Protocol of the Session on May 13, 2009

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Hogrefe, möchten Sie darauf antworten? - Das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich Herrn Kollegen Hagenah zu der zweiten Kurzintervention auf. Er hat das Wort.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Wir haben getauscht!)

- Gut. Dann hat jetzt Frau Kollegin Twesten das Wort.

Herr Hogrefe, ich habe Sie bisher eigentlich für einen engagierten Europapolitiker gehalten. Ich freue mich schon auf unsere Diskussion in Achim am kommenden Wochenende. Aber das, was Sie hier eben abgeliefert haben, ist eigentlich nicht mehr als die Einschätzung, Europa sei nicht mehr als eine Spaßveranstaltung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Es tut mir leid, aber auf dieser Basis möchte mich Ihnen eigentlich keine Diskussion über Europa mehr führen.

Das, was mein Vorredner eben gesagt hat, ist aber der eigentliche Grund dafür, dass ich mich hier zu Wort gemeldet habe. Ihr Hinweis war eine eindeutige Behauptung, die ging unter die Gürtellinie. Ich habe eben vernommen: Gesine und Silvana machen Lust auf Europa.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist Se- xismus pur! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN, von der SPD und von der LINKEN - Gegenrufe von der CDU und von der FDP)

- Wir können das gern anhand des Protokolls nachverfolgen. - Ich fordere Sie an dieser Stelle auf, diese Äußerung zurückzunehmen. Das wird weder Europa noch den Frauen gerecht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Herr Kollege, möchten Sie Stellung nehmen? - Sie haben maximal anderthalb Minuten Redezeit. Das Verfahren ist bekannt.

Sehr geehrte Kollegin aus dem Nachbarkreis, dazu will ich gern etwas sagen. Meine Damen und Herren, es gibt in diesem Europawahlkampf wirklich abschreckende Plakate, und es gibt sympathische, gut gemachte Plakate. Ich stelle fest: Die FDP hat sympathische Kandidatinnen und sehr gut gemachte Plakate, und das wollte ich hier ausdrücken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage dies auch vor dem Hintergrund anderer Plakate - ich hätte das sonst gar nicht getan -: Wer hat denn mit dem Thema „Finanzhaie würden … wählen“ angefangen? - Auf der anderen Seite sehen wir diese sympathischen Frauen, die für die FDP kandidieren, und die werden von der SPD mit Finanzhaien gleichgesetzt. Das können wir doch wohl so nicht hinnehmen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile dem Kollegen Aller von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe darüber nachgedacht, ob ich nach der Rede von Herrn Hogrefe überhaupt noch hierher gehen und reden soll.

(Zuruf von der CDU: Das brauchen Sie ja auch nicht!)

Meine zweite Idee war, den Antrag zu stellen, den Brief, den CDU und FDP allen neu gewählten Abgeordneten des Europaparlaments schicken wollen, um den Debattenbeitrag von Herrn Hogrefe anzureichern, auf dass die Sache wirklich lesenswert werde.

(Beifall bei der SPD)

Am Schluss habe ich entschieden, ich sollte wenigsten zwei, drei Sätze dazu sagen.

Es ist Herrn Hogrefe gelungen, den Ministerpräsidenten, der heute sehr bedrückt auf der Regierungsbank saß, zum Lachen zu bringen. Für diese Leistung herzlichen Glückwunsch, Herr Hogrefe!

(Beifall bei der SPD)

Aber das, was Sie gesagt haben, kann so nicht stehenbleiben, vor allen Dingen nicht als Begleitmusik zu einem Antrag, von dem Sie ernsthaft meinen, er müsse hier im Hohen Haus beschlossen und zum Beginn der neuen Wahlperiode allen Abgeordneten im neu gewählten Europäischen Parlament zugeschickt werden.

