Das NLBV hat ausgerechnet - nachzulesen in der mittelfristigen Finanzplanung -, dass jetzt, in den nächsten Jahren, der größte Anstieg der Versorgungslasten stattfindet. Um die Ausgaben zu glätten, ist es sinnvoll, das Geld jetzt einzusetzen und nicht Schulden aufzunehmen und Geld in einen Fonds einzuzahlen, der erst später zur Verfügung steht, wenn der Anstieg gar nicht so groß ist. Was Sie vorhaben, ist finanzwirtschaftlich unsinnig. Was wir machen, ist finanzpolitisch absolut durchdacht und sinnvoll. Deswegen muss es gemacht werden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wegen der Demografie, oder was? - Glocke der Präsidentin)
Das stellt auch keinen Angriff auf die Pensionen dar. Die zukünftigen Pensionen sind dadurch überhaupt nicht berührt.
Danke schön, Herr Kollege Hilbers. - Herr Dr. Sohn möchte antworten. Auch Sie haben eineinhalb Minuten Zeit. Bitte schön!
Herr Hilbers, zu der Schulobstgeschichte habe ich nur die 40 Millionen Euro aufgegriffen, die Herr Ehlen unter der Überschrift, er halte das tatsächlich für außerordentlich sinnvoll, selber vorgerechnet hat. Die Frage dieser 40 Millionen Euro müssten Sie mit Herrn Ehlen behandeln. Ich stimme der Madsack-Presse nicht häufig zu, aber ansonsten bleibt als Resümee dieser ganzen Schulobstdebatte nur das, was die HAZ völlig korrekt mit „peinlich, peinlich“ kommentiert hat.
Zu der anderen Frage, die Sie aufgeworfen haben - „keine individuellen Ansprüche“ -: Natürlich habe ich dieses Gesetz und auch die alte Begründung gelesen - vermutlich als einer von wenigen in diesem Hause -, bevor Sie sich auf die Änderungen gestürzt haben. Aber der entscheidende Punkt ist natürlich, dass in der Begründung eindeutig steht - das werden Sie nicht bezweifeln können -, dass es bei dem Zweck um die demografische Entwicklung nach 2014 geht. Unter der Hand machen Sie daraus „vor 2014“. Bei all Ihrer Redesophistik beißt da die Maus keinen Faden ab. Sie verfrühstücken jetzt eine Vermögensrücklage, die mit dem Versprechen gespeist worden ist: Daran gehen wir erst ab 2014. - Das ist eine Unverschämtheit und ein dicker Hund.
(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Sie haben es gar nicht ver- standen!)
Nachtragshaushalt 2009 und auch zum Haushaltsplan 2010 finden unter dem Eindruck der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise statt, die unser Land je erlebt hat. Schon die Tatsache und Besonderheit, dass wir heute über einen Dritten Nachtrag beraten, macht deutlich, wie akut die Situation ist.
Für meine Fraktion, für die FDP-Fraktion, kann ich sagen, dass wir den Nachtrag genauso intensiv und abwägend beraten haben wie die Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Wir sind trotz aller Kritik der Auffassung, dass wir dem Parlament heute einen verfassungsgemäßen Nachtrag vorlegen.
Meine Damen und Herren, das hat vor allem folgenden Grund: Die vorgesehene Kreditaufnahme übersteigt die Summe der eigenfinanzierten Investitionen um 998 Millionen Euro. Das haben sowohl Herr Minister Möllring als auch Kollege Hilbers hier vorgetragen. Die weitere Kreditaufnahme ist für Investitionen bestimmt und deshalb zulässig; dies wird keiner bestreiten. Also müssen die 998 Millionen Euro den besonderen Bestimmungen des Artikels 71 der Niedersächsischen Verfassung genügen, und das tun sie.
Niemand hier wird bestreiten, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht in unserem Land nachhaltig gestört ist. Das hat im Übrigen auch, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die alte Bundesregierung mit ihrem Finanzminister Peer Steinbrück so gesehen; Sie können sich vielleicht noch an ihn erinnern.
Nach dem Ergebnis der Mai-Steuerschätzung belaufen sich die Mindereinnahmen für Niedersachsen auf knapp 1,3 Milliarden Euro. Der zulässige Kreditrahmen wird also nicht einmal ausgeschöpft.
Es bleibt also dabei: Es ist sinnvoll, die Krise in den Haushaltsjahren 2009 und 2010 als Ganzes zu sehen. Die zusätzlichen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich von 800 Millionen Euro für das dritte Quartal bestätigen uns darin, dass wir mit unseren Haushaltsansätzen richtig liegen. Schließlich liegt noch ein Quartal vor uns.
Aber selbst die hoch geschätzte Opposition ist bei der Festlegung der Nettokreditaufnahme für 2009 offensichtlich alles andere als einig. Die Linke will heute, wie ich in ihrem Antrag lese, 1,5 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme; vor ein paar Tagen war in einer Pressemitteilung noch von 1 Milliarde Euro die Rede. Die SPD will 1,3 Milliarden, die Grünen immerhin 1,5 Milliarden Euro.
Diese Krise lässt sich nicht in Kalender- oder Haushaltsjahren abgrenzen. Sie geht weit darüber hinaus.
Auf diesem schweren Weg ist es unsere Aufgabe als niedersächsisches Parlament, den Menschen Mut zu machen.
Aber was macht die Opposition? - Wir haben es gerade bei Herrn Dr. Sohn wieder eindrucksvoll erlebt: Sie machen Angst und schüren Verunsicherung.
Das beste Beispiel ist die vorzeitige Entnahme aus der Versorgungsrücklage. Die Änderung, die CDU und FDP eingebracht haben, ist wirtschaftlich sinnvoll und hilft uns, den stärksten Anstieg der Versorgungsausgaben in den nächsten Jahren zu glätten. Sie machen dagegen unseren Beamtinnen und Beamten Angst. Als wenn die Entnahme aus dem Sondervermögen irgendetwas mit einem individuellen Anspruch auf eine Altersversorgung zu tun hätte! Diesen Zusammenhang dürfen Sie nicht herstellen, weil er nämlich falsch ist.
Ich will für die FDP in diesem Haus einmal grundsätzlich klar festhalten: Wir machen in diesen Tagen vor allem für die Menschen Haushaltspolitik, die Existenzangst haben, Angst um die Existenz ihrer Familien. Ich will es ganz klar sagen: Diese Menschen interessiert nicht, ob wir in diesem Jahr oder im nächsten Jahr 100 Millionen Euro mehr oder weniger aufnehmen. Sie interessieren sich dafür, dass ihre Existenz gesichert wird. Die Menschen verlangen von einer verantwortungsbewussten Politik, dass wir alles unternehmen, um mit Wachstum wieder aus der Krise herauszukommen. Mit vielen Investitionen - aus dem Konjunkturpaket, aber auch mit landeseigenen Mitteln - und der stabilen Ausgabenpolitik in diesem und im nächs
ten Jahr schaffen wir das Fundament dafür, Niedersachsen aus der Krise zu führen. Die Menschen in unserem Land wissen es ganz genau: Sie können sich an dieser Stelle auf CDU und FDP verlassen.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Grascha. - Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für anderthalb Minuten das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will die Diskussion um die Verfassungswidrigkeit nicht wieder aufnehmen. Die Argumente sind ausgetauscht. Ich sage Ihnen nur: Wir treffen uns vor dem Staatsgerichtshof wieder. Dann werden wir sehen, was der dazu sagt.
Ich habe mich wegen Ihres Märchens vom Wachstum noch einmal gemeldet. Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es ein Märchen ist. Wenn Sie mir nicht glauben, dann glauben Sie vielleicht einem Berichterstatter der Financial Times Deutschland. Ich zitiere:
„Besonders beliebt ist das ‚Tischlein deck dich’ liberaler Wirtschaftspolitik: Steuern runter, Wachstum rauf. Und das Ganze bitte ohne Nebenwirkungen für die Kassenwarte. Schwierig wird es jedoch, wenn Ideologie auf Praxis trifft: Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen der Höhe der Steuer- und Abgabenlast und der Wachstumsperformance.
Hochsteuerländer wie Schweden und Dänemark konnten in den vergangenen Jahren kräftig wachsen. In der Steueroase Schweiz geriet das Wachstum dagegen ins Stocken. Dieses Bild ändert sich nicht, wenn wir ausschließlich die Unternehmenssteuern in den Blick nehmen. Der da
malige Bundesfinanzminister Hans Eichel senkte 2001 den Körperschaftsteuersatz von 40 auf 25 Prozent.“
„Die Unternehmer erschreckte das Steuergeschenk offensichtlich so sehr, dass anschließend die Bruttoinvestitionen vier Jahre lang schrumpften.“
Herr Grascha, so ist die Situation! Sie führen uns mit Ihrer Politik in den Schuldenstaat und sonst gar nichts.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Klein, an dieser Stelle gilt natürlich das Gleiche wie immer. Ich will sehr sachlich antworten, weil das meiner Meinung nach in der Sache notwendig ist. Es gibt unter den Wissenschaftlern sehr unterschiedliche Meinungen. Wir stützen uns auf die Wissenschaftler, die in der Vergangenheit nachgewiesen haben, dass unser Konzept aufgeht. Die Menschen müssen tatsächlich mehr im Portemonnaie haben, damit Wachstum entsteht.
Wir haben heute Morgen besprochen, dass mit dem Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung in Berlin die ideale Voraussetzung dafür geschaffen worden ist, dass wir in den nächsten Jahren den Wachstumspfad wieder aufnehmen werden, sodass dann auch die Steuereinnahmen dementsprechend sprudeln werden. Diesen Zusammenhang wollen wir darstellen. Wir wollen mehr Wachstum.