Protocol of the Session on September 24, 2009

Eine Verringerung der Konjunkturabhängigkeit im Sinne einer Verstetigung der Gewerbesteuer würde sich dagegen für die Gemeinden in konjunkturschwachen Zeiten nicht positiv auswirken. Im Gegenteil: Würde die Gewerbesteuerbelastung der Wirtschaft in konjunkturschwachen Zeiten den Gewerbeerträgen nicht angepasst sein, so könnte dies für die einzelnen Unternehmen ausschlaggebend für die Aufgabe bzw. die Verringerung ihrer gewerblichen Tätigkeit in der Gemeinde sein und so dort für dauernde Gewerbesteuerausfälle sorgen.

Auch bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird im Bereich der Kosten, die den Kommunen in Niedersachsen durch die Leistungen für Unterkunft und Heizung entstehen, derzeit kein Handlungsbedarf gesehen. Bereits jetzt beteiligt sich der Bund an diesen Kosten mit 25,4 %. Dieser Wert wird jährlich neu festgesetzt, wobei die Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften in der Vergangenheit - konkret im Vergleich des Vorjah

res zum Vorvorjahr - die Höhe des folgenden Jahres beeinflusst. Aus diesem Grund führt ein Rückgang der Zahl der Bedarfsgemeinschaften im Jahr 2008 gegenüber dem Jahr 2007 zu einer Verringerung des Bundesanteils im Jahr 2010. Von daher ist nicht ausgeschlossen, dass eine Zunahme der Anzahl leistungsberechtigter Bedarfsgemeinschaften mit einer Verringerung des Bundesanteils zusammentrifft.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Vorüber- gehend!)

- Vorübergehend. - Eine aktuelle Zunahme von Bedarfsgemeinschaften im Jahr 2009 würde sich nach der Systematik des Gesetzes erst im Jahr 2011 mit einer entsprechenden Erhöhung des Bundesanteils auswirken. Es handelt sich insoweit um eine Phasenverschiebung, die sich prinzipiell im Ergebnis nicht zulasten der kommunalen Träger auswirkt, allerdings Nachteile in Bezug auf Liquidität und gegebenenfalls Schuldzinsen mit sich bringen kann. Diese Nachteile treffen allerdings auch den Bund, wenn trotz eines aktuellen Rückgangs der Zahlen eine Erhöhung der Bundesbeteiligung aufgrund der Entwicklung der Vergangenheit eintritt. Insofern handelt es sich dabei eigentlich um ein Nullsummenspiel.

Die Bundesstatistik der Bundesagentur für Arbeit weist im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende für August einen Rückgang bei den Bedarfsgemeinschaften gegenüber dem Vorjahr um 0,2 % aus. Der Rückgang würde sich auf die Bundesbeteiligung im Jahr 2011 nicht auswirken, weil er unter der Bagatellgrenze von 0,5 % liegt.

In Niedersachsen ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften im August gegenüber dem Vorjahresmonat um 1 221, also um knapp 0,4 %, gestiegen. Bei einer durchschnittlichen Leistung für Unterkunftskosten von 286 Euro monatlich je Bedarfsgemeinschaft stellt der Anstieg für die kommunalen Träger in Niedersachsen eine Mehrbelastung von 4,2 Millionen Euro jährlich dar. Vor dem Hintergrund, dass das Land mit einem Zuschuss von 136 Millionen Euro jährlich zur Entlastung der Kommunen beiträgt und nach der Reform des Kinderzuschlags sowie des Wohngeldrechts seit dem 1. Januar 2009 eine weitere Entlastung bewirkt wird, bietet sich derzeit kein Ansatzpunkt für eine Bundesratsinitiative. Das Land wird diese Entwicklung jedoch weiterhin sorgfältig beobachten. Das gilt auch in Bezug auf denkbare Veränderungen des Leistungsrechts, die zu einer Mehrbelastung der kommunalen Träger führen könnten. Das Land wird

diese Entwicklung weiterhin sorgfältig beobachten. Das gilt auch in Bezug auf denkbare Veränderungen des Leistungsrechts, die zu einer Mehrbelastung der kommunalen Träger führen könnten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine erste Zusatzfrage stellt der Kollege Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil die Ausführungen trotz der Ausführlichkeit ein bisserl allgemein waren, habe ich zwei Nachfragen, die im Prinzip beide die Kassenkredite betreffen.

