Protocol of the Session on October 29, 2009

Ich finde es immer wieder schade, wenn hier aus Anhörungen, seien sie mündlich oder schriftlich, in unzutreffender Weise berichtet wird. Frau Tiemann hat behauptet, dass die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft vor dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit warne. - Das ist nicht richtig. Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft hat in ihrer umfänglichen Stellungnahme,

die auch ein umfassendes Finanzierungsmodell enthält, das mit Sicherheit Bestandteil der Beratungen über die Ausformung sein wird, natürlich davor gewarnt,

„die … Investitionskostenfinanzierung unter dem Deckmantel der Eigenverantwortlichkeit der Krankenhausträger weiter auszuhöhlen.“

Das ist aber ein ganz anderer Punkt. Natürlich kann es nicht darum gehen, die Finanzierung auszuhöhlen. Ganz im Gegenteil! Frau Mundlos hat bereits dargestellt, dass die Regierung schon steigende Investitionsmittel im nächsten Haushalt vorgeschlagen hat. Sie hat auch darauf hingewiesen - das ist sehr wichtig -, dass wir im Konjunkturprogramm richtig etwas für die Krankenhäuser in Niedersachsen getan haben. Es ist völlig unzweifelhaft - da sind wir uns alle einig -, dass wir da noch mehr Mittel brauchen.

Aber Eigenverantwortlichkeit bedeutet, dass im Förderbescheid nicht steht, wofür die Investitionsmittel im Einzelnen auszugeben sind; vielmehr soll sich das Krankenhaus selber innerhalb dieses Rahmens bewegen können und beispielsweise - das ist eine Forderung der Krankenhausgesellschaft - auch einmal Investitionsmittel ansparen und die Maßnahmen, die erforderlich sind, über mehrere Jahre hinweg anfassen können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihr Änderungsantrag bleibt leider in entscheidenden Punkten undeutlich. Sie erwähnen, dass Sie den Gegensatz zwischen ambulanter und stationärer Versorgung überwinden wollen. Was das im Detail bedeutet, haben Sie uns noch nicht erzählt.

(Uwe Schwarz [SPD]: Gucken Sie einmal in die Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene!)

Ich darf Sie herzlich bitten, noch etwas Licht in diese Diskussion zu bringen.

Der Antrag, den wir Ihnen vorlegen, weist den richtigen Weg. Wir werden einen Vorschlag aus dem Ministerium bekommen und über diesen weiterdiskutieren. Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Humke-Focks möchte eine Kurzintervention vornehmen. Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Riese, aus unserer Sicht bringen Sie hier überhaupt nichts auf den Weg. Ihr oberflächlicher und unspezifischer Antrag hat nämlich überhaupt keine Konsequenzen und wird die Notlage der Krankenhäuser in keinster Weise beseitigen. Sie spielen hier auf Zeit. Dieser Verdacht muss einfach aufkommen. Sie wollen den drohenden Kollaps - diese Zahlen können Sie einfach nicht leugnen - aufschieben, möglichst über die nächste Wahl hinweg, weil Sie genau wissen: Die nächsten Landtagswahlen werden Sie nicht so ohne Weiteres gewinnen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Was?)

Dann überlassen Sie nämlich, wie Sie es in anderen Bundesländern wie Berlin getan haben, der Nachfolgeregierung einen Scherbenhaufen, unter dem dann genau diejenigen leiden, die auf eine flächendeckende Versorgung im Gesundheitsbereich angewiesen sind.

(Zuruf von Norbert Böhlke [CDU])

Das hat nichts mit Schadenfreude und Panikmache zu tun. Es besteht hoher Handlungsbedarf, und dem wird Ihr vorliegender Antrag in keiner Weise gerecht. Das ist ja das Schlimme. Wir machen keine Panik, aber Sie spielen auf Zeit. Das halten wir für unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Riese möchte antworten. Bitte schön!

Mit pauschaler Schwarzmalerei, verehrter Herr Humke-Focks, kommen wir natürlich kein Stück weiter. Ich bitte Sie herzlich, den Antrag noch einmal zu lesen. Darin steht nämlich: Es geht darum, eine wohnortnahe Krankenhausversorgung auch in Zukunft sicherzustellen. Dabei handelt es sich um die Grundversorgung. Es geht außerdem darum, für die größeren Vorhaben nach § 9 Abs. 1 des Krankenhausgesetzes an der gezielten Steuerung der Investitionsentscheidungen durch den Krankenhausplanungsausschusses festzuhalten. Das ist also eine strategische Entscheidung.

