Protocol of the Session on October 28, 2009

Die SPD in Deutschland hat an dieser Stelle immer nur von sozialer Gerechtigkeit geredet. Wir setzen sie um. Mit Dr. Philipp Rösler als neuem Bundesgesundheitsminister tun wir das. Darauf kann Niedersachsen wirklich stolz sein.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich freue mich - das will ich als Liberaler nicht verhehlen - auch über die klaren Akzente beim Thema Bürgerrechte, die dieser Koalitionsvertrag setzt. Es muss uns allen zusammen zu denken geben,

wenn die Piratenpartei einen Stimmenanteil von 13 % bei den Erst- und Jungwählern erreicht hat und mittlerweile über 10 000 Mitglieder in Deutschland zählt. Themen wie Internetdemokratie und Schutz der Privatsphäre müssen deshalb mehr in den politischen Fokus auch der neuen Bundesregierung rücken. Die Sicherheit der Gemeinschaft - um das deutlich zu sagen - darf dabei nicht zu kurz kommen. Ein handlungsfähiger Staat muss aber gleichzeitig klarmachen, dass die Unschuldsvermutung für jeden seiner Bürger gilt.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Eng verbunden mit den Bürgerrechten ist natürlich das Recht auf eine gute Bildung und Ausbildung. Auch hier gibt der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung klare Handlungsanweisungen. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist gerade für junge Menschen ein entscheidender Punkt bei der Frage der Gründung einer Familie. Hier sind Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik gleichermaßen gefragt. Wir haben als Land Niedersachsen mit der neuen Bundesregierung dort einen sehr guten Partner. Der Bildungsaufstieg darf niemals an finanziellen Hürden scheitern. Aber auch ein privater finanzieller Beitrag darf kein Tabu sein. Ich erinnere daran, dass wir in Niedersachsen die Studiengebühren eingeführt haben. Dazu passt die Einrichtung eines Zukunftskontos für jedes neu geborene Kind, das mit einem Startguthaben von 150 Euro ausgestattet ist und bei dem Einzahlungen mit einer Prämie unterstützt werden. Wir wollen endlich in die Bildungsgesellschaft starten. Der Staat wird die Familien dabei auch finanziell unterstützen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich will noch auf einen weiteren Themenbereich zu sprechen kommen, nämlich auf die Umwelt- und Energiepolitik. Hier tut die neue Bundesregierung genau das, was wir von Union und FDP alle zusammen vor der Wahl angekündigt haben. Sie mögen sich damit vielleicht nicht abfinden, aber es ist so - das sage ich an die Adresse von Herrn Jüttner und Herrn Wenzel -, dass insbesondere die konzeptlose Energiepolitik von Rot-Grün am 27. September endgültig abgewählt worden ist.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Herr Wenzel, es reicht am Ende des Tages eben nicht aus, sich hehre Klimaschutzziele zu setzen.

Man muss diese Ziele auch umsetzen. Deswegen ist es richtig, dass es auch im Interesse des Klimaschutzes in Deutschland die Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke in Deutschland geben wird. Genauso ist es richtig, dass sich diese Bundesregierung der Endlagerfrage verantwortungsvoll annehmen wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Alternative zur freien und sozialen Marktwirtschaft ist die Staatswirtschaft. Dabei geht es meines Erachtens nicht nur um verschiedene Wirtschaftsmodelle, sondern es geht im Grunde genommen um verschiedene Gesellschaftsmodelle. Wer eine Gesellschaft motivieren will, muss ihr auch die Freiheit dazu geben. Das kann im Moment in Deutschland nur eine Bundesregierung aus CDU und FDP.

(Beifall bei der FDP)

Herr Jüttner, ich komme aus dem sogenannten alten Oldenburger Land. Dort ist man durchaus auf die Landsmannschaft stolz. Ich spreche oft mit Unternehmern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese Mitarbeiter in den Unternehmen wollen gemeinsam mit ihren Chefs etwas leisten. Sie wollen durch ihrer eigenen Hände Arbeit für sich und ihre Familien etwas erreichen. Sie wollen in Deutschland endlich durchstarten. Sie wollen ein Land, das ihnen alle Chancen eröffnet. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit als Politiker, ihnen genau das zu ermöglichen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Jüttner, ich finde es durchaus interessant, wenn Sie hier von Klientelpolitik der FDP sprechen. Schauen Sie sich einmal an, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am 27. September abgestimmt haben. Unsere Klientel sind genau diese Arbeitnehmer in Deutschland, genau diese Leistungsträger. Beim Thema Mindestlohn sind wir meines Erachtens genau an der zentralen Stelle angekommen. Die erwähnten Arbeitnehmer können sich für das Versprechen von einem Mindestlohn überhaupt nichts kaufen. Wenn sie aber einen Arbeitsplatz haben, um ihre eigene Familie zu finanzieren, haben sie echte Zukunftschancen. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Gerade in einer Phase der Rezession muss eine neue Bundesregierung Wachstumsimpulse setzen. Das haben SPD, Grüne und Linke leider nie ver

