Die Einigung auf die Schuldenbremse ist also ein erster, wichtiger Schritt auf dem Weg, die Neuverschuldung aller staatlichen Ebenen dauerhaft zurückzuführen. Es bleibt aber die größere Herausforderung, die Regelungen so auszugestalten, dass sie die dauerhafte Handlungsfähigkeit des Staates sicherstellen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Vergangenheit zur Schuldenaufnahme haben offensichtlich nicht funktioniert. Da möchte ich gleich zu Beginn Frau Flauger von den Linken widersprechen; denn der Schuldenberg von 1,6 Billionen Euro, den wir mittlerweile aufgehäuft haben - Herr Dr. Althusmann hatte die Zahlen genannt -, zwingt uns zu einem erheblichen Kraftakt.
Das Ergebnis der Föderalismuskommission II möchte ich für meine Fraktion so beschreiben: Das Ergebnis ist bescheiden, aber es geht zumindest in die richtige Richtung. Meine Fraktion, die FDPFraktion, bleibt bei dem simplen kaufmännischen Grundsatz, den alle Bürgerinnen und Bürger draußen verstehen: Wir wollen nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. An diesen simplen Grundsatz wollen wir uns halten.
Für uns als FDP ist aber auch klar: Das Fundament einer soliden und generationengerechten Finanzpolitik sind nicht nur die Schuldenbremse und das Neuverschuldungsverbot, sondern dazu gehört auch, die Finanzautonomie der Länder zu stärken. Dafür wiederum ist es notwendig, den Ländern eigene steuerrechtliche Kompetenzen zu übertragen. Die Erbschaftsteuer wäre dafür ein erster Schritt gewesen.
Nachdem die Ergebnisse grundsätzlich bekannt gemacht wurden, geht es jetzt um die Fragen, wie die Ausnahmen definiert werden und wie jetzt wie
der neue Schulden aufgenommen werden können. Für uns gilt hier ganz eindeutig, dass die Ausnahmen so eng wie möglich definiert werden müssen. Schuldenmachen muss die absolute Ausnahme sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD ist bei diesem Thema wieder einmal sehr vielstimmig. Der ehemalige Juso-Bundesvorsitzende Böhning z. B. lehnt die Schuldenbegrenzung gänzlich ab. Peter Struck, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, sagt dazu: Der hat keine Ahnung. - Dem habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen. Aber es ist schon bemerkenswert, dass gerade ein junger Mensch wie Herr Böhning die Schuldenbegrenzung gänzlich ablehnt. Wir sagen: Wer Schulden macht, lebt auf Kosten der nächsten Generationen, und so können wir in Deutschland nicht weitermachen!
Sie wissen, meine Damen und Herren, dass die Fraktionen von CDU und FDP ein Neuverschuldungsverbot in die Landesverfassung schreiben wollen. Wir bleiben dabei, und wir wollen hier noch schneller sein als der Bund - das ist für uns sehr wichtig -, aber wir laden Sie an der Stelle noch einmal ein, dem Neuverschuldungsverbot endlich zuzustimmen. Tun Sie damit unserem Land, tun Sie damit unseren Kindern einen Gefallen, und machen Sie dafür endlich den Weg frei.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Punkt 1 b liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Landesregierung bereitet Bundesratssitzung vor: Einer Hü und einer Hott! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/934
wählten, ahnten wir noch nicht, dass er einen solch aktuellen Bezug bekommen würde: Herr Hirche hat sich heute nämlich mit einer Pferdekutsche vom Wirtschaftsministerium zum Landtag bringen lassen. Wir haben ihm für zukünftige Fahrten in einem solch historischen Gefährt eine Decke mitgebracht, damit er sich nicht erkältet. Diese Decke enthält aber Hightech, damit er auch an Technologie erinnert wird. Herr Hirche ist jetzt leider nicht mehr da; ich werde ihm die Decke nachher überreichen.
