Protocol of the Session on October 28, 2009

Weil es so schön passt, haben Sie, Herr Kollege Dürr, jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich ganz herzlich für die Glückwünsche.

Da das Thema „Geduld“ auch von dieser Seite des Hauses genannt worden ist, möchte ich gerne mit Ihnen anfangen, Herr Kollege Jüttner. Ich finde es gut, dass Sie vorhin in Ihrer Rede versucht haben, sich an der FDP abzuarbeiten. Ich schiebe das darauf, dass die prozentualen Anteile uns beide ein Stück weit nähergebracht haben. Dies freut mich ganz ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Karl-Heinz Klare [CDU]: Sehr gut!)

Aber wenn sich der Fraktionsvorsitzende der SPD im Niedersächsischen Landtag hinstellt und sagt, er habe die gesellschaftliche Mehrheit auf seiner Seite, nachdem die SPD bei der Bundestagswahl am 27.September 23 % eingefahren hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann kann man vielleicht nicht einmal mehr von Realitätsverlust reden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Jüttner, ich befürchte, Sie haben aus dem 27. September nichts gelernt. Die neosozialen Thesen, die Sie auch heute wieder hervorgebracht haben,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Neosozi- al! Was ist denn das?)

werden am Schicksal der alten Tante SPD - so heißt es ja immer so schön - nichts ändern. Es ist ein bisschen wie das Schicksal der alten Tante zu Hause: Sie wird leider immer weniger besucht. Ich bedauere dies ausdrücklich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Mit dem 27. September hat in der Bundespolitik tatsächlich eine neue Zeitrechnung begonnen. Nach knapp vier Wochen Koalitionsverhandlungen - hart, aber in der Sache immer fair - sind wir jetzt an dem Punkt, an dem Deutschland endlich neu anfangen kann. Mit der Konstituierung des Deutschen Bundestages und der Vereidigung der Bundesregierung am heutigen Tage bekommt Deutschland genau das, was es vor vier Wochen gewählt hat: eine handlungsfähige Bundesregierung, die mit einem Programm ausgestattet ist, das dieses Land nach elf Jahren SPD-Mitregierung endlich von den Fesseln befreit, die die Menschen in Deutschland so gestört haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Mit ihrer Wahl haben die Wählerinnen und Wähler gezeigt, dass es Deutschland jetzt tatsächlich besser kann als in der Vergangenheit.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das habe ich schon einmal gehört! Das ist eine alte Rede!)

CDU/CSU und FDP wollen den Menschen die Freiheiten zurückgeben, zu denen SPD und insbesondere Grüne zu ihrer Regierungszeit nicht bereit gewesen sind. Gleichzeitig behalten die Menschen die Sicherheit, die sie zur Planung ihrer individuellen Lebensentwürfe brauchen, meine Damen und Herren. Union und FDP haben die Bürger überzeugt, weil wir genau für die Inhalte gestritten haben, die sich jetzt im Koalitionsvertrag wiederfinden.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Die drei Parteien, die Deutschland nach links rücken wollten, sind am 27. September nicht gewählt worden. Die Menschen wollen Lösungen für die Zukunft haben. Sie wollen nicht, dass Deutschland verwaltet wird, sondern sie wollen, dass Deutschland regiert wird, meine Damen und Herren. Vor allen Dingen wollen sie endlich wieder das Gefühl haben, dass es sich lohnt, etwas zu leisten; egal, ob für sich selbst und ihre Familien oder für die Gemeinschaft als Ganzes, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich meine, wir können auch hier stolz darauf sein, dass CDU/CSU und FDP einen Koalitionsvertrag beschlossen haben, der konkret etwas für Niedersachsen bringt. Wichtige Projekte wie der Ausbau der Hafenhinterlandanbindung, die Stärkung der maritimen Wirtschaft oder die Anbindung der Offshorewindparks sind entscheidende Punkte für unser Küstenland.

Aber auch die Entfristung bei den Optionskommunen, von denen es in Niedersachsen bekanntermaßen besonders viele gibt, ist ein wichtiges Ergebnis dieser Koalitionsverhandlungen. Die Kommunen wissen viel besser, wie man Arbeitslosen vor Ort hilft. Sie kennen die Unternehmen ihrer Region. Ihnen gelingt es am allerbesten, Menschen, die arbeitslos geworden sind, so schnell wie möglich wieder in Arbeit zu bringen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Absolut!)

Im Koalitionsvertrag steht auch die Gleichbehandlung der nicht bundeseigenen Eisenbahnen bei der Förderung durch den Bund. Dies bringt für Niedersachsen ganz konkrete Vorteile. Investitionen in Infrastruktur und in der Folge wettbewerbsfähigere Eisenbahnen führen zum einen zu mehr Jobs. Zum anderen entlasten wir dadurch die Straßen. Vor allen Dingen bringen wir Güter endlich wieder vermehrt auf die Schiene.

Auch die Änderungen im Steuerbereich bringen unser Land Niedersachsen voran. Die Reduzierung - dies ist mir ein besonderes Herzensanliegen; dies sage ich ganz deutlich - des Mehrwertsteuersatzes auf 7 % für die Hotellerie wird gerade den Tourismusstandort Niedersachsen stärken. Auch hier haben wir Wahlversprechen eingelöst, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dies gilt gleichermaßen für die angekündigten Veränderungen bei der Unternehmens- und Erbschaftsteuer. Damit helfen wir vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen, auch in unserem Bundesland.