standen. Wer den Arbeitnehmern und den Unternehmen die Luft zum Atmen nimmt, kann vielleicht noch dem Anspruch gerecht werden, dass das, was übrig bleibt, auf alle gerecht verteilt werden kann. Das kann und darf aber nicht unser Ziel sein. Der Kuchen muss in Deutschland endlich wieder größer werden, und zwar nicht durch eine exzessive Ausgabenpolitik des Staates, denn staatliche Ausgaben sind langfristig niemals in der Lage, das Wachstum zu ersetzen. Wachstum - das haben Sie nie begriffen - schaffen Menschen, und diese Menschen brauchen auch endlich die Freiheit dazu.

(Beifall bei der FDP)

Was FDP und Union in dieser Hinsicht vorhaben - ich will das hier an einem letzten Beispiel deutlich machen -, ist kein Akt sozialer Ungerechtigkeit. So dient beispielsweise die Erhöhung des Schonvermögens auf 750 Euro pro Lebensjahr dem Schutz der privaten Altersvorsorge. Wer sein Leben lang gearbeitet hat und dabei für das Alter etwas zurückgelegt hat, muss dies behalten dürfen, auch wenn er am Ende seines Berufslebens unverschuldet arbeitslos wird. Der Koalitionsvertrag ist ein Vertrag für alle gesellschaftlichen Gruppen in Deutschland.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Jüttner, weil ich meine Rede mit Bezug auf Ihre Ausführungen angefangen habe, will ich mich auch am Schluss auf Sie beziehen. Wir haben Ihre Statements vom vergangenen Wochenende gehört. Wer bei anderen Parteien eine dünne Personaldecke ausgemacht haben will, aber gleichzeitig einer Landtagsfraktion vorsitzt, deren Führungspersonal aus abgewählten Regierungsmitgliedern besteht und die es seit 2003 trotz zwei verlorener Landtagswahlen nicht geschafft hat, sich zu erneuern, und wer jemanden zu seinem Bundesvorsitzenden machen will, der als Ministerpräsident in Niedersachsen und Umweltminister im Bund gescheitert ist und abgewählt wurde, der darf sich nicht wundern, dass er das Vertrauen der Menschen in Deutschland schlicht und einfach nicht mehr genießt.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir, Union und FDP, sind bei der Bundestagswahl zum einen gewählt worden, weil wir nach meiner festen Überzeugung

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das Blaue vom Himmel versprochen ha- ben!)

die besseren Inhalte, das bessere Programm hatten. Wir sind, meine Damen und Herren, aber auch gewählt worden, weil man es uns zutraut, diese Inhalte umzusetzen. Vertrauen, meine Damen und Herren, das ist der eigentliche Unterschied zwischen Ihnen und uns.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion DIE LINKE hat sich jetzt Frau Flauger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

(Zurufe von der LINKEN: Gib’s ihm!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Herr Dürr, nachdem Sie sich gerade so intensiv auf die Schulter geklopft haben für die Wahlergebnisse und für das Vertrauen, dass Ihnen die Wählerinnen und Wähler ausgesprochen haben, würde ich Ihnen empfehlen, einen genaueren Blick auf die Zahlen der Bundestagswahl hier in Niedersachsen zu werfen. Dazu will ich Ihnen zwei Zahlen nennen: 46,5 % und 48,6 %. Die 46,5 %, die kleinere Zahl, das ist der Wert, den FDP und CDU zusammen hier in Niedersachsen bekommen haben. So viel zum Vertrauen der Wählerinnen und Wähler!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Und wie war das vor- her?)

Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, ich habe mir den Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung natürlich durchgelesen. Ich weiß nicht genau, was da passiert ist. Den Medien war ja auch zu entnehmen, dass Sie etwas länger um eine Überschrift ringen mussten. Da muss wohl etwas durcheinander gegangen sein. Herr Thümler hat hier ausgeführt, dass er verschlossene Türen eingerannt ist. Das tut natürlich weh.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Da bleiben Schäden!)

Da kann der Kopf schon einmal ein bisschen durcheinander kommen. Das könnte eine Erklärung für das sein, was ich dazu festgestellt habe: Sie haben in Berlin nämlich aus Versehen ein falsches Titelblatt vor den Koalitionsvertrag geheftet. Da steht jetzt als Titel: „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt.“ Das kann nur ein Irrtum sein; denn eine treffende Zusammenfassung der dann folgenden 131 Seiten müsste ungefähr lauten: „Rückschritt. Sozialabbau. Spaltung.“

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will auf die ersten drei Themenblöcke in Ihrem Koalitionsvertrag genauer eingehen und abschließend noch einmal zu Personalfragen und Schlussfolgerungen kommen.

Ihre Antwort auf die Krise unter der Überschrift „Der Weg aus der Krise“: Steuerentlastungen von 21 Milliarden Euro. Ab 2010 werden Sie damit vor allem Unternehmen, reiche Erben und Besserverdienende entlasten; Herr Jüttner hat schon ausgeführt, wie sich Ihre Einkommensteuerkonfiguration darstellt. Sie wissen aber nicht, wie Sie das finanzieren wollen. Sie setzen auf die vollständige Selbstfinanzierung Ihrer Steuersenkungen, obwohl Ihnen jeder halbwegs kundige Volkswirt sagen kann, dass das zu maximal 30 % der Fall sein wird, auch unter guten Bedingungen. Ihre Bundesebene legt hier einen Koalitionsvertrag vor, in dem Sie 21 Milliarden Euro ohne jede Gegenfinanzierung ausgeben wollen. Sie bauen allein auf das Prinzip Hoffnung.

Ich will Ihnen einmal sagen: Als FDP und CDU haben Sie sich damit sowohl auf Bundesebene als auch hier abschließend disqualifiziert, noch einmal Finanzierungsvorschläge anderer Parteien zu kritisieren, nur weil Sie die vorgeschlagenen Maßnahmen politisch nicht teilen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sollten Sie auch im Hinblick auf zukünftige Landtagsdebatten hier durchaus berücksichtigen.

Ihre Bundesregierung plant eine massive Umverteilung von unten nach oben. Sie ist trotz aller Skrupellosigkeit in sozialer Hinsicht noch nicht einmal mathematisch schlüssig.

Zu Ihren weiteren Steuerplänen will ich hier deutlich machen, was Ihre Vorhaben für die Finanzen in Niedersachsen bedeuten. Die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer zum 1. Januar 2011 macht ca. 2 Milliarden Euro jährlich für Niedersachsen aus. Die Erbschaftsteuer macht für Nie

dersachsen minus 100 Millionen Euro jährlich aus. Die Unternehmensbesteuerung macht für Land und Gemeinden jährlich 200 Millionen Euro aus. Das Festhalten an der beschlossenen Steuersenkung zum 1. Januar 2010 - die erweiterte Absetzbarkeit in Bezug auf die Krankenversicherung und so - macht ca. 1 Milliarde Euro aus. Das schlägt auch voll auf die Kommunen durch, weil die ca. 15 % der Einnahmen aus Lohn- und Einkommensteuer erhalten. Schon jetzt ist jeder zweite kommunale Haushalt nicht ausgeglichen. Die Kassenkredite der Kommunen betragen 4,4 Milliarden Euro.

Herr Wulff weiß das auch ganz genau. Ich zitiere Spiegel online von gestern:

„‚Unseriös, unverantwortlich, Unfug’ seien die Steuerpläne der Liberalen, raunzte Christian Wulff auf halber Strecke der Gespräche Guido Westerwelle an. Er werde diese ‚als Ministerpräsident Niedersachsens im Bundesrat nicht mittragen’.“

So weit Spiegel online. - Herr Wulff, ich will Sie ausdrücklich ermuntern: Bleiben Sie dabei! Seien Sie Ministerpräsident mit Rückgrat!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zeigen Sie, dass Sie mehr können, als dem Schwiegersohnimage gerecht zu werden - das hat sich altersmäßig sowieso irgendwann erledigt; das geht nicht auf die Dauer.