Protocol of the Session on October 30, 2009

Jetzt kommen wir zu dem, was CDU und FDP machen: Sie streichen diese Mittel ersatzlos und fordern in Sonntagsreden gleichzeitig mehr Einsatz für Demokratie. Ihr Handeln entlarvt ihre tatsächliche Haltung, nämlich Gleichgültigkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist bedauerlich, dass man Sie auf diesem Wege zum Handeln auffordern muss; denn auf die Idee der Unterstützung von Beteiligungsprojekten in Form von Wettbewerben, Best-Practice-Börsen und finanzieller Hilfe müsste eigentlich auch eine Landesregierung kommen, wenn ihr das Thema wichtig wäre.

Das Jahr 2006 hat der Niedersächsische Landtag - einstimmig, soweit es erkenntlich war - zum Jahr der Jugend erklärt. Das war das Jahr, in dem CDU und FDP das Landesjugendamt und den Landesjugendhilfeausschuss auflösen und durch einen Beirat ersetzen wollten, der vom Wohlwollen dieser Landesregierung abhängig ist.

Ich begrüße den Ansatz, sich mit dem § 22 e NGO auseinanderzusetzen und zu überlegen, wie wir die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf kommunaler Ebene verbessern können. Wir haben darüber vor einem Jahr diskutiert; über das Thema Wahlalter durchaus strittig, wie ich gern zugeben will. Aber auch der § 22 e wurde 2001 eingeführt mit dem ganz klaren Ziel, die Interessen von Kindern und Jugendlichen besser zu berücksichtigen. Nach acht Jahren der Erprobung vor Ort ist der Ansatz richtig, jetzt eine Evaluation durchzuführen, gute Ideen zu sammeln, aber auch zu prüfen, ob Veränderungen notwendig sind, und gleichzeitig bereits vorhandenes Material einzubeziehen. Das Bundesjugendkuratorium hat einen sehr ausführlichen Bericht vorgelegt.

Partizipation kann auf unterschiedlichen Wegen stattfinden: parlamentarische Partizipation über Jugendparlamente und projektbezogene Partizipation. - Ich will ganz deutlich sagen: Talkrunden lehne ich dabei ab. Wenn es Jugendparlamente oder Jugendbeiräte gibt, dann müssen diese Entscheidungsbefugnisse bekommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die letzten Jahre haben allerdings gezeigt, dass insbesondere die projektbezogene Partizipation auf ein reges Interesse von Jugendlichen und Kindern stößt. Die Beteiligungswünsche der Jugendlichen haben sich in den letzten Jahren hin zu einem unkonventionellen, kurzfristigen und auch überschaubaren Engagement gewandelt. Wer wirkliche Beteiligung und Mitbestimmung will, muss vor allem eines: Er muss sie ernst nehmen.

Auf diese Entwicklung sollten wir reagieren. Die Forderung nach Fortbildungsmöglichkeiten für entsprechende Ansprechpartner in Kommunen,

Schulen und Jugendeinrichtungen halte ich daher für völlig richtig. Erfolgserlebnisse bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen von Partizipationsprojekten in allen relevanten Institutionen sind wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der damit verbundenen Ziele. Das setzt voraus, dass es die Angebote gibt. Daher ist das Land in der Pflicht.

Ich möchte das noch an einem Beispiel deutlich machen. Vor Kurzem habe ich in meinem Wahlkreis mit Schülerinnen und Schülern ein Gespräch geführt, in dem es um das Thema „Politik in der Schule“ ging. Dabei fiel das folgende Zitat: Der Schulunterricht zu dem Thema war langweilig. Da erklärten sie einem Gesetzestexte und zeigten, wie ein Stimmzettel aufgebaut ist. Das bringt nichts. „Mehr Praxis, weniger Theorie“ war die Forderung. - Das ist doch ein eindeutiger Ruf nach mehr Projektarbeit im Bereich Politik, Demokratie und Partizipation.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine Ausdehnung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auch auf Projekte der Landkreise erscheint mir sinnvoll. Warum soll das denn nicht gehen?

Wir sollten einfach den Mut haben, auch über diesen Weg zu diskutieren, ihn zu gehen und Partizipation sowie die Gestaltung des eigenen Lebensraumes als positives Erlebnis erfahrbar zu machen.

In Kommunen, in denen erfolgreiche Projekte für mehr Mitbestimmung junger Menschen auf den Weg gebracht wurden, müssen diese Projekte finanziell gefördert werden, und zwar auch gleichmäßig. Es kann nicht sein, dass die Kommunen die Beteiligung bezahlen müssen, dann aber abhängig von der Kassenlage eine unterschiedliche Form der Beteiligung stattfindet.