Wir fordern die Landesregierung auf oder bitten sie, da wir ja sehr höfliche Menschen sind, zu prüfen, welcher Finanzbedarf bei der Pauschalförderung notwendig ist. Das wird uns die Landesregierung beantworten.

Die Zahlen der Krankenhausgesellschaft sind hier genannt worden und sind bekannt. Ich wundere mich, dass die SPD nicht gleich 500 Millionen Euro in ihren Antrag geschrieben hat - das wäre nämlich die logische Konsequenz daraus -, aber daran hat sie wahrscheinlich noch ein letzter Respekt vor den Zwängen des Haushalts gehindert.

Vor allen Dingen betone ich noch einmal die Eigenverantwortlichkeit der Krankenhäuser. Wir wollen eine Detailsteuerung und nicht eine Steuerung aus dem Apparat heraus. Wir wollen die Steuerung an die Stellen verlagern, wo am Ende die Investitionen getätigt werden. Das sind klare Richtlinien, und wir haben eine klare Entwicklung aufgezeigt. Behaupten Sie hier nicht das Gegenteil!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass bei den niedersächsischen Krankenhäusern ein Investitionsstau in Höhe von etwa 1 Milliarde Euro besteht, ist der vorliegende Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen vollkommen unzureichend.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat in seiner Stellungnahme deutlich darauf hingewiesen, dass die Krankenhausförderung trotz einer stärkeren Förderung im vergangenen Jahr bei Weitem nicht ausreichend war. Fördermittel von 121,4 Millionen Euro im Jahr 2007 sind vor dem Hintergrund der eben genannten Milliardensumme leider nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine Förderung von 15,20 Euro pro Fall in Niedersachsen bei einem Bundesdurchschnitt von 32,38 Euro spricht für sich und gegen die Landesregierung und ihre Politik in diesem Bereich. Wir sollten uns hier immer wieder vor Augen führen, dass Niedersachsen bei der Investitionsförderung deutlich das Schlusslicht in der Bundesrepublik Deutschland bildet. Ich finde, das ist ein beschämendes Ergebnis Ihrer Politik.

Wenn in Ihrem Antrag gleich zu Beginn von leistungsorientierten Kriterien im Zusammenhang mit der Höhe von Pauschalförderung gesprochen wird, so ist das vollkommen unspezifisch. Bezogen auf die von Ihnen präferierte Pauschalförderung,

klammern Sie bewusst Fragen einer Ungleichbehandlung der unterschiedlichen Standorte aus und geben keine Antwort auf Fragen z. B. nach der Versorgung im ländlichen Raum oder auf den Inseln, gehen auch nicht auf die demografische Entwicklung ein etc. pp.

Sie ignorieren selbst den Hinweis der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft zur Interpretation des auch von Ihnen zitierten § 9 Abs. 3 Satz 3 des Krankenhausgesetzes, wonach regelmäßige Anpassungen an die Kostenentwicklung vorgenommen werden müssen. Genau das hat das Land Niedersachsen - ich zitiere wieder die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft - unzureichend umgesetzt.

Gleiches gilt für die in der Folge aufgezählten Bitten der Regierungsfraktionen an die Landesregierung von CDU und FDP. Sie halten sich hier an Allgemeinplätzen auf. Das ist bei der existierenden Dramatik in der Entwicklung der niedersächsischen Krankenhäuser nicht lösungsorientiert und damit auch nicht unterstützenswert.

(Beifall bei der LINKEN)

Es reicht eben nicht aus, dass im vergangenen Jahr keine Krankenhausstandorte geschlossen werden mussten, da ein erheblicher Teil der existierenden Häuser weiterhin rote Zahlen schreibt und weiterhin in der Existenz bedroht ist, wenn die Landesregierung nicht endlich ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt.

Zum Antrag der SPD-Fraktion ist festzustellen, dass die eine oder andere Forderung der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft übernommen worden ist. Der Antrag hat wesentlich mehr, um Längen mehr Substanz als der Antrag der Regierungsfraktionen.