Allerdings lassen sich diese Fürsorgegesichtspunkte, die ich eben genannt habe, nicht auf die Bewertung der politischen Tätigkeit von Herrn Hirche übertragen. Gerade die jüngsten Aktivitäten der FDP im Hinblick auf das Konjunkturpaket machen nicht nur nachdenklich, sondern lassen fragen, was denn nun am Freitag werden soll bei der Abstimmung im Bundesrat. Ich darf dazu Herrn Rösler zitieren, der gestern in einer Hannoverschen Zeitung sagte:
„Die Große Koalition muss uns noch vor dem Freitag inhaltlich entgegenkommen. Andernfalls stimmen wir nicht zu.“
Nun muss man ja fast dem Herrn Ministerpräsidenten dafür dankbar sein, dass er die FDP wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat, wenn man denn die gestrige Presseerklärung der Staatskanzlei ernst nehmen darf, nach der aus der Forderung des Herrn Rösler nach substanziellen Verbesserungen jetzt ein Entschließungsantrag geworden ist. Dankbar bin ich dem Ministerpräsidenten dann aber doch nicht; denn die Presseerklärung der Staatskanzlei beinhaltete, dass man zur Kenntnis nehmen müsse, dass mit dieser SPD in Berlin eigentlich nicht mehr zu machen sei, insbesondere im Hinblick auf eine steuerliche Entlastung.
Herr Wulff, ich darf Sie daran erinnern, dass die rot-grüne Koalition in ihrer Regierungszeit den Spitzensteuersatz von 53 % auf 42 % verringert hat, dass sie den Eingangssteuersatz von 25,9 % auf 15 % verringert hat und dass sie den Grundfreibetrag von rund 6 300 Euro auf 7 664 Euro erhöht hat. Das mit der Steuerentlastung ist also wohl ein etwas kunstvolles Argument, das Sie
Ich kann Ihnen nur sagen: Wir unterstützen die Landesregierung nachdrücklich dabei, am Freitag im Bundesrat diesem Konjunkturprogramm zuzustimmen und sich nicht von der FDP leiten zu lassen.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen noch ein weiteres relativ schönes Zitat von Herrn Rösler in Bezug auf Verantwortung vorlesen. Herr Rösler sagte hier in der letzten Plenardebatte:
„Deswegen ist es richtig, Widerstand bei den anstehenden Verhandlungen im Bundesrat anzukündigen. Ich will das hier ausdrücklich erklären. Wir stellen uns nicht einfach hin und sagen platt: Wir lehnen das gesamte Paket ab. - Ganz im Gegenteil, die demnächst durch eine gewonnene Hessenwahl gestiegene Verantwortung werden wir nutzen, um zu materiellen und sinnvollen Veränderungen in diesem Konjunkturpaket zu kommen. Wir wollen uns dabei auf Steuersenkungen, auf Entlastung der Menschen und auf Entbürokratisierung konzentrieren.“
Herr Rösler, lassen Sie mich eines sagen: Sie werden hier heute Nachmittag einen Eid auf die Niedersächsische Verfassung ablegen. Sie haben keine Verpflichtungen gegenüber Herrn Westerwelle.
(Beifall bei der SPD - Heiner Bartling [SPD] überreicht Minister Walter Hir- che eine rote Decke - Beifall bei der SPD)
Meine Damen und Herren, als Nächster hat sich Herr Klein für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte, Herr Klein!
Meine Damen und Herren! Die Diskussion um das „Hü und Hott“ lässt sich sicherlich nicht führen, ohne auch einmal den Ausgangspunkt des Tohuwabohus bei der CDU/CSU zu beleuchten. Zunächst muss ein fußkranker Bundeswirtschaftsminister noch eine Strafrunde laufen, bevor er den Staffelstab an seine Ablösung übergeben darf. Der
Neue verkündet gleich Steuersenkungen für das nächste Jahr, vor denen der hamburgische CDUMinisterpräsident aber sofort vehement warnt. Ich erinnere an die innerparteiliche Auseinandersetzung um den wirtschaftspolitischen Kurs der Partei, nachdem - so der Generalsekretär der NRWCDU - unser Ministerpräsident Wulff seinen großen Ankündigungen, er sei Wirtschaftspolitiker, endlich Taten folgen ließ. - Ich hätte das nie so ausgedrückt, weil es sich ja nicht um Taten, sondern allenfalls um Worte handelte.
