Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! In den heutigen Medien diskutieren wir ja den Umgang miteinander und untereinander in diesem Hause.
Frau Heiligenstadt, Sie sind noch nicht im Fluss. Deswegen unterbreche ich noch einmal. - Bitte schenken Sie doch der Rednerin Ihre Aufmerksamkeit!
Der Ministerpräsident maßregelt das Parlament und fordert den Landtagspräsidenten zur Sitzungsunterbrechung auf. Das will ich nicht weiter kommentieren. Aber er sagt auch - das ist heute in den Zeitungen zu lesen -, dass er so manches Mal Besuchergruppen beruhigen müsse, die sich über uns alle und unser Verhalten hier aufregten.
Nun, da pflichte ich ihm durchaus bei. Das erlebe auch ich hin und wieder bei den Besuchergruppen, wie wir alle. Aber, meine Damen und Herren, wissen Sie, was ich viel schlimmer finde? - Ich muss häufig Besuchergruppen beruhigen, die sich über Ihre schlechte Bildungspolitik aufregen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das war ja eine Bombe, die Sie da gezündet ha- ben! Was für ein traumhafter Einstieg! - Weitere Zurufe von der CDU)
Insbesondere Schulklassen, Herr Thümler und Herr Klare, kommen in der Diskussion mit den MdLs sehr schnell auf ein Thema zu sprechen, nämlich auf ihre ganz konkreten Probleme vor Ort. Und von diesen Problemen gibt es eine ganze Menge. Meine Damen und Herren, das wissen auch Sie.
Mit dem Haushalt sollen Parlamente grundsätzlich zukunftsweisende Perspektiven für die Bewältigung der Herausforderungen der jeweiligen Gesellschaft geben. Ihr Bildungshaushalt, meine Damen und Herren, wird diesem Anspruch bei Weitem nicht gerecht.
Lassen Sie uns einmal das Jahr Revue passieren, bevor wir in die Zukunft schauen. Die Ministerin hangelte sich von einem Flop zum nächsten. Ich erinnere an die monatelangen Bildungsproteste von Lehrkräften, Schülern und Eltern - heute sogar in diesem Hause -, an den Umgang mit Kritikern Ihrer verfehlten Bildungspolitik - z. B. das unsägliche Disziplinarverfahren gegen Herrn Brandt sowie die Maßregelung der Vorsitzenden des Schulleitungsverbandes, Frau Akkermann, und des Landesschülerrates -, an die Maßnahmen gegen Lehrkräfte - z. B. Mehrarbeit für jeden Lehrer -, an den 13-Punkte-Plan, an die Einführung des Turboabi
turs an Gesamtschulen - auch an den Gymnasien läuft es im Übrigen bei Weitem noch nicht problemlos -
und an die Abschaffung der Vollen Halbtagsschule, an die Neufassung der BbS-VO, die den Bündelberufsschulen Probleme macht. Ich könnte diese Liste beliebig erweitern. Im vergangenen Jahr haben Sie sich in dem wichtigen Feld der Bildungspolitik weiß Gott nicht mit Ruhm bekleckert.
Nach wie vor gilt: Bildungspolitik ist eines der bestimmenden Themen in Niedersachsen. - Das merken sicherlich wir alle auf vielen Veranstaltungen. Viele Eltern und Schüler klagen über mangelnde Unterrichtsversorgung, über das Turboabitur, über viel zu große Klassen und zu wenige Gesamtschulen. Allmählich merken die Bürgerinnen und Bürger, was sie von Ihren Versprechungen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen - hier sage ich bewusst „Regierungsfraktionen“, weil Sie der verlängerte Arm der Regierung sind und kein eigenständiges Profil haben -,
Wenn wir über den Haushalt reden, sollten wir einmal auf die Zahlen schauen, die uns der Bildungsfinanzierungsbericht liefert. Die Zahlen belegen eindeutig: Niedersachsen hat im Gegensatz zu allen anderen westlichen Flächenländern die Ausgaben für Bildung kaum erhöht.
Während in den westdeutschen Flächenländern die Staatsausgaben für Bildung im Schnitt um ungefähr 5 % auf insgesamt 54 Milliarden Euro gestiegen sind, hat Niedersachsen einen Zuwachs von weniger als 1 % auf insgesamt - mit dem Wissenschaftshaushalt - knapp 6,1 Milliarden Euro veranschlagt.
Schauen wir uns einmal die Unterrichtsversorgung an. Eines kann ich Ihnen sagen: Hören Sie bitte mit der Selbstbeweihräucherung im Hinblick auf die 100 % Unterrichtsversorgung auf! Die Unterrichtsversorgung im Lande ist tatsächlich schlechter und nicht, wie Sie es darstellen, besser geworden.
