmen, weil - so der Präsident, Herr Timmermann - das Finanzausgleichssystem in seiner heutigen Ausprägung versagt hat.

Der Niedersächsische Landkreistag äußerte trotz Unterschrift weiterhin Vorbehalte. Die Vereinbarung sei keinesfalls geeignet, gravierende strukturelle Finanzprobleme der Kommunen zu lösen. Es gehe allenfalls um punktuelle Hilfestellungen für einzelne Gebietskörperschaften. Der NLT verstehe diese Vereinbarung als den Beginn eines umfassenden Prozesses zur Fortführung der Verwaltungsreform.