Protocol of the Session on May 12, 2009

In Hannover wiederum sieht er der drohenden Schließung der traditionsreichen Reifenproduktion mit verschränkten Armen zu. Auch hier sind nahezu 1 000 Arbeitsplätze bedroht. Die Linke fordert daher den Ministerpräsidenten und die Nieder

sächsische Landesregierung auf, endlich Sofortmaßnahmen für Arbeit in Niedersachsen und gegen den drohenden Anstieg der Arbeitslosigkeit auf den Weg zu bringen. Daher die Aktuelle Stunde.

(Beifall bei der LINKEN)

Erstens verlangen wir von der Landesregierung, dass sie sich aktiv daran beteiligt, in der Krise einen Schutzschirm für Arbeitsplätze zu errichten anstatt mitzuhelfen, milliardenschwere Steuergelder an marode Banken in den Sand zu setzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Notwendig dafür ist unter anderem die nachhaltige Stärkung der Interessen der Beschäftigten bei Massenentlassungen.

(Ministerpräsident Christian Wulff, Mi- nister Dr. Philipp Rösler und David McAllister [CDU] unterhalten sich an der Regierungsbank)

- Herr Ministerpräsident, ich würde mich freuen, wenn Sie mir zuhören würden.

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Wir hören zu!)

Das von mir eben Vorgetragene hat die LinkenBundestagfraktion bereits im letzten Jahr in einem Gesetzentwurf vorgeschlagen. Wir fordern die Landesregierung auf, in einer Bundesratsinitiative auf Durchsetzung zu dringen.

Zweitens soll damit eng verknüpft im Rahmen einer Bundesratsinitiative darauf hingewirkt werden, dass es faire Rahmenbedingungen für Leiharbeiter gibt; wir haben bereits in verschiedenen Debatten darauf hingewiesen. Diese Rahmenbedingungen müssen verbindlich festgelegt werden; denn - darauf wurde in den letzten Monaten schon häufig hingewiesen - Leiharbeiter benötigen einen besseren Kündigungsschutz und dürfen - wie bisher geschehen - in der Krise nicht die ersten sein, die ihren Arbeitsplatz verlieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn gleicher Lohn für gleiche Arbeit und gleiche Arbeitsbedingungen müssen für Festangestellte wie für Leiharbeiter gleichermaßen gelten.

Drittens erwarten kleine und mittlere Unternehmen und auch Handwerksbetriebe, bei denen landesweit der Abbau von Zehntausenden von Arbeitsplätzen droht, von der Landesregierung ein konkretes, kontrollfähiges Programm. Im zweiten

Nachtragsetat zum Landeshaushalt 2009 soll dazu der Wirtschaftsförderfonds für die Finanzierung von Investitionen im Vergleich zum bisherigen Etatansatz verdoppelt werden, um so kleinen und mittleren Betrieben in dieser Krise zu helfen.

Viertens können durch den flächendeckenden Einsatz von erneuerbaren Energien und von Effizienztechnologien anstelle des Neubaus von klimaschädlichen Kohlegroßkraftwerken an der Nordseeküste Zehntausende neuer zukunftsfähiger Arbeitsplätze in Niedersachsen geschaffen werden.

(Beifall bei der LINKEN - Glocke der Präsidentin)

Fünftens fordern wir angesichts wachsender Jugendarbeitslosigkeit im Land die Landesregierung auf, sofort Initiativen zu ergreifen, um Arbeits- und Ausbildungsplätze für junge Menschen zu sichern; denn gerade junge Menschen bis zum Alter von 25 Jahren sind von der Wirtschaftskrise und der drohenden Arbeitslosigkeit besonders betroffen. Auch dazu erwarten wir im Nachtragshaushalt und im Haushalt 2010 besondere Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken.

Sechstens ist Arbeitsminister Dr. Rösler aufgerufen, einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, wie es ihn bereits in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern gibt, in Niedersachsen zu initiieren.

(Glocke der Präsidentin)

- Ich komme zum letzen Satz. - Herr Ministerpräsident, die Lage im Land wird zunehmend dramatisch. Die Linke hat nicht nur heute Vorschläge zur Verbesserung der Situation gemacht. Die Menschen erwarten von Ihnen, dass Sie die Vorschläge aufgreifen und diese umsetzen, um die Lage im Land für die Menschen erträglicher zu machen. Dafür sind sie da.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Weisser-Roelle, auch Ihnen möchte ich noch einmal den Hinweis auf § 49 Abs. 4 Satz 3 unserer Geschäftsordnung ans Herz legen.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Wa- rum immer bei uns? Jeder liest hier ab!)

- Vielleicht können wir das in der nächsten Ältestenratssitzung diskutieren. Wir halten das hier sehr genau fest.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Thümler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Weisser-Roelle, wenn es nicht so traurig wäre, wüsste ich dazu jetzt gar nichts zu sagen. Mit Ihren Forderungen schmeißen Sie sich hinter den rollenden Zug. Das, was Sie gefordert haben, wird in der Politik der Bundesregierung und in Teilen in den Bereichen, in denen wir zuständig sind, auch in der Politik der Landesregierung bereits konkret umgesetzt. Das heißt, Sie sind hier etwas zu spät aufgewacht. Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass wir uns zurzeit in einer Krise befinden, wie sie die Weltwirtschaft noch nie erlebt hat. Einen Rückgang des Wachstums um 6 % hat es bundesweit noch nie gegeben.

