Protocol of the Session on May 13, 2009

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

So haben wir nicht gewettet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, nach der Kurzintervention von Herrn Wenzel hätte jetzt die CDU-Fraktion das Anrecht auf Erwiderung. Da sich auch Herr Ministerpräsident Wulff zu Wort gemeldet hat, gebe ich ihm jetzt das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verwendung öffentlicher Gelder ist ein ernstes Thema.

(Christa Reichwaldt [LINKE]: Das stimmt!)

In diesem Zusammenhang haben alle die vorgegebenen Regelungen und die geltende Rechtsprechung zu beachten.

(Johanne Modder [SPD]: Alle!)

Natürlich verstehe ich Ihre Aufregung sehr wohl; denn Sie haben heute Morgen gespürt, dass Sie mit dieser Broschüre und der Verknüpfung zur SPD-Wahlkampfaktion die Grenzen des Zulässigen überschritten haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Und was ist mir Ihrer Internetseite?)

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein. Ich wäre schon froh, wenn es keine Zwischenrufe gäbe.

(Heiner Bartling [SPD]: Das dürfen Sie nicht erwarten!)

- Herr Bartling, die Besucherinnen und Besucher sagen mir nach solchen Debatten immer: Es ist interessant, dass immer dann, wenn eine Fraktion an einem Punkt sehr sensibel getroffen ist und die Argumentationsführung für uns Besucher nachvollziehbar ist, die Unruhe am größten wird. - Dies ist ein ganz verständlicher Vorgang; denn man versucht natürlich zu verhindern, dass diese Gedankenführung tatsächlich zu Ende geführt wird.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wir prü- fen das einmal, wenn es bei Ihnen wieder laut wird!)

Die SPD Niedersachsen hat im Landtagswahlkampf den Staatsgerichtshof in Bückeburg wegen

einer Informationsschrift angerufen, einer Leistungsbilanz der Regierung, die wir ständig fortschreiben, in der wir etwas zugesagt haben, was wir auch eingehalten haben. Dieses Werk hat Sie offenkundig so unruhig gestimmt, dass Sie den Staatsgerichtshof angerufen haben mit der Bitte, wir müssten dies aus dem Internet entfernen, weil es im Wahlkampf in den drei Monaten vor der Wahl nicht zulässig sei. Daraufhin haben wir es aus dem Internet entfernt, um schon dem Verdacht vorzubeugen,

(Oh! bei der SPD)

wir würden den Steuerzahlern auch nur die Stromkosten für die Einstellung ins Internet in irgendeiner Form zumuten wollen.

Die SPD Niedersachsen, die Kenntnis von der jahrzehntelangen gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat, die diese anführt und in dem Schriftsatz einbringt, erklärt: Wir machen zum zentralen Thema des Europawahlkampfes kein Thema, das in irgendeiner Form mit Europa zu tun hat, sondern ein Thema, das eines der drängendsten Themen der Landespolitik ist, nämlich die Bildungspolitik. Sie schalten Plakate über die Partei. Diese können Sie gerade noch bezahlen; denn Ihre Partei ist ja klamm. Ihre Broschüre in einer 30 000er-Auflage verbreiten Sie über die Abgeordneten, über die Parteistände, mit Porto der Steuerzahler im Lande. Das ist unzulässig!

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Liebe Frau Heiligenstadt, dies wird der Rechnungshof zu beurteilen haben. Der Bund der Steuerzahler wird das zu bewerten haben.

(Heiner Bartling [SPD]: Machen Sie doch eine Klage!)

Dies werden gegebenenfalls - wenn wir so wären wie Sie - die Gerichte entscheiden.

Wenn Sie sagen, Sie möchten die Broschüre nicht bis nach der Wahl zurückstellen, sondern Sie möchten Sie weiterverbreiten - Sie reagieren also anders, als ich reagiert habe - und, wie Herr Bartling gerade sagte, doch geklagt werden sollte, dann ist es eine Frage von wenigen Stunden. Dann liegt die Klage beim Staatsgerichtshof. Das sage ich, damit wir uns darüber einig sind.

(Heiner Bartling [SPD]: Los! Dann ha- ben die endlich einmal wieder etwas zu tun! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Und was ist mit Ihrer Internetseite? - Weitere Zurufe - Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich habe sehr viel Verständnis für die Zwischenrufe, wie auch immer sie zustande kommen.

(Zuruf von Heinrich Aller [SPD])

- Herr Aller, auch Sie sollten dem Ministerpräsidenten Gelegenheit geben, dass er zusammenhängend reden kann und nicht immer wieder gestört wird. - Bitte!

Herr Aller, waren Sie damals eigentlich schon Finanzminister, als Sie die segensreiche Bildungspolitik verantwortet haben, keine Lehrer einzustellen, keine Stellen wiederzubesetzen und das Zeichen zu setzen, dass wir keine Lehrer brauchen?

