Immerhin, Klarheit rückt näher: Die Bundesregierung hat dem Bundestag vor einigen Wochen ein Gesetz zur Änderung der U-Haft zugeleitet. Es ist dort vor genau einer Woche in erster Lesung behandelt worden.
Herzlichen Dank, Herr Professor Zielke. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Busemann zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf mich für diese angenehm sachliche Debatte bedanken -
- das ist hier ja nicht immer der Fall -, auch wenn da und dort unterschiedliche Auffassungen bestehen.
Ich schicke vorweg: Wenn wir der Meinung wären, wir würden hier etwas Verfassungswidriges machen, dann würden wir - und auch nicht die Regierungsfraktionen - Ihnen ein solches Gesetz natürlich nicht vorlegen.
(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Na ja, das hatten wir ja schon ein paar Mal! - Hans-Dieter Haase [SPD]: Nicht schönreden, Herr Busemann! Ein paar Mal sind Sie schon vor Gericht gelandet!)
- Verfassungsrecht kann man, Frau Kollegin, immer am Hochreck darstellen. Das muss nicht in dieser Stunde sein. Das ist auch nicht nur Schönreden, Herr Haase. Ich komme noch auf den einen oder anderen Punkt zu sprechen. Ich weiß ja auch, wie Sie am Ende abstimmen werden. Jedenfalls ist es recht wohltuend, wie vernünftig und sachlich wir das hier miteinander regeln.
Die Vorgeschichte ist klar. Es gab die Föderalismusreform, an der mehrere beteiligt waren. Man war dabei der Meinung, dass die Fragen des Justizvollzugs Länderangelegenheit seien. Vor diesem Hintergrund ist es legitim, dass ein Land überlegt, wenn es denn nun zuständig ist, ob das Sammelsurium von unterschiedlichen Vorschriften in ein einziges Gesetzeswerk gepackt werden kann. Kollege Gabriel in Berlin wäre ja dankbar, wenn er ein von vielen getragenes, einheitliches Umweltgesetzbuch hätte. Davon ist er aber meilenweit entfernt. Niedersachsen ist im Bereich Justizvollzug da schon etwas weiter.
Ich möchte wirklich für dieses Gesetz werben - lassen wir das Thema Untersuchungshaft erst einmal beiseite -: Alle bestehenden Regelungen zusammenzufügen, alle bestehenden Ambitionen niederzulegen, ist, glaube ich, eine gute Sache.
Auch diejenigen, die sich nicht täglich mit Justizvollzug befassen, möchte ich einfach auffordern, dieses Gesetz einmal durchzublättern und zu schauen, was wir dort alles regeln: die Grundsätze unseres Vollzuges, das tägliche Leben der Gefangenen - bis hin zu Regelungen zu Freizeit und Sport, zu Religionsausübung, Ausbildung, Anschluss an Arbeit und Beruf. Ich weise in diesem Zusammenhang auch auf das Stichwort „Sozialtherapie“ hin. Wir schreiben ja nicht nur etwas fest, sondern im Gesetz sind auch Ambitionen formuliert, die wir miteinander weiterentwickeln können. Ich trage Ihnen zu all diesen Fragen einen Dialog an und lade Sie noch einmal z. B. zu unserem Symposium zum Thema Übergangsmanagement ein, das am 23. März stattfindet. Dem können Sie entnehmen, dass ich in diesem Bereich Diskussions-, vielleicht auch Handlungsbedarf sehe.
Ich meine, das Gesetz hat seine Richtigkeit. Inzident ergab sich natürlich die Frage, ob wir auch befugt sind, die Untersuchungshaft, den Haftvollzug in dem Gesetz zu regeln. Wir haben diese Frage - da gibt es ja in der Tat eine verfassungsrechtliche Kante - für das Land Niedersachsen positiv beantwortet und diese Regelungen mit in das Gesetz aufgenommen.
Der Grundgedanke war, im Interesse des Gefangenen die Zuständigkeit für die täglichen Abläufe auf den Amtsrichter am Sitz der JVA zu übertragen - z. B. Regelungen zu Besuchen und Briefen -, um die Abläufe flüssiger zu gestalten; denn dieser Richter ist ja sozusagen nahe am Fall. Dieser Grundgedanke war, glaube ich, nicht falsch. Jedenfalls war er gut gemeint.