(Roland Riese [FDP]: Er ist lang! Das ist wohl wahr!)

Insofern würde er eine bessere Grundlage für die weitere Diskussion bilden. Doch konkrete Schritte zur Beseitigung des Investitionsstaus und zur Krankenhausfinanzierung bleiben leider auch in diesem Antrag etwas verkürzt. Die Linke findet es allerdings weniger überzeugend, dass weitere Bettenkapazitäten abgebaut werden sollen. Wir sind vielmehr der Auffassung, dass dieser Schritt zu früh erfolgen bzw. angegangen werden soll, und würden gerne zunächst darüber diskutieren, ob auch danach tatsächlich die Qualität der Pflege erhalten bleiben kann.

Des Weiteren will die SPD-Fraktion weitere Standorte fusionieren, spezialisieren und Kooperationen festlegen. Wir sehen in der pauschalen Formulierung im SPD-Antrag mittelfristig eine Gefahr für die flächendeckende Versorgung im Gesundheitswesen.

Die Linke bleibt bei ihrer Auffassung, dass Gesundheit keine Ware ist und die Regierenden in der Verantwortung stehen, die Kosten des Gesundheitsbereichs nicht ausschließlichen einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung zu unterwerfen.

(Glocke des Präsidenten)

Abschließend ist festzustellen, dass der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen kein Beitrag zur Sicherung der Krankenhausstandorte ist und auch den Investitionsstau bei diesen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung nicht beseitigen hilft.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Die Linksfraktion wird die Beschlussempfehlung des Fachausschusses ablehnen. Da auch über den Antrag der SPD-Fraktion abgestimmt werden soll, werden wir uns der Stimme enthalten. Wir hätten uns aber gewünscht, dass wir diesen Antrag weiter beraten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es gab ein paar Probleme mit der Zeitmessung. Das haben wir jetzt aber geregelt.

Nächste Rednerin ist Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rechnungshof mahnt die Neuregelung der pauschalierten Basisförderung von Krankenhäusern seit dem Jahre 2003 an. Niedersachsen hat sich reichlich Zeit gelassen und ist jetzt das letzte Bundesland, das die Grundförderung in Zukunft an den Erfordernissen - in diesem Fall an leistungsorientierten Kriterien - ausrichten will. Es ist gut, dass das endlich passiert. Allerdings lässt der Antrag von CDU und FDP noch Fragen offen.

Natürlich liegt hier der Teufel im Detail, und die Fachleute müssen sehen, welche Parameter, wel

che Kriterien sinnvoll sind. Wir hatten vom Ministerium eine Synopse bekommen, aus der hervorgeht, wie andere Bundesländer das regeln. Leider gab es keine Evaluation dieser Regelungen, was meines Erachtens hilfreich gewesen wäre.

Ich finde den CDU/FDP-Antrag, zu dem schon vieles gesagt wurde, insgesamt relativ vage, und es ist richtig, dass die SPD einen weitergehenden Änderungsantrag vorgelegt hat. Wir werden den SPD-Antrag unterstützen, zumal er auch Forderungen enthält, die wir im vergangenen Jahr aufgestellt haben, nämlich die Unterfinanzierung der Krankenhäuser mittelfristig so aufzuheben, dass man bei der Förderung wenigstens den Durchschnitt der anderen Bundesländer erreicht. Darauf haben übrigens auch alle an der Anhörung Beteiligten hingewiesen, Frau Mundlos. In jeder einzelnen Stellungnahme - egal, vom wem sie auch kam - stand: Es ist alles schön und gut. Aber wir haben insgesamt zu wenig Geld. - Wenn Sie hier zitieren, im Rahmen der Anhörung habe Ihnen jemand aufgeschrieben - auch ich habe das gelesen -: „Im Grundsatz unterstützen wir diesen Antrag“, kann ich nur sagen: Ja, das ist eben diese Geschichte mit „im Grundsatz“. Wenn ein Jurist sagt, „grundsätzlich“ ist etwas so, dann kommen immer große Aber, und das große Aber an der Stelle war: Der Topf ist einfach viel zu leer. Sie tun zu wenig für uns.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)