Aber die Differenzen zwischen dem Arbeiterführer von der Ruhr und dem Ludwig-Erhard-Nostalgiker von der Leine sind natürlich unübersehbar. Hinzu kommt dann auch noch die innerparteiliche Kritik an der heimlichen Sozialistin und gar nicht heimlichen SPD-Sympathisantin Angela Merkel.
Mein Fazit aus alledem: Die angebliche Wirtschafts- und Finanzkompetenz der CDU entpuppt sich mehr und mehr als ein Subprime-Phänomen: undurchschaubar und nichts mehr wert.
Vor diesem Hintergrund ist es nun auch kein Wunder, dass die FDP Herrn Hirche zum Koordinator für die Jagd auf enttäuschte CDU-Wähler ernannt hat.
Von Herrn Rösler kam am Anfang nur der Dank an Herrn Hirche für die Offenhaltung der Bundesratsabstimmung. Aber gestern legte der designierte Wirtschaftsminister doch noch einmal kräftig nach: Nur bei materiellen Änderungen werde man zustimmen, Bekenntnisse reichten nicht aus. - So sollte es kraftvoll ertönen; aber das Ganze erinnerte auch gestern schon an die sprichwörtlichen Hunde, die, wie man weiß, zwar bellen, aber in der Regel nicht beißen. Und in der Tat ist auch diese FDP-Blase geplatzt. Die FDP im Allgemeinen hat es nicht im politischen Kreuz, das Konjunkturpaket mehrere Wochen zu verzögern. Ich füge hinzu: Gott sei Dank!
Der Kollege Rösler im Speziellen, der gestern noch dicke Backen gemacht hat, beginnt sein neues Amt gleich mit einem Rohrkrepierer. Nicht einmal ein Linsengericht, ein wertloses Blatt Papier, reicht aus, um ihn umzustimmen. Da verstehe ich in der Tat den Wunsch der CDU, weiter schwarz-gelb zu
Herr Rösler, was soll ich denn jetzt mit Ihrer Glaubwürdigkeit machen? Für eine Rücktrittsforderung ist es ja noch zwei Stunden zu früh.
Aber spätestens am Freitag müssen Sie sich diese Frage selbst stellen, es sei denn, Sie können uns hier und heute oder in den nächsten Tagen erklären, wie Sie da wieder herauskommen wollen.
Das FDP-Anliegen an sich brauchen wir eigentlich gar nicht mehr zu diskutieren. Da zeigt sich wieder schlicht die Einpunktpartei. Ob kurzfristige Konjunkturpolitik, langfristige Wirtschaftspolitik, Umwelt, Bildung, Energie, immer hat sie ein Konzept: Steuern senken, möglichst natürlich für die eigene Klientel. Man kann dem Konjunkturpaket II vieles vorwerfen: dass es ein ökologischer Blindflieger ist, dass es an der Verbindung zur sozialen Gerechtigkeitspolitik und an Zukunftsorientierung mangelt. Aber der Steuerteil, Herr Rösler, ist eindeutig nicht zu klein. Im Gegenteil, schon jetzt betragen die steuerlichen Ausfälle für Niedersachsen und seine Kommunen, beide Konjunkturpakete zusammengerechnet, 2009 rund 380 Millionen Euro. 2010 werden die Steuerausfälle schon 600 Millionen Euro betragen, 2011 rund 640 Millionen Euro. Rechnen Sie das einmal zusammen! Dann kommen Sie schon über die 1,4 Milliarden Euro, die wir am Freitag verteilen wollen. Wenn Sie so weitermachen wollen, dann können Sie dieses ganze Investitionsprogramm völlig vergessen.