Protocol of the Session on September 23, 2009

Danke schön, Frau Modder. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Götz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es wieder mit einem typischen Entschließungsantrag der SPDFraktion zu tun. Auf Bundesebene hat die Große Koalition ein Waffengesetz beschlossen, das bei entsprechender Anwendung sowohl bei der Überwachung durch die Behörden als auch bei den Waffenbesitzern einen Missbrauch weitestgehend verhindert. Auf der anderen Seite aber will man

verbieten, dass gebrauchte Waffen wieder in den legalen Handel kommen, um den Missbrauch zu verhindern. Da passt das eine nicht zu dem anderen. Es kommt bei der SPD immer wieder diese Unsicherheit durch, nicht zu wissen, wo man wirklich steht. Dieses Verhalten ist ständig festzustellen, nicht nur bei diesem Entschließungsantrag.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen hat 2007 und 2008 Waffen für 2,8 Millionen Euro verkauft. Sollten wir, wenn es legal ist und alle für den internationalen Waffenhandel geltenden Vorschriften angewendet werden, auf diese Einnahme verzichten?

(Zurufe von der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN: Ja! - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Manchmal geht Moral vor Mammon!)

Der Gesetzgeber mit seiner Landeshaushaltsordnung jedenfalls sieht dies nicht vor. Wenn dieser Antrag gestellt wird, müsste man bei der SPD konsequenterweise noch weiter gehen: Warum werden beispielsweise Waffen und Material der Bundeswehr, die nicht mehr benötigt werden, weiterveräußert?

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist eine gute Frage!)

Dem haben bislang immer auch sozialdemokratische Minister zugestimmt.

(Johanne Modder [SPD]: Wir tragen hier Verantwortung!)

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, was diese SPD umtreibt: Es ist einfach die schlichte Überlegung, einmal mehr etwas zu fordern, was gut ankommen könnte.

Uns ist bekannt, dass ein Großteil der Waffen beim letzten Verkauf an die Firma Heckler & Koch über ein Tochterunternehmen in den USA in den dortigen Handel gekommen ist. Nun mögen wir bedauern, dass man dort nicht unser Waffenrecht hat. Aber die USA haben nun einmal ihre eigene Geschichte und eigenen Erfahrungen. Frau Modder, gegen kriminelle Energie kommt man nicht an.

(Dörthe Weddige-Degenhard [SPD]: Deswegen sind Sie Polizist gewor- den!)

Sicherlich ist es immer wieder möglich, dass Waffen, die legal an Berechtigte abgegeben worden sind, in irgendeiner Form in den Schwarzmarkthandel geraten. Ich selbst kann mich daran erin

nern, dass auch ein Polizeibeamter seine Waffe verkauft hatte. Natürlich war er fünf Minuten, nachdem dies bekannt geworden war, kein Polizeibeamter mehr. Gegen solche Dinge kann man einfach nichts machen. Das ist halt kriminelle Energie.

Uns ist nicht bekannt geworden, dass diese Waffen in den illegalen Handel gekommen sind. Es gibt keine Hinweise, die belegen können, dass durch gebrauchte Waffen, die nach Überholung auch ihren Preis haben, die Nachfrage zusätzlich angeschoben wurde. Das Land Niedersachsen hat peinlichst darauf geachtet - dies lässt sich immer wieder bestätigen -, dass nur Erwerbsberechtigte die entsprechenden Waffen erhalten.

Übrigens: Kleine Waffenkontingente wurden an die Polizei in Bayern und Sachsen zur Ergänzung der Bestände weiterveräußert; das ist hier bereits angeführt worden. Weitere Waffen wurden an berechtigte Polizeibeamte verkauft. Es ist festzustellen: Alles hat unter einem strengen Maßstab stattgefunden. Die Landeshaushaltsordnung wurde beachtet. Die exportierten Waffen wurden unter strengen Kontrollregeln weitergegeben.

