Protocol of the Session on June 16, 2009

Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion der SPD in geänderter Fassung anzunehmen und dann infolge der Annahme dieses Antrages die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE für erledigt zu erklären.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zur Erläuterung darf ich darauf hinweisen, dass der Landtag nach Artikel 27 der Verfassung das Recht und auf Antrag von mindestens einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht hat, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.

Zu dem Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/1208 liegen 35 Unterschriften vor. Das erforderliche Quorum von einem Fünftel der Mitglieder des Landtages, das durch 31 Unterschriften nachgewiesen wird, ist damit erreicht. Der Landtag hat also sozusagen die Pflicht, den beantragten Untersuchungsausschuss einzusetzen.

Die Ihnen nun vorliegende Beschlussempfehlung geht auf einen zur Ältestenratssitzung vorgelegten Änderungsvorschlag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zurück, der einen gegenüber dem Ursprungsantrag der SPD-Fraktion veränderten Untersuchungsauftrag zum Inhalt hat.

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zur Beratung.

Als erster Redner hat sich Herr Tanke von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Tanke!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Niedersächsische Landtag gibt heute den Startschuss für die Aufklärung eines der größten Umweltskandale in Deutschland. Dies ist notwendig geworden, weil der Versuch seitens der SPDFraktion, diese Aufklärungsarbeit im Umweltausschuss zu erledigen, an der Blockadehaltung des niedersächsischen Umweltministers gescheitert ist.

(Zustimmung bei der SPD - Frank Oesterhelweg [CDU]: Absolut lächer- lich!)

- Herr Oesterhelweg, der Umweltausschuss wurde weder zeitnah noch umfassend über die Vorfälle aufgeklärt. Fragen wurden nur mit einem Minimum an Auskunftsfreude beantwortet.

Wir sind heute einen großen Schritt weiter. Wir als SPD-Fraktion freuen uns natürlich, dass auf der Basis unseres Antrages - mit Ergänzungen aus anderen Fraktionen - alle Fraktionen des Landtages heute dem umfangreichen Untersuchungsauftrag zustimmen wollen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir freuen uns auch über die intern geäußerte Anerkennung der Qualität unseres Antrages, der Substanz, die in den Fragestellungen steckt.

(Unruhe bei der FDP)

Ich denke, dass dieser Untersuchungsausschuss, Herr Dürr, auch diesem Anspruch durch alle seine Mitglieder gerecht werden wird.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle besonders dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst danken, der in manch schwieriger Situation in den Abstimmungsgesprächen und den öffentlichen Kommentierungen, die nicht immer zutreffend waren, dafür gesorgt hat, dass durch Klarstellungen eine zielorientierte Diskussion erfolgen konnte.

(Zustimmung bei der SPD)

Und er hat, denke ich, in einem rekordverdächtigen Tempo den wohl umfangreichsten Untersuchungsauftrag eines PUA in der Geschichte des Niedersächsischen Landtages geprüft. Dafür noch einmal unseren herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Wir freuen uns - Herr Dürr, Sie können sich gleich wieder aufregen, wenn Sie möchten -, dass trotz der substanzlosen Störmanöver von CDU und FDP trotz schon weitgehender interner Abstimmungen am Ende dennoch alle Themenblöcke, die wir vorgeschlagen und formuliert haben, substanziell unverändert in den heute zu beschließenden Antrag Eingang gefunden haben.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass der Antrag im Wesentlichen fünf Themenblöcke umfasst. Zunächst einmal geht es darum - das ist für uns die vorrangige Aufgabe -, aufzuklären, welche Vorgänge um die Einlagerung stattgefunden haben, sprich, welches Inventar in der Asse gelagert wird. Was ist also darin?

Zweitens geht es natürlich darum, zu klären, wie die Frage der Eignung dieses ausgedienten Salzstocks in verantwortungsloser Art und Weise dazu geführt hat, dass er jahrzehntelang als billige und wilde radioaktive Müllkippe missbraucht werden konnte.

(Jörg Bode [FDP]: Was aber erst mal noch zu untersuchen ist!)

Es geht drittens auch darum, dass alle Vorgänge um die Einlagerung und die Umlagerung möglicher Stoffe im Bergwerk in Bezug auf die sichere Schließung aufgeklärt werden.

In einem vierten Block, der uns auch besonders wichtig ist, wird es darum gehen, die Gesundheit und die Arbeitssicherheit nicht nur für die Beschäf

tigten in der Asse, sondern auch für die Menschen in der Region zu klären.

