Protocol of the Session on September 24, 2009

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Rakow gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Korter, weichgespült muss gar nicht schlecht sein. Wir kümmern uns um die Menschen in der Wesermarsch und haben mit vielen gesprochen. Auch deshalb ist dieser Antrag entstanden.

(Beifall bei der SPD)

Wir kümmern uns ganz besonders um die Menschen, weil uns die Arbeitsplätze wichtig sind. Wir wollen neue Arbeitsplätze schaffen, aber auch bestehende erhalten. Darum können und wollen wir nicht einfach sagen: keine Weservertiefung mehr. So pauschal und so einfach geht es dann doch nicht.

(Beifall bei der SPD)

So kann man mit den Menschen, deren Arbeitsplatz von der Hafenwirtschaft abhängt - egal, ob in Bremen oder in Niedersachsen -, wirklich nicht umgehen.

(Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, es gibt jedoch auch ein Aber; denn vertiefen um jeden Preis geht nicht. Aus diesem Grund haben wir den Änderungsantrag eingebracht. Wir möchten, dass die Belange aller Betroffenen umfassend berücksichtigt werden. Alle ökonomischen und ökologischen Nachteile müssen erfasst und ausgeglichen werden, und keine Maßnahme darf ohne Ausgleich zulasten anderer durchgeführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Worum geht es eigentlich bei dem Thema Weservertiefung? - Es sind zwei Bauvorhaben geplant: die Vertiefung der Außenweser, die ganz stark von Bremen gewünscht wird, und die Vertiefung der Unterweser, die Niedersachsen wünscht und an der Bremen ebenfalls interessiert ist. Die geplanten Vertiefungen haben zur Folge, dass voll beladene Containerschiffe mit großem Tiefgang nicht mehr

drei Stunden auf die Tide warten müssen, und sie haben zur Folge, dass sich die Schiffe von der Zwei-Häfen-Strategie verabschieden können, also nicht erst in anderen Häfen geleichtert werden müssen, um dann Brake anlaufen zu können. Wir haben uns darstellen lassen, dass Brake wegen der schwierigen Erreichbarkeit bereits eine halbe Million Tonnen Ladeumschlag verloren hat. Das wollen wir so nicht. Wir wollen, dass die Arbeitsplätze im Hafen sicher sind.

(Beifall bei der SPD)

Ich gehe jetzt auf den Antrag und die Argumente von Bündnis 90/Die Grünen ein.

Sie haben mit den von ihnen aufgeschriebenen Negativfolgen durchaus recht. Eine negative Folge ist u. a. die Verschlickung der Seitenbereiche der Weser und damit eine Erschwernis der Entwässerung des Binnenlandes. Negative Folgen sind die vermutlich weitere Verschlickung des Hafens Fedderwardersiel mit Einschränkungen für Tourismus und Fischerei. Negativ sind auch eine Verschiebung der Brackwasserzone um ca. 1 km und eine Versalzung der landwirtschaftlich genutzten Gräben. Negativ sind ebenfalls die erhöhte Fließgeschwindigkeit und höhere Wasserstände in der Weser und damit auch eine Gefährdung der Deichsicherheit. Das sehen wir durchaus; in diesen Punkten haben Sie schon Recht. Letzteres wird durch den Klimawandel noch verstärkt.

Meine Damen und Herren, die Liste ließe sich fortsetzen. Ich will es an dieser Stelle dabei belassen und möchte mich nun den Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP zuwenden.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: So- weit die da sind!)

In der Ausschusssitzung haben Sie ganz vehement für die Vertiefung plädiert, und zwar ohne Wenn und Aber. Sie wollen einfach anfangen zu baggern. Ihre Kollegen in Bremen sind ähnlich radikal. Unter dem Titel „Vorfahrt für Arbeitsplätze“ plädiert auch Herr Röwekamp für die Vertiefung. Von Herrn McAllister ist allerdings überliefert, dass er Bedenken gegen die Vertiefung geäußert hat; er hat Sorgen wegen der Deichsicherheit. Sie sollten sich vielleicht einfach einmal miteinander unterhalten, damit wir wissen, wo es langgehen soll. Vielleicht sollten Sie einfach auf Ihren Chef hören, dann kämen wir uns im Ergebnis einander näher.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Sie dürfen nicht Äpfel mit Bir- nen vergleichen!)

Wir jedenfalls kümmern uns um die Sorgen der Menschen: um die der Fischer, um die der Anwohner, die Sorgen wegen der Deichsicherheit haben, und um die aller anderen Betroffenen.

Ein wenig irritierend in dem ganzen Zusammenhang ist die Vorgehensweise der Planfeststellungsbehörde. Die berücksichtigt nämlich nur Effekte, die sich aus der letzten Maßnahme ergeben. Das ist das übliche Verfahren, aber es ist von der Sache her absolut nicht akzeptabel. Das würde bedeuten, dass man mit Salamitaktik immer mal ein bisschen vertiefen kann, nie große Auswirkungen feststellen wird, aber letzten Endes horrende Schäden anrichtet. Dann kann man so lange vertiefen, bis die Gräben versalzen, die Häfen verschlicken und die Deiche brechen.

(Björn Thümler [CDU]: Das beklagen auch wir!)

Vor dem Hintergrund sollten wir die Kühe vielleicht daran gewöhnen, Salzwasser zu saufen und schwimmen zu lernen. Dann hätten wir schon vorbeugend gearbeitet.