Dieser Versuch, eine gemeinsame Bitte, Anregung und Erwartung des Landes Niedersachsen, dargestellt in Form eines Briefes dieses Landtags, einvernehmlich und in allen Punkten übereinstimmend den neuen Volksvertretern der Europäischen Union zu überreichen, ist schon eine Zumutung an die Oppositionsfraktionen in diesem Landtag, weil hier zwei Dinge miteinander vermischt werden: Die Struktur dieses Briefes, den Sie ja ernsthaft abschicken wollen, zeigt, dass er nichts anderes als ein Sprechzettel für eine Wahlveranstaltung von CDU- und FDP-Abgeordneten ist. So ist er aufgebaut, und dies merkt man auch an den inhaltlichen Fehlleistungen. Der erste Satz ist im Präsens geschrieben. In ihm steht, dass am 7. Juni die Europawahl sei. Das ist eine überraschende Botschaft für die dann gewählten Abgeordneten

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

und macht deutlich, dass dann, wenn der Brief ankommt, all das, was Sie hinterher schreiben, eigentlich schon bekannt sein sollte. Das kommt davon, wenn man Bruchstücke und Versatzstücke aus Reden von Politikern zu einem Brief oder gar zu einem Antrag zusammenschreibt. Alles das holt Sie dann wieder ein.

Worauf Sie überhaupt nicht eingehen konnten - das lag offensichtlich an der Abfolge von Tagesordnungspunkten, die wir in diesem Landtag diskutiert haben -, ist die sehr fundierte, harte und von durchaus unterschiedlichen Positionen und Beschlüssen ausgehende Debatte über das soziale Europa, wie wir es uns vorstellen. In einer vor wenigen Wochen in diesem Hause geführten Debatte ist klar geworden, dass sich CDU und FDP, die hier zusammengeschweißt sind und hinsichtlich derer nicht differenziert werden kann, völlig anders als die Oppositionsfraktionen in diesem Landtag verhalten haben. Wo es um die soziale Fortschrittsklausel geht, gibt es völlig unterschiedliche Auffassungen, mindestens, was die Priorität oder das Übergewicht des Sozialen gegenüber den marktradikalen Ansätzen der FDP angeht. Das kann man doch in einem solchen Brief, den man den Abgeordneten zuschicken will, nicht verschweigen.

Es ist ganz gut, dass die Linken noch einen Alternativantrag gestellt haben. Ansonsten wäre dies in diesem Parlament gar nicht deutlich geworden. Gleichwohl muss ich sagen, dass der Antrag der Grünen genau auf Lücke geschrieben ist. Er setzt da an, wo CDU und FDP Platz gelassen haben, wo es also kontrovers werden könnte.

Ich zeige das Problem an einem zweiten Beispiel auf: Es ist gut, dass CDU und FDP beschrieben haben, wie es mit der Automobilindustrie in Niedersachsen aussieht. Es gibt im Kern gar keinen Dissens in der Beschreibung, Herr Hogrefe. Wir alle sind froh darüber, dass wir in der Entwicklung Porsche/VW jetzt eine Situation verzeichnen - vielleicht auch nur vorübergehend -, in der VW offensichtlich die dem Unternehmen eigentlich zustehende Position gegenüber Porsche zurückgewinnt. Wenn all das, was derzeit diskutiert wird, Wirklichkeit würde, wäre es hervorragend für Niedersachsen und den Standort Wolfsburg. Herr Wulff, niemand wird Ihnen absprechen, dass Sie

dieser Entwicklung dadurch, dass Sie so gut wie nichts getan haben, etwas Gutes getan haben.