„In vielen Schulen brennt der ‚Unterrichtsbaum’, Dutzende ausgefallene Stunden im Erhebungszeitraum sind keine Seltenheit, von vornherein gestrichener Unterricht, der erst gar nicht auf dem Stundenplan auftaucht, fast die Regel.“
Meine Damen und Herren, lassen Sie das Märchen, niedersächsische Bildungspolitik sei gut aufgestellt! Das Gegenteil ist der Fall. Das haben auch die Demonstrationen im Sommer sehr deutlich gezeigt. Alle sind unzufrieden. Nehmen Sie das bitte endlich wahr!
Auch wenn Sie sich nach wie vor weigern, eine nachvollziehbare Lehrkräftebedarfsplanung vorzulegen - Fakt ist so oder so: An unseren Schulen fehlen Lehrkräfte. Deswegen hat meine Fraktion in ihrem Haushaltsantrag 2 000 zusätzliche Lehrkräfte in den Haushalt eingestellt.
Neben kleineren Klassen und echten - ich betone: echten - Ganztagsschulen brauchen wir mehr Schulpsychologen und Schulsozialarbeit an allen Schulen in Niedersachsen, von der Grundschule bis zum Gymnasium. Schulleitungen müssen entlastet und auch fortgebildet werden. All das findet sich in unserem Haushaltsantrag entsprechend gegenfinanziert wieder.
Meine Damen und Herren, Personal ist das Herzstück von Schule. Nur mit einer ausreichenden Personaldecke kann Schule wirklich gut sein. Hören Sie deshalb bitte auf, die Schulen auszupres
sen wie eine Zitrone! Das sorgt nur für Demotivation an den Schulen. Die ist leider bereits sehr groß.
Der Bereich der frühkindlichen Bildung wurde von meiner Fraktion sehr deutlich in den Fokus des Haushaltsantrags gerückt. Bei Ihnen sind ja leider immer nur die Mindestansätze zu finden, die eingestellt werden müssen, damit die Bundesmittel abfließen können.
Beispielsweise beim Thema Beitragsfreiheit brechen Sie eindeutig Ihr Wahlversprechen. Unser Haushaltsantrag enthält die Beitragsfreiheit für das erste bzw. das zweite Kindergartenjahr. Bei Ihnen steht dazu noch nicht einmal mehr etwas in der Mipla.
Morgen verzichtet die Landesregierung mit ihrer Zustimmung im Bundesrat eventuell auf 160 Millionen Euro Einnahmen des Landes. Damit würde die Beitragsfreiheit in Niedersachsen locker finanziert werden können, das dritte Jahr sogar noch dazu.
(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Johanne Modder [SPD]: Rich- tig! - Ulf Thiele [CDU]: Sie sind jetzt die fünfte oder sechste Rednerin der SPD, die das Geld für einen anderen Zweck ausgeben will!)
Neben der Beitragsfreiheit brauchen wir aber auch mehr Krippenplätze. Niedersachsen hängt nach wie vor zurück. Wir sind mit NRW Schlusslicht in unserer Republik. Der Krippenausbau spiegelt sich in unserem Haushaltsantrag mit weiteren 30 Millionen Euro wider.
Wir brauchen aber nicht nur mehr, sondern auch qualitativ besser ausgestattete Krippen. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Auch dazu finden Sie in unserem Haushaltsantrag eine Finanzierung von 30 Millionen Euro. Dabei geht es z. B. darum, die dritte Kraft in Krippen nach und nach aufzubauen, um mehr Verfügungsstunden für Betreuerinnen und Betreuer, um kleinere Gruppengrößen und eine bessere Integration von Kindern mit Behinderungen in den Regelgruppen im Kitabereich.
Meine Damen und Herren, auch der Bereich der beruflichen Bildung liegt meiner Fraktion ganz besonders am Herzen. In der Vergangenheit haben Sie ja die berufsbildenden Schulen mit der Einführung zusätzlicher Reglementierungen sehr stark beeinträchtigt. Bei ProReKo waren wir bisher immer gemeinsam auf einer Linie, zumindest halbwegs. Aber die Weiterentwicklung von ProReKo ist Ihnen in Ihrem Haushalt noch nicht einmal einen müden Cent wert. Wir fordern dagegen, diese berufsbildenden Schulen mit Verwaltungsleitungen auszustatten, damit sich die Pädagogen dem eigentlichen Inhalt, nämlich dem Erteilen guten Unterrichts, widmen können.
Vieles bliebe noch zu sagen. Leider habe ich nicht ausreichend Zeit, das hier alles darzustellen. Man könnte noch eine ganze Menge dazu sagen, wie eine erleichterte, flexiblere gesetzliche Grundlage für die Veränderung der Schulstruktur es insbesondere den Kommunen ermöglichen könnte, nicht unnötige Investitionen auszulösen, wenn Sie Ihre Fünfzügigkeitsmonstranz endlich einmal aufgeben würden,