(Beifall bei der SPD)

Was die Beurteilung der Vertiefungen und deren Auswirkungen betrifft, brauchen wir einfach ein Bezugsjahr, das weiter zurückliegt, an dem wir dann die Veränderungen festmachen können. Alles andere ist Augenwischerei.

Meine Damen und Herren, spätestens seit der Biodiversitätsdebatte wissen wir um den Wert der Artenvielfalt. Wir sollten auch diese Werte nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Wir werden nicht umhin kommen, eine Bundeswasserstraße auch als weiträumiges Ökosystem zu betrachten mit Auswirkungen bis weit ins Umland. Diese Werte nicht zu erhalten, wäre ausgesprochen dumm und wirtschaftlich unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD)

Was bleibt also zu tun? - Wir wollen eine sorgfältige Analyse und Bewertung aller Kosten und Nutzen der geplanten Vertiefung. Wir wollen die Vertiefung zum Nutzen der Hafenwirtschaft, aber nicht zum Schaden anderer Wirtschaftszweige und der Umwelt. Es geht um ein Vertiefen mit Rücksicht und Umsicht, und wir erwarten von der Landesregierung, dass sie entsprechend handelt.

Es ist nicht die Frage, ob wir vertiefen, es ist die Frage, wie wir mit dem Anliegen umgehen. Darum stimmen Sie unserem Antrag einfach zu!

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion hat sich jetzt der Kollege Miesner zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich das hier so höre, Frau Korter und Frau Rakow, dann kann ich nur sagen: Das sind ja reine Skandalmärchen, die Sie uns hier heute Nachmittag präsentieren. Was sind denn das für Aussagen hier in diesem Hause?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der SPD - Petra Emme- rich-Kopatsch [SPD]: Gar nicht! - Hans-Dieter Haase [SPD]: Immer schön sachlich bleiben, Herr Kollege!)

- Genau, sachlich bleiben, Herr Kollege. - Was sind denn das für Aussagen, wir fielen den Menschen in den Rücken, die Sorgen der Menschen seien uns völlig egal und wir wollten einfach anfangen zu baggern? Ich meine, Sie sollten langsam zur Sachlichkeit zurückkehren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Eben! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das muss man sich eigentlich von der CDU nicht bieten lassen!)

Die Überschrift des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt den Grund der Weservertiefung auf den Kopf. Die Grünen schreiben „Weitere Vertiefungen von Unter- und Außenweser schaden der Wirtschaft“. Ich würde mal sagen: Thema verfehlt, genau das Gegenteil ist der Fall.

Worum geht es eigentlich?

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Machen Sie keine Gesamtbilanz auf, Herr Miesner!)

Es geht darum, die Potenziale der Globalisierung zu nutzen. Es geht darum, den Häfen an der Weser, vor allem in Brake und Bremen, weitere Perspektiven zu eröffnen. Es geht vor allem auch darum, den Menschen im Weserraum zukünftig sichere Arbeitsplätze zu bieten. Die Grünen - das stellt

man fest, wenn man ihren Antrag liest - wollen das alles gar nicht. Wir aber sagen: Wir brauchen die Weservertiefung. Dabei handelt es sich - das versteht man, wenn man sich mit dem Sachverhalt richtig auseinandersetzt - eher um eine Glättung des sägezahnähnlichen Weserbodens.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ach!)

Die Region will die Weservertiefung, weil sie will, dass ihre Häfen auch zukünftig erreichbar bleiben. Wir stehen hinter der Region, weil wir die Menschen kennen, die bei uns zu Hause sind

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

und zu Recht auch in Zukunft einen sicheren Arbeitsplatz für sich und ihre Familien erwarten. Wir stehen zur Weserregion, und deswegen wollen wir auch die Weservertiefung.

Die Belange des Umweltschutzes werden im Planfeststellungsverfahren berücksichtigt. Wir können damit feststellen, dass die Deichsicherheit gewährleistet sein wird, dass der Küstenschutz nicht beeinträchtigt wird, dass die Belange der Wasserwirtschaft berücksichtigt werden und - das ist eben auch ein Thema gewesen - dass vor allem auch die Frage der Tränkewasserversorgung geklärt wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir sind gemeinsam mit den Nutzern und der Landwirtschaft auf einem guten Weg.

Abschließend können wir feststellen: Der Antrag der Fraktion der Grünen wird von uns abgelehnt. Auch der Änderungsantrag der SPD-Fraktion ist abzulehnen. Alle Argumente sind geprüft und abgewogen worden. Für den Änderungsantrag der Fraktion der SPD gibt es keinen Anlass mehr. Er kommt ein bisschen zu spät. Und wer zu spät kommt, den bestraft die Mehrheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der SPD - Zurufe von der SPD: Sofortige Abstimmung!)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Frau Korter gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Miesner, dass Sie baggern wollen, kann ich mir vorstellen. Das haben Sie überzeugend rübergebracht. Wir haben aber im Gegensatz zu Ihnen mit den Menschen vor Ort geredet. Ich wohne in der Wesermarsch und weiß, welches Vertrauen die Wesermarschbauern in die Planfeststellungsbeschlüsse und -verfahren haben. Bis jetzt sind die Betroffenen vor Ort dabei immer zu kurz gekommen. Es haben immer andere den längeren Arm gehabt und ihre Interessen durchgesetzt.