(Beifall bei der CDU)

Diejenigen, die wie Sie im Glashaus sitzen, sollten zur Kenntnis nehmen, dass sich diese Regierung seit Jahren erfolgreich darum bemüht hat, die Unterrichtsversorgung in diesem Lande zu verbessern. Die Erfolge sind eindrucksvoll. Wir unterrichten heute wesentlich mehr Stunden in der Woche als zu Ihrer Zeit. Das heißt, wir haben die Unterrichtsverpflichtungen erhöht. Ein Grundschüler hatte bei Ihnen in den ersten vier Schuljahren, vom 6. bis zum 10. Lebensjahr, nur 88 Unterrichtsstunden. Bei uns hat er in diesen ersten vier Jahren, in denen die Grundlagen gelegt werden, weit über 90 Unterrichtungsstunden.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Eben! Er- heblich mehr!)

Wir unterrichten heute mehr Mathe und Deutsch. Wir unterrichten mehr in den Hauptschulen, in den Realschulen und in den Gymnasien. Wir haben die Unterrichtsverpflichtungen erhöht, sodass viele Eltern sogar sagen: Sind zehn Stunden täglich nicht ein bisschen viel? - Gymnasiasten haben ja zum Teil zehn Stunden Unterricht täglich, weil wir sagen: Wir wollen die junge Generation optimal auf die Zukunft vorbereiten.

Wir haben in diesem Land mehr Lehrerstellen neu geschaffen als jede Regierung zuvor. Wir haben heute mehr Lehrerinnen und Lehrer, als jemals zuvor in unserem Land waren, obwohl es 100 000 Schüler weniger gibt als zu Ihrer Zeit. Das ist ein

eindrucksvoller Beleg dafür, welchen Schwerpunkt wie hier setzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie können es noch so oft wiederholen: Auf alle Ihre Fragen ist eine Antwort gegeben worden. Ich gebe zu: nicht die Antwort, die Sie sich erhofft haben. Denn Sie wünschen sich im Sinne der Sonthofen-Strategie das möglichst häufige Erwähnen von Chaos und von Chaos an den Schulen. Sie hoffen, dass sich das festsetzt und dass bei den Bürgern in Niedersachsen der Eindruck entsteht, es gäbe dort Chaos.

Meine Beobachtung und mein Gefühl ist - ich war letzte Woche an Schulen; im Gästehaus der Regierung habe ich mit 20 Grund- und Hauptschullehrern diskutiert; ich führe diese Gespräche regelmäßig -: Die Kinder in unserem Land haben sich verändert. Die Familienverhältnisse, die Berufstätigkeiten, die gesellschaftlichen Anforderungen, die Elternwünsche und die Erwartungen verändern sich. Wir haben heute mehr Schüler an den Realschulen und Gymnasien mit Hauptschulempfehlung als früher, weil der Elternwille gilt. Wir haben heute höhere Erwartungen an Bildungsabschlüsse. Heutzutage gibt es mehr Druck der Gesellschaft auf die junge Generation.

Meine Tochter, die das Abitur nach zwölf Jahren machen möchte, sagt mir: Es ist doch ungerecht, dass wir heute mehr wissen und können müssen, als ihr früher wissen und können musstet. - Es ist eine zu Recht empfunden Ungerechtigkeit, dass sich die Welt verändert und dass andere Länder in Europa ihre jungen Leute anders und besser ausbilden. Wir müssen da mithalten! Der Weg auf den Gipfel gelingt nur mit Anstrengung.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie müs- sen früher reagieren! Aber Sie bleiben stehen!)

Es gibt immer ein paar wie Sie, die auf dem Wege fragen: Gibt es nicht auch einen leichteren Weg? Geht es nicht irgendwo auch leichter zu? - Natürlich gibt es einen leichteren Weg. Dann kommt man aber ins Tal, und dann sieht man den Gipfel nie. Wir wollen mit Niedersachsen aber auf den Gipfel. Mit Ihnen kommen wir dort niemals hin. Das ist die Wahrheit.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hat den Wunsch nach Zwischenfragen gegeben. Da der Ministerpräsident erklärt hat, dass er sie nicht zulässt, habe ich seine Rede dann nicht unterbrochen.

Es gibt jetzt den Wunsch nach weiteren Redezeiten für die Fraktionen gemäß § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung. Frau Korter von den Grünen, Herr Bode von der FDP, Frau Reichwaldt von der Linken und Herr Jüttner von der SPD haben sich zu Wort gemeldet. Da wir jetzt schon eine Stunde in Zeitverzug sind, würde ich dem Hause raten zu versuchen, nach Inanspruchnahme der zusätzlichen Redezeiten diesen Tagesordnungspunkt für heute zu beenden.

(David McAllister [CDU]: Das hängt von der Qualität der Beiträge ab!)

Frau Korter hat für drei Minuten das Wort. Bitte schön!

(David McAllister [CDU]: Frau Korter, loben Sie uns mal!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Danach, was der Ministerpräsident hier gerade an wesentlichen Einsichten zur Schulpolitik von sich gegeben hat, wundert es mich nicht mehr, dass wir hier in Niedersachsen mit Flickschusterei aus Staatskanzlei und Kultusministerium konfrontiert werden. Das ist wirklich bezeichnend gewesen, Herr Wulff.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Herr Wulff, Sie haben gesagt, alles verändert sich in Niedersachsen in der Schulpolitik, alles verändert sich in den Familien, alles verändert sich bei den Kindern, bei den Medien und in der Gesellschaft. Nur die CDU verändert sich nicht. Sie bleibt seit 150 Jahren fest und unverbrüchlich bei ihrer Schulpolitik und passt sich nicht der Zeit an.