Im Inland gelangten die Waffen nur in einen nachvollziehbaren, genau reglementierten Bereich. Durch den Verkauf der Waffen wurde keine neue Nachfrage erzeugt. Dies kann auch nicht geschehen, weil unsere Gesetze dies durch Regeln verhindern. Durch die Vernichtung der niedersächsischen Polizeiwaffen kommt es zu keiner größeren Sicherheit. Der illegale Besitz bzw. der Missbrauch von Waffen muss mit anderen Mitteln verhindert werden.

Der von der SPD vorgeschlagene Weg bringt nichts. Die CDU-Fraktion weist diesen Antrag zurück.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Götz. - Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Zimmermann das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der durch CDU- und FDP-Stimmen zustande gekommenen Beschlussempfehlung wird das, was

wir gerade im Tagesordnungspunkt vorher debattiert haben, zur reinen Makulatur.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Denn wenn Sie den Antrag der SPD unterstützt hätten, hätten Sie ein klares, eindeutiges Signal setzen können, welches lautet: Schluss mit dem staatlichen Waffenhandel und somit weniger Waffen im privaten Besitz! Aber das genau wollen Sie nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich wiederhole das, was wir schon x-mal gesagt haben, was wir schon x-mal gefordert haben: Der Verkauf ausgemusterter Dienstwaffen der Polizei muss umgehend und endgültig gestoppt werden. Es ist doch ein Unding, dass das Land Niedersachsen in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt über 13 000 alte Polizeiwaffen auf dem freien Markt verkauft und sich noch damit brüstet, 2,8 Millionen Euro eingenommen zu haben. Auf der einen Seite will die Landesregierung die Verfügbarkeit von Schusswaffen begrenzen - so tut sie zumindest -, auf der anderen Seite sorgt sie dafür, dass mehr Schusswaffen im Umlauf sind. Das ist doch paradox! Der staatliche Waffenhandel muss unterbunden werden. Alte Schusswaffen gehören schlicht und einfach verschrottet.

Der Hinweis von Innenminister Schünemann und eben auch vom Kollegen Götz, dass das nicht möglich ist und ein Verkauf zumindest vorgeschrieben ist, ist eindeutig falsch. Die Regelung sieht lediglich vor, dass Vermögensgegenstände des Landes veräußert werden dürfen. Insofern ist der Antrag der SPD eine nochmalige Klarstellung und wird von uns unterstützt.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Insgesamt - das will ich hier noch einmal sagen - pflegt die Landesregierung einen laxen Umgang mit Schusswaffen in Privatbesitz. Auf meine Anfrage, wie viele solcher Waffen in Niedersachsen im privaten Umlauf seien, hat die Landesregierung erklärt - übrigens auch mit Fristverlängerung -, eine entsprechende Statistik existiere nicht. - Man muss eine Frist verlängern, um so etwas mitzukriegen? - Ehrlich gesagt, das erschließt sich mir nicht wirklich.

(Beifall bei der LINKEN)

In ihrer Antwort verweist die Landesregierung lediglich lapidar darauf, dass die Verantwortung für die Anwendung des Waffengesetzes bei den Kommunen liege. - Das ist auch richtig. - Die gewünschten Zahlen werde es erst nach Einführung eines nationalen Waffenregisters im Jahre 2012 geben.

Diese Antwort akzeptieren wir natürlich nicht und haben uns deshalb mit einem Brief mit Hinweis auf die Auskunftspflicht der Regierung an den Landtagspräsidenten gewandt. Die Zahlen für eine konkrete Antwort kann die Regierung übrigens einfach bei den Kommunen erfragen. Selbst wenn sie unterschiedliche Systeme zur Verwaltung dieser Zahlen hätten, kann man einfach nachfragen. Das ist jeweils ein Telefonanruf. Dann addiert man die Zahlen, und schon hat man es. Die Staatsregierung in Sachsen konnte auf diese Weise eine wortgleiche Anfrage der dortigen Linksfraktion umfassend beantworten. Ich erwarte, dass die Landesregierung zeitnah die entsprechenden Antworten liefert.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses zum vorliegenden Antrag lehnt meine Fraktion ab.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Herrn Briese das Wort.

(Der Abgeordnete spurtet zum Rede- pult)

- Sportlich, sportlich!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich glaube, zu dieser späten Stunde muss man sich ein bisschen mehr beeilen.

Ich kann nur sagen: Das Niveau der Debatte zu diesem eigentlich wichtigen Antrag war im Fachausschuss ziemlich unterirdisch. Ich meine, wir sollten generell mit diesem Mythos aufräumen, dass die Parlamentsdebatten vielleicht ein bisschen grobkörnig sind, wohingegen im Fachausschuss immer ganz feinsinnig juristisch abgewogen wird.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sehr wahr!)

Ich kann nur sagen: Für den Innenausschuss trifft das definitiv nicht zu - und noch definitiver nicht für diesen Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber auch der Innenminister spielt in dieser Debatte ziemlich ausgeprägt das Unschuldslamm. Herr Innenminister, Sie verstecken sich in dieser Frage nicht nur fälschlicherweise hinter der Landeshaushaltsordnung - das hat die Kollegin Modder schon aufgearbeitet -, sondern Sie antworten auch auf unsere parlamentarischen Anfragen zumindest - so würde ich einmal sagen - mit Halbwahrheiten. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was Sie auf unsere nochmalige Nachfrage, die der Kollege Limburg und ich gestellt haben, morgen antworten werden, ob Sie heute noch nachweisen können, nachdem diese Waffen in den internationalen Handel gekommen sind, in wessen Besitz und in wessen Berechtigung die aus Niedersachsen verkauften Waffen in den USA sind. Darauf bin ich sehr gespannt, ob sie das noch nachverfolgen können. Ich glaube das nämlich nicht. Wir haben zwar mittlerweile einen ziemlich ausgeprägten Kontrollstaat, aber so weit reicht auch der Arm von Uwe Schünemann nicht, dass er auch in den USA nachverfolgen kann, was dort mit seinen Knarren passiert ist.

Herr Schünemann, weil Sie eben nicht wissen, was mit diesen Waffen in den USA passiert - sie haben ein sehr viel laxeres Waffengesetz als die Bundesrepublik -, finden wir diesen internationalen Waffenverkauf so kritisch. Kollege Götz, man könnte sogar darüber reden - auch wenn ich dann immer noch ziemlich kritisch wäre -, wenn diese ausgemusterten Waffen ausschließlich an die deutsche Polizei gehen würden oder von mir aus sogar an das polizeiliche Gewaltmonopol im befreundeten Ausland. Aber das passiert ja nicht, sondern Sie verscherbeln diese Waffen auf dem internationalen Markt in Staaten, die, wie gesagt, sehr viel laxere Waffengesetze haben als wir. Sie können dann überhaupt nicht nachverfolgen, was mit diesen Waffen weiter passiert.

Man weiß ja - und wir alle wissen das -, dass in den USA die Zahl der Straftaten, die Waffenkriminalität sehr viel höher sind als in der Bundesrepublik, weil eben das Waffengesetz dort so liberal ist. Deshalb können Sie schlicht und ergreifend nicht ausschließen, dass mit niedersächsischen Polizeiwaffen in den USA schwere Straftaten begangen werden. Das macht das ganze Projekt - jedenfalls in meinen Augen - so überaus fragwürdig.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Als wir das im Innenausschuss thematisiert haben, haben wir gefragt: Können Sie nachverfolgen, in welche Länder, in welche Hände diese Waffen international gehen, und können Sie vor allem nachverfolgen, was dann damit passiert? - Wissen Sie, was da die wirklich tolle Antwort in dem juristisch ja immer so feinsinnig abwägenden Innenausschuss war? - Das interessiert uns überhaupt nicht. Das war die wirklich tolle, profunde Antwort im Innenausschuss: Es interessiert uns nicht, was mit diesen Waffen in Amerika passiert. - Ich fand das ziemlich erschreckend. Das sind genau die Wertedebatten, die ich mir immer wünsche. Wir wollen etwas mehr über Werte reden. Wenn das die Werte sind, so kann ich nur sagen: Hier hat sich anscheinend der allgemeine Nihilismus Bahn gebrochen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)