(Widerspruch bei der CDU)

- Nein, das sage ich mit vollem Ernst. Denn die Player sind andere als die Landesregierung. Angesichts von Porsche als dem Mehrheitsaktionär und von VW als einem Unternehmen, an dem Niedersachsen zwar 20 %, aber nicht alles hält, ist es doch vernünftig, dass die Landesregierung in die Rolle des Moderators geht. Wenn es am Ende für das Gesamtkonzept - für die Konzerne, die Arbeitsplätze, die Mitbestimmung und den Erhalt des VW-Gesetzes - gut sein wird, dann kann und wird hier auch niemand meckern. Aber eines ist klar: Die europäische Politik muss dahin gehend beeinflusst werden, dass sie sicherstellt, dass die Hände vom VW-Gesetz gelassen werden. Das ist die europapolitische Forderung, die wir in einem solchen Brief gemeinsam deutlich machen müssen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Herr Hogrefe, da wird die Schwäche des Briefes, den Sie schreiben wollen, richtig deutlich. Sie beschreiben einen schönen Zustand. Auch Deutschland und Niedersachsen sind schön; das haben Sie ja ebenfalls in Ihren Brief hineingeschrieben.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist auch richtig!)

Aber der entscheidende Punkt ist: Wir brauchen klare Positionen, um in einem Parlament, in dem 27 unterschiedliche Nationen vertreten sind, Zustimmung für unsere Version einer Beteiligung des Staates an einem wichtigen regionen- und branchenbestimmenden Unternehmen zu erlangen. Das muss man dann auch so schreiben, weil man sonst bei den Politikerinnen und Politikern in Europa falsche Spuren legt.

Der dritte Punkt, warum wir auch inhaltlich gegen dieses Vorgehen sind, betrifft die Energiepolitik. Sie werden hier Zustimmung bekommen, wenn Sie fordern, morgen solle die Sonne scheinen, oder wenn Sie sagen, wir wollten die regenerativen Energien stärker schützen. Darüber wird es keinen Streit geben. Aber wenn Sie die zentrale Frage der Kernenergie und ihrer Wirkung für die zukünftige Energieversorgung dieser Region weglassen, dann legen Sie doch eine völlig falsche Spur. Ein großer Teil der Menschen - zurzeit leider der kleinere Teil in diesem Hause - ist gegen Kernenergie und hat riesige Probleme mit der Endlagerdiskussion. Das ist ein niedersächsisches Problem. Den

ken Sie nur daran, wie wir in Zukunft mit der Asse und mit Gorleben umgehen werden!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Hier so zu tun, als gäbe es diese Probleme gar nicht und als wäre hier alles eitel Sonnenschein, also solar, wäre die falsche Botschaft an die falschen Adressaten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Deshalb haben wir es in unserem Antrag auch reingeschrieben!)

Deswegen komme ich zu dem messerscharfen Schluss: Es ist besser, wenn unsere Abgeordneten jetzt im Wahlkampf mit ihren verschiedenen Programmen und für die verschiedenen Parteien deutlich machen, mit welchen Positionen sie nach Brüssel gehen, Fraktionen bilden, Mehrheiten und Verbündete suchen und für das, was sie den Menschen in ihren Programmen versprechen, dann auch kämpfen wollen. Dies wäre die ehrliche Form der Auseinandersetzung; dies wäre etwas anderes, als einen Brief an die neu gewählten Abgeordneten zu schreiben, der falsche Spuren legt und zu falschen Rückschlüssen führt, was Niedersachsen wirklich ausmacht.

Wenn es dann gelingen sollte, über die Landesvertretung, über unsere Landesregierung und über die Abgeordneten, die über die Grenzen hinaus aktiv sind, unser Niedersachsen vernünftig darzustellen und dabei deutlich zu machen, wo wir Gemeinsamkeiten haben, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Wenn wir vorgeführt und für falsche Dinge einvernommen werden sollen, dann machen wir nicht mit. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN sowie Zustimmung von Enno Hagenah [GRÜNE])

Ich erteile dem Herr Ministerpräsidenten das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die letzten Aussagen waren jedenfalls versöhnliche Töne, die zeigen, dass es Sinn macht - wenn es unter Beteiligung der Öffentlichkeit geschähe, wäre es noch schöner, sonst unter Beteiligung der Presseöffentlichkeit -, hier häufiger über Europa und die Positionierung Niedersach