Partizipation ist jedoch auch ein Zukunftsfaktor. Gemeinden und Städte für und durch junge Leute stark zu machen, bedeutet auch, sie gegen den demografischen Wandel abzusichern. Je mehr Kinder und Jugendliche vor Ort beteiligt und damit gebunden werden, desto höher ist das unmittelbare und zukünftige Innovations- und Kompetenzpotenzial einer Region.

Spätestens dieser Aspekt müsste doch auch diese Hälfte des Hauses zu mehr Nachdenklichkeit anregen. Lassen Sie uns doch an der Stelle einfach mehr Partizipation wagen!

Der Antrag ist grundsätzlich ein guter Beginn für eine Diskussion. Wir wollen die Politik transparenter gestalten, die Kommunikation jugendgerechter machen. Das gelingt durch ein Mehr an Beteiligung wie auch durch eine qualitativ verbesserte Beteiligung.

Der Handlungsauftrag an die Landesregierung ist hiermit formuliert. Es ist nun Ihre Aufgabe, dem nachzukommen. Wir werden sehr genau beobachten, ob Sie über Sonntagsreden hinauskommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Frau Vockert von der CDU-Fraktion hat das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nun wirklich, glaube ich, keine neue Erkenntnis, dass Kinder und Jugendliche ein Anrecht darauf haben, an allen sie berührenden Angelegenheiten entsprechend beteiligt zu werden. Ich glaube, dass es auch keine neue Erkenntnis ist, dass, wie die Grünen in ihrem Antrag schreiben - ich zitiere -, die „demokratische Entwicklung der Gesellschaft … eine gezielte Stärkung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungsprozessen“ erfordert.

Meine Damen und Herren insbesondere von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, keine neue Erkenntnis! Diese Feststellung, die Sie jetzt formulieren, haben wir bereits vor zehn Jahren in diesem Hause an dieser Stelle getroffen, und das in einem Entschließungsantrag so eingefordert. Sie können das in der Drs. 14/481 nachlesen. Insofern, Herr Tonne, habe ich überhaupt kein schlechtes Gewissen; Sie haben gesagt, diese Seite des Hauses - CDU, FDP - hätte hier schon lange einmal einen Antrag auf den Weg bringen können. Sie haben erst bis 2006, dann bis 2000 zurückgeblättert. Sie hätten weiter bis 1998 zurückblättern sollen. Ich habe überlegt, ob ich die Rede von 1998 so wiederhole, wie ich sie damals gehalten habe.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

- Frau Helmhold, was haben Sie?

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was ist seit 1998 passiert?)

- Ja, gehen wir der Sache doch auf den Grund. Wenn Sie es nicht nachverfolgt haben - ich habe das immer im Auge behalten; denn mir geht es tatsächlich um die Sache, das heißt dann auch um die Nachhaltigkeit. Es geht nicht darum, hier nur einmal einen Antrag zu stellen, und anschließend heißt es „April, April“.

1998 waren wir von der CDU noch in der Opposition und haben sehr deutlich gefragt: Was passiert hier eigentlich im Interesse der Kinder und Jugendlichen? - Nichts! Was können wir - damals, wie gesagt, in der Opposition - von der Landesregierung eigentlich einfordern? - Das war unsere Intention. Es war und ist weiterhin für uns das Ziel, Politik nicht nur für Kinder und Jugendliche zu machen, sondern auch mit Kindern und Jugendlichen zu machen. Auch darin waren wir uns damals einig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Schade, dass jetzt diese Seite des Hauses nicht klopft, nur weil ich hier als Vertreterin der CDU rede. Da sieht man einmal wieder, wie sehr parteipolitisch Sie das sehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das haben wir 1998 über die Fraktionsgrenzen hinweg hinbekommen; das war richtig fantastisch. Sie sollten es nachlesen.

