Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bemerkungen und die Unterlassungen von Herrn Wulff veranlassen mich zu einigen medienpolitischen Nachbemerkungen. Erstens, Herr Wulff, finde ich es sehr in Ordnung, dass Sie beim NDR
in kein Gremium gegangen sind. Das kann man so halten. Ich glaube, es spricht sehr viel dafür. Mit diesem Hinweis versuchen Sie aber, den Eindruck zu erwecken, dass Sie deshalb an keiner Stelle eingegriffen haben. Ich sage Ihnen: Sie haben beim NDR seit 2003 vor und hinter den Kulissen in intensivster Weise zu intervenieren versucht. Das wissen alle, die sich in der Medienpolitik auskennen. Deshalb sollten Sie hier nicht einen anderen Eindruck erwecken.
Zweitens sollten wir hier auch nicht den Eindruck erwecken, als sei Politik per se unanständig. Von daher ist die Mitwirkung in solchen Gremien durchaus in Ordnung. Ich denke z. B. an Herrn McAllister. Man kann sicherlich darüber reden, ob man die erste Garde nicht generell aus den Gremien herausnehmen sollte.
- Ja, das gilt für Herrn Duin genauso. - Das kann man so machen, solange es dort korrekt zugeht und kein Missbrauch getrieben wird, meine Damen und Herren. Diese Einschränkung will ich allerdings machen. Beim NDR liegt nichts vor. Ich konstruiere daraus keinen Vorwurf.
Jetzt komme ich aber zu meiner Schlussbemerkung, Herr Wulff. Frau Behrens und auch die Grünen haben darauf hingewiesen, in welch unerhörter Weise Herr Koch beim ZDF interveniert hat. Das ist ein zentraler Angriff auf die Freiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Das ist doch wohl unstrittig, meine Damen und Herren.
Herr Voß, der bei Ihnen ausgetreten ist, schreibt: Das kann nicht ohne Rückendeckung der CDUFührung geschehen sein. - Ich glaube, er hat recht. Die Tatsache, dass Sie sich zu diesem unerhörten Vorgehen von Herrn Koch hier nicht geäußert haben, bringt mich zu der Feststellung, dass Sie das Vorgehen von Herrn Koch uneingeschränkt für richtig halten.
(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Björn Thümler [CDU]: Die Ar- gumentationskette war brüchig!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sage gerne etwas zu beiden Punkten. Ich denke, dass es eine Aufgabe der Landesregierung ist, auf den NDR Einfluss zu nehmen. Es ist eine Aufgabe der Landesregierung, in der Medienpolitik die Interessen des Landes Niedersachsen zu vertreten. Denn wir sind vom Volk auf Zeit auch dafür gewählt.
- Wir sind übrigens auch für die Gremienzusammensetzung gewählt; denn der Staatsvertrag wird zwischen den Ministerpräsidenten ausgehandelt und von den Parlamenten bestätigt. Es waren Ihre Ministerpräsidenten, die die Gremienzusammensetzung ausgehandelt haben, damals insbesondere Herr Engholm mit Herrn Schröder. Auch die jetzigen Ministerpräsidenten können die Gremienzusammensetzung aushandeln, den Staatsvertrag ändern und neu durch die Parlamente ratifizieren lassen. Das ist die Aufgabe von Ministerpräsidenten.
Mir ging es aber mehr darum, dass der Anteil Niedersachsens am Programm erhöht wird, und zwar allein schon deshalb, weil wir 60 % des Beitragsaufkommens des NDR erbringen.
Es ist wichtig, dass hier Filme, Serien und Talkshows produziert werden. Es kann nicht sein, dass es eine Talkshow aus München, eine aus Stuttgart, eine aus Bremen, eine oder gar mehrere aus Hamburg gibt, wie das der Fall war, aber keine aus Hannover. Das ist ein Thema für die Landesregierung. Da haben wir viel erreicht.
