Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin schon etwas erstaunt. Um etwas Sachlichkeit in die Debatte zu bringen: Die Ziele, die in unserem Antrag stehen, sind nicht etwa grünes Programm, sondern eins zu eins - das fordern Sie ja immer - aus der Strategie übernommen, die das Bundeskabinett im November 2007 beschlossen hat - dass die FDP sich darüber beklagt, ist klar - und die es erfüllen will.
Frau Merkel hat gestern noch einmal betont, dass die Bundesregierung sie als Beitrag Deutschlands zur Weltnaturschutzkonferenz versteht.
Da Naturschutz jetzt viel mehr den Ländern zukommt, geht es natürlich nicht, dass Niedersachsen da nichts macht.
Wir haben in unseren Antrag erst einmal die Ziele aufgeschrieben; aber auch die Maßnahmen kann man nachlesen. Sie aber haben noch keine einzige Maßnahme vorgeschlagen. Wir haben gesagt: Niedersachsen muss einen Aktionsplan auflegen, wie es z. B. Baden-Württemberg getan hat. Es wäre auch ein gutes Zeichen, sich den Zielen formal anzuschließen, wie es z. B. Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen getan haben. Ich weiß nicht, was - außer der FDP - die CDU daran hindert, wirklich konkrete Schritte zum Artenschutz in Niedersachsen vorzulegen, über die wir dann diskutieren können.
Den Vorwurf der Bürokratie, den Herr Sander erhoben hat, weise ich zurück. Es geht hier um Anreize zu Maßnahmen, die die biologische Vielfalt schützen. Es geht darum, solche Maßnahmen wirksam zu fördern. Das ist nämlich eine Querschnittsaufgabe. Dann könnten wir bei der Erreichung dieser Ziele in diesem Land wirklich weiterkommen.
Es wird empfohlen, den Antrag dem Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz zu überweisen. Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Erste Beratung: Das niedersächsische Justizvollzugsgesetz unverzüglich nachbessern! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/53
Zur Einbringung erteile ich Herrn Kollegen Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr McAllister hat gestern an dieser Stelle davon geredet, dass das Niedersächsische Justizvollzugsgesetz eine Erfolgsgeschichte sei.
Ich verstehe wirklich nicht, wie Sie alle zu diesem Schluss kommen können. Ich habe Ihnen ein paar Zeitungsausschnitte zum Thema „Erfolgsgeschichte Justizvollzugsgesetz“ mitgebracht. Da heißt es z. B. in der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Richter und Anwälte laufen Sturm gegen neues Strafvollzugsgesetz“. Im Weser-Kurier vom 17. März 2008 ist zu lesen: „Die Häftlingspost stapelt sich bei Gericht“ - weil Sie die Regelungen zur Kontrolle der Post für die Häftlinge geändert haben. Aber dazu komme ich später noch. Als Letztes die HAZ vom 22. Januar 2008: „Richter sind entsetzt über Justizgesetz“. - Das alles kann doch keine Erfolgsgeschichte sein. Das meinen Sie doch selber nicht ernst.
Nun zum Antrag im Einzelnen. Sie haben im Rahmen der Föderalismusreform neue Kompetenzen bekommen und die Untersuchungshaft eigenständig in einem Landesgesetz geregelt. Zuständig für die Postkontrolle und die Besuchskontrolle ist jetzt nicht mehr das Gericht des Hauptsacheverfahrens, sondern das Gericht des Anstaltssitzes. Das heißt in der Praxis: Die Post, die Besuche usw. kontrol
lieren jetzt Richterinnen und Richter, die mit dem Hauptsacheverfahren, mit dem eigentlichen Strafverfahren, überhaupt nichts zu tun haben, die größtenteils die Personen und die Fälle, um die es da geht, überhaupt nicht kennen. Dann finde ich es völlig verständlich, dass sich die Richterinnen und Richter wie auch die betroffenen Anwältinnen und Anwälte bitter über diese Neuregelung beschweren, sich bitter über die Überlastung, die neuen Aufgabenzuweisungen und darüber beklagen, dass sich jetzt sie als völlig sachfremde Personen damit beschäftigen müssen, was die Postkontrolle auch erheblich verzögert.