Nun gehört zur Wahrheit auch dazu, dass mit dem Inkrafttreten des Justizvollzugsgesetzes zum 1. Januar 2008 die Praxis gesagt hat: So funktioniert das nicht. Bei aller guten Absicht, hier läuft etwas falsch. - Ich will nicht darum herumreden und das Thema auch nicht unnötig vertiefen. Ich nenne Ihnen - auch für die Nichtjuristen - dazu ein ganz praktisches Beispiel, das man auch in der Öffentlichkeit diskutieren kann. Sie erinnern sich sicherlich an den Hells-Angels-Fall, zu dem es vor ein paar Wochen entsprechende Entscheidungen gegeben hat. Es ging um eine Tätergruppe von 13 oder 14 Personen. Ich glaube, fast alle waren in der U-Haft, verteilt auf - legen Sie mich nicht fest - zehn, elf oder zwölf unterschiedliche JVAen.
Das heißt, für die Besuchsregelungen und Briefkontrollen waren zehn bis zwölf unterschiedliche Amtsrichter und Amtsgerichte zuständig. Jeder weiß: Das geht eigentlich nicht. Das ist nicht vernünftig. Das bedeutet, Akten kreisen zu lassen. Es ist doch auch dem Gesamtverfahren dienlich, wenn der Richter, der den Haftbefehl ausgestellt hat, für alle und alle Regelungen zuständig ist.
Wir haben - das habe ich sofort für mich als Auftrag angenommen - schon im Rahmen der Gesetzesberatung im Parlament, aber auch danach - der Koalitionsvertrag ist erwähnt worden - gesagt: Wir müssen das Gesetz insgesamt, aber gerade auch in Bezug auf diese Punkte evaluieren. - Ich habe dann Fachleute an einen Tisch geholt - Richter, Staatsanwälte, Vollzugsexperten usw. -, die eine recht eindeutige Botschaft vermittelt haben. Sie haben gesagt: Man kann über das eine oder andere immer streiten, aber die Regelungen im Vollzugsgesetz zur Zuständigkeit in der U-Haft, gerade auch für die Besuchskontrollen, müssen geändert werden. - Das hat entsprechende Beratungen und Vorlagen nach sich gezogen. Beinahe analog zur StPO ist jetzt geregelt, dass der Haftrichter, der den Haftbefehl verfügt hat, auch für die U-HaftRegelungen zuständig ist. Ich glaube, in diesem Punkt besteht ein großer Konsens. Alles andere kann auch an anderer Stelle diskutiert werden. Wichtig ist, dass dieses Gesetz verabschiedet wird.
Ehrlich gesagt, wollte ich auch einen zu großen zeitlichen Aufschub verhindern. Einige Gerichte haben vorgelegt, das Bundesverfassungsgericht hat uns auch nicht weitergeholfen - aus unterschiedlichen Gründen, wie es manchmal so ist. Also mussten wir das selber in die Hand nehmen. Ich glaube, dass wir - vielen Dank auch an die einbringenden Fraktionen - an dieser Stelle genau das Richtige tun.
Nun mag in Gottes Namen - man ist ja akademisch interessiert - das Bundesverfassungsgericht irgendwann einmal angerufen werden, um die Kernfrage zu beantworten, ob das Länderzuständigkeit oder Bundeszuständigkeit ist, ob mit Blick auf die U-Haft-Regelung ausschließlich die StPO gilt oder ob Landesrecht zulässig ist. Das mag das Gericht dann - bei allem Respekt - so klären, wie es will. Wir machen in unserer Landesregelung das, was auch die Bundesregelung in etwa vorsieht. Unsere Richterinnen und Richter sind so oder so, wie es am Ende auch kommen mag, auf der sicheren Seite. Es war mir ein Anliegen, dass wir das miteinander erreichen.
Ich darf mich - ich habe das verfolgt - bei den Regierungsfraktionen für die Vorlage des Gesetzentwurfs bedanken. Ich bedanke mich bei allen, die uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben - Richter, Staatsanwälte, Strafvollzugsexperten -, bei den Damen und Herren des Ministeriums. Auch für uns war es ein Kraftakt, diesen Gesetzentwurf in der Kürze der Zeit zu begleiten. Ich darf mich bei den Parlamentariern und beim GBD - bei aller inhaltlicher Auseinandersetzung über die letzten 14 Monate - bedanken. Ich denke, wir haben ein vernünftiges Gesetz auf den Weg gebracht. Ich wäre dankbar, wenn es mit großer Mehrheit beschlossen würde.
Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer möchte ihr zustimmen? - Gegenstimmen? - Frau Wegner und die Fraktion DIE LINKE. - Stimmenthaltungen? - Damit ist das so beschlossen.
Artikel 2. - Hierzu liegt ebenfalls eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsempfehlung gefolgt.
Artikel 3. - Auch hierzu gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsempfehlung gefolgt.
Wer das Gesetz so beschließen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz so beschlossen.
Erste Beratung: Den Niedersächsischen Landtag nicht teuer neu bauen, sondern effizient und zeitgemäß modernisieren! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/898
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird Zeit, dass sich der Landtag selbst einmal mit dem Thema beschäftigt, das seit Wochen bei der Fachwelt und der hannoverschen Stadtöffentlichkeit für Kopfschütteln, Ärger und Empörung sorgt.
Seit der Entscheidung der Baukommission für eine Standortvariante, die den Abriss des heutigen Plenarsaals voraussetzt, hagelt es Kritik. Gewerkschaft, historische Kommission, Geschichtslehrerverband, das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, der Heimatbund, der Bund der Steuerzahler, die niedersächsische Architektenkammer, der Bund Deutscher Architekten, die Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung und viele Bürgerinnen und Bürger - sie alle meldeten sich zu Wort und äußerten massive Bedenken.
„Leichtfertig und geschichtsvergessen - sind so die Niedersachsen?“, fragte der Niedersächsische Heimatbund öffentlich. Leider muss man sagen: Ja, jedenfalls offenbar weite Teile der Mitglieder der Baukommission unter tätiger Mithilfe des Landtagspräsidenten. Der will seinen Neubau, und vor allen Dingen - so muss man leider nach den Diskussionen in der Baukommission feststellen - will er Parkplätze. Dafür wird viel in Kauf genommen: eine aufgebrachte Fachwelt und Öffentlichkeit, der Abriss eines symbolträchtigen denkmalgeschützten Gebäudes und der Verzicht auf ein transparentes Verfahren.
(Beifall bei den GRÜNEN - Heinz Rol- fes [CDU]: Das ist unglaublich, was Sie erzählen! - Editha Lorberg [CDU]: Das ist unglaublich!)
Meine Damen und Herren, Transparenz erreichen Sie doch nicht durch Glasfassaden. Damit entsteht nur die Illusion von Transparenz. Transparent wäre eine öffentliche Auseinandersetzung über die Abrisspläne gewesen, zu der wir den Landtagspräsidenten im vergangenen Jahr aufgefordert hatten. Leider war er dazu nicht bereit, und so haben wir selbst eine öffentliche Fachveranstaltung zum Thema durchgeführt. Niemand, aber auch wirklich niemand, der sich mit Architektur, Stadtplanung und Denkmalpflege auskennt, kann die Entscheidung der Baukommission gutheißen.
Weil Ihnen offenbar inzwischen die Argumente ausgehen und deshalb öffentlich Unwahrheiten verbreitet werden, möchte ich hier noch einmal in aller Deutlichkeit klarstellen: An dieser Entscheidung haben wir nicht mitgewirkt.
„Präsident Dinkla: Es ist mehrfach der Antrag gestellt worden - auch ich selbst habe dies zum Antrag erhoben -, den Beschluss zu fassen, Variante 7 weiter zu verfolgen. Ich lasse nun darüber abstimmen.
(Zustimmung aller anwesenden stimmberechtigten Mitglieder mit Aus- nahme von Parl. GF’in Helmhold.) “ Wir haben mit diesem Beschluss nichts zu tun! (Beifall bei den GRÜNEN)
Frau Kollegin Helmhold, Sie wissen, dass Sie aus nicht öffentlichen Sitzungen nicht zitieren dürfen. Ich mache Sie für künftige Reden darauf aufmerksam.
(David McAllister [CDU]: Sonst gibt sie es immer an die Presse! - Heinz Rolfes [CDU]: Ich kann gut verstehen, warum Wenzel bleiben musste!)