Was die andere Frage anbelangt, so bin ich für jede seriöse Debatte über die Vertretung von Bürgeranliegen in den öffentlich-rechtlichen Sendern zu haben. Wir wollen dort mehr Bildungsangebote, mehr Schulfunk, mehr Jugendfunk haben. Zu meiner eigenen Mediensozialisation - Herr Tanke, ich weiß nicht, wie das bei Ihnen war - kann ich sagen, dass ich abends gerne Eike Christian Hirsch zu bestimmten Volksweisheiten und mittags gerne
Schulfunk gehört habe. Ein Teil meiner eigenen Bildung ist auf Rundfunk und Fernsehen zurückzuführen. Ich frage mich, ob das heute noch in diesem Umfang der Fall ist.
- Jetzt zu Koch, Herr Tanke. Ich habe aus der Äußerung von Herrn Jüttner, aus der Begeisterung, mit der er hier zitiert hat, die Schlussfolgerung gezogen, dass das, was Herr Beck beim ZDF bzw. in den Rundfunkräten oder Verwaltungsräten von öffentlich-rechtlichen Sendern macht, immer mit der Parteispitze abgesprochen ist - jetzt mit Herrn Gabriel, vorher mit Herrn - - - Wer war vorher Parteivorsitzender? - Es gab so viele Wechsel.
- Vorher mit Herrn Müntefering. - Bei uns ist das nicht so. Bei uns sind die Vertreter dorthin entsandt und machen das, was sie zu verantworten haben. Das müssen sie dann auch verantworten.
Aber es ist bei uns nicht so, dass die Parteispitze sagt, was Herr Koch zu machen hat. Das ist bei uns anders als in der SPD. Das kann ich deutlich zu Protokoll geben.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Unglaublich! Herr McAllister glaubt so was! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Warum haben Sie in der Sache nicht Stellung genommen? Weil Sie das für richtig halten! - Weite- re Zurufe von der SPD und von der LINKEN)
(Zuruf von der SPD: Der Ministerprä- sident sollte das noch etwas ausdeh- nen! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich hätte auch noch etwas anzumerken!)
Ich finde, dieser Landtag hat ein Recht darauf, dass Sie diese Frage beantworten. Denn demnächst werden Verhandlungen über eine Änderung des Staatsvertrages geführt. Da muss der Landtag wissen, wie diese Landesregierung sich verhält.
Lieber Kollege Jüttner, der Landtag hat laut Verfassung ein Anrecht darauf, dass die Landesregierung wahrheitsgemäß und unverzüglich Auskunft über ihr eigenes Tun, ihr Verhalten, ihre Einlassungen, ihre Entscheidungen und auch ihre Unterlassungen gibt. Für fremde Ministerpräsidenten besteht nicht einmal in dem fremden Land, in diesem Fall im Land Hessen, eine Auskunftspflicht mit Blick auf die Aktionen und Ereignisse in einer nicht öffentlichen Sitzung des ZDF.
Er ist damals von Gerhard Schröder in den Verwaltungsrat des ZDF entsandt worden. Dort sitzt er bis heute. Er ist dort der Organisator des SPDEinflusses und der SPD-Personalpolitik beim ZDF. Das moderiert Herr Scheibe. Und die SPD hat sich für Herrn Scheibe entschieden, weil Herr Scheibe derjenige sei, der am meisten Zeit habe, sich diesem Thema zu widmen.
Aus Niedersachsen ist ausschließlich Herr Scheibe im Verwaltungsrat. Ich gebe Ihnen gerne die Gelegenheit, Herrn Scheibe zu sich einzuladen,
Herr Jüttner, und ihn zu befragen, wie es dazu gekommen ist, wie er sich verhalten hat, wie er abgestimmt hat, warum er so abgestimmt hat.
Ich weiß, dass das nicht öffentliche Sitzungen sind. Ich habe in der Zeitung gelesen, das Abstimmungsergebnis sei 7 : 5 gewesen. Sie müssen schon diese zwölf Personen fragen, warum sie so und nicht anders abgestimmt haben.
Ich kann zu der Personalie und zu dem Abstimmungsverhalten nichts sagen, weil ich die Fakten, die der Entscheidung zugrunde lagen, nicht kenne. Ich äußere mich nur zu Dingen, zu denen mir die Fakten vorliegen.