Am Ende, im fünften Themenblock, geht es darum, welche Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen mit diesem missglückten Versuch der atomaren Mülleinlagerung für die Menschen in der Region zu ziehen sind und welche Folgerungen darüber hinaus festzustellen sind.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion dokumentiert mit diesem Untersuchungsauftrag ihren Willen zur schonungslosen Aufklärung aller Vorgänge.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Dazu gehört für uns auch das Ende vom Märchen der allzu leichtfertigen Wissenschaftsgläubigkeit. Es ist ungeheuerlich, meine Damen und Herren, dass die Menschen in der Region nach jahrelangen Beteuerungen, die Asse sei sicher, Angst davor haben müssen, dass vielleicht schon morgen ihr Trinkwasser radioaktiv verseucht wird. Da hilft auch kein ständiges lautstarkes Geplärre nach einem PUA in Berlin, Herr Sander. Der niedersächsische Umweltminister will vergessen machen,

(David McAllister [CDU]: Was sagt denn Jüttner? - Unruhe bei der CDU)

dass es nach wie vor vor allem in seiner Verantwortung steht und Sie nach wie vor die Genehmigungsbehörde für das Planfeststellungsverfahren zur Schließung der Schachtanlage sind. Diese Ablenkungsmanöver lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD)

Weil es Bedenken gibt, dass wir nicht die vollständige Akteneinsicht bekommen, haben wir gestern ein Schreiben an den Vorsitzenden der SPDBundestagsfraktion gerichtet, in dem wir darum bitten, die rückhaltlose Unterstützung und die Aufklärung sicherzustellen. Wir erwarten, dass der Deutsche Bundestag in der kommenden Woche einen Beschluss herbeiführt, der die Aussagegenehmigung und Akteneinsicht bei allen auf Bundesebene liegenden Zuständigkeiten ermöglicht. Herr Struck hat uns signalisiert, dass er diesbezüglich initiativ werden will. Wenn Sie von der CDU an der wirklich lückenlosen Aufklärung interessiert sind,

(David McAllister [CDU] begibt sich in Richtung Ausgang des Plenarsaals)

Herr McAllister, dann können Sie gleich beim Hinausgehen Herrn Kauder anrufen und ihm das mitteilen, damit er eine entsprechende Beschlussfassung im Deutschen Bundestag mit herbeiführt,

(Zurufe von der CDU)

und schon hätten wir die Bedenken, die es diesbezüglich gibt, umgangen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

- Ja, so einfach ist das. Ich bin immer für einfache Lösungen. Deswegen wäre es ganz schön, Herr McAllister ruft dort einfach einmal an.

Wir mussten in den Gesprächen feststellen, dass CDU und FDP nicht wirklich bereit sind, an das Kernproblem, an die Atom-Lobbyisten heranzugehen. Sie haben sich geziert und gewunden, die aktuellen Probleme der Menschen vor Ort wirklich in Angriff zu nehmen. Ihre verunglückten Pressemitteilungen dazu sind ein Beleg dafür. Ich denke, Sie können nicht mit Ihren Pressemitteilungen die Verantwortung nach Berlin abschieben. Wir müssen vielmehr hier in Niedersachsen, weil der atomare Müll hier liegt, vor unserer Haustür handeln. Ich sage Ihnen: Für uns ist Schluss mit der Herumschieberei. Wir sind gefordert.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen nicht auf Zeit spielen wie Sie, wenn Sie mit der historischen Aufklärung von Vorgängen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts beginnen wollen. Das ist falsch.

(Zuruf von Ingrid Klopp [CDU])

Das ist wichtig, aber es ist nicht vorrangig, weil Sie sich damit gegen, wir aber für die Interessen der Menschen in der Region, dem Landkreis Wolfenbüttel, engagieren, weil die genau wissen wollen, was in der Asse ist. Dort stehen aktuelle Sorgen um die Standortsicherheit zur Debatte. Dort fragt man sich: Was ist wirklich drin? - Deshalb müssen wir uns vorrangig auf diesen Themenkomplex verständigen.

Die Schuldzuweisungen, meine Damen und Herren, die Sie auch heute in der Presse veröffentlicht haben, sind nicht unsere Absicht. Sie sprechen von möglichem Politklamauk, indem Sie ihn schon selbst inszenieren. Wir haben natürlich kein Verständnis dafür, dass Sie beispielsweise sagen, Frau Merkel wird nicht eingeladen. Wir wissen wie Sie, dass hierbei alle Farben beteiligt sind, ob wir an Graf Lambsdorff denken, ob wir an Volker Hauff

denken, ob wir an Jürgen Trittin denken oder ob wir an Angela Merkel denken,

(Ulf Thiele [CDU]: Oder Wolfgang Jüttner!)

in deren Zeit z. B. zwei Entscheidungen fallen, nämlich die Verfüllung mit Salzgrus statt mit Beton - ein Fehler - und die langfristige Entscheidung Mitte der 90er-Jahre, das Bergrecht und nicht das Atomrecht anzuwenden. Insofern werden wir sehen, welche Personen, welche verantwortlichen Minister wir zu welchem Zeitpunkt einladen müssen.

Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, dass die CDU und die FDP den Ausstieg aus dem vereinbarten Atomausstieg anstreben. Bundestagswahl hin, Bundestagswahl her - für uns steht fest,

(Christian Dürr [FDP]: Ihnen geht es um den Atomausstieg, nicht um die Asse! Geht es Ihnen um die Asse?)