Erstens. Wie steht die Landesregierung zu den Ergebnissen der im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH erstellten Studie „Problem der kommunalen Verschuldung in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der stetig steigenden Kassenkredite: Lösungsansätze und Handlungsoptionen im internationalen Vergleich“ vom 9. Juni 2009, das zu dem Schluss kommt, dass die gegenwärtige Explosion der Kassenkredite im Kern rechtswidrig ist, und die Frage nach der Verantwortung der Aufsichtsbehörden für die Duldung einer rechtswidrigen Finanzierungspraxis der Kommunen stellt?

Die zweite Frage ist schlichter: Wie viele kommunale Verwaltungseinheiten können derzeit ihre Verwaltungshaushalte nicht ausgleichen und sind möglicherweise von Ihnen schon unter Zwangsverwaltung gestellt worden oder müssen Ihrer Ansicht nach unter Zwangsverwaltung gestellt werden?

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können im Moment nicht sagen, wie viele kommunale Verwaltungseinheiten ihren Verwaltungshaushalt nicht ausgleichen können. Wegen der Umstellung auf die Doppik ist diese Statistik im Moment nicht da. Sobald die Zahlen da sind, werden wir sie Ihnen nachreichen.

Hinsichtlich der Frage nach den Kassenkrediten ist es interessant zu sehen, wie sich die Kassenkredi

te entwickelt haben. Im Jahre 2006 hatten wir in etwa den Stand von heute, nämlich fast 4,5 Milliarden Euro. Wir haben es in 2007/2008 aufgrund der allgemeinen konjunkturellen Lage geschafft, die Kassenkredite auf rund 4 Milliarden Euro zu senken. Sie sehen aber, dass die Summe in Niedersachsen schon wieder ansteigt. Die Ursachen sind klar.

Es ist völlig klar, dass das einer der wichtigsten Bereiche ist, in dem wir versuchen müssen, gemeinsam mit den Kommunen etwas zu erreichen, weil die Zinstilgung die Haushalte belastet. Deshalb haben wir einen Zukunftsvertrag mit den Kommunen vorgesehen. Ich habe dargestellt, dass wir kurz vor dem Abschluss dieses Vertrages sind. Ein Ziel des Vertrages besteht darin, insbesondere den Kommunen, die strukturelle Schwierigkeiten, aber auch hohe Kassenkredite haben, eine Möglichkeit zu geben, mit neuen Strukturen in die Richtung eines ausgeglichenen Haushalts zu gelangen. Um den Kommunen dabei zu helfen, wird ihnen angeboten, ab dem Jahr 2012, wenn die Fusionen abgeschlossen sind und die neuen Strukturen bestehen, Kassenkredite abzulösen. Das bedeutet: Mithilfe von 35 Millionen Euro zusätzlich aus dem Haushalt und 35 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich, also mit insgesamt 70 Millionen Euro, können sie bei dem heute geltenden Zinssatz etwa 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro ablösen. Das ist aber nur möglich, wenn in der Zukunft sichergestellt wird, dass die neue Einheit strukturell so stark ist, dass sie einen ausgeglichenen Haushalt hat. Anderenfalls ist dann innerhalb von wenigen Jahren wieder eine gleich hohe Verschuldung in Form von Kassenkrediten vorhanden. Das ist ein anspruchsvolles Ziel.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Also Kas- senkredittilgung gegen Fusion!)

- Das ist ein Angebot, das wir unterbreiten. Es machte ja keinen Sinn, einfach Geld - wenn wir es hätten - zur Verfügung zu stellen, ohne zugleich Strukturveränderungen vorzunehmen. Ansonsten hätten sie nach fünf Jahren das gleiche Niveau. Das haben wir im Harz erlebt. Dort ist die Vorgängerregierung, auch unter der Verantwortung von Herrn Bartling, so verfahren. Sie hat dort durchaus viel Geld zur Verfügung gestellt. Bad Grund und andere Bereiche, die das Geld bekommen haben, haben heute aber eine noch höhere Verschuldung als vorher, und auch bei den Kassenkrediten ist eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen. Vor diesem Hintergrund macht das keinen Sinn. Deshalb müssen wir gemeinsam mit den Kommunen

ein Konzept entwickeln, um den Kommunen zu helfen, die insbesondere durch Kassenkredite in eine schwierige Situation geraten sind. Das ist ein Angebot, das nicht nur fair ist, sondern auch in die richtige Richtung zeigt.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Möhrmann von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich weiß nicht, ob es mir zusteht. Aber sprach hier nicht der Kommunalminister, sondern eher der Finanzminister und der Apparatschik, der irgendetwas beschreibt?

(Beifall bei der SPD)

Ich wünsche mir von einem Kommunalminister mehr Engagement für die Kommunen, für die er dasteht!

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Minister hat schon aus dem Bericht des Finanzministeriums zur Entwicklung der Finanz- und Haushaltslage des Landes Niedersachsens zitiert. Er hat aber nicht vorgelesen, dass er selbst feststellen muss, dass es eine Stagnation der Kassenkredite auf hohem Niveau gab - ich füge in Klammern hinzu: trotz der positiven Entwicklung auf der Einnahmeseite. Sie stellen weiterhin fest: „Wie in den vergangenen Jahren muss daher festgehalten werden, dass bei zahlreichen Kommunen Kassenkredite weiterhin nicht nur zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe, sondern noch immer infolge dauerhaft defizitärerer Verwaltungshaushalte aufgenommen werden.“ Herr Minister, was sieht dieser Zukunftsvertrag - den ich nicht kenne - konkret vor, um diese defizitären Verwaltungshaushalte zukünftig vonseiten des Landes vermeiden zu helfen?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben mit etwas anderen Worten die gleiche Frage gestellt, die Herr Dr. Sohn gestellt hat. Deshalb kann ich mir die Antwort eigentlich schenken. Wenn Sie es aber wünschen, dann sage ich es Ihnen noch einmal. Erstens hat sich die positive Einnahmeentwicklung bei den Kommunen in den Jahren 2007/2008 positiv auf die Kassenkredite ausgewirkt. Das habe ich dargestellt. Ein Rückgang der Kassenkredite um 500 Millionen Euro in zwei Jahren ist durchaus eine sehr positive Entwicklung.

Ich habe gerade auch konkret dargestellt, wie wir die Kassenkredite mit reduzieren wollen. Das soll in einem Zukunftsvertrag mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart werden, um den Rahmen vorzugeben. Mit 70 Millionen Euro - 35 Millionen Euro zusätzlich und 35 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich - können sie zwischen 1,5 und 1,6 Milliarden Euro an Kassenkrediten tilgen bzw. die Zinsen dafür übernehmen.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Beides oder nur eins?)

- Wie, beides oder nur eins?

(Dieter Möhrmann [SPD]: Tilgen und Zinsübernahme oder nur eins von bei- den?)

- Das Prinzip ist folgendermaßen: Von den Kassenkrediten, die bei einer Kommune, die fusioniert, angefallen sind, werden über einen Zeitraum von 20 Jahren bis zu 75 % an Zins und Tilgung übernommen. Das heißt, die Belastung durch Zins und Tilgung fällt bei den Kommunen nicht an. Das ist das Prinzip, das wir versuchen umzusetzen.

(Kurt Herzog [LINKE]: Können Sie das „bis zu“ einmal erklären?)

- Das ist doch klar! Bei einer Fusion und einem strukturell schon ausgeglichenen Haushalt, bei dem beispielsweise nur 45 % der Kassenkredite abgelöst werden müssen, machen wir natürlich nur das. Das ist doch logisch. Das heißt, es kommt auf den Einzelfall an. Wir werden mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbaren, dass zwar der Innenminister bzw. die Landesregierung entscheidet, aber zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Das heißt, dass die kommunalen Spitzenverbände in beratender Funktion dabei sein

werden, sodass das ein sehr transparentes Verfahren sein wird.

