Nachdem in den vergangenen Jahren die Möglichkeiten für einen früheren Renteneintritt immer mehr eingeschränkt worden sind, ist die Altersteilzeit eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten, flexibel in die Altersrente zu gehen.
Ich möchte noch auf die Forderung der FDP zu sprechen kommen. Ein flexibler Renteneintritt ab 60 Jahren in Kombination mit der Aufhebung der Hinzuverdienstgrenze, wie es die FDP fordert, ist kein Ersatz für die geförderte Altersteilzeit.
Denn von einem solchen Modell würden vor allem diejenigen profitieren, die eine hohe Rente haben und sich hohe Abschläge leisten können. Das ist aber der kleinste Teil der Bevölkerung. Wir dagegen sprechen für diejenigen, die sich das einfach nicht leisten können, während Sie für diejenigen sprechen, die mit 60 in Rente gehen können, weil sie sich die Abschläge leisten können. So ein Modell wollen wir nicht.
(Beifall bei der LINKEN - Christian Grascha [FDP]: Woher konstruieren Sie eigentlich Ihre Behauptungen? Das ist eine Unverschämtheit!)
Denn den anderen - das habe ich schon erwähnt - bleibt nur eine gekürzte Rente - ein Zustand, der sich durch die Rente mit 67 noch verschlimmern würde.
Förderung der Altersteilzeit gefordert haben. Wir sind froh über das Umdenken. Wir hoffen, ihr bleibt dabei. Dann können wir gemeinsam gegen eine Rente mit 67 und für eine geförderte Altersteilzeit kämpfen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schminke, die hier aufgemachte Gleichung, dass die Jungen von der Straße in die Betriebe kommen, wenn man die Alten auf das Abstellgleis Altersteilzeit schiebt, geht leider nicht auf. Das belegt unglücklicherweise die Praxis, auch wenn ich es mir anders wünschen würde, Frau Weisser-Roelle.
Die Effekte für Junge sind zu gering, das Risiko der reinen Förderungsmitnahme ist bisher leider viel zu groß. Die Bundesanstalt für Arbeit zahlte in den vergangenen Jahren jährlich 1,4 Milliarden Euro in diesem Bereich. Damit wurde Altersteilzeit bei Älteren dreimal öfter gefördert, als dafür junge Menschen neu eingestellt wurden. Der größte Teil der Stellen wurde im Jahr 2008 nämlich durch übernommene Auszubildende in den Betrieben wiederbesetzt - über 61 %. Die Firmen beanspruchten also Fördermittel für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schon im Betrieb waren und in der Regel ohnehin weiterbeschäftigt worden wären. Fast scheint es, als ob die SPD alles Wissen über den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel - dabei waren wir uns in der Demografiekommission eigentlich noch einig - inzwischen kollektiv verdrängt hat.
Zur Erinnerung: Schon heute fehlen uns Fachkräfte. Junge und gut ausgebildete Jugendliche bekommen schon heute in vielen Regionen problemlos einen Arbeitsplatz. In Zukunft werden sich Betriebe um sie reißen. Die brauchen keine staatliche Ausstiegsförderung für Ältere.
Wir brauchen aber - da bin ich wieder bei Ihnen - Programme für Jugendliche, die nicht gut ausgebildet sind, vielleicht noch nicht einmal einen Schulabschluss haben. Hier wären die 1,4 Milliarden Euro, die bisher für die Altersteilzeit verwendet werden, viel besser und sinnvoller investiert, weil wir damit die Jungen für den Arbeitsmarkt - das ist heute erforderlich - entsprechend qualifizieren könnten. Denn es stehen nicht unbegrenzt Steuermittel zur Verfügung.
Für uns Grüne widerspricht die Altersteilzeit letztendlich auch der Wertschätzung älterer Arbeitnehmer.
Erwerbsarbeit ist mehr als Geldverdienen. Wer eine Arbeit hat, ist gesellschaftlich integriert. Das gilt auch für Beschäftigte über 50 Jahre.
Die Altersteilzeit aber verdrängt die Älteren aus den Betrieben. Wir hingegen wollen eine Kultur der Altersarbeit und eine bessere Teilhabe von Älteren an Arbeit. Wir sind dabei in Deutschland auf einem guten Weg. Laut Bundesanstalt für Arbeit ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über 55 Jahre in den letzten zehn Jahren deutlich angestiegen.
Klar ist dabei für uns auch: Nicht jeder Arbeitnehmer kann in jedem Job bis 67 arbeiten. Hier brauchen wir Regelungen, die aber nicht alle über einen Kamm scheren dürfen, sondern wir brauchen spezielle Regelungen für die jeweiligen Branchen, je nach körperlicher oder psychischer Belastung der Tätigkeit - und das ohne Rentensenkung durch die Hintertür.
Herr Kollege Hagenah, Herr Adler bittet darum, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen. Lassen Sie sie zu?
Ich habe noch 38 Sekunden. Aber ich kann ja antworten, und dann läuft die Zeit weiter. Also mal los!
Herr Kollege, sagen Sie doch einmal konkret, für welche Arbeitnehmer Sie die Rente mit 67 einführen wollen, wenn Sie sich dafür schon so stark machen.
Ganz einfach, Herr Kollege Adler: Es gibt in unserer Gesellschaft viele Berufe - z. B. in meiner Branche die angestellten Architekten, wissenschaftliche Mitarbeiter -, in denen man sehr gut bis 67 arbeiten kann. Ich denke aber, für viele Berufe, in denen es große psychische oder starke körperliche Belastungen gibt - Sie kennen sie genauso gut -, brauchen wir flexible Regelungen. Ich war gerade dabei, auszuführen, welche wir uns vorstellen. Einen Teil davon habe ich schon genannt.
Wir meinen, mit einer Teilrente ab dem 60. Lebensjahr wäre das möglich. Ältere Beschäftigte arbeiten danach nach der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Regelaltersgrenze weniger Stunden in der Woche und bauen in der verbleibenden Arbeitszeit Rentenanwartschaften auf. Daneben setzen wir uns dafür ein, dass die abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente wieder mit 63 Jahren möglich ist. Ich glaube, mit diesen und einigen anderen Bausteinen, auf die ich aufgrund der mir verbleibenden kurzen Zeit nicht mehr eingehen kann, lässt sich auf dieses Problem besser reagieren als mit einer generellen Förderung der Altersteilzeit, wie sie im SPD-Antrag gefordert worden ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung lehnt den erneuten Vorstoß der SPD zur Verlängerung der geförderten Altersteilzeit über das Jahr 2009 hinaus weiterhin ab.
(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Das können Sie bei Volkswagen in der nächsten Betriebsversammlung mal genauso erzählen!)
- Warum sollte ich da etwas anderes erzählen als hier? Das bleibt meine Auffassung, egal wo ich stehe. Die Landesregierung lehnt diesen erneuten Vorstoß von Ihnen ab. Dafür gibt es auch gute Gründe. Die sieben wesentlichen Gründe möchte ich Ihnen darlegen.
Erstens. Die Darstellung von Herrn Schminke, dass wir dieses Instrument gerade deshalb bräuchten, damit diejenigen, die einer besonderen körperlichen Belastung in ihrem Beruf ausgesetzt sind, also hart arbeiten - als Beispiel hat Herr Müntefering immer den Maurer genannt -, den Weg in den Ruhestand fänden, ist schlicht und ergreifend falsch. Wenn Sie den letzten, ganz aktuellen IABBericht - Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit - nehmen, werden Sie bei der Auswertung der Nutzung dieses Instruments feststellen:
„Den höchsten Anteil an Altersteilzeitbeschäftigten verzeichnen die Bank- und Versicherungskauffrauen mit 46 %, gefolgt von den Lehrerinnen und Lehrern mit 34 %.“
Das heißt, für die Gruppe, die Sie in den Fokus gestellt haben, bedeutet dies gar kein Instrument für einen besonderen Weg in den Ruhestand. Dazu brauchen wir ganz andere Instrumente.
Zweitens. Es ist eine irrige Vorstellung, dass wir mit einer gezielten Frühverrentung die Beschäftigungschancen junger Menschen wesentlich verbessern würden. In der neuesten IAB-Studie sieht man im internationalen Vergleich, dass in den Ländern, in denen es eine hohe Erwerbsbeteiligung Jüngerer gibt, genau das Gegenteil der Fall ist. Dort gibt es eine besonders hohe Erwerbsbeteiligung von älteren Menschen. Es ist nicht so, dass, je weniger Ältere arbeiten, desto mehr Jüngere im Arbeitsmarkt beschäftigt sind. Auch dies ist eine falsche Vorstellung, die Sie Ihrer Begründung zugrunde gelegt haben.
Drittens. Eine Fortsetzung der geförderten Altersteilzeit widerspricht dem gemeinsamen Ziel, die Erwerbsbeteiligung von Älteren über 55 Jahren wieder zu erhöhen. Dieses Ziel hatten wir bisher immer gemeinsam. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und natürlich auch der guten Wirtschaftslage ist es uns gelungen, diese Er