Die Frage ist: Warum tun wir das alles? - Dabei geht es vor allen Dingen um Arbeitsplätze. Wir schaffen einerseits Jobs. Andererseits kümmern wir uns um diejenigen, die im Moment keine Arbeit haben. Es geht um Zukunftschancen für unser Land und die Menschen, die hier leben.

Das, was in Berlin vereinbart worden ist, meine Damen und Herren, leistet in den kommenden Jahren einen entscheidenden Beitrag für den Wohlstand auch hier bei uns in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Denjenigen, die aus Niedersachsen bei diesem Koalitionsvertrag mitverhandelt haben, allen voran unser Ministerpräsident Christian Wulff, Philipp Rösler als sein Stellvertreter und Hans-Heinrich Sander als Umweltminister, gilt dabei unser besonderer Dank, meine Damen und Herren. Die Vereinbarung trägt eine klare niedersächsische Handschrift. Darauf können wir stolz sein. Vielen Dank für Ihren Einsatz!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In diesem Vertrag geht es vor allem um die Entlastung der Familien. Mit der Erhöhung des Kindergeldes um 20 Euro bereits zum 1. Januar 2010 gibt es eine deutliche Anerkennung der gesellschaftlichen Leistungen von Familien.

Mit der Anhebung des Steuerfreibetrages für Kinder erhalten die Familien ebenfalls ein klares Signal. Es lohnt sich, mehr zu leisten, auch wenn man Kinder hat, meine Damen und Herren. Das ist die wichtige Verbindung zwischen Leistungsgerechtigkeit einerseits und sozialer Gerechtigkeit andererseits. Wer mehr arbeitet, damit es der eigenen Familie besser geht, meine Damen und Herren, der muss das auf seinem Konto spüren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Die Förderung von Familien, auch über die Steuerpolitik, Herr Kollege Wenzel - ganz ruhig, wir beide wollten doch etwas ruhiger werden -, ist ein richtiger und wichtiger Schwerpunkt, den die neue Bundesregierung setzt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Neolibe- raler Unsinn!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist:

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Gott sei Dank!)

Sie besteuern die Menschen so lange, bis sie keine Lust mehr auf Leistung haben. Wachstum entsteht aber nur, wenn man den Bürgern die finanzielle Luft zum Atmen lässt. Dies gilt insbesondere für die kleinste Einheit in unserer Gesellschaft, nämlich die Familie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Mit dem vorhin schon zitierten geplanten Einstieg in einen Steuerstufentarif, wie wir ihn vor der Wahl angekündigt haben, ist eines klar im Fokus: die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen. Gerade sie sind in den vergangenen Jahren auch unter einer Regierungsbeteiligung der SPD viel zu kurz gekommen. Es darf doch nicht sein, dass die kleinen und mittleren Einkommen durch die kalte Progression heute so besteuert werden, wie es früher nur bei Spitzenverdienern der Fall war. Steuersenkungen, die auf diese Gruppe abzielen, sind daher genau das richtige Signal auch im Interesse der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die neue Koalition will ein einfaches und gerechtes Steuersystem mit niedrigeren Steuersätzen. Es ist im Übrigen vor allem eine Frage der Gerechtigkeit, dass jeder Bürger die Besteuerung seines Einkommens nachvollziehen kann. Neben der Entlastung muss bei der Entwicklung eines solchen Stu

fentarifs auch die Vereinfachung stehen. Jeder muss sich seine Steuerschuld leicht ausrechnen können. Steuergerechtigkeit beginnt nämlich bei der Nachvollziehbarkeit. Deshalb ist ein einfaches Steuersystem auch für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat wichtig. Nur wenn jeder nachvollziehen kann, welchen Beitrag er im Verhältnis zu seinem Verdienst für die Gemeinschaft leistet, wird er diesen Beitrag auch mit Überzeugung leisten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will hier gern auch auf das Thema Gesundheitspolitik zu sprechen kommen, weil es vorhin von Herrn Jüttner bereits angesprochen wurde. Es ist richtig, dass dieser Koalitionsvertrag umfangreiche Modernisierungen in der Krankenversicherung vorsieht. Mit der geplanten Entkoppelung der Beiträge von den Lohnzusatzkosten erreichen wir zwei ganz wichtige Ziele gleichzeitig. Erstens wird es einen echten Wettbewerb in der Krankenversicherung geben. Wir kommen damit endlich weg von einer Politik der Minireformen, die immer mehr zu einer Zweiklassenmedizin in Deutschland geführt hat. Zweitens tragen alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zum sozialen Ausgleich bei, auch wenn sie nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung sind.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und wer zahlt das?)

- Frau Kollegin Helmhold, der soziale Ausgleich wird in Zukunft über das Steuersystem erfolgen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ja, durch Schulden!)

Alle helfen mit, dass jeder in Deutschland eine bezahlbare Absicherung für den Krankheitsfall hat. Auch das ist soziale Gerechtigkeit unter dieser neuen Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die SPD in Deutschland hat an dieser Stelle immer nur von sozialer Gerechtigkeit geredet. Wir setzen sie um. Mit Dr. Philipp Rösler als neuem Bundesgesundheitsminister tun wir das. Darauf kann Niedersachsen wirklich stolz sein.