Also, noch einmal klar gesagt: Bei einer neuen Struktur und wenn klar ist, dass es zu Veränderungen kommt, sodass man in der Zukunft einen strukturell ausgeglichenen Haushalt hat, können mit diesem Programm bis zu 1,5 Milliarden Euro an Kassenkrediten getilgt bzw. die Zinsen dafür gezahlt werden. Ein besseres Angebot kann man eigentlich gar nicht machen. In der schwierigen Situation, in der sich das Land tatsächlich befindet, ist ein solches zusätzliches Angebot an die kommunalen Spitzenverbände nicht nur für den Kommunalminister ein wichtiges Engagement, sondern es steht für die ganze Landesregierung und wird natürlich auch von den Regierungsfraktionen getragen. Dafür darf ich mich ganz besonders bedanken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Briese, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, stellt die nächste Zusatzfrage.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine erste Frage schließt sich nahtlos an die Ausführungen des Innenministers an. Habe ich es richtig verstanden, dass die sogenannte Fusionsprämie, von der Sie gerade gesprochen haben, Herr Innenminister, gilt? Ist das so eine Art ministerielle Verpflichtungsermächtigung, für die Sie auch den Segen des Finanzministers haben? - Ich frage Sie das angesichts der Haushaltslage und der Haushaltszahlen, die gestern dargestellt wurden. Ist es also eine Art ministerielle Verpflichtungsermächtigung, dass Sie diese 75 Millionen Euro gemeinsam mit den Kommunen in den nächsten Jahren in den Haushalt einstellen, und wo wird das eigentlich im Haushalt abgebildet?

Meine zweite Frage betrifft noch einmal das Problem der kommunalen Landschaft in Niedersachsen insgesamt. Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise wird die wirtschaftliche Stärke der einzelnen Kommunen noch einmal dramatisch auseinanderdriften, weil einige Städte und Gemeinden die Auswirkungen der Krise besser verkraften als andere. Wollen Sie vor dem Hintergrund, dass die wirtschaftliche Potenz und die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden weiter dramatisch auseinanderdriften werden, den Prozess eigentlich ungesteuert lassen und weiter auf das Prinzip der

Freiwilligkeit setzen? Oder wollen Sie, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Niedersachsen einigermaßen zu bewahren, doch so etwas wie eine Blaupause für die Entwicklung der kommunalen Landschaft bis zum Jahre X erarbeiten?

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Frage 1: Es gibt einen Kabinettsbeschluss, mit dem der Kommunalminister aufgefordert bzw. gebeten wird, einen Zukunftsvertrag mit den kommunalen Spitzenverbänden zu erarbeiten. Wenn dieser Zukunftsvertrag vorliegt und in den Gremien der kommunalen Spitzenverbände verabschiedet worden ist, wird er natürlich auch im Kabinett zu verabschieden sein. Für den Fall, dass es auf beiden Seiten zu einer positiven Entscheidung kommt, sind die 35 Millionen Euro zusätzlich verabredet und werden auch in den Haushaltsberatungen ab dem Jahr 2012 zu veranschlagen sein.

(Zurufe von der SPD)

- Weil die neuen Strukturen natürlich erst mit der Kommunalwahl 2011 ab dem Jahr 2012 geschaffen werden, können die Gelder erst dann fließen. Das ist doch völlig klar.

Zu Frage 2 nach der Situation in den strukturell schwierigen Kommunen: Auch hier ist die Situation doch völlig klar. Es macht keinen Sinn, eine Gebietsreform von oben zu verordnen. Wenn Sie das tun - das habe ich hier immer wieder dargestellt -, können Sie sich ausrechnen, was vor Ort passiert. Das können Sie sich in Schleswig-Holstein, in Mecklenburg-Vorpommern und in anderen Bereichen anschauen. Dann wird man über drei, vier Jahre vor Ort hauptsächlich Streit schlichten und sich mit Bürgerinitiativen auseinandersetzen. Man wird sich nicht vorrangig um die Bekämpfung der Strukturschwäche kümmern, sondern darum, ein vielleicht von oben aufgedrücktes System zu verhindern, und das wäre für eine solche Region oder eine solche Kommune absolut tödlich. Aus dem Grunde ist ein Angebot für freiwillige Zusammenschlüsse viel besser. Ein besseres System kann ich mir nicht vorstellen.

Aber Sie haben recht mit Ihrer Feststellung, dass Sie in vielen Bereichen allein durch die Übernahme von Kassenkrediten und durch eine Reduzie