(Zuruf von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Das sollten alle hier zur Kenntnis nehmen, auch Sie, Herr Dr. Sohn. Denn es zeigt, dass der demokratische Sozialismus, dem Sie ja anhängen, gescheitert ist. Das will ich hier auch einmal deutlich zum Ausdruck bringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Durch Ihre Schwarzmalerei helfen Sie uns nicht aus der Krise. Vielmehr ist es notwendig, den Menschen im Lande Mut zuzusprechen und Aufmerksamkeit zu widmen; denn die Krise ist nur mit Optimismus, mit dem Wissen, dass es auch wieder besser werden kann, durchzustehen und schließlich zu beenden, aber sicher nicht dadurch, dass man sich wie in einer Spirale immer weiter abwärts redet.

Ich will festhalten, dass für die CDU-Fraktion der erste Arbeitsmarkt von besonderer Bedeutung ist und Vorrang vor allen anderen Dingen hat. Der erste Arbeitsmarkt muss weiter gestärkt und ausgebaut werden. Das zeigt nicht zuletzt auch die Erfahrung, die wir im Osten Deutschlands mit den vielfältigen AB-Maßnahmen gemacht haben, die im Grunde genommen eigentlich alle gescheitert sind.

Sie verfolgen eine Politik nach der Methode: Schatulle auf, der Steuerzahler wird es richten, indem Sie viel Geld irgendwohin schmeißen,

(Victor Perli [LINKE]: Wie bei den Banken!)

ohne dass Wirkung entfaltet wird. Lieber Herr Perli, Sie sagen: „Guckt mal auf die Banken!“ Dazu sage

ich Ihnen: Wäre der Rettungsschirm nicht aufgespannt worden, hätten wir ganz andere katastrophale Zustände, möglicherweise die, die Sie immer herbeireden,

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Was wir alles herbeireden! Das ist faszinie- rend!)

die Sie immer geradezu fordern, weil sie gut zu Ihrer Politik der Schwarzmalerei passen würden. Das wird mit uns nicht passieren.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen erlauben Sie mir den Hinweis auf die Maßnahmen, die im Rahmen des Konjunkturpakets II beschlossen worden sind. Hier nenne ich zunächst die Förderung der Weiterbildung und zweitens die Einführung des Kurzarbeitergeldes auch für den Bereich der Zeitarbeit. Das sind zwei wesentliche, sehr wichtige Elemente, weil es immer besser ist, Menschen nicht zu entlassen, sondern sie in der Kurzarbeit weiterzubilden, sie weiter zu qualifizieren und fit zu machen für die Herausforderungen eines wieder einsetzenden Aufschwungs, wenn die Rezession überwunden ist und das Wachstum beginnt.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Nichts verstanden!)

Liebe gnädige Frau, wenn Sie sagen: „Nichts verstanden!“, kann ich Ihnen nur sagen: Das gilt auch für Sie; denn Sie leben auf einem anderen Stern, den Sie hier aber nicht finden werden. Stellen Sie sich der Realität, damit kommen Sie weiter.

Drittens möchte ich erwähnen, dass wir in Niedersachsen eine Ausweitung der Bürgschaftsrahmen vorgenommen haben. Das ist ein ganz besonders gutes Instrument, das von vielen mittelständischen Unternehmen sehr geschätzt wird. Nicht zuletzt haben wir durch die NBank viele Fördermöglichkeiten geschaffen, die jetzt auch Wirkung entfalten. Setzen Sie sich mit diesen Instrumenten auseinander. Dann können Sie endlich davon absehen, solche Aktuellen Stunden zu beantragen, die wirklich nicht aktuell sind.

Da Sie Ihren Antrag für die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Sofortmaßnahmen für Arbeit in Niedersachsen“ überschrieben haben, erlaube ich mir zum Schluss ein Zitat eines Herrn - Sie können ja einmal raten, von wem es ist -, das ich gestern Abend in der Form zum ersten Mal in einer Rede des Ministerpräsidenten gehört habe und das mich

sehr überzeugt hat. Ich will es Ihnen nicht vorenthalten und trage es deshalb kurz vor:

„Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, indem ihr die Starken schwächt. Ihr werdet denen, die ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, nicht helfen, indem ihr die ruiniert, die sie bezahlen.... Ihr werdet den Armen nicht helfen, indem ihr die Reichen ausmerzt. … Ihr werdet kein Interesse an den öffentlichen Angelegenheiten und keinen Enthusiasmus wecken, wenn ihr dem Einzelnen seine Initiative und seine Freiheit nehmt. Ihr könnt den Menschen nie auf Dauer helfen, wenn ihr für sie tut, was sie selber für sich tun sollten und könnten.“

Meine Damen und Herren, damit ist im Wesentlichen alles gesagt. Die Eigenverantwortung muss in den Fokus treten und nicht nur staatliches Handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Und Sie lehnen sich zurück!)

Herzlichen Dank! - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Hagenah das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeitslosenquote in Niedersachsen steigt zwar derzeit etwas langsamer als bundesweit, aber sie ist leider immer noch auf einem viel zu hohen Niveau. Zudem haben wir das Problem, dass in Niedersachsen in den letzten Jahren nur eines wirklich stark zugenommen hat, das sind die Teilzeitjobs, die gering bezahlten Jobs, die mittlerweile schon ein Drittel unserer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausmachen. Die Zahl dieser Jobs ist deutlich stärker und schneller gestiegen als in anderen Bundesländern. In den letzten 15 Jahren haben wir in Niedersachsen tatsächlich 20 % unserer sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstellen verloren. Das sind die Zahlen hinter dem derzeit noch einigermaßen ruhigen niedersächsischen Arbeitsmarkt.