Protocol of the Session on February 18, 2009

Nächster Redner ist Herr Klare von der CDUFraktion. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Wahlperiode haben wir etwa alle halbe Jahre die Debatte um eine Gesamtschule geführt, jetzt führen wir sie monatlich. Brächte uns das voran, hätte ich keine Probleme damit. Alles, was unseren Schülern nützt, machen wir mit.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Die Prob- leme werden aber auch größer, Herr Klare!)

Aber heute haben wir bis jetzt keine einzige neue Überlegung, kein neues Argument kennengelernt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielmehr haben wir die gleichen alten, immer wieder gleich lautenden Aussagen gehört. Ich sage Ihnen ehrlich, was mich wirklich ärgert: dass Sie alles, was in den letzten sechs Jahren an positiven Qualitätsverbesserungen in der Schule erreicht wurde, negieren und überhaupt nicht darüber reden. Sie tun so, als wäre hier gar nichts passiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Noch mehr ärgert mich, dass Sie gesetzliche Vorgaben - wir haben ein neues Gesetz geschaffen - negieren und so tun, als gebe es gar kein neues Gesetz, gerade was die Einrichtung zusätzlicher Schulformen anbetrifft. So kann man doch nicht objektiv über Schulpolitik reden!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Und dann diese Anträge, immer schön pädagogisch verbrämt: vollständiges Schulangebot, Ausbau von Ganztagsschulen, Bildungswege offenhalten, individuelle Förderung stärken.

(Johanne Modder [SPD]: Ja!)

Das sind die Überschriften. In Wahrheit führen Sie hier jedes Mal eine knallharte Schulstrukturdiskussion. Darüber müssen wir uns doch einmal einig werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit einer Schulstrukturdiskussion allein erreichen wir an der Schule überhaupt nichts. Das muss immer in pädagogische, organisatorische und inhaltliche Maßnahmen eingebettet sein.

Herr Kollege Klare, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Korter?

Nein. - Meine Damen und Herren, wenn man dann in Ihre Programme hineinschaut, stellt man fest, dass alles sehr weichgespült ist. In Wahrheit haben Sie immer noch das Gleiche auf der Pfanne, was Sie schon im Wahlprogramm gesagt haben.

(Zurufe von der LINKEN)

- Ja, aber es hörte sich bei Ihnen ganz anders an. Sie haben nur ein Ziel: Sie wollen mit all diesen Maßnahmen das differenzierte, breit gegliederte Schulangebot in Niedersachsen kaputtmachen und an dessen Stelle eine Einheitsschule einführen. Das muss in aller Klarheit gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, damit helfen wir niemandem. Wir brauchen in Absprache mit Schulen eine behutsame pädagogische und inhaltliche Weiterentwicklung und da, wo es nötig ist, auch eine Strukturdiskussion,

(Johanne Modder [SPD]: Wo führen Sie die denn?)

wenn es um zurückgehende Schülerzahlen, ein verändertes Anwahlverhalten von Eltern und den Erhalt der Qualität von Schulen geht. Genau dies tut diese Landesregierung, und die sie tragenden Fraktionen unterstützen sie dabei. Einen anderen Weg kann es nicht geben.

Nehmen Sie doch das von uns verabschiedete neue Gesetz zur Kenntnis! Ergänzend zu den bestehenden 60 Gesamtschulen können jetzt in den Landkreisen überall neue Gesamtschulen errichtet werden. Sie wissen, dass Initiativen auf dem Weg sind, dass wir schon eine Reihe von Gesamtschulen genehmigt haben - zehn, zwölf; ich weiß es gar nicht ganz genau -; das ist bekannt und im Kultusausschuss auch dargestellt worden. Warum sagen Sie immer, unser Gesetz sei ein Gesamtschulverhinderungsgesetz?

(Detlef Tanke [SPD]: Weil die Men- schen mehr wollen!)

Sprechen Sie mit den Initiativen!

(Heiner Bartling [SPD]: Sprechen Sie mal mit denen!)

Sprechen Sie mit dem Landkreis Schaumburg. Der Zuruf „Weil die Menschen mehr wollen“ ist gut. Wenn Anträge gestellt werden, werden sie genehmigt, sofern die Bedingungen erfüllt sind. Eine der Bedingungen, die erfüllt werden müssen, ist ein ausreichender Elternwillen. Wenn er vorhanden ist, wird der Antrag genehmigt. Herr Bartling, Sie wissen genau, dass die Bedingungen in Schaumburg an drei Standorten erfüllt wurden, was zur Konsequenz hat, dass die Genehmigung für die neuen Gesamtschulen erteilt worden ist.

(Heiner Bartling [SPD]: Sie wissen aber auch, was die Initiativen dazu sagen, dass sie z. B. kein volles An- gebot im Unterricht haben!)