Wir sollten dabei eines nicht vergessen: Untersuchungshäftlinge gelten als unschuldig und können immer noch freigesprochen werden. Dann wiegt es umso schwerer, wenn Post, z. B. Weihnachtspost, teilweise wochen- oder monatelang liegen bleibt und den Empfänger erst wesentlich später erreicht. Das ist ein ganz schwerer Eingriff in die Grundrechte von Personen, die eigentlich noch als unschuldig gelten müssen.
Darum fordern wir in unserem Antrag eine sachgerechte Neuregelung der Zuständigkeit: Es soll wieder das Gericht des Hauptsacheverfahrens auch für die Untersuchungshaft zuständig sein.
Es gab aber im Vorfeld noch viel grundsätzlichere Kritik. Immer wieder ist die Verfassungsmäßigkeit einiger Regelungen zur Untersuchungshaft infrage gestellt worden. Sie haben alle Warnungen im Vorfeld ignoriert. In den Gesetzesberatungen - Sie wissen, ich war da noch nicht im Landtag; ich habe mir das alles durchgelesen - ist das immer wieder kritisiert worden. Sie haben die Warnungen in den Wind geschlagen. Die Konsequenz ist nun, dass wieder einmal ein niedersächsisches Gesetz auf dem Weg nach Karlsruhe ist. Sie kennen den Vorlagebeschluss des OLG Oldenburg. Ich muss ganz ehrlich sagen: Man gewinnt manchmal fast den traurigen Eindruck, dass es in dieser Landesregierung als eine Ehrenauszeichnung gilt, als Ministerin oder Minister einmal mit einem Gesetz nach Karlsruhe zu müssen.
In diesem Fall ist es allerdings ein bisschen unfair. Das Gesetz hat Frau Heister-Neumann entworfen; die Ohrfeige - so sie denn kommt - wird aufgrund der komischen Ämterrochade, die niemand verstehen wird, Herr Busemann kassieren. Aber insgesamt ist ja die Landesregierung betroffen.
Wegen dieser verfassungsrechtlichen Zweifel sagen wir: Lassen Sie uns nicht warten, bis wir das Urteil aus Karlsruhe bekommen, sondern lassen Sie uns jetzt gemeinsam ein verfassungskonformes Gesetz vorlegen! Ich denke, das sind wir im Sinne der Rechtssicherheit den betroffenen Personen hier in Niedersachsen schuldig.
Zum letzten Komplex in unserem Antrag möchte ich jetzt nicht mehr allzu viel sagen. Wir haben gestern sehr viel über die Mehrfachbelegung von Zellen gesprochen. Herr Busemann, ich glaube, da sind wir gar nicht so weit auseinander. Ich teile sogar Ihre Analyse - das habe ich Ihnen letzte Woche im Ausschuss gesagt; das kann ich hier noch einmal sagen -, dass die Haftsituation in Niedersachsen unter dem Strich nicht so schlecht ist. Sie haben die Belegungsquote angesprochen, die nicht ganz schlecht ist. Aber ich möchte auf die Differenziertheit hinweisen. In einigen Gefängnissen haben wir noch freie Haftplätze, in anderen Gefängnissen aber auch jetzt noch Drei- und teilweise auch Vierfachbelegungen der Zellen.
Im Gegensatz dazu hat beispielsweise Ihre Kollegin in NRW, Frau Müller-Piepenkötter, nach dem Fall von Siegburg die Mehrfachbelegung sofort untersagt. Sie hat sofort die Konsequenzen gezogen, um solche Übergriffe noch unwahrscheinlicher zu machen. Diesen kleinen Schritt - er ist wirklich nicht mehr groß - würde ich mir auch für Niedersachsen wünschen. Zumindest die Dreifachbelegung sollte in Niedersachsen ein Ende haben, damit wir nicht irgendwann über solch einen schrecklichen Fall diskutieren müssen.