Dann haben wir gesehen, wie das umgesetzt wird. Wir haben schon 1998, schon damals in der Opposition gesagt: Verantwortlich sind hierfür die Kommunen. Das Land ist nicht in der Verantwortung. - Wir haben hier schon damals in der Opposition nicht die damalige Landesregierung - SPD-geführt - in die Verantwortung genommen und gesagt: „Ihr seid jetzt gezwungen!“ - So fordern die Grünen das heute ein. - „Und wenn ihr, die Kommunen, das nicht vor Ort nicht umsetzt, darf diese Landesregierung den Kommunen dann kein Geld mehr geben!“ - Hier kommt man seitens der Grünen wieder mit Misstrauen gegenüber Kommunen. Wir hingegen haben Vertrauen. Wir wissen nämlich, dass sich unsere verantwortlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker der Tatsache sehr bewusst sind, dass das Thema der Kinder und Jugendlichen und das Maß ihrer Einbeziehung auch ein Qualitätssigel für die Kommunalpolitik sind. Wir haben lange hier im Landtag, im Ausschuss, dann auch im Jugendhilfeausschuss, in vielen Gremien, auch mit dem Landesjugendring, über einzelne Projekte gesprochen. Wir haben genau das getan, was hier jetzt einfordert wird.

Frau Kollegin Staudte, fragen Sie einmal Frau Kollegin Meta Janssen-Kucz. Sie hat das damals gemeinsam mit uns super auf den Weg gebracht.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Von der SPD-Fraktion war damals Herr Kollege Mühe dafür zuständig.

Wir haben dann gesagt: Wir wollen einen Anreiz geben. - Wir haben kleinere Projekte mit initiiert, damit die Kommunalpolitiker hierfür - z. B. in den Bereichen der Spielplätze, des Wohnungsbaus, der Verkehrssicherung - stärker für diesen Aspekt sensibilisiert werden; vor über elf Jahren war das noch notwendig. Schon drei Jahre später, 2001, als wir die Änderung der NGO hier umgesetzt haben, haben wir uns lange darüber unterhalten, ob wir eine Soll- oder eine Muss-Regelung einführen sollen - wir hatten die Regelung von SchleswigHolstein im Kopf -, und wir haben sehr deutlich gesehen, was schon in diesen drei Jahren passiert ist.

Was fordern Sie jetzt ein? - Eine Moderatorenausbildung. Das wird schon gemacht.

(Miriam Staudte [GRÜNE] schüttelt mit dem Kopf)

- Jawohl, wird gemacht! Frau Kollegin Staudte, Sie haben im Januar dieses Jahres eine Anfrage an die Landesregierung zu diesem Thema gerichtet. Sie haben eine entsprechende Antwort erhalten. Aus dieser Antwort können Sie ersehen, dass nach wie vor hier Jugendpfleger, Jugendpflegerinnen auf Landesebene zusammenkommen, sich über Projekte unterhalten und diskutieren, was man verbessern kann. Man kann immer verbessern.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja!)

Wir sagen sehr deutlich, Herr Kollege Limburg: Wir haben das 1998 aus der Opposition heraus parteiübergreifend - ohne eine Fraktion hier im Hause - bereits umgesetzt. Die Kommunen, die verantwortlichen Kommunalpolitiker leisten hier einfach fantastische Arbeit. Ihr Antrag ist völlig überflüssig!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Das alles ist elf Jahre her!)

Frau Staudte hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön, Frau Staudte! Sie haben eineinhalb Minuten Redezeit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vockert, Sie haben hier angeführt, wir hätten schon 1998 entschieden und Anträge im Landtag verabschiedet. Aber es kommt doch nicht darauf an, dass wir eine Partizipation auf dem Papier haben, sondern es kommt darauf an, dass Partizipationsprojekte tatsächlich stattfinden.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

In dem Zeitraum 2001 bis 2004 sind 104 Beteiligungsprojekte realisiert worden. Wir fragen aber: Was ist seitdem passiert? 2004 wurde die Gemeinschaftsaktion wieder eingestampft. Seitdem hört man nichts mehr von tatsächlichen Planungen in den Kommunen und Gemeinden. Sie haben sich nicht dazu geäußert, was Sie konkret dazu sagen, dass dieser § 22 e auch auf die Landkreisordnung bzw. auf dieses einheitliche Kommunalgesetzbuch übertragen wird. Es interessiert mich sehr, ob Sie eine Meinung dazu haben.

Wir denken: Sanfter Druck ist sehr gut für die Motivation der Gemeinden. Wir haben ganz bewusst keine Muss-Formulierung aufgenommen, sondern es bei der Soll-Formulierung belassen.

Zu den Moderatorenausbildungen möchte ich sagen: Definitiv werden keine weiteren Moderatoren ausgebildet. Das, was Sie meinen, was Sie aus der Antwort auf die Anfrage zitiert haben, ist das jährliche Treffen der bisher ausgebildeten Moderatoren.

Im Übrigen beantragen wir, dass dieser Antrag im Sozialausschuss und nicht im Kultusausschuss behandelt wird.