Meine Damen und Herren, in den sieben Monaten nach Verabschiedung des Gesetzes ist eine Reihe neuer Gesamtschulen auf den Weg gebracht worden. Sie werden am 1. August 2009 mit ihrer Arbeit beginnen. Vergleichen Sie es einmal mit der Zeit von 1990 bis 2003 - am Anfang regierte Rot-Grün, in den letzten Jahren die SPD -: In dieser Zeit ist keine einzige neue Gesamtschule, von einer IGS gar nicht zu reden, ins Leben gerufen worden. Das ist der feine Unterschied, wenn man über Differenzierung im Schulsystem spricht. Wir machen ein breites Angebot, und Sie reden darüber. Als Sie die Möglichkeit hatten, es umzusetzen, haben Sie nichts dergleichen auf die Reihe gekriegt.

(Beifall bei der CDU - Detlef Tanke [SPD]: Wie war es von 1850 bis 1860? Haben Sie das auch in Ihren Unterlagen?)

- Ich rede von Ihrem Handeln in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung.

Jetzt verlangen Sie, dass die Voraussetzung für die Errichtung von Gesamtschulen von fünf auf vier Züge gesenkt wird. Das ist eine Frage von Verantwortungsbewusstsein. Wenn wir neue Gesamtschulen gründen, dann haben die Eltern mit Recht den Anspruch darauf, dass diese neuen Gesamtschulen bestens ausgestattet werden. Bestens ausgestattet heißt: Erst die Fünfzügigkeit schafft das vernünftige Maß an Differenzierung. Darauf haben die Kinder einen Anspruch.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte nicht, dass in fünf Jahren gesagt wird, die Schule sei in Gefahr, weil die Schülerzahlen so weit zurückgingen. Wir müssen schon gewährleisten, dass eine bestimmte, von der Qualität her notwendige Größe angeboten werden kann.

Herr Kollege Klare, Frau Heiligenstadt möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Nein. - Nun zu Ihrer Forderung, Gesamtschulen müssten gleichzeitig Ganztagsschulen werden. Hier werden Sie von der Realität überholt. Jede Schule in Niedersachsen, die den Antrag stellt, Ganztagsschule zu werden, erhält die Genehmigung.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch falsch!)

- Das ist in der Vergangenheit so gewesen, und das bleibt auch so. - Jede Schule, die einen Antrag gestellt hat und Ganztagsschule geworden ist, bekommt auch die entsprechenden Lehrerstunden, um ein qualitätsvolles Angebot machen zu können. Ich weiß nur, dass von einigen Gesamtschulen, die schon genehmigt worden sind, die Anträge noch ausbleiben. Bitte informieren Sie die Leute - das mache ich ja auch -, dass sie die Anträge stellen sollen. Dann wird ihre Schule als Ganztagsschule ausgestattet.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Ja, light!)

Meine Damen und Herren, Gesamtschulen gibt es in Deutschland seit 40 Jahren. In der gesamten Zeit waren sie übrigens immer besser als alle anderen Schulformen ausgestattet. Ich habe nichts dagegen, dass Eltern ihre Kinder zu einer Gesamtschule schicken, ganz im Gegenteil. Wir haben ja ein Gesetz gemacht, das den Zugang öffnet. Allerdings sollten Sie nicht immer so glorifizierend sagen „Wenn mein Kind auf eine Gesamtschule kommt, dann beginnt das Glück auf Erden, dann hat es das Abitur praktisch schon in der Tasche“. Wer so einseitig und falsch über Gesamtschulen informiert, wie Sie es machen, der vergeht sich an den Eltern; denn die Wahrheit ist eine andere.

(Widerspruch von der SPD und von der LINKEN)

Das weiß jeder, der die Realität kennt.

(Beifall bei der CDU)

Was mich dabei wirklich ärgert - das muss ich Ihnen ehrlich sagen -, ist: Wenn Sie über die anderen Schulformen reden, dann tun Sie so, als hätten sie nicht die neueste Pädagogik drauf und könnten nicht individuell fördern und nicht besonders auf Kinder zugehen. Weil Sie Argumente nur für die Einheitsschule, für die Gesamtschule suchen, reden Sie die Arbeit der engagierten Pädagogen in den anderen allgemeinbildenden Schulen schlecht. Das ist mies, meine Damen und Herren, das sage ich Ihnen in aller Klarheit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch von der SPD)

Das ist ein fatales, abgekartetes Manöver. Das lassen wir nicht zu, weil Sie damit zur Verschlechterung des Rufes der Lehrerinnen und Lehrer beitragen. Wir sollten aber ganz genau das Gegenteil tun. Unsere Lehrer brauchen nämlich Unterstützung bei ihrem immer schwerer werdenden pädagogischen Beruf.

Ein letztes Wort zur SPD: Sie fordern hier und heute dogmatisch die Einheitsschule. Draußen erklärt Herr Duin, der Landesvorsitzende Ihrer Partei, immer, er könne sich einen schulpolitischen Kompromiss à la Bremer Modell vorstellen.

(Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])

In den Ländern, in denen Sie regieren, setzen Sie ein gegliedertes Schulsystem um. Klären Sie doch erst einmal, was Sie wirklich wollen.

(David McAllister [CDU]: Sie können Duin doch nicht hängen lassen! Sie brauchen den doch!)

- Sie können doch Herrn Duin nicht hängen lassen. Oder gilt das nicht, was er sagt?