Sie haben - was ich von der Intention her wirklich ehrenwert finde - gesagt, dass Sie die Zusammenlegung von Häftlingen im Fall von Freiwilligkeit weiter zulassen wollen. Theoretisch klingt das gut; das ist klar. Aber faktisch haben wir in Gefängnissen doch eine Subkultur, Milieus, die ganz schwer zu kontrollieren sind. Da ist die Frage, ob Häftlinge wirklich freiwillig den Wunsch nach einer Zusammenlegung äußern, oft sehr schwer zu beantworten. Deswegen sagen wir Grüne: Ein Stück weit
müssen wir die Häftlinge vor sich selber schützen. Eine Mehrfachbelegung darf es daher nur noch in medizinisch notwendigen Fällen - die haben Sie gestern richtigerweise angesprochen - geben.
Danke schön, Herr Limburg. - Für die CDU-Fraktion haben Sie, Herr Kollege Dr. Biester, das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Justizvollzug zum Dritten: Aktuelle Stunde gestern Vormittag, Dringliche Anfrage heute Vormittag, jetzt also ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Thema.
Damit man das strukturieren kann, will ich mich an die Reihenfolge halten, die der Kollege Limburg vorgegeben hat.
Erste Frage: Welcher Richter soll für die Postkontrolle und - das ist der gleiche Sachbereich - für die Telefonkontrolle zuständig sein? - Wenn Sie die Beratungsunterlagen durchgelesen haben, werden Sie festgestellt haben, dass der ursprüngliche Entwurf vorsah, dass die Zuständigkeit bei dem Haftrichter, der die jeweilige Sache bearbeitet, liegen soll, wie Sie es jetzt fordern. Dazu hat uns der GBD Folgendes gesagt: Es gibt Fälle, in denen der Haftrichter in einem anderen Bundesland ist, der Täter aber in Niedersachsen einsitzt. Dann taucht die Rechtsfrage auf, ob ein niedersächsisches Vollzugsgericht einen Haftrichter in einem anderen Bundesland veranlassen kann, irgendwelche Dinge zu tun oder zu unterlassen. Da war die eindeutige Aussage des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes: Das wäre strikt verfassungswidrig. - Nicht von Zweifeln, großen Zweifeln oder größten Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit war die Rede, sondern der GBD hat sich deutlich wie selten festgelegt: Das wäre verfassungswidrig.
Das hat dazu geführt, dass die Zuständigkeit jetzt in der Tat bei dem Haftrichter des Gerichts konzentriert ist, in dessen Bezirk der Untersuchungshäftling einsitzt. Das ist auch handhabbar. Da muss man der Praxis ein bisschen Zeit geben. Formal ist zwar ein Richter dafür zuständig, die
Post zu kontrollieren; das kann man aber auch innerhalb des Gerichtes umorganisieren. Dann kann man auch dazu kommen, dass nicht ein Richter praktisch den ganzen Tag nur Post liest.
Zu der Frage, ob wir das überhaupt so regeln durften - das ist der zweite Punkt; darauf haben Sie hingewiesen -, hat das Oberlandesgericht Oldenburg eine Beschlussvorlage an das Bundesverfassungsgericht gemacht mit der Begründung, dass das Land Niedersachsen keine Gesetzgebungskompetenz habe.
Der Kollege Adler sagt, das OLG Oldenburg habe festgestellt, dass das Gesetz verfassungswidrig sei. Deshalb möchte ich noch einmal sagen: Das OLG hat die Auffassung vertreten, dass es verfassungswidrig ist, und hat es dem einzig dafür zuständigen Gericht vorlegt, nämlich dem Bundesverfassungsgericht; denn nur dieses Gericht ist dafür zuständig, die Frage der Verfassungsgemäßheit zu klären. Die Frage, ob es verfassungswidrig oder nicht ist, steht dort also zur Klärung an.
Ich möchte ganz offen sagen: Auch wir haben dieses Rechtsproblem gesehen. Man muss sich einmal die Formulierung in Artikel 74 des Grundgesetzes für den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung ansehen, nach der wir nicht zuständig sind, wenn der Bund seine Gesetzgebungskompetenz ausübt. Die Formulierung lautet: