Protocol of the Session on February 20, 2009

Bitte schön!

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie mich aufgefordert, den Antrag zu verlesen. Das werde ich jetzt tun:

„Härtefallkommission muss handlungsfähig werden

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

1. Der Landtag fordert den Innenminister auf, umgehend den Entwurf einer neuen Niedersächsischen Härtefallkommissionsverordnung zur Billigung vorzulegen, die den Vorgaben von Artikel 1 Grundgesetz gerecht wird und die Handlungsspielräume von § 23 a Aufenthaltsgesetz ausschöpft.

2. Der Landtag beschließt, dass die bestehende Härtefallkommission des Landes um ein weiteres Mitglied, das in der praktischen Flüchtlingssozialarbeit erfahren ist, auf neun Mitglieder erweitert wird. Entscheidungen der Kommission werden ab sofort mit einfacher Mehrheit getroffen.

Begründung

Die Härtefallkommission des Landes ist in der derzeit geltenden Fassung der Härtefallkommissionsverordnung nicht handlungsfähig. Viele notwendige Entscheidungen werden vom Innenministerium blockiert oder verzögert. Die Verordnung schränkt die Arbeit der Kommission so stark ein, dass die Intention von § 23 a des Aufenthaltsgesetzes konterkariert wird.

Die Mitglieder der Kommission müssen jederzeit sicherstellen können, dass Geist und Buchstaben von Artikel 1 des Grundgesetzes in den Entscheidungen der Kommission zur Geltung kommen.

Der Antrag ist eilbedürftig und dringend, weil auf Grundlage der geltenden Fassung der Verordnung zu befürchten ist, dass ein großer Teil der Kommissionsmitglieder ihren Sitz in der Kommission zur Verfügung stellt.“

Deswegen wollen wir diesen Antrag heute behandeln und möglichst in der nächsten Sitzung eine vernünftige Härtefallverordnung beschließen.

Herzlichen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Frau Helmhold, ich bedaure, aber zu Beginn Ihres Beitrages hatte ich gerade Kontakt zur Landtagsverwaltung aufgenommen. Wie mir aber mitgeteilt wurde, haben Sie die Worte „das Säuseln des Herrn Ministerpräsidenten“ verwendet. Ich halte das für einen unwürdigen Stil in diesem Hause.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich rufe Herrn Bachmann auf. Sie haben sich zur Geschäftsordnung gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der eben von der Kollegin Helmhold verlesene gemeinsame Dringlichkeitsantrag ist von allen drei Oppositionsfraktionen gezeichnet. Das möchte ich hinzufügen. Deswegen ist es selbstverständlich, dass die SPD-Landtagsfraktion den Geschäftsordnungsantrag nicht nur unterstützt, sondern mit stellt.

Die Behandlung dieses Dringlichkeitsantrags ist dringend erforderlich - ich möchte das auch aus unserer Sicht begründen -, weil im Verlauf der gestrigen Debatte von Herrn Schünemann tatsächlich folgende Aussagen gekommen sind: Nichts wird sich ändern. Alles ist okay. Vielleicht sprechen wir im Herbst mal über die eine oder andere Randbedingung. - Und Herr Wulff hat nach dem Prinzip Hoffnung den Landtag beschworen - wahrscheinlich per Selbstsuggestion -: Da wird schon niemand zurücktreten. Es wird nicht zu einem Eklat kommen.

Fakt ist: Die Härtefallkommission hat nach unserer Kenntnis gestern Nachmittag mehrere Stunden lang getagt. Die Mitglieder prüfen für sich im Einzelnen und nach Rücksprache mit ihren Verbänden, ob sie ihre Funktion gegebenenfalls niederlegen. Dass sie das zurzeit noch nicht getan haben, halte ich für richtig. Denn ihre gegenwärtige Erwartungshaltung bezieht sich auch auf nachhaltige Änderungen der Arbeitsbedingungen. Ein entsprechender Brief ist in der Abstimmung und wird die Landesregierung nach unserer Kenntnis wahrscheinlich noch heute erreichen.

Herr Ministerpräsident Wulff hat im Rahmen dieser Debatte - als er schon darüber nachdachte, wen man als neuntes Mitglied berufen kann - aufgrund

eines Zwischenrufes von mir, dass man keinen Parlamentarier berufen könne, gesagt: Sie können wohl der Debatte nicht mehr folgen. - Das war auch nicht gerade parlamentarisch, hatte ich den Eindruck.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich antworte jetzt dem Herrn Ministerpräsidenten mit folgender Formulierung: Sie nehmen die Debatte, die in der Realität abläuft, wohl nicht gerade realitätsnah wahr, oder Sie blenden die Realität aus. Denn es ist in der Härtefallkommission das eingetreten, was wir befürchtet haben.

(Zurufe von der CDU: Zur Geschäfts- ordnung! - Hans-Christian Biallas [CDU]: Sie sind hier nicht in der Aus- sprache!)

Weil das so ist, haben wir den geschäftsordnungsmäßigen Antrag gestellt, den eben verlesenen Dringlichkeitsantrag heute zu beraten.

Ich will ergänzend dazu ausführen, dass uns bewusst ist, dass die Härtefallkommissionsverordnung nicht hier im Parlament beschlossen werden kann. Aber der Landtag ist nach Auskunft des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes - das wurde eben nach einer entsprechenden Rückfrage auch von der Landtagsverwaltung bestätigt - sehr wohl in der Lage, wie er das auch bei Entschließungen kann, mehrheitlich Erwartungshaltungen an die Landesregierung zu formulieren.

Genau das ist Sinn dieses Dringlichkeitsantrages. Wir wollen erreichen, dass die Situation befriedet wird, dass die Kommission wieder handlungsfähig wird und dass die „Nötigung“, die das Innenministerium nach der Aussage der Kommissionsmitglieder „Wir werden erst einmal keinen Fall mehr bearbeiten“ formuliert hat, nicht Realität wird.

Herr Bachmann, bitte konkret zum Geschäftsordnungsantrag!

Das tue ich doch. Ich muss die Dringlichkeit begründen, Herr Präsident, und das tue ich.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich glaube, nichts ist als dringlicher zu bezeichnen als die Aussage des Vertreters des Ministeriums:

Wenn sie sich weiter so verhalten, werden die Fristen verstreichen, und wir werden abschieben.

(Johanne Modder [SPD]: Unmöglich!)

Das Parlament ist also am Zug. Die Kommissionsmitglieder haben einen guten Grund, sich so zu verhalten. Das werden wir dann in der Sache debattieren. Ich hoffe, Sie lassen das zu.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Nein!)

Die Dringlichkeit, diesen Antrag heute zu beraten, ist aufgrund der Entwicklung in der Realität gegeben.

Herr Ministerpräsident, ich verweise noch einmal auf Ihren Brief, den ich jetzt nicht zitieren darf, an die Evangelisch-Reformierte Kirche. Wenn Sie zu all dem stehen, was darin steht, dann stimmen Sie persönlich jetzt unserem Dringlichkeitsantrag zu!

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Bachmann, wir sind uns aber einig, dass auch Sie die Chance genutzt haben, um zu ein bisschen mehr als nur zum Geschäftsordnungsantrag zu sprechen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Der Innenminister gibt ja auch Regie- rungserklärungen bei Anfragen ab!)

Frau Zimmermann hat sich auch zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von Frau Helmhold vorgestellte Antrag findet natürlich auch unsere volle Unterstützung. Und nicht nur das: Wir sind Mitantragsteller.

Die Begründung von meiner Fraktion zu diesem Antrag lautet wie folgt: Eine Härtefallkommission, die keine Härtefälle behandeln kann, weil die Hürden so hoch sind, und die über Dinge diskutieren muss, wie solche, über die sie gestern diskutiert hat, ist gar keine Härtefallkommission. Deshalb besteht dringender Handlungsbedarf.

Nicht nur in der Bildungspolitik wird deutlich, wie sehr der Regierung die Geschäfte aus der Hand gleiten.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Nein, auch in der Integrationspolitik wird eine Unfähigkeit deutlich, die wir nicht dulden können. Ich appelliere an Sie und vor allem auch an die Liberalität und den liberalen Auftrag der FDP: Geben Sie sich einen Ruck, und heben Sie Ihre Hand an der richtigen Stelle, u. a. auch um Menschenleben zu retten und Schicksale positiv zu gestalten!

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zur Geschäftsordnung hat sich jetzt Herr Dr. Althusmann von der CDU-Fraktion gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für eine Erweiterung der Tagesordnung sehen wir keinen Anlass.